Protokoll der Sitzung vom 13.06.2013

Können Sie bitte auch etwas dazu sagen, wie Sie denn zum Beispiel die Familien von Geringverdienenden so sichern wollen und wie Sie ihnen Geld und Unterstützung zukommen lassen können, damit auch sie ihre Kinder am Schulessen teilhaben lassen können? Das wäre die eine Frage.

Zum Zweiten hoffe ich, dass Sie auch etwas zu unserem Vorschlag mit der Mehrwertsteuer sagen, denn Sie haben im Ausschuss auch hier die Ablehnung signalisiert. Können Sie die bitte begründen?

Jetzt lassen wir die Kollegin erst mal darauf antworten, Herr Mutlu.

Ich wollte gerade sagen, was wir noch tun müssen. Es geht mir wie meinem Kollegen Özışık. Wir wollen hier über Qualität reden. Es heißt immer, das Essen wird teurer. Qualität hat seinen Preis, und dafür stehen wir auch. Ich komme auch gleich auf Ihren Antrag zurück.

Wir müssen im Auge behalten, ob an allen Schulen die für die Caterer notwendige Ausstattung vorgehalten werden kann. Das ist ein Punkt, dem wir uns in Zukunft annehmen müssen. Wir haben jetzt einen Punkt gemacht, aber wir werden den Prozess natürlich weiter begleiten. Wir sollten uns auch berichten lassen, wie die Ausschreibungsverfahren unter den neuen Bedingungen laufen. Außerdem sollten wir uns der Frage annehmen, wie das BuT, das dafür sorgt, dass anspruchsberechtigte Familien nur 1 Euro für das Mittagessen bezahlen, in Berlin besser bekannt gemacht wird und die Antragstellung hierfür vereinfacht werden kann. Dieses Themas nehmen wir uns gerne an. Das Gleiche gilt auch für die Möglichkeiten unter dem ausgeweiteten Härtefallfonds.

Ich denke, Qualitätsverbesserung ist per se ein Prozess. So was dauert. Wir müssen in dieser Frage weiter Beharrlichkeit zeigen. Mit dem vorgelegten Gesetz erhöhen wir doch substanziell den Mitteleinsatz plus 9,1 Millionen. Die Kontrolldichte wird erhöht. Der Informationsfluss wird verbessert. Die Transparenz wird verbessert und die Mitsprache aller Akteure. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ja, gerne! – Gerne auch noch zwei Sätze zu dem Antrag der Linken und der Piraten zum reduzierten Umsatzsteuersatz auf Schulessen. Ich habe für dieses Anliegen grundsätzlich Sympathie, weil ich glaube, dass dieser Dschungel aus reduzierten und vollen Mehrwertsteuersätzen die politische Lenkungsfunktion nicht mehr hergibt, die Steuern eigentlich haben sollten. Außerdem gab es so

eine Initiative vor zwei Jahren schon mal aus Thüringen, so eine Bundesratsinitiative, die aber gescheitert ist. Da würde mich gerne auch interessieren, wie der rot-rote Senat damals abgestimmt hat. Ich bin dafür, dass wir diese Frage in Ruhe im Bildungsausschuss beraten, am besten mit Unterstützung eines Vertreters der Finanzverwaltung.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ihre Redezeit ist jetzt auch zu Ende. Vielen Dank! – Als Nächstes hat Frau Remlinger von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, wir haben sehr lange um das Thema Schulessen, gesunde Ernährung, Verbesserung der Qualität gerungen. Ich denke, dass es gerade nach diesem langen Ringen in der Tat angebracht ist zu sagen, heute ist das Glas halb voll und nicht halb leer. Es wird tatsächlich – da bin ich sicher – für viele Berliner Schulkinder ein besseres Schulessen geben, eine gute Nachricht, die uns alle hier im Haus, glaube ich, freut.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Qualität wird sich für viele Kinder verbessern. Ich freue mich, dass neben der Qualität eben doch auch ein zweiter Aspekt im Fokus stand, und das war die Frage, wie viele Kinder an diesem Essen werden teilnehmen können, nicht nur auf die schon genannten Aspekte der BuT oder der möglichen Härtefallkinder bezogen, sondern eben auch – und das müssen wir schon noch mal sagen –, es geht hier nur ungefähr um die Hälfte der Grundschulkinder, die von diesem Gesetz betroffen sind. Es kann noch nicht das Ende sein. Ich glaube, dass wir alle im Haus – da bin ich froh – weiter darum ringen werden, dass sich diese Verbesserung des Schulessens noch auf viel mehr Kinder in Zukunft erstrecken wird.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wenn aber ich sage, dranbleiben, ist es wirklich der Punkt, wo man sich bei den Eltern, bei den Bezirkselternausschüssen, dem Landeselternausschuss und namentlich auch der AG Schulessen des Landeselternausschusses bedanken muss, denn die haben unglaublich beharrlich gerungen und haben darüber hinaus auch noch ihre Bereitschaft bekundet, einen Teil der zusätzlichen finanziellen Belastungen zu tragen.

Genau hier aber beginnen unsere Differenzen mit Ihnen, werte Koalition, denn was Sie gemacht haben, ist aus unserer Sicht, dass Sie die ausgestreckte Hand der Eltern nicht nur eilig ergriffen, sondern gleich noch filettiert, an Ort und Stelle gegrillt und gierig gefressen haben.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

(Regina Kittler)

So geht es nicht. Die Eltern haben ihre Bereitschaft immer mit den Anforderungen einer fairen Lastenverteilung zwischen Land und Eltern und zwischen einkommensschwächeren und einkommensstärkeren Eltern verbunden. Diese beiden Aspekte haben Sie nicht beachtet. Gerade das war ja der Punkt, wo wir – wie schon gesagt – als Bündnis 90/Die Grünen einfach weiterhin darauf beharren, dass es eine soziale Staffelung in der Finanzierung geben muss, die man, lieber Herr Özışık, im Spektrum so oder so bauen kann. Die Eltern haben sogar auch signalisiert, viele von ihnen, dass sie die Vollkosten bereit wären zu tragen. Also man hätte das machen können, und man hätte das machen müssen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Der Gesetzentwurf ist aber auch deshalb nicht zustimmungsfähig, weil er, obwohl er jetzt über ein Dreivierteljahr vor sich hinschmorte, einfach halbgar ist. Es sind unglaublich viele Fragen nicht geklärt, nicht nur, dass die Frage Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Caterern in der Diskussion überhaupt keine Rolle spielte und bei allen möglichen Verbesserungen der Kontrolle auch nicht erfasst sein wird, denn es wird mehr ernährungsphysiologische Stichproben geben, es wird aber überhaupt nichts auf der Seite der Kontrolle der Vergabeverträge, der Einhaltung von ILO-Normen o. Ä. verändert.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich darf Sie als Koalition auch fragen, wenn Sie überhaupt keine Ahnung haben und das Land auch keine Ahnung haben will, wie es gesagt hat, wie denn die Situation vor Ort in den Schulen ist, welche Küchen da sind oder nicht, wie die Ausstattung ist, die für die Verträge ja eine entscheidende Rolle spielt, wie Sie denn eigentlich diese Fragen der Qualitätskontrolle behandeln wollen. Auch das ist eine ungelöste Frage.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie wissen, ich habe einen ganzen Fragenkatalog vorgelegt, dessen Beantwortung zentrale Fragen offenließ. Ich fand es unfassbar, als ich gefragt habe, wie viel von dem zusätzlichen Geld fließt denn nun tatsächlich in die Zutaten, wie viel wird denn tatsächlich auf den Tellern landen, kriege ich wörtlich zur Antwort: Dazu liegen keine Angaben vor. – Ich kriege auf die Frage, wie wollen Sie denn rechtssicher gewährleisten, dass Ihre Musterausschreibungen durchführbar sind, wo Sie bis jetzt suggeriert haben, dass das Votum der Schulausschüsse und damit letztlich eigentlich das Testessen, also und damit wiederum subjektive Faktoren wie Sensorik die entscheidende Rolle spielen sollen, wie Sie das gewährleisten wollen, da kriege ich zur Antwort: Ja, wir haben inzwischen eingesehen, wir brauchen externe rechtliche Beratung. – Das ist der Status, in dem wir jetzt ein Gesetz verabschieden sollen, wo Sie meinetwegen ja sagen können, Sie glauben, dass Sie Ihre Zusagen dieses Gesetzes mit nachzuschiebenden Verwaltungsvorschriften erfüllen

können. Kann man alles noch drüber reden, wäre vielleicht verzeihlich.

Was ich unverzeihlich finde: Liebe Koalition! Sie glauben, dass Sie heute verabschieden, dass 3,25 Euro hier in den Bezirken fürs Schulessen ankommen, für jede Portion. Es kommen 3,11 Euro an, und damit sind in dem Verwirrspiel zwischen Land und Zuweisungssystem, bis das Geld in den Bezirken landet, knapp 4 Millionen Euro in der schwarzen Tasche des Senators Nußbaum gelandet. Das sind also keine 9 Millionen. Damit geht auch Ihre 70 : 30-Lastenverteilung über den Jordan. Das sind genau die Dinge, weshalb alle bildungspolitischen Diskussionen von Misstrauen begleitet sind. Da ist immer das Misstrauen, dass eigentlich keine offenen Diskussionen geführt werden. Genau diese Offenheit hätten Sie den Eltern geschuldet, die so viel einzubringen bereit waren. Allein deshalb kann ich Ihnen sagen, zustimmungsfähig ist das nicht. Wir werden weiter an diesen Themen dranbleiben. Der Vorhang ist auf und viel zu viele Fragen offen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/1062-1 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion, zum großen Teil.

[Zurufe von den PIRATEN]

Alle? – Dann müssten auch alle Arme oben sein.

[Zuruf von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Nein, Herr Kollege, der Unterschied ist, dass es bei Ihnen nicht ausgeschlossen ist, dass bei den NeinStimmen die Arme, die jetzt unten sind, nach oben gehen. Das ist der große Unterschied, Herr Herberg. Und ich habe Ihre Zwischenbemerkung nicht so verstanden, dass Sie Kritik an der Sitzungsleitung üben wollten.

[Zuruf von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Dann ist es ja gut! – Also, noch mal: Wer stimmt zu? – Das sind die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion. Gut! Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Enthaltungen? – Bündnis 90/Die Grünen, und zwar, wie es sich gehört, in Gänze. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun lasse ich über den Änderungsantrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0894-1 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den

(Stefanie Remlinger)

bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Piraten und die Fraktion Die Linke. Gegenstimmen? – Die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Bei Bündnis 90/Die Grünen.

Zum Gesetzesantrag Drucksache 17/0894 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen Linke und Piraten bei Enthaltung der Grünen – die Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Die Fraktion der Piraten und die Fraktion Die Linke. Enthaltungen? – Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist das Gesetz über die Qualitätsverbesserung des Schulmittagessens so beschlossen.

Zum Antrag Drucksache 17/0383 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen Linke und Piraten bei Enthaltung der Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der Piraten und die Fraktion der Linken. Gegenstimmen? – Die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Enthaltung bei Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag Drucksache 17/1050 wird die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 8:

Gesetz zur Schaffung von Partnerschaften in Geschäftsstraßen durch Innovationsbereiche

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1053

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Ludwig, Sie haben das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie brauchen einfach nur einmal eine Stunde mit der Ringbahn zu fahren, um sich einen Überblick über die Vielfalt im Berliner Einzelhandel zu verschaffen: Gesundbrunnen-Center, Ring-Center, Landsberger-AlleeCenter, Neuköllner Tor und in Kürze weitere 120 Läden in einem Center zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße. Ich denke, wir alle sind uns einig, dass diese Rundfahrt sicher keinen Einzug in die Shoppingrubriken der Berlin-Reiseführer finden wird.