Ich komme zum Schluss: Das Europäische Parlament ist da weiter. Das Parlament hat in diesem Jahr einen Beschluss gefasst, in dem steht – ein allerletzter Satz, Herr Präsident –, dass die Kommission mit Nachdruck aufgefordert wird,
Modelle zur Kontrolle existierenden Asbestes in privaten und öffentlichen Gebäuden zu entwickeln einschließlich in Wohn- und Nutzgebäuden, auf Flächen in der Infrastruktur, im Versorgungswesen und im Leitungssystem.
Es kommt aus Europa eine Forderung, eine Asbeststrategie zu entwickeln, und das ist genau das, was wir hier wollen. Wir wollen das gleich. Herr Senator Müller! Werden Sie tätig! – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Otto! Hier wiegelt gar keiner ab, denn wir in der politischen Verantwortung nehmen diese Asbestprobleme im Wohnungsbereich natürlich sehr ernst. Es ist nicht zu verharmlosen, es geht hier um die Gesundheit von Mieterinnen und Mietern. Deshalb – und das haben Sie, Herr Otto, ja schon richtigerweise gesagt – haben wir am 27. Februar parteiübergreifend eine Anhörung in unserem Bauausschuss gemacht. Dort haben wir Erkenntnisse erlangt – auch das haben Sie hier schon benannt –, dass wir vorrangig in unseren Wohnungsbaugesellschaften noch ca. 48 000 Wohnungen davon betroffen sind. Trotzdem, nach den vorliegenden Erkenntnissen, die nicht zu leugnen sind, ist völlig klar: Bitte keine Panikmache! Bitte keine Panikmache! Dazu löst dieses Thema viel zu viel Unsicherheit bei Mieterinnen und Mietern aus.
Es betrifft die städtischen und die privaten Eigentümer. In den durchsanierten Gebieten aber, also vorrangig im Ostteil der Stadt, sind die Wohnungen nicht mehr von Asbest betroffen. Der überwiegende Teil liegt bei den Privaten, das ist richtig, die Zahl habe ich gerade genannt.
Es ist kein berlinspezifisches Thema, sondern ein bundesweites. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass diese Probleme in einer überregionalen Expertenkonferenz gemeinsam erörtert werden und Lösungen gefunden werden – das, was Sie ja fordern –, die natürlich den notwendigen Gesundheitsschutz der Mieterinnen und Mieter zu gewährleisten haben und technisch machbar sind.
Senator Müller hat im Ausschuss angekündigt – das haben Sie hier natürlich nicht gesagt –, dass er in seinem Haus auf Berliner Ebene die Koordination einer Sachverständigenrunde mit allen Akteuren übernehmen wird, obwohl er nicht für Gesundheit und Arbeitsschutz zu
Nein danke! – Deshalb haben die Wohnungsbaugesellschaften am 15. März, also knapp zwei Wochen nach unserer Anhörung, einen Brief von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erhalten, in dem sie direkt angewiesen worden sind, sich nochmals einen Überblick über den mit asbesthaltigen Baustoffen versehenen Wohnungsbestand zu verschaffen und diesen natürlich auch zu melden.
Der Vorschlag in Ihrem Antrag mit dem Kataster finde ich sehr vernünftig, das ist richtig. Ich finde es gut, einen Überblick für eine pragmatische Vorgehensweise, natürlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes, zu erhalten.
Herr Otto! Die Information an die Mieterinnen und Mieter ist sofort veranlasst worden, das spielen Sie immer gerne runter, aber es ist ein wichtiger Bestandteil. Es gibt Mieterinformationsschriften, es gibt Hinweise in unterschiedlichen Sprachen, in den Sprachen, die vorrangig von den Mieterinnen und Mietern in den Wohnungsbeständen gesprochen werden, sodass dort umfangreich über den Umgang – da geht es ja vorrangig um die Bodenplatten – informiert wird. Da ist nichts vergessen worden, diese Informationen werden ständig gegeben, da gibt es eine klare Anweisung. In Fällen, die gemeldet werden, das erwarten wir selbstverständlich, müssen sofort qualifiziert Abhilfemaßnahmen vorgenommen werden.
Ihre Moral bezüglich der Privaten, Herr Otto, die Sie hier immer kundtun – Sie haben einen kleinen Hausbesitzer hier benannt. Wie, bitte, solle der Senat einem kleinen Hausbesitzer eine Anweisung geben, wie er mit seinem Haus umzugehen hat, wenn er dort Asbest feststellt?
Das wird er sich mit Sicherheit nicht bieten lassen, dass der Senat dort eingreift und sagt: Du hast das jetzt aber in einem Zeitraum x zu beseitigen. – Also, Herr Otto: Nicht so moralisch sein, sondern den Mieterinnen und Mietern tatsächlich helfen!
Wie das zu gehen hat, das haben die Koalition und der Senat bereits gesagt, und das werden wir auch tun. – Danke schön!
Ich danke auch, Frau Kollegin Spranger! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Otto. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Kollegin Spranger! Niemand will hier Panik machen, sondern es geht um Information. Sie haben ja sogar gesagt, dass Sie einen größeren Teil der Punkte in dem Antrag richtig finden. Da würde ich Sie doch einfach auffordern, dem mal zuzustimmen, wenn der Antrag richtig ist.
Sie haben am Schluss noch mal die Frage der privaten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer aufgeworfen. Wir haben natürlich staatliche Aufgaben. Der Senat behandelt das ganze Thema als so eine Sache: Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die informieren ihre Mieterinnen und Mieter, die machen da ein bisschen was. Das ist alles richtig, aber hier ist eine staatliche Aufsicht über den Wohnungsbestand erforderlich. Da geht es einmal um den Arbeitsschutz, dafür ist Frau Kolat zuständig, und dann geht es um die oberste Bauaufsicht des Landes Berlin, das ist Herr Müller. Die beiden sind zuständig, sich um das Thema zu kümmern.
Im letzten Bericht im Jahr 2000 – das war auch eine Anfrage – kam zum Beispiel noch die seinerzeit landeseigene Gesellschaft GSW vor, mit 10 000 Wohnungen mit Asbestbelastungen. In der Statistik von jetzt sind es etwas über 10 000 Wohnungen weniger. Wie kommt das? – Das kommt dadurch, dass Sie die GSW verkauft haben, die ist privat, und da ist die Zahl weg. Hat irgendjemand bei der GSW den Asbest saniert? – Ist mir nicht bekannt. Was haben Sie da gemacht? Haben Sie den Erwerbern der GSW eigentlich mitgeteilt, dass sie 10 000 asbestverseuchte Wohnungen erworben haben?
Schweigen dazu! Darum geht es! Das Thema ist kein Einzelthema der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, es ist ein Thema, das die ganze Stadt betrifft.
Alle Wohnungen aus den entsprechenden Baualtersklassen sind davon betroffen, um die geht es. Es ist eine staatliche Aufgabe, eine Kontrollaufgabe, dafür ist dieser Senat zuständig, und da kommt er auch nicht raus!
Ich habe ja von der Stelle schon öfter gesagt: Bei den Wohnungen, auf die wir direkten Einfluss haben – das sind die der Wohnungsbaugesellschaften –, da gibt es klare Anweisungen, da gibt es klare Vorgehensweisen des Senats
und der Koalition. Auf die anderen Wohnungen, und Sie sind ja eine der Parteien, die neben der GSW am liebsten noch mehr Gesellschaften privatisiert hätten, kann man weniger Einfluss nehmen. Da kann man zwar moralisch sagen, haltet euch an die Gesetze – so wie Sie es ja vorhin schon aus der Kleinen Anfrage zitiert haben –, da kann man selbstverständlich sagen, bitte kümmert euch um dieses Thema, aber man hat keinen direkten Einfluss. Und wenn es nach Ihnen gegangen wäre, Herr Otto, hätten wir nicht nur 270 000 Wohnungen weniger, dann hätten wir gar keinen Einfluss mehr, was die Asbestsanierung angeht. Das wissen Sie ganz genau. Insofern ist das alles sehr moralisch, was Sie von hier vorne sagen, es ist aber ohne Substanz. Man kann nämlich nur da eingreifen, wo man auch direkten Einfluss hat, und den haben wir auf die Wohnungsbaugesellschaften.
Den Privaten werden wir selbstverständlich an die Hand geben, was man machen muss und kann. Aber das liegt in der Selbstverantwortung der Privaten, nicht nur der Eigenheimbesitzer, sondern auch derer, die viele Wohnungen haben. Insofern: Bitte nicht so viel Moral, die Sie nicht belegen können. Wenn es nach Ihnen gegangen wären, hätten wir nicht mal die 270 000 Wohnungen. – Danke!
[Beifall bei der SPD – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Und Sie besuchen hoffentlich die kranken Mieterinnen und Mieter in der Reha!]
Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Lompscher. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Keine Frage: Mieterinnen und Mieter müssen vor gesundheitlichen Gefahren im Wohnbereich geschützt werden. Auch die Berliner Bauordnung, § 3 Abs. 1, ist hier eindeutig:
cherheit oder Ordnung insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden.
Das Problem hier ist: Asbest war seinerzeit ein zugelassener Baustoff und ist auch im Wohnungsbau zum Einsatz gekommen. Wir brauchen hier nicht über die Gefahren zu streiten, ist jedenfalls mein Eindruck, dass freigelegter Asbest gesundheitsgefährdend ist und lebensbedrohlich sein kann, darüber besteht Einigkeit – will ich doch wenigstens mal hoffen. Bei Beschädigungen muss unverzüglich gehandelt werden. Von den städtischen Wohnungsunternehmen erwarten wir, dass sie ihrer Vorbildfunktion nachkommen.
Gegenüber Privaten, das ist ja jetzt ausgeführt worden, müssen Senat und Bezirke in die gleiche Richtung argumentieren, handeln und gegebenenfalls eingreifen.
Von herausragender Bedeutung ist die Information aller Mieterinnen und Mieter von Wohnungen, in denen Asbest verbaut worden ist oder zumindest der Verdacht besteht. Diese Information sollte im Übrigen in mehreren Sprachen und möglichst in verständlichen Worten zur Verfügung gestellt werden, denn damit kann Unkenntnis und verständlicher Verunsicherung entgegengewirkt werden. Die Vinylasbestplatten, auch Flexplatten genannt, um die es hauptsächlich geht, sind meist schon 40 Jahre alt. Belastbare Erkenntnisse zur Lebensdauer und Haltbarkeit fehlen. Hier ist die Bundesanstalt für Materialprüfung gefragt, aber eine Antwort steht aus.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist, dass die Wohnungsunternehmen finanzielle Vorsorge für die Sanierung treffen müssen. Allein bei der GEWOBAG sind nach eigenen Angaben 14 000 Wohnungen betroffen. Für alle städtischen Wohnungsbaugesellschaften geht der BBU von knapp 50 000 betroffenen Wohnungen und von Sanierungskosten von 350 Millionen Euro aus plus weiteren 200 Millionen für Umzugskosten und Umsetzwohnungen, die wegen der hohen Gesundheitsgefahr für die Zeit der Sanierung angeboten werden müssen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Wenn die Wohnungsbaugesellschaften in den nächsten zehn Jahren tatsächlich alle Platten auswechseln müssen – ich denke, bei der Lebensdauer ist das nicht unwahrscheinlich –, kämen riesige Summen auf sie zu, und dabei kann der Senat sie nicht allein lassen. Das ist unsere feste Überzeugung.
Zum nächsten wichtigen Punkt: Es gibt nicht nur gegenüber den Mieterinnen und Mietern eine Sorgfaltspflicht, sondern auch gegenüber den Beschäftigten, die die Sanierungsarbeiten durchführen. Deshalb müssen die Aufträge ausschließlich an zertifizierte Firmen erteilt werden, und die Sanierungsdurchführung muss kontrolliert werden, und zwar durch staatliche Stellen.