Protokoll der Sitzung vom 29.08.2013

Es ist notwendig und längst überfällig, dass wir hier Standards haben, wie sie auch in anderen Grenzräumen im Westteil unseres Landes zu den Anrainerstaaten existieren. Es ist unerträglich, dass das nach Polen nach wie vor nicht der Fall ist, denn das ist ein zentrales Hemmnis für den Ausbau der Kooperation mit den westpolnischen Woiwodschaften. Das war auch einer der Gründe, warum ich 2004 mit dem damaligen Marschall Majer der Woiwodschaft Westpommern die Oder-Partnerschaft ins Leben gerufen habe.

Ich bin froh, dass sich die Oder-Partnerschaft in den letzten Jahren entwickelt hat und dass der Runde Tisch Verkehr weiter initiativ ist. Ich weiß aber auch aus dieser Arbeit, dass das Problem nicht nur auf deutscher Seite liegt, sondern dass es auch viele Themen und Probleme gibt, die insbesondere mit der polnischen Eisenbahn zu diskutieren sind. Deshalb ist es gut, dass es diesen Ort gibt und dort sowohl vonseiten der betroffenen Bundesländer als auch vonseiten der Bundesregierung Position bezogen wird.

Aus unserer Sicht also gibt es gegen diese Anträge keine Einwände. Was uns nur etwas verwundert hat, ist, dass Priorität für diese Anträge angemeldet wurde, denn sie sind eigentlich selbstverständlich, und man könnte sie auch ohne Debatte beschließen.

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Für die Piraten erteile ich jetzt dem Kollegen Claus-Brunner das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Senatorinnen beliebigen Geschlechts! Sehr geehrte Kolleginnen beliebigen Geschlechts! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, die hier noch im Haus anwesend sind! Der Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion ist, finde ich, 20 Jahre zu spät. Er ist gewissermaßen redundant und zeigt nur auf, dass die Kommunikation zwischen LandesCDU und Landes-SPD und der Bundesebene nicht so ganz funktioniert, denn wir haben einen Verkehrsminister, der der CDU angehört.

[Ole Kreins (SPD): Der CSU!]

Ist doch egal, CDU und SPD sind ja sowieso dasselbe! Es steht ja nur etwas anderes dran, aber inhaltlich unterscheidet ihr euch nicht wirklich. – Und dieser Minister ist dafür zuständig und hätte auch die Entscheidungsgewalt. Er muss einfach das umsetzen, was passiert. Wenn ich aber in der Grundkonzeption des Bundesverkehrswegeplans nachschaue, was über 2015 oder so drinsteht, zum Beispiel auf der Seite 77, dann steht da: Die derzeitige Finanzierungslinie wird dem Investitionsbedarf nicht gerecht. Es steht weiterhin drin, dass, um die Infrastruktur aufrechtzuerhalten, wesentliche Mittelsteigerungen notwendig sind. Das sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, dass das im Bundesverkehrswegeplan schon so drinsteht!

Weiterhin steht in diesem Plan: Geplante Ausgaben 2011 bis 2015, Ist-Zahlen: 4,9 Milliarden Euro. Für die gleiche Zeit wird festgeschrieben, dass man für die Erhaltung der Schienenverkehrswege – nur für die Erhaltung, kein Neubau, kein Ausbau! – pro Jahr 2,5 Milliarden Euro benötigt. Das fehlt hier, und es wird auf Verschleiß gearbeitet.

Bei der Zustandsbeschreibung wird mit Schulnoten gearbeitet. Die Zustände des Schienenweges auf Bundesebene liegen bei Brücken im Durchschnitt bei 2,55, bei Tunnelanlagen 1,87. Das ist noch nicht besonders schlimm, aber es zeigt bereits eine bedenkliche Tendenz. Es geht in den Anträgen mehrheitlich um die Strecken Berlin-Breslau, Berlin-Stettin und Berlin-Küstrin. Auf der Strecke Berlin-Stettin habe ich zwischen Passow und Stettin immer noch schienengleiche Bahnübergänge.

Wenn ich eine Strecke auf 160 km/h Streckengeschwindigkeit ausbauen möchte, muss ich schienengleiche Bahnübergänge beseitigen. Diese Tatsache ist eigentlich schon länger bekannt als der Antrag alt ist.

Dann habe ich noch eine Elektrifizierungslücke zwischen Horka und Hoyerswerda. Die soll 2016 geschlossen werden. Da bin ich ja mal gespannt, ob das hinhaut, bisher ist noch mit Verzögerung in diesem Zusammenhang zu rechnen.

Der Runde Tisch trifft sich zweimal im Jahr. Der VBB hat da die Rolle der Geschäftsführung. Die gleiche SPDCDU-Koalition, die diesen schönen Antrag einbringt, nimmt dem VBB im aktuellen Haushaltsplan Gelder weg. Der VBB hat also weniger Geld, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Da widersprechen sich die SPD- und CDU-Fraktionen mal wieder bei dem, was sie beantragen und dem, was sie tun.

[Ole Kreins (SPD): Falsch! Wir haben doch noch gar nichts beschlossen im Parlament!]

Das ist ja nur noch eine Frage der Zeit. Was ihr da reinschreibt, das ist doch mit eurer Mehrheit abgesichert. Da bin ich ja eher der Kaiser von China, als dass ihr euch da ändert. –

[Ole Kreins (SPD): Das kann ich nicht nachvollziehen!]

Stellen Sie einfach eine Zwischenfrage, ganz ordentlich, so wie es nach der Geschäftsordnung üblich ist. Ich lasse die auch zu. – Das trauen Sie sich mal wieder nicht, okay.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ziert sich!]

Ja, hat er nicht nötig. Aber dazwischenquatschen! – Es ist doch viel besser für das Protokoll, wenn Sie die Zwischenfrage stellen, darauf kann man dann viel besser antworten.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Daniel Buchholz (SPD): Das sollte man mal Herrn Esser sagen! – Zuruf von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Ich kann auch lauter werden, aber wie gesagt: Wer nicht zuhören will, der hört halt nicht zu.

Vom Inhalt her sind diese Anträge nicht falsch, sie sind nur zu spät. Man hätte diese Anträge schon vor 20 Jahren stellen und umsetzen müssen. Es ist immerhin gut, dass ihr aufgewacht seid und das jetzt endlich machen wollt. Ich bin der Letzte, der dem entgegensteht, und meine Fraktion und ich werden diesen Anträgen, weil sie inhaltlich korrekt sind, zustimmen. Bei dem Oder-Konsortium müssen wir uns nochmal über die Rolle des VBB unterhalten, damit der VBB die Mittel, die er dafür braucht, weiterhin erhält. Es kann nicht sein, dass ich auf der einen Seite sage, ich brauche den

VBB dafür, und auf der anderen Seite wird denen das Geld weggenommen.

Im Stadtgebiet Berlin darf die S-Bahn nicht vergessen werden, gerade auf der Strecke nach Strausberg habe ich noch sehr lange Abschnitte, die eingleisig sind, gerade die Stichstrecke nach Strausberg-Nord. Da möchte ich, dass die auf zwei Gleise ausgebaut wird und dass auch die Strecke dazwischen vom Fernverkehr entflechtet wird, sodass sich die Störungen im Fernverkehr nicht auf den Nahverkehr auswirken. Das gehört alles dazu.

Ich komme zu meinem letzten Satz: Ich bin im Übrigen der Meinung, dass Veolia an dieser Stadt keine Beteiligung haben darf.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der drei Anträge der Koalitionsfraktionen an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 24

Tierpark-Zuwendungen an tragfähige Struktur- und Haltungskonzepte knüpfen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 22. Mai 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 12. Juni 2013 Drucksache 17/1074

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0676

Den Fraktionen steht wiederum eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Frau Kollegin Hämmerling hat das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir möchten mit Ihnen darüber reden, wie aus einer Tiermenagerie ein moderner Erlebnistierpark werden kann. Der Berliner Tierpark bekommt eine ganze Menge Geld vom Land Berlin. Herr Nußbaum! Leider interessieren Sie sich überhaupt nicht dafür, ob damit eine attraktive Tierhaltung oder eine private Sammelleidenschaft des Zoochefs finanziert wird. Herr Heilmann – leider ist er

nicht da, symptomatisch! – fühlt sich nicht zuständig, dabei muss ich ihm sagen: Er ist Senator. Fachlich ist er zwar nicht zuständig, aber er hat politischen Gestaltungsspielraum, sonst wäre er einfach Verwaltungsbeamter. Das ist er ja nicht, und insofern könnte er, wenn er wollte.

Unser Tierpark wurde abgewirtschaftet, der Zoo übrigens auch, und das Missmanagement hat den Tieren, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem dem guten Ruf der Hauptstadt geschadet. Unser Vorschlag zeigt einen Weg auf, wie wir aus diesem Dilemma herauskommen können. Weil Sie keine eigenen guten Ideen haben, schlage ich vor: Stimmen Sie einfach unserem Antrag zu!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Ich sage es mal ganz vorsichtig: Das Management und die Tierhaltung sind nicht auf der Höhe der Zeit. Wir sehen im Tierpark Tierpräsentationen in drangvoller Enge statt Tiererlebnisse in naturnaher Umgebung. Wir sehen zahllose Tiere mit Verhaltensstörungen, wir erleben Elefanten, die geschlagen und angekettet werden. Was wir nicht sehen, das sind die planmäßigen Inzestzuchten, also die Verpaarung von Blutsverwandten. Das ist bei Menschen ein Straftatbestand, in diesem Fall tierschutzrelevant. Wir sehen nicht den Schichtbetrieb in den Tiergehegen, und den Tierhandel mit den ausgedienten Publikumslieblingen sehen wir auch nicht. Das zeigt auch der RBB nicht in der Abendsendung, denn das will keiner sehen.

Sie wollen es auch nicht wissen, Sie wollen es nicht wahrhaben, meine Damen und Herren im Senat. Als Geldgeber sind Sie aber in Verantwortung. Mit welchem Recht geben Sie eigentlich die Steuergelder für schlechte Tierhaltung aus? Warum unterstützen Sie im Senat ein Management, das mit Steuergeldern, mit Tieren und vor allem mit den Menschen, die dort arbeiten, nicht umgehen kann? Heute haben Sie Gelegenheit, diese Fragen zu beantworten, wir sind sehr gespannt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Wir wollen, dass unsere Landesgelder in einen gut geführten Tierpark fließen, in einen Tierpark, der Tiererlebnisse bietet. Dafür muss zunächst einmal geklärt werden, wie viele Tierarten, wie viele Individuen da zukünftig gehalten werden sollen. Der Tierpark wird ja nicht dadurch attraktiv, weil da drei Hyänenrudel mit Verhaltensstörung oder drei Zebraherden bzw. 2 225 Vögel präsentiert werden – das sind Echtzahlen. Weniger ist mehr! Wenn feststeht, welche Tiere der Tierpark später haben soll, dann muss ein Zukunftskonzept entwickelt werden, dann soll es allen Spaß machen, die Wildtiere dort zu erleben. Die Vorbilder kennen Sie, sie sind in Eberswalde, in Leipzig oder in anderen guten Zoos zu erleben.

Wir fordern auch, dass dort familiengerechte Angebote mit ausgewogener, preiswerter Gastronomie entstehen, dass es moderne, interaktive Bildungsangebote gibt. Vor allem fordern wir, dass die tierschutzwidrigen Praktiken aufhören.

Dass das Bezirksamt Lichtenberg dieselben Tierschutzverletzungen seit Jahren duldet, gegen die der Bezirk Mitte im Zoo vorgeht, und zwar bis zum Gericht, das ist ein Armutszeugnis für diesen Bezirk. Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen möchte ich mir mit Ihnen im Ausschuss gerne mal vortragen lassen; ich hoffe, ich habe da Ihre Unterstützung.

Natürlich müssen in unseren Zoos auch die modernen Erkenntnisse der Verhaltensforschung und der Zootierhaltung Einzug finden. Behavioral Enrichment heißt das Zauberwort, also Beschäftigungsangebote für Tiere als Ersatz für den genommenen Freiraum und die Notwendigkeit, sich selbst das Futter zu suchen. Damit entstehen Verhaltensstörungen gar nicht erst, damit können wir auch Tiere erleben, die sich normal verhalten. Erläuterungen durch Pfleger und derlei könnten Tierpark und Zoo übrigens sofort einführen, das wäre eine sofortige Attraktivitätssteigerung.

Ein Satz an Die Linke: Sie empfinden jede Kritik gegenüber dem Tierparkmanagement als einen Angriff auf den Osten. Das ist doch Quatsch. Niemand stellt den Tierpark infrage. Es geht doch darum, ihn zukunftsfähig zu machen, und das wollen wir doch auch. Insofern, denke ich, ziehen wir da an einem Strang.

Wir wollen die Landesmittel für einen Tierpark ausgeben, in dem sich Menschen, Tiere und Beschäftigte wohlfühlen können. Ein Zoobesuch muss Spaß machen. Menschen sollen dort für die Tiere und die Natur begeistert werden. Der Mensch schützt am Ende doch nur, was er schätzt. Und das kann er dort lernen. Inzwischen haben alle realisiert –

Sie müssen zum Ende kommen, Frau Kollegin!

Es ist mein Schlusssatz, Herr Präsident! –, der Zoochef muss weg. Sogar der Aufsichtsrat hat es begriffen. Aber ausschließen, dass uns ein künftiger Zoochef wieder einen Bären aufbindet, das können wir nur durch die Fachaufsicht oder durch klare abrechenbare Vorgaben. Deswegen mein Appell: Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]