dass man sich mal ein bisschen mit Personalpolitik beschäftigen könnte. Ich glaube, wir stehen doch aber an einem ganz anderen Punkt. Es ist die Frage, die wir uns zu stellen haben, wo wir stehen, und zumindest ein ganzer Teil der Beschäftigten, nämlich die angestellten Lehrkräfte, stehen auf der Straße und streiken. Ich glaube, nicht nur mich treibt das Gefühl um, dass im Moment nur die nicht streiken, die das nicht dürfen, weil sie entweder verbeamtet sind oder weil sie vielleicht schon krank zu Hause liegen. Das gilt für weite Bereiche des öffentlichen Dienstes, sowohl in den Hauptverwaltungen als auch den Bezirken. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in weiten Teilen überbelastet, unterbezahlt oder auch ganz einfach nicht mehr da.
Das bekommen längst auch die Bürgerinnen und Bürger zu spüren, während sie in den Warteschlangen der Bürgerdienste stehen oder während sie auf ihr SchülerBAföG oder ihr Elterngeld warten oder während sie einen Spielplatz mit intakten Spielgeräten suchen.
Meine Damen und Herren von der senatstragenden Koalition! Wovor wir hier bei Ihrer Personalpolitik stehen, ist ein Scherbenhaufen. Daran ändern auch Ihre vier fleißigen Anträge leider gar nichts.
Denn es ist vor allem erkennbar, dass Sie sich wegducken. Sie ducken sich weg bei der Besoldung. Dazu sagen Sie mit Ihren Anträgen ungefähr so viel, wie Frau Senatorin Scheeres zur Perspektive der angestellten Lehrkräfte, nämlich kein Wort. Statt bei dieser zentralen Frage Rede und Antwort zu stehen, halten Sie weiter die Köpfe gesenkt, stapfen weiter in den alten Schützengraben der Personalabbaudebatten herum, von wo aus Sie routiniert die alten Ablenkmanöver starten und längst angerostete rhetorische Geschütze abfeuern.
Sie von der CDU machen bei all dem mit, als wären Sie nie von der Macht weg gewesen. Dabei ist längst auch der letzte Strohhalm, an den Sie sich in diesen Anträgen immer noch verzweifelt klammern, vor Ihren Augen zu Staub zerfallen. Ich spreche, das wissen Sie, von Ihrer Zielzahlenthematik. Sie klammern sich in Ihren Schützengräben immer noch hilflos an die 100 000 Vollzeitstellen, während Sie, wenn Sie einmal den Kopf hochnehmen würden, längst bemerken könnten, dass sich Ihren Schützengräben kein Feind nähert, sondern der Freund. – Ich dachte schon, dass Sie da mal lachen können. Das ist gesund.
[Kirsten Flesch (SPD): Aber nicht bei Ihnen! – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Und schon gar nicht außerhalb des Kellers!]
Der Freund sind wir, und wir bringen die Neuigkeit mit, dass es Zeit ist für einen grundlegenden Neuanfang und einen Mentalitätswechsel in der Personalpolitik im Land Berlin.
Wir brauchen eine Personalpolitik, die eine positive Perspektive hat: eine Perspektive bei der Besoldung, eine Perspektive für die angestellten Lehrkräfte und eine bei den Tarifen für die Zuwendungsempfängerinnen und -empfänger. Wir brauchen eine Personalpolitik, die Berlin tatsächlich wieder zu einem attraktiven, konkurrenzfähigen, modernen, leistungsfähigen und bürgernahen Arbeitgeber macht, und eine Personalpolitik, die gemeinsam mit den Beschäftigten diskutiert und entwickelt wird, und die zu einem ehrlichen, direkten Umgang miteinander findet.
Das heißt, wir stehen mit dem Personal des öffentlichen Dienstes an einer Wegscheide, wo Sie alle entscheiden müssen, ob wir die ausgetretenen Pfade Ihrer Koalition weitergehen oder eine echte Perspektive 2020 wollen. – wenn Sie gesagt haben Herr Goiny Perspektive 2020, dann meinten Sie doch nur, dass Sie Ihren Personalabbau, den Sie immer noch auf die alte Art und Weise versuchen und von dem Sie wissen, dass Sie ihn nicht mehr hinbekommen – – Sie bieten den Leuten jetzt Verlängerungen an und müssen das bis 2020 schaffen. Aber es geht um Einstellungen.
Danke für diesen Zwischenruf, Herr Goiny! Wir haben in der Tat keinen Antrag, aber wir haben ein Positionspapier. Ich bin sicher, dass Sie das noch nicht gelesen haben, hoffe aber, dass wir darüber in eine konstruktive Auseinandersetzung miteinander über eine neue Führungskultur, die sich um all diese Fragen kümmert, kommen können. Wir wollen – Sie wollen das vielleicht auch – eine aufgabengerechte Definition des Fachkräftebedarfs in jedem Ressort.
Das tue ich. – Ich sage in aller Deutlichkeit und im Namen meiner Fraktion: Wenn eine aufgabengerechte Definition des Personalbedarfs bedeutet, dass wir mehr als 100 000 Vollzeitstellen brauchen – mehr als 80 000 in der Hauptverwaltung und mehr als 20 000 in den Bezirken –, dann ist das in Ordnung. Dann gibt es bei uns auch kein vor oder hinter der Klammer und kein mit oder ohne wachsende Stadt. Dazu stehen wir. Wir sind gespannt auf die Beratung. – Vielen Dank!
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Vielen Dank, Frau Remlinger! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Flesch. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Remlinger! Eigentlich wollte ich gar nicht auf Sie eingehen, deshalb nur ein Satz: Dass die Berliner Grünen nicht wirklich regierungsfähig sind, haben Sie gerade wieder sehr deutlich bewiesen.
Der Personalabbau der vergangenen Jahre war wichtig und richtig, weil das Überpersonal, das sich mit der Vereinigung der Stadt entwickelt hat, abgebaut werden musste. Wir haben überwiegend erfolgreich Personal abgebaut. Dabei haben wir eine grüne Idee aufgegriffen, den ZEP, den wir aber zu recht schon wieder abgewickelt haben. Es ist richtig, auch weiter an Zielzahlen festzuhalten, denn sonst bekommen wir einen Aufwuchs in allen Ressorts. Die Anmeldungen liegen schon auf den Tischen bzw. in den Schubladen.
Aber es ist jetzt Zeit für einen Übergang hin zu neuem Personal für die Zeit, in der der große Buckel 2016 bis 2018 abschmilzt. Deshalb müssen wir jetzt Pflöcke einsetzen. Sie haben entweder nicht gelesen, was wir geschrieben haben, oder nicht wirklich darüber nachgedacht. Bereits im letzten Jahr hat sich eine SPDArbeitsgruppe sehr intensiv Gedanken gemacht, wie man die Zielzahl halten und dennoch Nachwuchskräfte gewinnen kann. Das ist in die Anträge hineingeflossen, aber auch mit Korsetts für die Verwaltungen. Nicht: Ihr dürft jetzt wieder alle machen, was ihr wollt. Es ist ganz klar definiert: Ihr müsst ein Personalbedarfskonzept machen! – Ich weiß, wovon ich rede. Von Aufgabenkritik war beim Personalabbau in den letzten Jahren nicht so richtig die Rede in den Verwaltungen, sondern es wurde dem Zufallsprinzip überlassen. – Sie können grinsen, wie Sie wollen, Herr Lux. Das war nicht ausschließlich so, aber teilweise. Es hat auch Überlegungen gegeben, aber vielleicht waren es nicht die richtigen. – Wir wollen von der Verwaltung ein Personalbedarfskonzept, und dann reden wir darüber, wo der Mehrbedarf ist, und dann reden wir auch über den Mehrbedarf durch die wachsende Stadt. Ich glaube, es ist der richtige Weg, die Verwaltung dazu zu bringen, im Dialog mit sich selbst – ihren Abteilungen, Referaten und Mitarbeitern – klar und aufgabenkritisch zu überlegen, welche Aufgaben wahrgenommen werden müssen.
Wichtig ist uns, dass wieder in bedarfsgerechtem Maß im öffentlichen Dienst ausgebildet wird. Dabei rede ich nicht über die Bereiche, in denen sowieso permanent wieder eingestellt wird: Gerichte, Staatsanwaltschaft, Feuerwehr etc. Das wissen Sie alles. Ich rede von der allgemeinen
Ich habe gesagt, dass das Korsett Personalbedarf heißt. Und Personalbedarf heißt, aufgabenkritisch zu hinterfragen, wie viel Personal man wann und wo braucht. Wenn wir einen Personalbedarf haben, können wir auch Personal entwickeln. Irgendwie kommt es mir immer so vor, als wollten die anderen das Pferd von hinten aufzäumen und zuerst eine Personalentwicklung machen. Das sehen wir anders.
Wir haben uns früh- und rechtzeitig Gedanken gemacht, wissend, dass der Zeitpunkt gekommen ist, jetzt umzusteuern, weil wir auch wissen, wie lange Ausbildungen im Land Berlin dauern. Deshalb glaube ich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt zum Umsteuern, zum verstärkten Ausbilden gekommen ist. Zudem müssen Anreize geschaffen werden, die Auszubildenden zu übernehmen. Der Senat hat in seiner Fortschreibung des Personalbedarfs schon Teilen unserer Anträge Rechnung getragen. Wir glauben allerdings, dass da noch ein bisschen was drin ist, dafür zu sorgen, dass die Verwaltung Berlins, die Stadt Berlin auch über das Jahr 2017 hinaus handlungsfähig ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Flesch! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Bluhm. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Immerhin ist es ein gutes Zeichen, dass wir über Personal auch auf der Grundlage eines Antrags der Koalition reden. Wenn man mal eine kleine Umfrage startet, wer die Fortschreibung des Personalbedarfskonzepts, von dem Frau Flesch sprach, verfasst hat, wer es verantwortet, wer den Hut auf hat und wer sich erkennbar und verlässlich engagiert, dann bekommt man irritierende Antworten. Irgendwie verunsichert diese Frage, weil offensichtlich nicht klar ist, wer das im Senat verantwortet. Bei den Redebeiträgen von Frau Flesch und Herrn Goiny ist mir aufgefallen, dass ich bei der Beschreibung der Situation ganz vieles teile. Aber die Überlegung, dass man noch die ganze Legislaturperiode Zeit hätte, ganz vieles zu organisieren oder Konzepte im Detail auszuarbeiten, teile ich nicht. Ich möchte nur die Impression der letzten 14 Tage zu diesem Thema hier kurz sagen dürfen: 311 unbesetzte Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst und eine Gesundheitsstaatssekretärin, die flehentlich und gut begründet, dass sie doch wenigsten vom Personalabbau ausgeschlossen werden möchte. Das ist verständlich, aber vom Senat kam keine Reaktion. Bei den Berliner Finanzämtern fehlen fast doppelt so viele Menschen auf ausfinanzierten Stellen. Das ist auch nicht ganz unerheblich für
die Situation des Landes. Ein Berliner Bezirk schickt gerade 90 befristet Beschäftigte nach Hause, weil er den Personalabbaupfad mit dem Senat ansonsten nicht einhalten kann. Die Justizverwaltung fängt jetzt einen neuen Jahrgang für Justizfachangestellte an, aber es sind nicht genug Auszubildende da. Also bleiben Plätze leer.
Vorgestern haben wir von einer anderen Senatsverwaltung gehört, dass die durchschnittliche Dauer einer Stellenneubesetzung 18 Monate beträgt, dass es aber in diesem Zusammenhang kein wirkliches Problembewusstsein gibt. Aber das ist, finde ich, in der Tat ein Problem.
Die anderen Antworten zu diesem Problem kann man im Personalbedarfskonzept – es ist aus meiner Sicht kein Personalentwicklungskonzept – nachlesen: Die Hauptverwaltung soll bis 2016 2 339 Vollzeitäquivalente abbauen. Das sind 913 Stellen im Bereich Inneres und 773 Stellen im Justizbereich. Für den Doppelhaushalt bedeutet das finanziell 90 Millionen Euro 2014 und 95 Millionen 2015 pauschale Minderausgaben beim Personal. Wenn man diesen Prozess nicht sofort stoppt und nicht damit aufhört, Leute nach Hause zu schicken – wo man jetzt schon weiß, dass die Möglichkeit, neue zu rekrutieren, schwierig ist, obwohl so und so viele Menschen und 50 Prozente aller Führungskräfte den öffentlichen Dienst verlassen –, wird man keinen zukunfts- und entwicklungsfähigen öffentlichen Dienst sichern können.
Da finde ich nicht die Dynamik von Veränderungsbereitschaft im tatsächlichen Handeln des Senats und der Koalitionsfraktionen.
Die Anforderungen an den öffentlichen Dienst werden größer und differenzierter, und die Zivilgesellschaft mischt sich mehr und stärker ein. Das ist für beide Seiten durchaus anstrengend. Aber es ist ein Prozess der Wertschätzung, der dabei herauskommt. Aber genau das spüre ich beim Senat nicht. Wo sind denn die Konzepte? – Ja, da gibt es das Schmuckstück „Ausbildung“. Das ist ganz wichtig, und ich finde es auch richtig, da mehr zu investieren. Aber wo, bitte, ist das Konzept, das sagt: mehr Auszubildende mit weniger und hoch belasteten Beschäftigten mit einem hohen Krankenstand? Wo ist das Konzept, dass das wirklich auf Augenhöhe aushandelt, so dass Motivation für alle Beteiligten dafür herauskommt? Wo ist das Konzept, wo beispielsweise die Steuerfachgehilfin, wenn sie nach der Ausbildung fertig ist, schrittweise das Wissen der Hauptbuchhalter, die in den Finanzämtern eine Expertenposition innehaben, erwerben kann und die Module der Aufstiegsförderung auch verlässlich mit der Einnahme neuer Positionen, die besser dotiert werden, funktionieren? Wo ist dieses Konzept?
Wo sind die Verabredungen, mit den Hochschulen wirklich über Aus- und Fortbildung zu diskutieren und mehr als zu diskutieren, nämlich Verträge zu schaffen? – Dafür hat man schon lange keine Zeit mehr. – Alles andere können Sie in unserem Antrag und in den weiteren Debatten nachlesen und diskutieren.
Vielen Dank, Frau Bluhm! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Herberg das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ganze vier Anträge legen SPD und CDU uns heute vor, um die Problematik der Personalpolitik in der Berliner Verwaltung anzugehen. Im ersten Antrag machen Sie gleich klar, dass das Rasenmäherziel von 100 000 Vollzeitäquivalenten in den Bezirken und der Hauptverwaltung weiterhin verfolgt werden soll. Das ist keine Abkehr von der Personalpolitik der letzten Jahre!
Hier zwängen Sie den Bedarf, den eine Stadt wie Berlin und seine Einwohner haben, in ein zu enges Korsett – um den Spruch von Frau Flesch zu benutzen –, denn ein aufgabenkritisch zu erstellendes Personalbedarfskonzept auf Basis der verbindlichen Zielzahlen ist doch ein Widerspruch in sich. Wir brauchen ein Personalbedarfskonzept, dass sich am Bedarf dieser Stadt orientiert. Altersbedingter Abgang, Ausbildung und Fluktuation müssen dabei abgebildet werden, und dies muss losgelöst von einer festen Zahl von Vollzeitäquivalenten erfolgen.
Im zweiten Antrag wollen Sie die Shared-ServicesPotenziale besser nutzen, und zwar schon jetzt, im Haushaltsjahr 2014/15. Die Formulierung, die Sie hier verwenden, hat mich stutzig gemacht: Bezieht sich dieser Antrag auf unser eigenes Handeln oder fordern wir den Senat auf, das in die Haushaltsberatungen einfließen zu lassen? Der Senator hat vorhin gesagt, dass er mit der Aufstellung des Haushaltsplans im Prinzip schon alles erledigt hat, jetzt Schluss sei und die Beratung hier stattfindet. Das merkt man auch, wenn man sich die ersten drei Anträge insgesamt durchliest: Da ist relativ wenig Inhalt oder eine Aufforderung oder sonst etwas drin. Das
Wenn Sie das so machen wollen, können Sie das gern machen. Aber mit einem Antrag hier darüber abstimmen zu lassen, dass wir das auch machen sollen – das halte ich für ein bisschen komisch. Das ist, glaube ich, auch nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen. Im Prinzip ist es auch egal, ob wir Antrag I, II oder III hier überhaupt behandeln. Was da drinsteht, ist in den aktuellen Haushaltsberatungen schon abgebildet, und das haben wir meines Wissens gestern im Hauptausschuss gemacht. Wir haben über die Shared Services gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, dass die Hauptverwaltungen bis 2016 ihren Abbau nicht vollziehen werden, aber nach dem Motto: Wir werden das alles schon machen. – Wir müssen also über I, II und III hier gar nicht reden.
Im dritten Antrag zum Beispiel wollen Sie den Wissenstransfer sicherstellen. Ich gehe davon aus, dass Sie dann, wenn Sie den Rasenmäher, den Sie immer noch anhaben, abstellen und die 100 000 Vollzeitäquivalente fallen lassen, es in den Verwaltungen von ganz allein ein Umdenken geben wird, dass der Wissenstransfer durch die altersbedingte oder allgemeine Fluktuation wegfallen wird, und man sich wieder Gedanken darüber macht, wie man das ausgleichen kann. Zurzeit kann man das nicht, weil man von oben den Daumen draufbekommt und gesagt wird: Du musst abbauen! – Da fällt gerade jemand altersbedingt aus, und dann muss der abgebaut werden, ob ich will oder nicht, und dann ist das Wissen futsch. – Nehmen Sie den Daumen von oben weg, und dann haben Sie das Problem an dieser Stelle schon gar nicht!