Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

Herr Herberg! Achten Sie bitte auf Ihre Wortwahl!

Ich werde zur Ordnung gerufen. Das ist alles okay, das mache ich nicht noch mal. Es tut mir leid. – Das ist nämlich alles totale Heuschreckenmanie, was Sie hier machen. Das ist genauso, als wenn irgendein USUnternehmen kommen würde und die sich so richtig einkaufen würden. Am Ende des Tages haben wir eine hier eine grüne Nummer mit draufliegen, die zu diesem Gesetz passt.

[Torsten Schneider (SPD): Ja oder Nein!]

Herr Schneider! Diesem Gesetz mit einem Vertrag hinten dran, am Ende mit einem gewissen Eigenkapitalanteil und wo die Klagen vor den Gerichten mit drin stehen, können wir ohne Probleme zustimmen. Doch das, was Sie hier heute haben, sagt nichts darüber aus, was am Ende passiert. Das können wir erst dann, wenn dieses Gesetz in zweiter Lesung wieder hier ist und das Vermögensgeschäft zusammen ist. Aber bis es dazu kommt, müssen wir miteinander reden, Herr Schneider. Deswegen haben wir heute hier unsere Positionen ausgetauscht. Das macht man in Parlamenten so.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Erste Lesung, dann redet man miteinander. Das ist ja ein Gesetz, das konnten wir nicht an einem Tag machen. Deswegen brauchen wir die zweite Lesung, und dann haben wir die Beratungen in den Ausschüssen, und da können wir dann aufeinander zugehen und uns treffen. Aber Sie haben doch gerade gesagt, Sie wollen gar nicht auf uns zukommen. Sie haben gesagt: Ihr kommt hierher zu uns oder gar nicht. – Was ist denn das für eine Aussage für die Beratungen, Herr Schneider? Sie haben doch im Prinzip schon die klare Ansage gemacht, dass Ihnen sowieso alles egal ist, was der Senat hier verabschieden will bzw. sind nur noch die Abnicker. Wenn das Ihre Art und Weise ist, wie Sie Beratungen in diesem Haus führen wollen, na dann gute Nacht!

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es liegt ein Antrag auf Rücküberweisung der Anträge Wasser I bis III, das sind die Drucksachen 17/0519 bis 17/0521 sowie der dazu gehörigen Beschlussempfehlungen – das sind die Drucksachen

(Torsten Schneider)

17/1168 bis 17/1170 – an den Hauptausschuss vor. Hierüber muss zuerst abgestimmt werden. Ich bitte also um das Handzeichen, wer für die Rücküberweisung dieser Anträge und der dazugehörigen Beschlussempfehlungen ist. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die Piratenfraktion. Gegenstimmen, bitte! – Das sind die Fraktion der SPD, die CDU-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Zu dem Gesetzesantrag auf Drucksache 17/0519 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen Linke bei Enthaltung Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Die Linke und eine Stimme der Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD, der CDU, Bündnis 90/Die Grünen, der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Das sind die übrigen Mitglieder der Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Zum Antrag auf Drucksache 17/0520 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen Grüne und Linke bei Enthaltung Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion sowie zwei Stimmen bei der Piratenfraktion. Gegenstimmen, bitte! – Das sind die Fraktionen der SPD, der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Das sind die übrigen Mitglieder der Piratenfraktion. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Zum Antrag auf Drucksache 17/0521 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen Grüne und Linke bei Enthaltung Piraten die Ablehnung auch mit Änderungen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und drei Stimmen bei den Piraten.

[Zurufe]

Gegenstimmen, bitte! – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen, bitte! – Das sind die übrigen Mitglieder der Piratenfraktion. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Der Überweisung des Gesetzesantrags auf Drucksache 17/1192 haben Sie bereits eingangs zugestimmt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 20

Sprach- und Integrationskurse auf Imame und islamische Religionslehrer ausdehnen

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/1186

Auch hier beträgt die Beratungszeit pro Fraktion wieder fünf Minuten. Es beginnt die Fraktion der CDU mit dem Kollegen Dregger, dem ich jetzt das Wort erteile. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wir wollen, dass alle dauerhaft bei uns lebenden Menschen vollständiger Bestandteil unseres Landes werden, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft und Religion. Wir wollen, dass sie unser Land und seine Grundwerte bejahen und sich als Bürger unseres Landes verstehen, denn ein demokratisches Land braucht inneren Zusammenhalt. Wie erreichen wir das? Erreichen wir das, indem wir uns dem Neuen verschließen und die Neuen ausgrenzen? – Die Antwort ist Nein. Erreichen wir das, indem wir zulassen, dass sich die Neuen abgrenzen und ihre eigenen Parallelwelten aufbauen? – Auch hier ist die Antwort Nein.

[Evrim Sommer (LINKE): Mann, Herr Dregger, wo leben Sie denn?]

Erreichen wir das, wenn Menschen in unserem Land keine gleichen Chancen haben? – Die Antwort ist Nein. Erreichen wir das, wenn wir in falsch verstandener Toleranz die Wertvorstellungen des Landes zur Disposition stellen? – Auch hier ist die Antwort Nein. Wir erreichen das nur, wenn klar ist, dass Leistung und nicht Herkunft zählt. Es zählt Einsatz für unser Land und nicht Hautfarbe. Es zählen bürgerschaftliches Engagement und Fürsorge für den Mitmenschen und nicht Egoismus und ethnische Abgrenzung.

[Evrim Sommer (LINKE): Worüber reden Sie denn?]

Es zählen die Grundwerte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und nicht entgegenstehende Wertvorstellungen.

Die Diskussion über den Islam hat in Deutschland viele Menschen bewegt, Muslime wie Nicht-Muslime. Nicht selten spielten in diesen Diskussionen Ängste eine Rolle. Ängste vor Ausgrenzung standen Ängsten vor Überfremdung gegenüber, und beides müssen wir überwinden.

Wir begrüßen, dass sich viele Muslime in Moscheegemeinden zusammenschließen, denn dort üben sich nicht nur ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung aus, sondern viele Moscheegemeinden nehmen – ähnlich wie die

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

christlichen Kirchen – wichtige soziale Aufgaben wahr, wie Seelsorge und Fürsorge für den Schwächeren. Das verdient Respekt, Anerkennung und unsere Unterstützung. In den Moscheegemeinden haben die Imame eine wichtige Aufgabe. Sie sind nicht nur Vorbeter und Religionslehrer, sondern sie sind für die Mitglieder der Moscheegemeinden auch Respektspersonen und üben Einfluss auf die Meinungsbildung aus.

Derzeit ist ein größerer Teil der in Berlin tätigen Imame nicht vollständig in unserem Land angekommen. Sie kommen für einen begrenzten Zeitraum, meist drei bis vier Jahre, nach Deutschland. Sie sprechen in vielen Fällen kaum deutsch und lernen es auch nicht. Sie sind in Deutschland nicht sozialisiert. Sie wissen häufig wenig über die Geschichte, Kultur und die Rechtsordnung unseres Landes, über die Rechte und Pflichten eines Staatsbürgers, über die Grundwerte unserer Verfassungsordnung, unsere Freiheitsrechte, über unsere Vorstellungen von der Gleichberechtigung von Mann und Frau und unsere demokratische Ordnung. So können sie nicht zu den Brückenbauern einer gelungenen Integration werden, als die wir sie gerne sähen. Das soll sich ändern. Dazu haben wir durch unseren Prüfauftrag an den Senat zur Schaffung eines Lehrstuhls für islamische Theologie in Berlin einen ersten Schritt getan, denn das Fernziel ist, dass die in Deutschland tätigen Imame aus Deutschland stammen, hier sozialisiert sind, hier ausgebildet werden und in der Kultur und Rechtsordnung unseres Landes verwurzelt sind.

Bis wir das erreicht haben, wollen wir mit dem vorliegenden Antrag einen zweiten Schritt machen. Wir wollen die Sprach- und Integrationskurse auf Imame und islamische Religionslehrer ausdehnen und sie zur Wahrnehmung dieses Angebots, das natürlich freiwillig ist, veranlassen. Es ist ein großartiges Angebot, denn Imame werden dadurch in die Lage versetzt, sehr viel besser an den vielfältigen Möglichkeiten unseres Landes teilzuhaben, und es ist eine Anerkennung für ihre wichtige Funktion. – Daher bitte ich Sie um Unterstützung unseres Antrags. Befähigen wir auch die Imame, die als Botschafter ihres Glaubens nach Deutschland gekommen sind, auch zu Botschaftern unserer Grundwerte zu werden und zu Brückenbauern einer gelungenen Integration. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Dregger! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Kahlefeld. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen Deutschkurse kann man eigentlich nichts haben, aber mit diesem Antrag ist einfach gar nichts anzufangen, und er

war auch nur Gelegenheit, um hier mal wieder ordentlich zu stänkern und vom Leder zu ziehen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

In Berlin können jetzt schon alle Menschen – auch, wenn sie keinen Berechtigungsschein dafür haben – an Integrationskursen teilnehmen, sofern Plätze frei sind und sie in der Lage sind, das selbst zu bezahlen. Auch an Orientierungskursen kann man unter den genannten Voraussetzungen teilnehmen. Ich nehme an, dass mit der blumigen Formulierung „Integrationskurse unter Einschluss von politischer Bildung“ die Orientierungskurse gemeint sind. Einen Berechtigungsschein werden die Imame unter den bisherigen Bedingungen nicht bekommen. Den erteilen nämlich das BAMF, die Jobcenter oder die Ausländerbehörde, und zwar

an neu Zugewanderte mit auf Dauer angelegtem Aufenthalt zu Erwerbszwecken, zum Zweck des Familiennachzuges, aus humanitären Gründen oder wenn eine Niederlassungserlaubnis vorliegt.

Hier ist der Haken: Die Imame aus der Türkei und den arabischen Ländern kommen immer nur für kurze Zeit nach Berlin. Die vom türkischen Religionsministerium finanzierten und an die Moscheen entsandten Imame sollen gar nicht länger als drei bis vier Jahre hier verbringen. Dann werden sie offiziell wieder abgezogen. Sie leben ähnlich wie Diplomaten, was diesen Punkt angeht. In anderen Moscheen, darunter alle nicht türkischsprachigen, die ihre Imame selber einwerben und bezahlen, sind die Imame oft noch viel kürzer hier, manchmal nur für Wochen für bestimmte Feiern. Ihr Aufenthalt ist nicht auf Dauer angelegt. Es wird weder ein Familiennachzug noch eine Niederlassungserlaubnis angestrebt. Möchten Sie vielleicht, dass das BAMF seine Regularien dahin gehend ändert, dass für Imame eine Sonderreglung eingeführt wird und sie Berechtigungsscheine bekommen? Das wäre wirklich einmal etwas Konstruktives, steht aber nicht in Ihrem Antrag.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Das ist auch nicht in Berlin zu regeln, denn das BAMF ist Bundessache. Das ist bequem, denn da hat man etwas wieder abgeschoben.

Im Antrag ist auch nur von „Werbung“ die Rede. Mit was möchten Sie denn werben? Wie wollen Sie denn die Kurse für Menschen, die nicht einmal drei oder vier Jahre hier bleiben wollen, attraktiv machen? Sie hätten in den Haushaltsberatungen einen Antrag einbringen können, Deutsch- und Orientierungskurse für Imame gratis anzubieten. Die Kurse kosten für Selbstzahler ohne Berechtigungsschein vom BAMF, wenn man bei null anfängt, 973 Euro. Legen Sie ein Programm auf, das den Imamen an Berliner Moscheen die Teilhabe gratis ermöglicht, dann können Sie mit 9 730 Euro pro Jahr zehn dieser

(Burkard Dregger)

geistlichen Männer einen Kurs ermöglichen, dazu etwas Geld für ein Faltblatt, das die Moscheen auf die neue Möglichkeit hinweist. Den Rest, also den Einstufungstest und den Unterricht, machen die Volkshochschulen wie gehabt. Dann haben wir ein konkretes Projekt, und ich bin sicher, viele der Männer werden das annehmen, und die Gemeinden werden davon profitieren. Dann könnte man den Antrag ernst nehmen, aber so nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Fakt ist nämlich: Sie wollen nur die Verhältnisse beklagen, ohne sie zu ändern. Das Problem wirklich anzugehen, würde bedeuten, Zeit und Anstrengung in die Erarbeitung eines Konzepts und eine Beratung mit den Moscheevereinen zu investieren, und Sie müssten selbst Geld in die Hand nehmen. Das ist Ihnen die Sache aber nicht wert. Die Ausbildung von islamischen Geistlichen und Lehrkräften in Berlin wäre die adäquate Antwort auf das Problem, aber Berlin hat die Bundesförderung für die Errichtung eines islamischen Lehrstuhls schlicht verschlafen. Die 20 Millionen Euro sind an Tübingen, Gießen, Erlangen und Münster gegangen, weil Berlin kein Konzept vorlegen konnte. Am 22. Mai dieses Jahres hat die Koalition wieder nur beschlossen, zu prüfen, ob in Berlin ein islamischer Lehrstuhl zu errichten ist. Was ist denn da bisher geschehen? Wir fordern, dass gemeinsam mit den Hochschulen und den islamischen Glaubensgruppen endlich eine sinnvolle Lösung erarbeitet wird, statt dass hier Schaufensteranträge eingebracht werden.

Der Islam ist Teil unserer Stadt und muss auch so behandelt werden. Jetzt wird wieder nur geklappert und gestänkert: Seht her, die Imame können gar kein Deutsch! – Ihr Antrag ist unehrlich! Das Problem zu lösen, darf nämlich nichts kosten, darf auch keine Arbeit machen. Das Ziel dieses Antrags der Koalitionsfraktionen ist offenbar mit dem Meckern schon erreicht.