Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

Wir haben die besten Universitäten und eine facettenreiche Forschungslandschaft. Viele Menschen aus dem In- und Ausland haben in Berlin studiert und aus ihren Forschungsgebieten heraus ein Unternehmen gegründet. Es gilt, die enge Verzahnung zwischen Unternehmen, Forschungs- und Hochschuleinrichtungen zu fördern. Aber es gibt auch eine ganze Reihe von Unternehmen, die den Kontakt zu Universitäten und Forschungseinrichtungen noch nicht knüpfen konnten, weil sie vielleicht noch nicht die richtige Ansprechperson oder das passende interessante Forschungsgebiet gefunden haben.

SPD und CDU haben sich vorgenommen, das Zusammenspiel der Wirtschaftsverwaltung, Visit Berlin, Berlin Partner, Technologiestiftung Berlin TSB und der Investitionsbank IBB kritisch zu hinterfragen. Alle Organisationen sollen sich mehr verzahnen, um die Förderung der Berliner Wirtschaft und Ansiedlung zu optimieren. Fördermittelberatung und Netzwerkbildung sollen künftig aus einer Hand kommen. Im letzten Jahr lag der Startpunkt für eine wichtige Entwicklung zur Erreichung dieses Ziels, der Zusammenführung von zwei, die Förderung tragenden Organisationen, nämlich Technologiestiftung und Berlin Partner. Hier ist im letzten Jahr viel Gutes geschehen. Lassen Sie uns heute über die aktuell eingeleiteten Schritte sprechen, die die nachhaltige positive Entwicklung für Unternehmen, die Forschung und somit auch auf dem Arbeitsmarkt bedeuten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Danke schön! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt jetzt Frau Kollegin Pop. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man Sie so reden hört, Frau Ollech und Herr Schultze-Berndt, hat man schon den Eindruck, Sie wissen doch nicht so genau, was in dieser Stadt aktuell diskutiert wird. An einer Stelle haben Sie recht, Herr Schultze-Berndt: Man braucht wahrlich Mut für diesen Flughafen. Man braucht Mut, um sich die neuesten Nachrichten durchzulesen. „Chaostage am BER“ war, glaube ich, die häufigste Schlagzeile zum Flughafen in den letzten Tagen. „Mal wieder!“ könnte man tatsächlich genervt sagen, und man könnte sich auch mal fragen: Wann machen die endlich mal eine positive Schlagzeile?

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die letzten Tage hinterlassen den Eindruck, dass es am BER inzwischen zugeht wie in einer mittelmäßigen Nachmittagsseifenoper: Intrigen, Machtkämpfe, Brandbriefe und Beschimpfungen. Durchstechereien sind an der Tagesordnung, und es ist keine Besserung in Sicht. Zwei erwachsene Männer werden, wie ich finde, sehr anständig dafür bezahlt, eine sicherlich nicht leichte Aufgabe zu

einem guten Ende zu bringen, nämlich den Flughafen fertigzustellen. Diese beiden erwachsenen Männer benehmen sich wie aggressive Raufbolde auf einem Schulhof, und niemand ist in der Lage, sie zur Raison zu rufen. Wo gibt es denn so etwas?

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die skandalfreie und zügige Fertigstellung des BER haben wir hier vor mehr als einem Jahr gefordert. Davon sind wir weit entfernt. Ich glaube, nicht nur ich habe es statt, dass ständig und überall in Berlin und republikweit über diesen Flughafen gekalauert wird. Hartmut Mehdorn wurde als Sanierer und Macher von Ihnen präsentiert. In einem halben Jahr ist der Lack bei ihm auch schon ab. Das einzige, was von ihm bislang zu hören war, war keineswegs besonders konstruktiv: der Weiterbetrieb von Tegel, wenn nichts anderes mehr geht, trotz mehrfacher Gerichtsurteile zum besseren Schallschutz stellt er diese ständig infrage. Er räsoniert über Minimaleröffnungen und hat inzwischen, wie eine Zeitung nachgezählt hat, mehr Berater als Arbeiter auf der Baustelle. Das unwürdige Gezänk mit Herrn Amann setzt dem Ganzen die Krone auf. Wir haben inzwischen mehr als ein ganzes Jahr verloren, ein Jahr, das für uns alle – die Steuerzahler in Berlin – teuer geworden ist. Sie haben bisher mühevoll versucht, auf den Zuständen am BER bis zur Bundestagswahl den Deckel zu halten. Der fliegt aber jetzt gnadenlos weg. Es gibt keinen Fortschritt auf dieser Baustelle. Im Zweifel zahlen wir ab morgen, nach Ihrer Sonderaufsichtsratssitzung, dem nächsten Manager eine haushohe Abfindung, weil er gehen will, muss oder soll. Darüber hinaus warten nur noch alle darauf, wann die nächste Milliarde wegen Unfähigkeit fällig ist.

Herr Wowereit! Man hört, dass Sie wieder dauerhaft Vorsitzender des Aufsichtsrats werden wollen. Wenn man sich die dortigen Zustände anschaut, kann ich mich nur fragen: Hört auf dieser Baustelle gar keiner mehr auf Sie?

Noch aktueller als die Blamage am BER, daran haben in den letzten Tagen nahtlos angesetzt, ist der neuerliche Streit um die Gründung eines Stadtwerks in der Koalition. Im letzten Herbst, wo Sie groß den sogenannten Herbst der Entscheidungen gefeiert haben, fiel manchem schon auf, dass es wohl eher der Herbst des großkoalitionären Kuhhandels, der Überkleisterung von diametralen Gegensätzen gewesen ist. Auch das wollten Sie mühevoll bis zur Wahl deckeln. Nun streiten Sie wie die Kesselflicker, ganz gleich, ob über die Kürzungsarie bei den freien Schulen, die Wohnungsbauförderung, die Herr Nußbaum Herrn Müller nicht gönnt – oder umgekehrt, man blickt da nicht mehr durch –, oder über die Gründung eines Stadtwerks. Herr Saleh! Wo ist die viel beschworene Stabilität Ihrer Regierung? Auch hier sind es Zustände wie am BER. Man fragt sich nur, wer ist Mehdorn und wer Amann, und wer schreibt wann den nächsten Brandbrief.

(Jürn Jakob Schultze-Berndt)

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Sie haben sich aktuell mitten in eine veritable Koalitionskrise manövriert. Nun tagt der Koalitionsausschuss, gleich während unserer Plenarsitzung, schreibt die „Morgenpost“. Ich kann Ihnen nur sagen: Verhandeln Sie es doch offen im Plenum, nicht im Hinterzimmer! Unser Antrag zur Gründung eines Stadtwerkes liegt doch heute hier auf dem Tisch und wird auch beraten!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Oder ist es vielleicht so, dass Sie sich eigentlich einiger sind als man es gerade vermuten könnte? Kann es sein, dass Sie hier einen Streit um des Kaisers Bart austragen, ob ein landeseigener Stromhändler gegründet wird – wie die SPD es will – oder nicht – wie die CDU es will? – Es spielt eigentlich keine Rolle für die Energiewende, ob das Land Berlin einen halben Windpark baut – SPD – oder ein bisschen mehr – CDU –; das ist angesichts des Energieverbrauchs in Berlin eine lächerliche Auseinandersetzung. Im Kern sind Sie sich eigentlich sehr einig: Ein starkes Stadtwerk, das endlich die Hausaufgaben des Landes bei der Energiewende angeht, steht doch gar nicht auf Ihrer Agenda. Das Geld dafür hauen Sie lieber an anderer Stelle heraus, den Klimaschutz, energetische Sanierung, erneuerbare Energien, Zukunftstechnologien in der Energie, Energieeffizienz sind weder bei SPD noch bei der CDU ein Anliegen.

[Torsten Schneider (SPD): Veggie-Day!]

Mit dieser Regierung gibt es keine Politik für den Klimaschutz und keine Energiewende. Die Berlinerinnen und Berliner haben am 3. November die Chance, dies mit dem Volksentscheid auf den Weg zu bringen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Weil das heute das aktuelle Thema ist, ziehen wir unseren Antrag zur Aktuellen Stunde zurück und schließen uns den beiden anderen Oppositionsfraktionen thematisch an. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Für die Fraktion Die Linke folgt jetzt Herr Kollege Harald Wolf. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am letzten Wochenende gab es nicht nur die Bundestagswahl, sondern in Hamburg auch den Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Stromnetze, der Gasnetze und des Fernwärmenetzes. Wir konnten sehen, es war eine gute Entscheidung, dass Hamburg den Tag der Bundestags

wahl gewählt hat, denn es gab eine wirklich intensive Auseinandersetzung, ein Ringen um das Für und Wider, eine hohe Beteiligung bei der Abstimmung und eine knappe, aber nichtsdestotrotz relevante Mehrheit für die Befürworter einer Rekommunalisierung der Netze von Strom, Gas und Fernwärme.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die Berliner Koalition und der Senat hätten sich bei der Entscheidung für diesen Termin ein Beispiel daran nehmen können. Es hätte Berlin gut angestanden, mit einer hohen Wahlbeteiligung und einer derartig intensiven Auseinandersetzung, wie sie in Hamburg stattgefunden hat, auch hier dem Volk die Entscheidung zu überlassen.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Stattdessen haben wir in der letzten Plenarsitzung, wenn ich mich richtig erinnere, ein Theater zwischen den Koalitionsfraktionen über die Frage erlebt, mit welcher Begründung man denn ablehnen kann. Heraus kam eine absurde Resolution, wo man sich nur in einem einig war, nämlich in der Ablehnung. Sie werden mit dieser Position nicht durchkommen. Hamburg hat nämlich auch gezeigt: Trotz einer massiven Gegenkampagne, einer Einheitsfront von Hamburger Senat, von SPD, CDU und FDP, der Handelskammer, die in Hamburg bekanntlich die Richtlinienkompetenz hat, und von Vattenfall mit einer massiven Werbekampagne hat sich bei der Volksabstimmung eine Mehrheit für die Rekommunalisierung durchgesetzt.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und das, obwohl der Hamburger Senat ja eine Alternative vorgeschlagen hat, nämlich die 25,1 Prozent Beteiligung. Da war der Hamburger Senat schon mal weiter als der Berliner Senat und als die Berliner Koalition, denn die hatten wenigstens einen Alternativvorschlag, einen schlechten, aber sie hatten einen. Sie haben noch nicht einmal einen Alternativvorschlag, sondern eine fadenscheinige Begründung für das Nein, und jetzt streiten Sie sich über die Frage, wie das Stadtwerk aussehen soll.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Torsten Schneider (SPD): 100 Prozent! – Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Dazu will ich gleich nochmal was sagen.

Das Absurde ist, dass Sie, nach dem Herbst der Entscheidungen, Anfang dieses Jahres einen Gesetzentwurf für die Bildung eines Stadtwerkes vorgelegt haben. Dazu haben wir gleich gesagt: Dieser Gesetzentwurf taugt nichts, er ist mit der heißen Nadel gestrickt, er hatte nur einen Zweck, nämlich zu versuchen, dem Volksbegehren und dem Volksentscheid den Schneid abzukaufen. Das konnte mit einem solchen Gesetzentwurf nicht gelingen.

(Ramona Pop)

Seitdem schmort er in den Ausschüssen. Wir haben gesagt, dass man ein Konzept für das Stadtwerk braucht. Wir haben auch die Elemente einer solchen Konzeption benannt. Nichts ist in dieser Zeit passiert. Jetzt hat der Kollege Müller offensichtlich einen ersten Wirtschaftsplan vorgelegt. Einen relativ bescheidenen, wenn man der Presse Glauben schenken darf. Fünf Windräder auf den Stadtgütern. Aber das ist ja immerhin schon mal eine Verfünffachung des bisherigen Windräderbestandes, den wir in Berlin haben,

[Uwe Doering (LINKE): Genau!]

insofern ambitioniert für die gegenwärtigen Verhältnisse.

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Es ist aber offensichtlich auch deutlich geworden, dass das, was im Gesetzentwurf steht, dass man ausschließlich erneuerbare Energien selbst produzieren und diese selbst produzierte Energien vertreiben will, als Aufgabenbestimmung für dieses Stadtwerk zu kurz gegriffen ist. Die CDU hat recht: Ihr habt euch darauf geeinigt, dass nur selbst produzierte Energie vertrieben wird. Das steht im Gesetzentwurf, auf den ihr euch verständigt habt. Die SPD hat allerdings in der Sache recht: Wenn man ernsthaft an das Thema Stadtwerk herangehen will, muss man natürlich auch – da man am Anfang ein so geringes Potenzial selbst produzierter Energie hat und einen Kundenstamm aufbauen muss – nicht selbst erzeugte Energie vertreiben. So, und jetzt beharkt ihr euch gegenseitig, und am Ende kommt als Ergebnis eins dabei raus:

[Senator Mario Czaja: Da bin ich gespannt!]

Ja, das ist völlig klar! – Das Ergebnis ist: Das, was ihr wollt, passt nicht zusammen. Es wird wieder ein stümperhafter Kram dabei rauskommen. Und deshalb sage ich: Es wird notwendig sein, dass am 3. November die Berlinerinnen und Berliner mit einer großen Beteiligung ein klares Signal geben: Wir wollen ein Stadtwerk, das nicht nur eine Micky-Maus-Veranstaltung ist, sondern eine wirkliche Herausforderung gegenüber Vattenfall darstellen kann, und wir wollen die Rekommunalisierung der Netze! Dafür werden wir werben, und das hätten wir heute gerne noch ausführlicher diskutiert.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die Piratenfraktion jetzt Herr Kollege Mayer. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Werte Gäste! Auch wir hätten heute gerne über die Folgen des erfolgreichen Volksentscheids in Hamburg gesprochen, der nämlich die vollständige Rekommunalisierung der Energieversorgung dort zur Folge haben wird. Wir wer

den vielleicht im Rahmen anderer Anträge noch mal dazu kommen, aber wohl nicht im Rahmen der Aktuellen Stunde.

Hamburg hat eins gezeigt, nämlich dass die Bürger klüger sind als Regierungen oft glauben, vor allem, wenn es ums Geld geht.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Beifall von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Die Bürger wissen nämlich, dass Energieversorgung und -netze ein gutes, sicheres Geschäft sind, und wollen einfach, dass das Geld in der Stadt bleibt. Am liebsten natürlich über eine geringere Stromrechnung. Aber selbst wenn die Rechnung aufgrund von Regulierung und Marktpreisen gleich hoch ausfällt wie bei privaten Netzbetreibern und -versorgern, kommen die Gewinne über den Landeshaushalt allen Berlinern zugute.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]