Für die Besprechung bzw. Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Melzer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Berlins Wirtschaft entwickelt sich positiv. Sie ist auf Wachstumskurs, sie schafft Arbeitsplätze, ist innovativ, dynamisch und erfolgreich. Das liegt an den kreativen Unternehmen und Unternehmern, an den engagierten Mitarbeitern, und es liegt auch an den richtigen Rahmenbedingungen, die diese Koalition aus CDU und SPD in Berlin erfolgreich gesetzt hat.
In besonderer Weise sind wir abhängig davon, was auf Bundes- und Europaebene passiert. Berlin ist eben keine Insel, die völlig autark regiert werden kann. Deshalb sind wir in Berlin auch froh, dass im Bundesgebiet die kluge Wirtschaftspolitik unter Angela Merkel fortgesetzt werden kann.
Ja, es geht eben darum, nicht zu gängeln und keine Steuererhöhungen durchzuführen, sondern kleine und mittelständische Unternehmen zu unterstützen und zu entlasten, Bürokratie konsequent abzubauen und neue, moderne Technologien gezielt zu fördern. Das sind die Gebote der Stunde.
Die Eckwerte der Berliner Wirtschaft haben sich in den letzten zwei Jahren sehr gut und positiv entwickelt.
Ich weiß, Frau Kosche! Sie und Ihre Fraktion werden das wieder kritisieren. Sie sind die Einzigen, die Wachstums- und Industriezahlen schlechtreden. – Der „Tagesspiegel“ beispielsweise hat gestern konstatiert:
aber gleichzeitig ist es kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. Wir freuen uns darüber, dass diese Trendwende eingeleitet ist, sind aber mitnichten am Ziel.
Wenn ich mir das Bruttoinlandsprodukt Berlins ansehe, stelle ich fest, dass wir im Jahr 2012 ein deutlich stärkeres Wachstum hatten als im Bundesgebiet und im bundesdeutschen Durchschnitt. Auch im ersten Halbjahr dieses Jahres ist es wiederum stärker gewachsen als im Bund. Mit Hamburg und Hessen gehören wir zur Spitzengruppe der Bundesländer.
Vielen Dank! – Ich hätte die Frage, welchen positiven wirtschaftspolitischen Effekt Sie sich davon versprechen, dass es dem Senat zum zweiten Mal in Folge nicht gelingen wird, die Wirtschaftsförderungsmittel des Bundes auszuschöpfen?
Herr Zillich! Genau deswegen reden wir heute in der Aktuellen Stunde darüber: weil wir die Förderpolitik dieses Senats konsequent verändert haben, weil wir die Mechanismen der Technologieförderung verändert haben.
Ich komme dazu später noch mal. Natürlich geht es auch darum, europäische Fördermittel, GRW-Förderungen und anders sehr konsequent in bestimmte Projekte umzusetzen. Auch das werde ich gleich noch ausführen. Aber in der Rückschau, und das ist auch zu konstatieren, gilt es festzuhalten, dass in Berlin in besonderer Art und Weise neue Arbeitsplätze entstanden sind. Die positiven Wachstumszahlen sind eben kein Selbstzweck.
Was für welche, kann ich Ihnen sagen. Es sind in diesem Jahr über 10 000 sozialversicherungspflichtige neue Arbeitsplätze in Berlin entstanden, über 40 000 ebenfalls sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Berlin im letzten Jahr. In den New-Economy-Bereichen, in den kreativen Industrien boomt Berlin genauso, wie die Industrie aus ihrem Winterschlaf politisch herausgeholt worden ist. Deswegen sagen wir: Es ist richtig und wichtig, dass wir diesen Schwerpunkt als Koalition aus CDU und SPD setzen. Erste Früchte sind da. Es entstehen gute Arbeitsplätze in Berlin. Branchen entwickeln sich positiv, und das ist doch auch ein Grund, dass wir uns im Abgeordnetenhaus insgesamt über diese positive Entwicklung des Standorts Berlin freuen können.
Weil Sie vorhin gefragt haben, welche Entscheidungen wir getroffen haben: Die erste Entscheidung war zunächst
einmal, die stärkere Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft auch in den Senatsverwaltungen abzubilden und die Zusammenlegung von Wirtschaft, Technologie und Forschung in einer Senatsverwaltung umzusetzen. Dadurch wurde die Nähe von außeruniversitärer Forschung und von mittelständischen Unternehmen geschaffen. Vom Pakt für Forschung und Innovation profitieren jetzt genau diese, und es ist richtig und wichtig, dass der Bund hier seine Förderzusagen auch einhält. Das BIG, das Berliner Institut für Gesundheitsforschung in BerlinBuch, zeigt doch, welche Potenziale diese Zusammenschlüsse haben. Es ist auch ein Paradebeispiel dafür, dass die konsequente Clusterförderung, die wir fortsetzen, und die nachhaltige Entwicklung der Zukunftsorte der richtige Weg sind.
Die neu geordnete Wirtschaftspolitik wird sich weiter auf die Cluster konzentrieren, von der Gesundheitswirtschaft über die Kreativwirtschaft bis zu Verkehr, Mobilität und Energietechnik. Auch deshalb, und das will ich ausdrücklich sagen, bleiben wir dabei, dass auf dem Gelände des heutigen Flughafens Tegel nach Schließung des Flugbetriebs ein Forschungs- und Technologiepark entsteht. Urbane Technologien für die Stadt von morgen denken und hier anzusiedeln in enger Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, das ist etwas, das von der IHK bis zum DGB Zustimmung genießt, und auch unsere Zustimmung als CDU-Fraktion hat dieses Projekt. Wir werden in den Haushaltsberatungen auch dafür streiten.
Bei der Ausgestaltung des Schaufensters Elektromobilität, der Entbürokratisierung der Vergabepolitik, bei dem einheitlichen Ansprechpartner haben wir weitere Meilensteine erfolgreich umsetzen können, aber auch da sind wir noch nicht am Ende der Entwicklungskette, auch da heißt es weiterzumachen, damit die Elektromobilität tatsächlich eine Zukunftstechnologie wird, damit die Bürokratieentschlackung weitergehen kann und die Ansprechbarkeit der Verwaltung für Investoren erhöht wird. Wir haben also insgesamt Tempo aufgenommen. Der wirtschaftliche Rahmen hat sich deutlich verbessert. Wir sind aber noch nicht endgültig am Ziel. Ich will aber auch deutlich sagen: Wir sind heute entschieden weiter als unter Wirtschaftssenator Wolf von den Linken jemals war.
Die Förderstrukturen haben wir umgebaut. Berlin hat eine längere Tradition darin, in sich zerfaserte, unterschiedliche Förderstrukturen aufzuweisen, Doppelstrukturen in der Wirtschaftsförderung zu haben. Die Neuausrichtung dieser Wirtschafts- und Technologieförderung durch die Verschmelzung von Berlin Partner und der Technologiestiftung Berlin ist jetzt erfolgreich umgesetzt. An dieser Stelle bedanken wir uns bei all jenen, die diesen nicht
immer einfachen Weg sehr konstruktiv und lösungs- und zielorientiert umgesetzt haben. Heute haben wir eine gemeinsame Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft und neuer Technologien aus einer Hand und unter einem Dach. Das ist ein guter Weg für Berlin.
Damit ist nämlich Schluss mit mehreren Ansprechpartnern, unterschiedlichen Modellen, parallelen Kompetenzen. Diese Förderung gibt es jetzt aus einer Hand. Diese neue Unternehmung wird die Aufgabe haben, die verschiedenen Cluster und Kompetenzfelder gezielt zu bearbeiten, die Zukunftsorte Berlins vom Reißbrett zu wirtschaftlich pulsierenden Zentren weiterzuentwickeln und die Potenziale des Wissenschafts- und Forschungsstandorts konsequent und stärker herauszuarbeiten. Dieses Unternehmen ist Ansprechpartner für die New Economy genauso wie für die wichtigen Wirtschaftszweige der traditionellen Industrie. Wir vergessen keinen Zweig. Die Industrie spielt auch in dieser Koalition eine ganz herausgehobene Rolle.
Es ist uns gelungen, einen ganzheitlichen Ansatz umzusetzen, mit kurzen Wegen und Kompetenzen aus einer Hand. Das mag vielleicht zunächst etwas langweilig klingen, ist aber ein großer Erfolg. Diese Strukturentscheidung wird Unternehmen noch stärker aktiv unterstützen können, und sie wird ihren Beitrag dazu leisten, dass weiterhin gute Arbeitsplätze in Berlin entstehen.
Zusammenfassend: Berlin entwickelt sich dynamisch. Die Wirtschaft wächst. Arbeitsplätze entstehen, und die letzten beiden Jahre waren positiv. Wir haben dabei junge Branchen der Kreativwirtschaft und Gründer genauso gefördert und im Blick wie die traditionellen produzierenden Wirtschaftszeige. Wir setzen auf die Entwicklung von Industrie und Dienstleistung. Die bestehenden Masterpläne werden umgesetzt. Die Berliner Zukunftsorte sollen weiterentwickelt werden, und hier werden Wirtschaft und Wissenschaft gezielt miteinander vernetzt. Die erfolgreich neugeordnete Wirtschafts- und Technologieförderung des Senats wird die positiven Impulse hoffentlich noch verstärken. Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten! Auch dafür steht die Koalition aus SPD und CDU. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Melzer! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Olalowo. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Melzer! Sie haben vor ungefähr
zwei Jahren die Rede zu diesem Thema schon einmal gehalten. Damals hieß es: Berlins Wirtschaft boomt. – Ich will jetzt den Anfang Ihrer Rede zitieren. Ich habe ihn nur leicht abgewandelt und den heutigen Verhältnissen angepasst. Sie sagten damals: nicht weil Rot-Schwarz boomt, nicht weil Klaus Wowereit nach nunmehr zweijähriger Regierungszeit mit der CDU die Ernte für eine leider nicht vorhandene wirtschaftsfreundliche, investitionsfreundliche und arbeitsplatzfreundliche Politik einfährt. Nein! Berlins Wirtschaft boomt nicht wegen RotSchwarz, sondern trotz Rot-Schwarz. – Das haben Sie ungefähr so vor zwei Jahren gesagt.
Die Situation war damals ganz ähnlich. Ich habe auch in der Regierungserklärung – der Regierende Bürgermeister ist leider jetzt nicht da – nachgesehen. Da wurde für die Stadt angekündigt: Wir machen eine konsequente Industriepolitik. Ende des letzten Jahres hat der Regierende Bürgermeister bei der Berliner Wirtschaftskonferenz das Bekenntnis zum Industriestandort Berlin wieder bekräftigt. Seitdem hat diese Stadt 2 500 Industriearbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe verloren. Ich würde an dieser Stelle sagen: Der Kern Ihrer Wirtschaftspolitik ist gescheitert.
Die Wirtschaftssenatorin wird nicht müde, immer wieder in Pressemitteilungen das Wachstum der Berliner Wirtschaft zu verkünden. Wenn wir uns das einmal genau ansehen, dann stimmt es schon, dass Teile der Berliner Wirtschaft wachsen: Handel, Verkehr, Tourismus. Berlin bleibt also weiterhin sexy, arm zwar, aber immerhin sexy. Der „Tagesspiegel“ – dieser Artikel wurde heute schon mehrfach zitiert – hat gesagt: Acht von zehn Euro, die in der Stadt erwirtschaftet werden, gehen auf das Konto dieser Branchen. – Aber dieses Wachstum ist nicht das Ergebnis Ihrer Politik, sondern findet trotz Ihrer Politik statt.
Dieses Wachstum findet leider gerade in den Bereichen statt, in denen es einen ganz hohen Anteil an prekärer Beschäftigung gibt.
Um noch einmal aus Ihrer Rede von vor zwei Jahren zu zitieren, Herr Melzer, in der Sie – aktualisiert – sagten: In Deutschland sinkt die Arbeitslosigkeit. Endlich gibt es im Bund weniger als 3 Millionen Arbeitslose. Nur in Berlin kommt dieser Rückgang nicht an. Bundesweit ist die Arbeitslosenquote inzwischen unter 7 Prozent angekommen,