Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

Im Antrag Nr. 3 fordern die Antragsteller dann ein Konzept für eine langfristige Perspektive für die Wasserbetriebe. Als Begründung wird im Wesentlichen eine Reihe von Selbstverständlichkeiten angeführt.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Warum macht ihr’s dann nicht?]

Diese angemahnte Strategie gibt es längst.

Ich möchte ausdrücklich die Führung der Berliner Wasserbetriebe loben, die Aufsichtsratsvorsitzende Frau Senatorin Yzer und den Vorstandsvorsitzenden Herrn Simon. Beide haben unsere volle Unterstützung beim gegenwärtigen Kurs der Berliner Wasserbetriebe.

(Joachim Esser)

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von der LINKEN]

Andere Punkte in den Anträgen – auch darauf hat der Kollege Stroedter schon hingewiesen – sind durch das beherzte Handeln der Koalition längst überholt.

Unser Ziel heißt: sauberes Wasser für Berlin zu fairen Preisen. Hier sind wir auf einem guten Weg. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Dr. Garmer. – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Lederer.

[Uwe Doering (LINKE): Jetzt erklär’s ihm noch mal, Klaus!]

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit demselben Brustton der Überzeugung haben, glaube ich, die Koalitionsredner im Jahr 1999 hier gestanden und damals dieses Projekt Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gefeiert, mit demselben Brustton der Überzeugung, mit dem Herr Stroedter und Herr Garmer sich jetzt hier hinstellen und predigen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Unsere drei Anträge – das sage ich an dieser Stelle noch mal, damit es wirklich der Letzte versteht – haben mehrere Ziele: Das erste ist eine Änderung des Berliner Betriebe-Gesetzes, um die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals, also die Stellschraube für die Gewinnerzielung für die Wasserbetriebe, deutlich herabzusetzen.

Das zweite ist eine Änderung der Wassertarifverordnung mit dem Ziel, Sonderposten und Baukostenzuschüsse tarifmindernd zu berücksichtigen, sowie dem Auftrag, das BWB-Anlagevermögen realistisch zu bewerten und die Abschreibungszeiträume an das branchenübliche Maß anzupassen.

Wer sagt hier, dass irgendetwas von diesen beiden Anträgen durch das beherzte Handeln der Koalition erledigt sei? Das ist doch purer Unsinn! Nichts davon ist erledigt!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Michael Garmer (CDU)]

Herr Esser hat schon völlig richtig darauf hingewiesen: Dass wir diese Anträge hier stellen müssen, ist die Konsequenz der Teilprivatisierung und eines Konsortialvertrags im Jahr 1999, in dem Sie Gewinngarantien an private Investoren versprochen haben. Danach haben Sie

den Landeshaushalt in die Vollhaftung dafür genommen, weshalb die Wasserpreise in den letzten Jahren erhöht worden sind.

Der dritte Antrag, den wir gestellt haben, ist die Einforderung der Vorlage eines Konzepts und einer Eigentümerstrategie des Senats, um den BWB und ihren Beschäftigten eine belastbare Perspektive zu bieten. Diese haben nämlich alles andere als Lust, in die Berliner Wasserbetriebe der Neunzigerjahre, wie sie damals von CDU und SPD geführt worden sind, zurückzukehren.

Diese Anträge sollten also eine nachhaltige und langfristige Wasserpreissenkung bewirken und setzen damit genau das um, womit die Koalitionsfraktionen den Senat im vergangenen Oktober beauftragt haben, nämlich eine gesetzliche Anpassung zur Kalkulation der Wasserpreise, langfristig wirksam, zur Entscheidung hier im Parlament. Ein solcher Antrag des Senats ist mir nicht bekannt. Er liegt nicht vor.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie haben die Anträge in den Ausschüssen abgelehnt. Die Begründung ist nicht bzw. nicht mehr stichhaltig. Herr Stroedter hat eben noch einmal wiederholt, was er schon vor einem halben Jahr im Ausschuss gesagt hat, der Splittingzinssatz bei Kalkulationen sei unzulässig. Das ist erst einmal Unsinn, das ist nämlich kommunalgebührenrechtlich absolut üblich. Und, lieber Herr Stroedter, die Anträge sind jetzt ein Jahr alt. Sie hatten ein Jahr Zeit, Ihre rechtliche Unsicherheit zu überwinden, indem Sie sich einfach hätten kundig machen können. Ein Jahr Zeit!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Im Übrigen, lieber Herr Stroedter, ist das überhaupt kein Argument gegen unseren Antrag Nr. 2, weil da von einem gesplitteten Zinssatz überhaupt nicht die Rede ist.

Was die Ausgleichsverpflichtung gemäß § 23 Abs. 7 des Konsortialvertrags angeht, die Sie im Ausschuss noch gegen unsere Anträge ins Feld geführt haben – die müsste sich jetzt eigentlich erledigt haben, denn Sie feiern gerade den Rückkauf der Anteile von Veolia. Da gibt es eigentlich überhaupt keinen triftigen Grund mehr, Herr Stroedter, warum die Koalition unseren Anträgen nicht zustimmen könnte, wenn sie es denn politisch wollte. Sie haben das auch selbst am 27. Mai im Wirtschaftsausschuss – zumindest in Bezug auf unseren Antrag Nr. 3 – eingeräumt. Dieser Antrag, so haben Sie damals gesagt, mache

im Augenblick so lange keinen Sinn, bis wir, das wird hoffentlich in Bälde der Fall sein, eine endgültige Entscheidung darüber haben, wie die Verhandlung mit Veolia ausgeht.

(Dr. Michael Garmer)

Das ist jetzt ein bisschen konfus, aber das ist aus dem Wortprotokoll, das ist das, was Sie gesagt haben. – Lustig, dass Sie vorhin genau das Gegenteil erzählt haben, nämlich, dass der Rückkauf jetzt sozusagen unseren Antrag überflüssig macht. Sie müssen mal sagen, was Sie wollen! Entweder war er damals überflüssig, oder er ist jetzt überflüssig. Aber nicht immer so drehen, wie es Ihnen gerade in den Kram passt!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Warum, frage ich, hat die Koalition unseren Vertagungsantrag im Hauptausschuss am 4. September eigentlich abgelehnt – was parlamentarisch übrigens ein unüblicher Vorgang ist? Wir zumindest haben keine Eile damit, wenn es um die Sache geht. Und, Herr Garmer, wenn Sie das Betriebe-Gesetz, die Wassertarifverordnung ändern wollen, warum haben Sie dann keinen Vorschlag vorgelegt? Warum mussten Sie die Anträge unbedingt wegstimmen und müssen Sie sie heute hier unbedingt wegstimmen?

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Die Antwort ist einfach. In Ihrer heute vom Senat vorgelegten Gesetzesvorlage heißt es einfach: Der Erwerb des Veolia-Anteils soll keine Belastung für den Haushalt und die Wasserpreise darstellen. – Das ist genau das, was Herr Esser gesagt hat: Sie lassen die Berlinerinnen und Berliner ein zweites Mal die Zeche zahlen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Kein Wort mehr von einer Senkung der Wasserpreise, kein politischer Wille, die Wasserkunden endlich zu entlasten. Warum, frage ich, stellen die BWB und der Senat die gerichtliche Abwehr der Kartellamtsverfügung nicht endlich ein? Es ist doch totaler Unsinn, dass Sie das aus allgemeinen übergeordneten Erwägungen irgendwie abschließend klären müssen!

[Heidi Kosche (GRÜNE): Es ist teuer!]

Es kostet nur einen Haufen Geld, Herr Garmer, und das ist noch mal das Geld der Wasserkunden, das da derzeit verbrannt wird.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Ich komme zum Schluss: Die Koalition muss sich entscheiden: Will sie ein ökologisch nachhaltiges, gut geführtes Wasserunternehmen, in dem der Preis durch die Leistung definiert wird, oder will sie nach wie vor ein profitgetriebenes Staatsunternehmen als Melkkuh für den Landeshaushalt auf dem Rücken der Beschäftigten und Kunden? Und das eben von Ihnen so gepriesene Sanierungsprogramm oder Optimierungsprogramm, das wahrscheinlich schon achte oder zehnte in den letzten zehn Jahren, führt zu nichts weiter als zu Personalabbau und

Leistungsverschlechterung. Deswegen, lieber Herr Stroedter, wäre es einmal schön, wenn statt Gerede endlich einmal ein Konzept auf den Tisch läge, –

Sie müssen bitte zum Schluss kommen!

wo wir uns einmal darüber verständigen könnten, wohin Sie mit den Wasserbetrieben eigentlich wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Im Übrigen: Ich beantrage die Rücküberweisung unserer Anträge in die Ausschüsse. Wir würden gerne das, was die Koalition die ganze Zeit einfordert, in den Ausschüssen machen, nämlich nachhaken, wo Sie Ihre Vorschläge haben.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Antrag verstanden, danke. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Herr Abgeordnete Stroedter. – Bitte!

[Uwe Doering (LINKE): Ach, Mensch, es wird nicht besser!]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Lederer! Ich bin schon überrascht, mit welcher Verve Sie Ihre Position hier vertreten. Ich finde, Sie haben das verspielt in der Sitzung, als wir über die RWE-Anteile gesprochen haben. Mit Ihrem Nein wären wir gar nicht in die Position gekommen, irgendetwas beraten zu können. Ich bin auch jetzt schon gespannt, was am Ende des Jahres passieren wird, wenn wir hier über Veolia abstimmen. Dasselbe gilt auch für die Grünen. Ich sehe noch nicht Ihr Ja zum Geschäft.

[Joachim Esser (GRÜNE): Dafür muss uns der Senat erst einmal eine Vorlage schreiben!]

Das ist alles Zeitspielerei.