Herr Buchholz! Es ist ein bisschen enttäuschend, dass Sie quasi dieselbe Rede gehalten haben wie vor zwei Wochen. Die Leute wussten ja, dass Sie dieses Stadtwerk gegründet haben, als sie zum Volksentscheid gegangen sind, und sie wussten: Wenn sie mit Ja stimmen, dann stimmen sie nicht für Sie, sondern für den Energietisch, der viel mehr will. Das heißt, dies war eine Abstimmung gegen Ihr Stadtwerkskonzept, wo 600 000 Menschen – – Ich lese noch mal vor, was der Senat an alle Haushalte hat verschicken lassen.
Er hat den Leuten empfohlen: Stimmt mit Nein, da ja der Senat Vorsorge für die Gründung eines wirtschaftlich zu betreibenden Stadtwerks getroffen habe. Dieses Berliner Stadtwerk sei im Haushalt finanziell abgesichert.
Juristisch, da haben Sie recht, ist der Volksentscheid gescheitert. Politisch ist Ihre Politik ist aber genauso gescheitert.
Sie könnten sich als Gewinner hinstellen, wenn Sie Ihren eigenen Vorschlag zur Abstimmung gestellt hätten, wenn Sie die Eier in der Hose gehabt hätten zu sagen:
Das ist unser Vorschlag. Entscheidet euch, ob ihr unseren Weg gehen wollt oder den des Energietisches!
Herr Schäfer! Stimmen Sie mir zu, dass der weitaus größte Teil der Berlinerinnen und Berliner nicht zur Abstimmung gegangen ist, folglich auch gar nicht irgendwas vom Senat gescheitert sein kann, weil die Bevölkerung gar nicht erst Handlungsbedarf gesehen hat?
Sie wissen doch, dass viele Leute auch deshalb nicht hingegangen sind, weil Sie mit dem Termin getrickst haben!
Ich meine aber, wir sollten uns klar darüber sein: Wenn beide Wege keine klare Mehrheit gefunden haben, dann haben wir den Auftrag, einen neuen Weg zu gehen. Dann haben wir doch den Auftrag, auch wenn Sie juristisch völlig recht haben, diese 600 000 Menschen, die kann sich doch keine Partei erlauben, links liegen zu lassen. Wir wollen doch hier einen gemeinsamen Weg gehen, und deshalb würden wir uns sehr wünschen, dass wir uns jetzt, wo die Zeit der Polarisierung vorbei ist – der Volksentscheid ist vorbei –, hier im Haus um die Sachfragen kümmern, dass wir uns darum kümmern: Wie können wir den Dampf aus der MVA Ruhleben für Strom- und Wärmeerzeugung nutzen? Wie können wir Reststoffe wie Klärschlämme für Strom- und Wärmeerzeugung nutzen? Wie können wir Energieeffizienzdienstleistungen in Gebäuden anbieten? Wie können wir die öffentlichen Gebäude endlich energetisch sanieren? Wie können wir den BHKW-Ausbau vorantreiben?
Wir wünschen uns einen gemeinsamen Ausschuss als Sonderausschuss oder in anderer Form, wobei wir uns mit den besten Leuten aus der Stadt, mit den Praktikern von Energietisch bis IHK fraktionsübergreifend zusammensetzen und einen neuen Weg suchen, diese Probleme im Detail zu lösen. Das ist unser Wunsch.
Ich denke, bei diesem Volksentscheid wurde die Demokratie leider von der Mehrheit nicht immer mit dem nötigen Respekt behandelt. Das wäre ein gutes Zeichen für diese Menschen, die mit Ja gestimmt haben, wenn wir jetzt zeigen: Wir können mal die üblichen Rituale beiseitelassen, in die ich zugegebenermaßen heute auch wieder
Ja, das ist ja keine Frage. Das ist nicht ganz einfach. Es wäre ein gutes Zeichen, wir würden uns fraktionsübergreifend für einen solchen Weg entscheiden. Dafür werben wir, und dafür hoffen wir heute auf ein Zeichen der Regierungskoalition, Ihres Senats, Herr Wowereit, einen solchen Weg auszuprobieren und nicht einfach weiterzumachen, als hätte es diese 600 000 Stimmen gegen Ihre Politik nicht gegeben.
Vielen Dank, Herr Schäfer! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Garmer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Volksentscheid vom vergangenen Sonntag hat die Energiepolitik von CDU und SPD in Berlin eindrucksvoll bestätigt.
Ein Teil der Forderungen des Energietisches war schlicht überholt. Das Land Berlin beteiligt sich seit Langem an der Ausschreibung des Stromnetzes und des Gasnetzes in Berlin, und auch das Stadtwerk ist bereits Gesetz.
Ein anderer Teil der Forderungen war schlicht nicht praktikabel und mit erheblichen finanziellen Risiken für die Steuerzahler verbunden wie etwa die fehlenden Kontrollmöglichkeiten des Abgeordnetenhauses trotz vollständiger Haftung des Steuerzahlers für mögliche Verluste. Das geht gar nicht.
Für völlig unzweckmäßig halten wir auch die Forderung nach einer rein politischen Besetzung des Aufsichtsrats des Stadtwerks ohne die Möglichkeit, unabhängige Fachleute zu berufen. In diesem Punkt – das mal nebenbei bemerkt – war sich nicht nur die Koalition einig, auch einige Vertreter der Opposition waren hier skeptisch. Diese zusätzlichen und unrealistischen Forderungen haben die Wählerinnen und Wähler abgelehnt, und das ist auch gut so.
Wir respektieren aber natürlich – das möchte ich auch sagen –, dass 600 000 Menschen in unserer Stadt mit Ja gestimmt haben und sich damit ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand für eine nachhaltige und bezahlbare Energiepolitik wünschen. Die Energiewende ist ja auch von der Politik ausgegangen und nicht von den Marktkräften. Für die Koalition aus CDU und SPD hat die
Energiepolitik und das Thema Energieversorgung eine hohe Priorität. Wir nehmen das Ergebnis des Volksentscheids also insgesamt als Bestätigung dafür, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Wir werden ein Stadtwerk aufbauen, das nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch nachhaltig wirtschaftet.
Der Regierende Bürgermeister selbst hat am Montagabend in der „Abendschau“ darauf hingewiesen, dass das Stadtwerk bei allem Engagement für nachhaltige Energieversorgung in Berlin kein Subventionsgrab werden darf. Es gibt manchmal in Berlin die Tendenz, dass die Dinge ganz schnell ganz groß werden müssen, und manchmal fallen Kosteneffizienz und eine ökonomisch nachhaltige Betrachtung unter den Tisch. Das wird uns mit dem beschlossenen Stadtwerk nicht passieren. Das können wir Ihnen zusichern.
Wir als CDU-Fraktion haben erfolgreich durchgesetzt, dass mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vernünftig umgegangen wird.
Es wird vor allem keine Zockereien an der Leipziger Strombörse geben nach dem Modell von Flexstrom und anderen Pleiteunternehmen, sondern ausschließlich wirtschaftlich tragfähige Projekte. Keine Kilowattstunde Graustrom von der Leipziger Strombörse wird grüner, keine Kilowattstunde Graustrom aus Leipzig wird vor allem billiger, wenn sie von einem Berliner Stadtwerk gehandelt wird. Das Stadtwerk wird sich also auf Lösungen konzentrieren, die den Berlinerinnen und Berlinern einen echten ökologischen Vorteil bringen.
Hier gibt es bereits sehr gute Beispiele, unter anderem von der Berliner Energieagentur und anderen landeseigenen Unternehmen. Wir müssen also gar nicht bei null beginnen, sondern wir können auf bestehenden Projekten aufbauen und von den gemachten Erfahrungen profitieren.