Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eins kann ich so nicht stehenlassen, und das sage ich hier ganz deutlich und das ist aus meinen Worten auch überhaupt nicht herauszuhören: Ich habe mich auseinandergesetzt mit Ihrer Politik, lieber Herr Schäfer, nämlich Sie benutzen diesen Volksentscheid als Schutzschirm gegen Ihre unfähige Politik.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Sie versuchen ihn zu missbrauchen! Sie haben sich doch da hingestellt am Abend in der sicheren Erkenntnis, dass der positiv ausgeht. Sie waren doch zum Jubeln schon bereit. Ich habe Sie alle in der ersten Reihe da stehen sehen. Und Sie haben eine bittere Niederlage, nicht die

600 000 Menschen, aber Sie als außerparlamentarische Opposition haben eine bittere Niederlage eingesteckt. Das ist die Wahrheit, und damit setze ich mich auseinander, und zwar hier im Parlament, nicht außerhalb des Parlaments.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Das ist tragisch, das kann ich ja nachvollziehen. Die Auseinandersetzung mit dem Instrument ist notwendig. Auch da finde ich unerträglich, dass Sie hier von Tricksereien oder sonst was sprechen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Der Energietisch hat ganz minutiös geplant, wann er was auf den Weg bringt, obwohl er es schneller hätte auf den Weg bringen müssen, weil er ein Kalkül hatte, nämlich wann es für seine Interessen den besten Abstimmungstermin gibt. Das ist legitim. Dann aber dem Senat und dem Abgeordnetenhaus Trickserei vorzuwerfen, wenn er auch Überlegungen hat, das ist dann nicht mehr Waffengleichheit. So kommen Sie denn auch mal dazu.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Unruhe bei der LINKEN]

Dementsprechend alle Interpretationen, zu sagen, juristisch ist der Entscheid gescheitert, aber er ist eigentlich erfolgreich: Das ist falsch, schlichtweg falsch. Dementsprechend muss man das zur Kenntnis nehmen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lederer?

Bitte sehr!

Bitte sehr, Herr Kollege!

[Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Der stand auch da zum Jubeln!]

Der stand auch da zum Jubeln. – Herr Regierender Bürgermeister! Bisher wurde immer gesagt, die Terminfestlegung sei der Erwägung gefolgt, dass man vorher nicht in der Lage sei, die Abstimmung zu realisieren.

[Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Ja!]

Nun habe ich eben bei Ihnen durchgehört, dass dieselben Tricksereien, die Sie dem Energietisch unterstellen, der Grund dafür waren, dass Sie Bundestagswahl- und Abstimmungstermin auseinandergelegt haben. Kann ich das so richtig verstehen?

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

(Michael Schäfer)

Nein, das haben Sie genau falsch verstanden, weil schon mal alleine Ihre Wortwahl nicht meine Wortwahl war. Ich habe weder dem Energietisch Trickserei vorgeworfen – –

[Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Nein, habe ich nicht. Ich habe gesagt, es ist legitim, dass die bei ihrer Strategie das so berücksichtigen. Das ist legitim. Aber es ist illegitim, den anderen immer Trickserei vorzuwerfen. Und dazu stehe ich auch, lieber Herr Lederer.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Lieber Herr Lederer! Sie wissen doch ganz genau, wie das generalstabsmäßig geplant wird. Und das ist ja in Ordnung. Das ist systemimmanent. Und es ist auch systemimmanent, dass es sich gegen die Regierung und die Mehrheit in diesem Hause richtet, sonst brauchen Sie keinen Volksentscheid zu machen. Es ist leider auch systemimmanent, dass der Senat sich gar nicht mehr dagegen auseinandersetzen kann. Ich konnte keine Wesselmanntafeln aufstellen im Namen des Senats, um dessen Meinung dort zu vertreten beispielsweise.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Der hat ja auch keine klare! – Zurufe: Oh!]

Der hat eine klare Meinung, lieber Herr Lederer! Sie konnten aus Ihrem Parteivermögen noch Plakate mitfinanzieren. Das haben Sie auch gemacht.

[Alexander Spies (PIRATEN): Warum haben Sie denn keinen eigenen Gesetzentwurf zur Abstimmung gestellt?]

Uns ist das mal bei einem Volksentscheid mit einer Anzeige vom Verfassungsgericht verwehrt worden. Das ist die Situation. Insofern können wir lange über bestimmte Dinge beim Volksentscheid streiten und diskutieren, und dazu stehe ich auch. Zur Kenntnis zu nehmen ist auch: Wir hatten fünf Volksentscheide, davon ist nur einer erfolgreich gewesen. Auch das ist die Realität. Insofern kann man sich auch so langsam mal in der Tat damit anders auseinandersetzen, als das hier immer getan wird. Es ist im Übrigen auch legitim vonseiten der Opposition, dass sie versucht, solche Bewegungen für sich zu nutzen. Da sind wir auch nicht päpstlicher als der Papst; auch das ist legitim. Aber wie gesagt: Eine Niederlage bleibt eine Niederlage.

Und jetzt geht es in der Tat darum, und das nehmen wir doch mal als positives Signal aus dieser Sitzung hier mit in die nächsten Auseinandersetzungen: Wir werden in der Tat die inhaltliche Auseinandersetzung über die Ausgestaltung des Stadtwerks noch führen müssen. Das ist noch nicht erledigt. Egal, in welche Richtung man da marschiert oder wie intensiv oder weniger intensiv man das betreibt, da sind garantiert noch viele inhaltliche Festlegungen vorzunehmen. Und das muss ja auch so sein. Das ist ja etwas, was sich aufbaut und was dann erst entwickelt werden muss. Und dazu ist der Senat offen. Selbst

verständlich wird es dazu parlamentarische Beratungen geben. Und selbstverständlich wird man auch den Ratschlag von Expertinnen und Experten von außerhalb mit heranziehen und dies nicht ignorieren. Es ist auch völlig klar, dass man das nicht nur auf die Wasserbetriebe dort abschieben kann und sagt: Jetzt habt ihr das, und dann macht mal. Und wenn ihr das nicht erfolgreich macht, dann kriegt ihr ein bisschen Ärger von uns. – Nein, wir wollen – ich betone das hier noch mal ausdrücklich –

[Alexander Spies (PIRATEN): Wie beim Flughafen!]

dieses Stadtwerk zum Erfolg bringen, und zwar zu einem Erfolg für die Berlinerinnen und Berliner. Daran werden wir hart arbeiten.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Und entweder die Opposition beteiligt sich daran, oder sie verweigert sich. Konstruktives Zusammenarbeiten, Herr Schäfer, sieht aber anders aus als das, was Sie hier bislang abgeliefert haben.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister!

[Joachim Esser (GRÜNE): Guten Tag, Herr Lehrer! – Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Oberlehrer, wenn schon! – Joachim Esser (GRÜNE): Oberlehrer!]

Wir sind nun in der Situation, dass wir in eine neue Rederunde eintreten. Nach der hier oben geteilten Auslegung der Geschäftsordnung sind wir der Ansicht, dass damit jeder Fraktion noch einmal fünf Minuten Redezeit zukommen, wir würden vorschlagen in der in diesem Tagesordnungspunkt bereits etablierten Redereihenfolge. Gibt es hierzu Widerspruch? – Nein, sehe ich nicht. – Dann hat jetzt für die Piratenfraktion das Wort der Herr Abgeordnete Lauer. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich glaube, um mal ein bisschen runterzukommen, einmal tief einatmen und ausatmen.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Liebe Frau Kosche! Genau das, was Sie da gerade irgendwie jetzt versuchen reinzurufen, ist sinnbildlich dafür, wie Ihre Fraktion sich jetzt hier in dieser ganzen Debatte verhalten hat. Und ich muss mal sagen: Bei dieser ganzen Rumdeutung an diesen 600 000 Leuten und warum die Leute hingegangen sind, warum sie nicht hingegangen sind – das ist sowohl von den Oppositionsfraktionen als auch von den Regierungsfraktionen als

auch vom Regierenden Bürgermeister – hier bekleckert sich gerade keiner mit Ruhm.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Doch!]

Wir können mal zur Kenntnis nehmen, dass in der Berliner Verfassung drinsteht, dass wir als gewählte Abgeordnete für alle Berlinerinnen und Berliner verantwortlich sind. Das heißt, wir müssen zur Kenntnis nehmen und ertragen, dass ungefähr 600 000 dafür gestimmt haben, weniger haben dagegen gestimmt, und viele sind nicht zur Wahl gegangen. Dann können wir uns fragen, was haben wir als Parlament gemacht, sowohl als Opposition, als Koalition und als Regierung, was haben wir in den vergangenen Wochen gemacht, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen oder zu erniedrigen? Selbst, Herr Wowereit, wenn man Ihrem Senat jetzt mal keine böse Absicht unterstellt, muss man ja zur Kenntnis nehmen, dass, wenn Sie diesen Abstimmungstag nicht auf die Bundestagswahl legen, wie es das Bundesland Hamburg zum Beispiel bei einem ähnlichen Volksentscheid gemacht hat, Sie natürlich dort die Tür aufmachen gegenüber Angriffen, dass man Ihnen unterstellt, Sie hätten es gemacht, damit der Volksentscheid nicht durchkommt. In dem Moment, in dem an diesem Tag auch noch ein verkaufsoffener Sonntag von 13 bis 18 Uhr stattfindet, kann man natürlich auch sagen: Ein Schelm, der sich da Böses denkt, dass beim Berliner Jazzfestival ein verkaufsoffener Sonntag stattfindet und dass genau auf diesen Tag dann dieser Volksentscheid gelegt wird. Selbst wenn man sagt, Sie hatten da keine böse Absicht, machen Sie sich da eine Tür auf, kritisiert zu werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Garmer?

Ja, lieber Herr Dr. Garmer, bitte!

Ja bitte, Herr Kollege!

Lieber Herr Kollege Lauer! Glauben Sie wirklich, dass irgendjemand, der bei der Volksabstimmung mit Ja stimmen wollte, sich nur deswegen davon hat abhalten lassen, weil am selben Tag nun zufällig mal keine Bundestagswahl stattgefunden hat?

Sehr geehrter Herr Garmer! Vielleicht haben Sie ja schon meinem bisherigen Tenor des Beitrags entnehmen können, dass ich es eben für unwürdig halte, wenn wir hier ständig – und da zitiere ich den Kollegen Buchholz –

Astrologen spielen und irgendwie interpretieren, warum hat jetzt Lieschen Müller oder Max Mütze abgestimmt, nicht abgestimmt, war dafür, war dagegen. Ich finde es unerträglich: Wir machen die Menschen in Berlin gerade zu einer Manövrier- und Verhandlungsmasse.

[Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]