Protokoll der Sitzung vom 21.11.2013

in Verbindung mit

Einsetzung einer Kommission zur Beratung über die Größe des Abgeordnetenhauses und die zukünftige Altersvorsorge

Dringlicher Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1321

Ich habe die drei Beratungsgegenstände vorab an den Hauptausschuss überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die erste Lesung hinsichtlich des Gesetzesantrags. Eine Beratung ist aus bekannten Gründen nicht mehr vorgesehen. Reden können jedoch auch zu Protokoll gegeben werden. Den Überweisungen haben Sie bereits eingangs zugestimmt.

Wir beraten heute in erster Lesung das Gesetz zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes und des Bezirksverordnetenentschädigungsgesetzes. Kern des Gesetzes ist die Ausstattung der Abgeordneten mit externen Büros – von jetzt 1 018 Euro auf 1 500 EUR – und persönlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – von jetzt 580 Euro auf 3 000 Euro. Dafür wollen SPD, CDU, Linke und Piraten den Etat des Abgeordnetenhauses um rund 20 Prozent anheben und 10 Millionen Euro jährlich ausgeben. Außerdem sollen die Entschädigungen für ehrenamtliche Bezirksverordnete erhöht werden sowie die Zuschüsse an Bezirksfraktionen steigen.

Keine andere Maßnahme wird die praktische parlamentarische Arbeit so sehr beeinflussen wie diese. Wir sind uns einig, dass die parlamentarische Demokratie Geld kosten darf und muss und dass wir als Parlament mehr Mittel brauchen, um den Senat und die Verwaltung effektiver zu

kontrollieren und die Gesetzgebung zu verbessern. Wir sollen schließlich für mehr als 100 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die tagtäglich Dienst für die Berlinerinnen und Berliner verrichten, einen guten Rahmen setzen. Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, wie das Abgeordnetenhaus von Berlin den gewachsenen und vielfältiger werdenden Ansprüchen der Berlinerinnen und Berliner an ihre politische Vertretung erfüllen kann.

Sie, meine Damen und Herren von CDU, Linken, Piraten und SPD versprechen sich mit der Ausstattungserhöhung mehr Bürgernähe, vor allem, indem demnächst mehr als 100 Büros in der ganzen Stadt aufgemacht werden. Wir von Bündnis 90/Die Grünen meinen, dass hier im Abgeordnetenhaus die Arbeit gestärkt werden muss. Allein für die Bearbeitung der Tausenden Anträge und Gesetzesvorlagen, die Einbindung der Fachöffentlichkeit und interessierten Bürgerinnen und Bürger benötigen wir Mittel und Kapazitäten hier im Haus. Es ist eine Selbstverständlichkeit, in den Wahlkreisen unterwegs zu sein. Der richtige Schwerpunkt für diesen tiefen Griff in die Kasse wäre aber gewesen, die fachliche Arbeit hier im Haus mit den Berlinerinnen und Berlinern in der ganzen Stadt, den Interessenverbänden und der Zivilgesellschaft zu stärken. Nicht volle Kanne raus aus dem Haus, sondern lasst uns die Berlinerinnen und Berliner einladen, hier die Politik mitzugestalten! Das ist das andere parlamentarische Selbstverständnis, das wir haben, und der Grund weshalb wir Ihren Vorschlag nicht mittragen können.

Bis heute haben wir die Chance nicht genutzt, um erstens die Bürgerinnen und Bürger – den Souverän – zu fragen, wie ein modernes Parlament im 21. Jahrhundert aussehen soll. Als Grüne haben wir haben zweitens immer wieder die Frage eines Vollzeitparlaments ins Spiel gebracht. Wir müssen doch auch schauen, wo wir als Parlament überausgestattet sind. Das ist zum einen unsere Altersvorsorge, die mit der von normalen Arbeitnehmerinnen und -nehmern überhaupt nicht mehr vergleichbar ist. Auch der Präsident des Abgeordnetenhauses meldete in der Sache Unterstützung für ein Vollzeitparlament an. Mit dem heutigen Vorschlag gehen wir nur mit der Ausstattung in Richtung Vollzeitparlament, bleiben aber unserem Abgeordnetenverständnis nach ein Teilzeitparlament und haben deutlich mehr Abgeordnete als vergleichbare Bundesländer. Die „FAZ“ titelte deswegen nicht zu Unrecht: „Reform im Abgeordnetenhaus: Die Lebenslüge geht weiter“. Eine volle Mitarbeiterstelle macht es eben auch nicht besser, wenn der Abgeordnete noch 30 Stunden nebenbei arbeitet.

Auch wenn es nicht das Ergebnis ist, das wir uns aus grüner Sicht vorgestellt haben, so möchte ich mich dennoch für den vertrauensvollen Verhandlungsprozess bei meinen PGF-Kollegen bedanken, die zumindest an der ein oder anderen Stelle grüne Verbesserungsvorschläge aufgenommen haben. Kurt Tucholsky hat gesagt: „Toleranz ist der Verdacht, dass der andere recht hat.“ Lassen

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Sie uns in diesem Sinne tolerant und weiter nach der Antwort suchen, die parlamentarische Arbeit zu verbessern! Sie haben uns Grüne immer an Ihrer Seite, wenn die Rechte des Parlamentes gegenüber dem Senat gestärkt werden und wir mehr für die Berlinerinnen und Berliner leisten können.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 32

Bestellung eines Regionalverkehrshalts am Bahnhof Karlshorst bis zur vollständigen Inbetriebnahme des Regionalbahnsteigs am Bahnhof Köpenick

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/1301

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Reden können jedoch auch zu Protokoll gegeben werden.

Ich freue mich sehr, dass nach monatelanger Überzeugungsarbeit dieser Kompromissantrag der beiden Koalitionsfraktionen zustande gekommen ist.

Seit vielen Jahren beschäftigt uns die Zukunft des Regionalbahnhaltepunktes in Karlshorst, dessen Bestand durch eine Entscheidung aus dem Jahr 1992 gefährdet ist. Doch bereits 2005 wurde dieser Beschluss durch den damaligen CDU-Abgeordneten Gregor Hoffmann hinterfragt und die CDU sprach sich fortan für den Erhalt dieser wichtigen Regionalbahnstation aus. Im Jahr 2011 hat die CDU Karlshorst mit dem Ortsvorsitzenden Fabian Peter und zahlreichen Unterstützern auch außerhalb der Partei insgesamt mehr als 5 500 Unterschriften für den Erhalt des Regionalbahnhofs Karlshorst gesammelt. Die örtliche SPD hatte sich damals angeschlossen und zusätzlich ein paar hundert Unterschriften beigetragen. Zu den Unterzeichnern auf den Unterschriftslisten der CDU gehörten heutige Senatsmitglieder ebenso wie der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen sowie weitere namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Ergänzt wird dieses außergewöhnliche bürgerliche Engagement durchentsprechende Beschlüsse in den Bezirksverordnetenversammlungen Lichtenberg und TreptowKöpenick – wohlgemerkt über alle Parteigrenzen hinweg. Und auch der Fahrgastverband IGEB hat sich hierzu wohlwollend positioniert.

Diese breite Unterstützung kommt natürlich nicht von ungefähr, denn der seit 1961 existierende Regionalbahnhof Karlshorst hat sich an diesem Standort – wo bedeu

tende öffentliche Einrichtungen wie der Tierpark, die Hochschule für Technik und Wirtschaft, die Katholische Hochschule für Sozialwesen, das Deutsch-Russische Museum und die Trabrennbahn Karlshorst in unmittelbarer Nähe beheimatet sind – überein halbes Jahrhundert lang bewährt und ist auch in Zukunft für die Berliner Süd-Ost-Region unverzichtbar. Dies hängt mit seiner verkehrlich äußerst zentralen Lage zusammen. Täglich nutzen über 1 800 Fahrgäste diesen überregionalen Umsteigepunkt. In Kombination mit der Nord-Süd-Tangente der drei querlaufenden Tram-Linien M17, 27 und 37 sowie mit den Buslinien 296 und 396 erschließt der S- und Regionalbahnhof Karlshorst mehrere Hunderttausend Menschen in Weißensee, Hohenschönhausen, Marzahn, Lichtenberg, Hellersdorf, Treptow, Köpenick und darüber hinaus. Diese Attraktivität resultiert aus einer schnellen Anbindung, schließlich erreichen die Fahrgäste mit den beiden Regionalbahnlinien RE7 und RB14 innerhalb von nur 15 Minuten die Innenstadt oder binnen 10 Minuten den Flughafen. Übrigens benötigen Reisende aus dem Umland mit dem Ziel Flughafen bei einem Umstieg in Karlshorst nur ein BC-Ticket – bei einem perspektivischen Umstieg am Ostkreuz jedoch ein ABC-Ticket.

Der Flughafen ist hierbei ein gutes Stichwort: Sobald der neue Flughafen BER in Betrieb geht, so sage ich voraus, wird die Süd-Ost-Region eine rasante Entwicklung vollziehen. Rund 40 000 Menschen sollen zukünftig am Flughafen BER arbeiten. Ein großer Teil wird in die Nähe ihres neuen Arbeitsortes ziehen, ein anderer Teil wird ihrem Heimatkiez verbunden bleiben und täglich durch die Stadt zum Flughafen pendeln. Beide Gruppen und nicht zuletzt auch die jährlich über 25 Millionen Flugreisenden erwarten eine schnelle und flexible Verbindung zum BER. In diesem Zusammenhang muss durchaus die Frage erlaubt sein, ob eine einzige Verbindungsmöglichkeit des Berliner Ostens lediglich über das Nadelöhr Ostkreuz dafür ausreichend ist und wie diese Frage durch die Menschen wohl im Falle einer temporär durch beispielsweise einen Unfall oder einer Havarie nicht einsatzfähigen Strecke beantwortet würde. Diese Problematik müssen wir als Volksvertreter im weiteren Verlauf gemeinsam erörtern.

In einer wachsenden Stadt müssen wir die Infrastruktur an die Herausforderungen der Zukunft anpassen und dürfen uns dabei nicht auf Beschlüssen von vor über 20 Jahren ausruhen. Die Entscheidungen aus dem Jahr 1992 mögen auf Basis der damaligen Kenntnisse und Planungen richtig gewesen sein. Doch das Berlin aus dem Jahre 1992 ist nichtmehr dasselbe Berlin des Jahres 2013. Was von Verwaltung und Politikbeschlossen wurde, kann auch von ihnen geändert werden und muss es sogar, wenn geänderte Rahmenbedingungen es erfordern.

Die CDU ist seit vielen Jahren an diesem Thema dran und kämpft auf allen politischen Ebenen für den Erhalt des Regionalbahnhofs Karlshorst. Mit diesem Antrag ist

(Benedikt Lux)

ein politischer Kompromiss zustande gekommen, der in die richtige Richtung geht. Für Karlshorst ist der Zug noch nicht endgültig abgefahren. In diesem Sinne, freue ich mich auf fruchtbare Diskussionen im Fachausschuss.

Der Regionalbahnhof Karlshorst ist nicht nur in Zeiten des eingeschränkten S-Bahnverkehrs der Linie S3 von großer Bedeutung. Der Regionalbahnhof Karlshorst ist der einzige relevante Regionalverkehrshalt für den Stadtraum Ost, die Innenstadt anbindet. Der Antrag sieht eine Offenhaltung des Regionalbahnhofes Karlshorst bis zur Eröffnung des zukünftigen Regionalbahnhofes Köpenick vor. Dazu soll geprüft werden, in wie weit zusätzliche Haltepunkte in Karlshorst eingerichtet werden können.

Die Bahnhöfe Köpenick und Karlshorst sind sehr gut im Stadtraum Ost angebunden. So verfügt der Bahnhof Karlshorst über vier angeschlossene Straßenbahnlinien und zwei Buslinien. Nach Beendigung des Brückenbaus am Bahnhof Karlshorst und mit der Verlagerung der Straßenbahnhaltestelle unter die Brücke wird es weitere positive Effekte auf die Umsteigezeiten geben.

Auch wenn die Lage der Bahnsteige in Karlshorst ungünstig und deren barrierefreie Erreichbarkeit derzeit unmöglich ist, lohnt es sich den wachsenden Stadtteil Karlshorst mit seinen knapp 20 000 Einwohnern nicht vom Regionalverkehr abzuhängen. Neben der vorteilhaften Anbindung des zukünftigen Flughafens BER und der schnellen Verbindung der Berliner Innenstadt existieren weitere Standortvorteile für Karlshorst, die sich in Verbindung mit dem neuen Regionalbahnhof Ostkreuz entwickeln werden. Mit mehr als 12 000 Fahrgästen der S-Bahn und knapp 1 800 Fahrgästen beim Regionalverkehr sind die Bedarfe ausreichend beschrieben. Die Tendenz ist steigend.

Verantwortlich für die Schließungsplanungen ist das Pilzkonzept des Berliner Fernverkehrs von 1992. Einzelne vorteilhafte Ergebnisse, wie der Berliner Hauptbahnhof oder der Nord-Süd-Tunnel, erleichtern heute die Erreichbarkeit und verkürzen die Verkehrswege der Berlinerinnen und Berliner. Allerdings bedeutet das Pilzkonzept die vom damaligen Senator für Verkehr Herwig Haase (CDU) von 1991 bis 1996 erzwungene Schließung einiger kleinerer Regionalbahnhöfe. Diese vermeintliche Notwendigkeit ist anhand der realen Veränderung der wachsenden Stadt zu überprüfen und Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie über die Unterstützung unseres Antrags.

Das Thema der Erhaltung des Regionalverkehrshalts Karlshorst ist ein parlamentarischer Wiedergänger. Ein

ähnlicher, etwas weiter gehender Antrag von Bündnis 90/Die Grünen war bereits vor zwei Jahren in der Debatte und ist damals von der Regierungskoalition abgelehnt worden. Nun kommt hier ein Kompromissvorschlag, wenn die Koalitionsfraktionen etwas schneller gewesen wären, hätten sie den auch als Änderungsantrag einreichen können, aber dann wäre das Thema wohl nicht als Priorität der CDU auf der Tagesordnung gelandet. Praktischerweise hat man diesmal in der Begründung gleich die Argumente der Opposition vom letzten Mal eingearbeitet, da fällt die Zustimmung doch gleich leichter.

Einige Aspekte der Diskussion vom letzten Mal sind allerdings auf der Strecke geblieben – vor allem die Lage und Funktion der Station im Regionalliniennetz von Berlin und Brandenburg. In der derzeitigen Verkehrssituation halten hier lediglich Linien nach Schönefeld, die eine künftige Station in Köpenick gar nicht durchfahren.

Ein zusätzlicher Stopp der Linie RE1 in Karlshorst wäre in der Konsequenz dieses Antrages erforderlich. Mit Sicherheit wäre das eine Aufwertung dieses Verkehrsknotens. Insofern ist es auch sachdienlich, dass der Antrag die Situation nach einer möglichen Eröffnung des Flughafens BER neu bewerten lassen will.

In diesem Zusammenhang muss der erbarmungswürdige bauliche Zustand der Bahnsteige und ihrer Zugänge allerdings als problematisch angesehen werden. Leider ist durch den Fortschritt der Bauarbeiten der Straßenbrücken hier der Zug schon abgefahren, rechtzeitig Verbesserungen einzuplanen.

Der Antrag ist aus unserer Sicht auch nach zwei Jahren und trotz der leichten Änderungen aber immer noch zustimmungsfähig, er kommt nur leider viel zu spät.

Zu dem Antrag wird die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Ich höre keinen. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 20

Nachtragshaushalt für das Land Berlin für das Jahr 2013

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 6. November 2013 Drucksache 17/1290

(Danny Freymark)

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1238

Eine Beratung ist aus bekannten Gründen nicht mehr vorgesehen, Reden können jedoch auch zu Protokoll gegeben werden.

Am Montag konnten wir in den Zeitungen lesen, dass die Koalition den Durchbruch in den Haushaltsberatungen geschafft habe. SPD und CDU gehen davon aus, dass es in diesem Jahr einen Haushaltsüberschuss von 400 Millionen Euro geben wird. Na immerhin! Vor drei Monaten lag das Ergebnis in den Prognosen noch bei minus 180 Millionen Euro. Im Vergleich zum letzten Jahr ist das schon ein Quantensprung an Transparenz. Da hat der Finanzsenator am 17. November einen negativen Jahresabschluss in Höhe von 138 Millionen Euro prognostiziert. Acht Wochen später präsentieren uns Senat und Koalition mit stolzgeschwellter Brust den positiven Jahresabschluss 2012: Steuermehreinnahmen, die von uns vorhergesagten Mehreinnahmen des Bundes für Grundsicherung und Kosten der Unterkunft, Rückflüsse aus Wohnungsbaudarlehen, höhere Erstattungen der EU, Minderausgaben bei Bauinvestitionen, bei Mitteln der Wirtschaftsförderung und der Arbeitsmarktpolitik, alles in allem plus 671 Millionen Euro. Zwischen Prognose und endgültigem Ergebnis lagen acht Wochen – und 800 Millionen Euro!