Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst mal einen herzlichen Glückwunsch an den Kollegen Buchholz. Das war ganz großes Improtheater, das muss man Ihnen lassen!
für eine Stadtwerksgründung, die darin besteht, dass man erst einmal ein Jahr braucht, um einen Gesetzentwurf zu schreiben mit der Änderung des Betriebe-Gesetzes, mit dem man die Gründung eines Stadtwerkes dekretiert, dann feststellt, er taugt nichts, und dann fast noch einmal ein geschlagenes Jahr braucht, um drei Buchstaben auszuwechseln, kurz vor der Angst vor dem Volksentscheid. Und noch immer ist nichts passiert. Also, liebe Leute, zwei Jahre Stillstand, das ist die Bilanz dieser Koalition in Sachen Stadtwerk. Das muss man einmal klar hier aussprechen.
Diese beiden Gesetzentwürfe hätte jedes Mitglied meiner Fraktion innerhalb einer halben Stunde formuliert, ohne irgendeine Ahnung von Energiepolitik haben zu müssen,
Ja, wir haben es lange genug diskutiert. Und wir sind auch gerne bereit, euch in den nächsten zwei Jahren zu helfen und auch Beine zu machen, dass aus diesem Stadtwerk wirklich etwas Vernünftiges wird.
Aber jetzt will ich zu dem eigentlichen Thema, zu dem ich sprechen wollte, nämlich zu dem Thema Verkehr und Verkehrsinfrastruktur. Da haben wir einmal das Thema S-Bahn, das leidige Thema S-Bahn. Da ist in der Tat die Bilanz dieser Koalition auch die, dass Zeit verpasst wurde, nicht die notwendigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt getroffen wurden. Durch die Kopplung der Ausschreibung mit der Fahrzeugbeschaffung wird die Fahrzeugbeschaffung erst Ende 2014 überhaupt in Auftrag gegeben werden, vielleicht erst Anfang 2015. Die ersten Fahrzeuge werden 2019 da sein, frühestens 2022 werden alle Fahrzeuge da sein. Das bedeutet, dass die S-Bahn alte Fahrzeuge aufrüsten, umrüsten muss, kostet 160 Millionen Euro bis 2022 zusätzlich. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge aus dem S-Bahnsystem rausgenommen werden müssen, weil sie wieder in die Werkstatt müssen, das heißt, die Schlechtleistung der S-Bahn wird nach 2017 weiter fortgeschrieben bis 2022. Das ist das Ergebnis der politischen Entscheidung, keinen eigenen Fuhrpark aufzubauen. Wäre das noch 2012 so entschieden worden, hätten wir 2017 zumindest die ersten Züge. Jetzt wird das ganze Thema 2022 abgeschlossen. Bis dahin Schlechtleistung der S-Bahn. Das ist die Leistung dieses Infrastruktursenats, der an dieser Stelle nicht die notwendigen Entscheidungen getroffen hat.
Zweites Thema: Wir diskutieren immer wieder über das Thema wachsende Stadt. 40 000 zusätzliche Einwohner pro Jahr, gar nicht dazugezählt, wie viele zusätzliche Schäferhunde das pro Jahr bedeutet.
Wenn wir sagen, wir wollen, dass der Großteil dieser Menschen den öffentlichen Personennahverkehr nutzt, heißt das aber auch, dass das System des öffentlichen Personennahverkehrs aufgebaut und ausgebaut werden muss, dass auch hier eine Erweiterung der Infrastrukturleistung und der Verkehrsleistung vorhanden sein muss. Davon ist in diesem Haushalt nichts zu erkennen. Seit Jahren wird über die Revision des Verkehrsvertrags diskutiert. Das Ergebnis ist, dass es einen kläglichen einstelligen Millionenbetrag an Erhöhung für die BVG gibt, wo es gleichzeitig notwendig wäre, bei der BVG neue Züge anzuschaffen, mehr als das, was bisher gemacht ist. Das Finanzierungskonzept auf die Schlechtleistung der S-Bahn zu setzen, und wir finanzieren zusätzliche Infrastruktur bei der BVG durch die Schlechtleistung der
S-Bahn, ist doch ein schlechter Witz. Eigentlich müsste durch die Schlechtleistung der S-Bahn Zusätzliches finanziert werden und nicht das, was so und so Pflichtaufgabe wäre.
Deshalb sage ich an dieser Stelle: Auch hier Fehlanzeige, der Senat bleibt weit hinter den Notwendigkeiten beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und der Sicherung der Zukunftsfähigkeit zurück. Deshalb werden wir diesen Haushalt ablehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer nun dem Einzelplan 12 – Stadtentwicklung und Umwelt – unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Hauptausschusses gemäß Drucksache 17/1400 und den Auflagenbeschlüssen des Hauptausschusses Nummern 68 bis 85 vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Piraten in Gänze, die Grünen und die Fraktion Die Linke. Ersteres war die Mehrheit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen nun also zum Einzelplan Wirtschaft, Technologie und Forschung im Doppelhaushalt. Grob gesagt geht es also darum, die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der letzten zehn Jahre fortzusetzen
und in einigen Punkten neue Akzente zu setzen. Aber der Reihe nach: Auf der Einnahmenseite können wir im Bereich EU-Zuschüsse einen Rückgang feststellen, der sich dann auch in den Einzelplänen niederschlägt. Aber so schmerzlich ein Rückgang der EFRE- und ESF-Mittel aus haushaltspolitischer Sicht auch erst einmal erscheinen mag, so ist dies doch auch ein Zeichen für eine zunehmende wirtschaftliche Stabilisierung Berlins.
Nicht nur im EU-weiten Vergleich, sondern auch im nationalen Vergleich mit anderen wirtschaftlich prospe
rierenden Regionen Deutschlands schließt Berlin unübersehbar zu den anderen Ballungsräumen auf. Die überdurchschnittlichen Wachstumsraten Berlins im Vergleich zu allen anderen Bundesländern wurden heute schon genannt. Es ist in der Tat ein großer Erfolg, wenn die Arbeitslosenzahl von über 300 000 im Jahr 2005 auf unter 200 000 im November 2013 gesunken ist.
Wenn der Haushalt, wie es immer so schön heißt, in Zahlen gegossene Politik ist, dann können Sie an unserem Doppelhaushalt insgesamt und am Einzelplan 13 insbesondere ablesen, wie die Koalition die wirtschaftliche Basis Berlins stärkt. Im Jahr 2015 werden wir 815 Millionen Euro im Bereich Wirtschaft, Technologie und Forschung ausgeben. Das sind gut 100 Millionen mehr als 2012. Wir setzen weiter auf eine Stärkung der lokalen Wirtschaftsstrukturen. Wir in Berlin führen vor, wie eine moderne urbane Industrielandschaft aussieht. Wir setzen auf Zukunftsbranchen wie etwa Medizin-, Biotechnologie, Optik und E-Mobilität und legen Wert darauf, diese Branchen eng mit Forschung und Entwicklung an ihren Standorten zu verknüpfen.
Und es sind unsere Cluster, die sich insbesondere an den vom Land Berlin entwickelten Zukunftsorten bilden wie etwa am Medizincampus in Buch oder bei der WISTA in Adlershof und mit Wachstumsraten weit über dem Durchschnitt zu Berlins positiver Entwicklung beitragen. Auch das fast fertige Gründerzentrum CHIC am Campus Charlottenburg sowie das in diesem Doppelhaushalt erstmals finanziell abgebildete Gründerzentrum Südwest bei der FU in Dahlem zeigen, wie wir gezielt die Stärken Berlins weiter stärken, indem wir das enorme Potenzial unserer Hochschulen, der Fraunhofer-Gesellschaften und anderer Forschungseinrichtungen heben. Genau so entsteht das Umfeld, in dem insbesondere Start-ups und andere junge Unternehmen die Bedingungen finden, die sie für ihre Etablierung und weitere Entwicklung brauchen.
Hier wird deutlich, wie Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik ineinander greifen, wie die neue Berliner Wirtschaftsstruktur stadträumlich auf historisch gewachsenen Strukturen aufbauen kann. So findet beispielsweise beim Fraunhofer-Institut IZM modernste Forschung und Fertigung im Technologiepark Humboldthain in Gebäuden statt, die Peter Behrens vor über 100 Jahren für die AEG entworfen hat. Es gilt, dieses reiche industrielle Erbe Berlins für die Zukunft zu nutzen und weiterzuentwickeln.
Daher findet sich auch bei den Änderungsanträgen der Koalition zum Einzelplan 13 erstmals ein Haushaltsansatz für das Berliner Zentrum für Industriekultur BZI, das sich die Nutzung der großen Industrieareale für wirtschaftliche, kulturelle und touristische Zwecke auf die Fahnen geschrieben hat. Die Zeiten verfallender Werkshallen und Verwaltungsgebäude gehören der Vergan
genheit an. Berlin besinnt sich seiner großen Vergangenheit und entwickelt hieraus lebendige Orte für die Zukunft.
Die Lange Nacht der Industrie – auch im Einzelplan 13 verankert – ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ein gelungenes Projekt. Der Masterplan Industrie bietet zahlreiche weitere Anknüpfungspunkte. Der Steuerungskreis Industriepolitik beim Regierenden Bürgermeister begleitet dies kritisch unter Beteiligung von Unternehmensverbänden, Kammern und Gewerkschaften.
Zum Wirtschaftsstandort Berlin gehören auch maßgeblich der Tourismus sowie das Messe- und Kongressgeschäft, was sich in ständig wachsenden Übernachtungszahlen, Fluggastzahlen und in Umsätzen der Messegesellschaft widerspiegelt. Auch diese Stärken werden durch das Land Berlin weiterhin konsequent gestärkt. Zum einen ist dies deutlich am Einzelplan 13 ablesbar, zum Zweiten aber auch anhand der institutionellen Förderung der landeseigenen IBB. Die landeseigene Förderbank IBB ist ein ganz entscheidender Faktor für die Wirtschaftsförderung im Land Berlin.
Last but not least möchte ich die Entwicklungszusammenarbeit nicht unerwähnt lassen, die ebenfalls im Einzelplan 13 ihren Niederschlag findet. „Global denken, lokal handeln“ ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten keine leere Phrase, sondern wir versuchen, mit den finanziellen Möglichkeiten eines Stadtstaats Vorfeldarbeit und Bildungsarbeit im Bereich der internationalen Kooperation zu leisten. Daher investiert das Land nach wie vor in Projektförderung, institutionelle Förderung entwicklungspolitischer Organisationen, setzt das Promotorenprogramm für Berlin fort und wird auch das Eine-Welt-Haus als Zentrum der Entwicklungszusammenarbeit unterstützen.
Dieser Einzelplan 13 einschließlich der von uns im Wirtschaftsausschuss vorgeschlagenen und vom Hauptausschuss verabschiedeten Ergänzungen bildet eine solide Grundlage für die Wirtschaftspolitik der kommenden Jahre. Ich bitte um Zustimmung zum Einzelplan. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt ja, wir haben es heute auch schon mehrmals gehört, es gibt Branchen, die in Berlin sehr gut laufen. Aber diesen Erfolg können Sie sich nicht allein an die Brust heften.
Die IT-Branche funktioniert, weil es eine Menge sehr engagierter kreativer Leute in dieser Stadt gibt. Und beim Tourismus – das Wort ist heute auch schon mehrfach gefallen – können Sie zwar immer neue Übernachtungszahlen bejubeln, aber wem nutzen denn die Übernachtungen, wenn die Umsätze im Gastgewerbe faktisch sinken, wie die aktuellen Konjunkturdaten leider deutlich zeigen? 5 Prozent mehr Übernachtungen, aber 5 Prozent weniger Umsatz. Für mich ist das kein Grund zu jubeln.
Und die Branche, für die Sie einen dicken Masterplan haben, der eben schon erwähnt wurde, die Industrie verliert in Berlin weiter an Boden. Wie die Dominosteine brechen in Berlin Industriearbeitsplätze weg. Maßnahmen, das zu verhindern oder gar Neues zu akquirieren, finden entweder nicht statt oder laufen ins Leere. So ist z. B. der Topf zur Förderung von Einzelmaßnahmen der Industrieansiedlung von Ihnen rübergeschoben worden zu Visit Berlin, damit die neue Flugverbindungen für Berlin akquirieren. Also ganz ehrlich: Fällt Ihnen nichts Besseres zur Industrieansiedlung ein als neue Flugverbindungen? Das ist doch nicht Ihr Ernst, Frau Yzer. Sieht so Ihre Ansiedlungspolitik für Berlin aus?
Kein Wunder, dass Herr Wowereit das alles ganz großen Müll findet, was Sie aus dem Masterplan Industrie machen. Herr Jahnke war da noch harmlos. Er nennt das dann kritische Begleitung, was Herr Wowereit ganz großen Müll findet – auch interessant übrigens.
Ihre Ideen zur Industriepolitik fangen in Tegel an und hören bei der Elektromobilität auf. Dabei haben Sie selbst, Frau Yzer, doch mehrfach verbindliche Ziele angemahnt. Ich fordere Sie auf, uns heute zu erklären: Was sind diese Ziele, und wie wollen Sie diese erreichen?