Und dazu noch die Verhöhnung durch Herrn Nußbaum, die Bezirke seien so reich, dass sie sogar Überschüsse machen würden. Sie machen die Bezirke durch Ihre Ignoranz kaputt! Und wenn mal ein sozialdemokratischer Bezirksbürgermeister die Traute hat, Widerworte zu geben, kriegt er noch Strafzahlungen aufgebrummt. Das ist alles so schäbig und ökonomisch dumm, man macht sich gar kein Bild davon!
Mieten- und Wohnungspolitik sind unbestreitbar eines der aktuell wichtigsten Themen für den sozialen Zusammenhalt der Stadt. Dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften zu einem zentralen Instrument sozialer Wohnungspolitik werden müssen, wird kaum noch jemand bestreiten können. Aber: Wenn Sie die Wohnungsbaugesellschaften zwingen, Neubau zu sozialen Mieten zu errichten, ihnen gleichzeitig dafür aber kein Geld geben, machen Sie Wohnungspolitik auf dem Rücken der Bestandsmieter. Eine halbe Million Berliner Mieterinnen und Mieter müssen für Ihre Pläne bezahlen. Das ist völlig inakzeptabel!
Gleichzeitig steigt die Gefahr, dass die Wohnungsbaugesellschaften mittelfristig wieder in die wirtschaftliche Schieflage geraten, so wie es schon unter einer großen Koalition der Neunzigerjahre passiert ist. Hören Sie auf mit dem Gerede vom Mietenbündnis! Alle, die sich ein wenig auskennen, wissen doch: Ohne zusätzliches Geld aus dem Landeshaushalt ist eine soziale Mieten- und Wohnungspolitik nicht möglich. Das Land muss endlich seiner Verantwortung gegenüber den eigenen Gesellschaften gerecht werden, sowohl was die notwendige Neuausrichtung der Geschäftspolitik als auch die Finanzen angeht. Wir wollen 100 Millionen Euro pro Jahr mehr Eigenkapital – nicht Kredite, Herr Saleh, Eigenkapital! – für die Wohnungsbaugesellschaften und jährlich
30 Millionen Euro für einen Fonds, aus dem sozialer Wohnungsbau zu fördern ist, der den Namen auch verdient! Das Geld ist da, und es wäre gut angelegt.
Herr Saleh! Hier geht es doch nicht um die Frage, wer baut jetzt wie schnell wie viele neue Wohnungen. Hier geht es vor allem darum, denen Wohnungen zur Verfügung zu stellen, die sich am Wohnungsmarkt nicht selbst versorgen können. Es geht um eine elementare soziale Frage, liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten! Und Sie sind nicht einmal in der Lage, Ihre Ziele zu bestimmen und konzeptionell zu unterlegen!
Das Einzige, was Sie wissen, ist, dass Sie neu bauen lassen wollen. Mit Neubau allein wird man aber das Problem bezahlbarer Mieten nicht lösen. Eigentlich wissen Sie das, und Herr Müller weiß es auch.
Es ist ja nicht ganz einfach zu sagen, wie viel Geld wir für ein funktionierendes Stadtwerk am Ende wirklich brauchen. Ich sage Ihnen auch, warum das so ist: Es ist noch nicht entschieden worden, wie das Stadtwerk funktionieren soll.
Genau, Herr Esser! – Erst muss man wissen, was man politisch will, dann muss man errechnen, was das kostet, und dann muss man diese Kosten im Landeshaushalt abbilden. Bei Ihnen scheitert aber schon der erste Schritt. Seit über einem Jahr ist die Situation folgende: Die SPD hat Gesinnung, aber kein vernünftiges Konzept. Die CDU sagt: Warum Konzept? Wir finden das Stadtwerk sowieso doof! – Der Regierende Bürgermeister hat sich vor vier Wochen das erste Mal mit der Frage beschäftigt, nachdem er sich zwei Jahre lang den Rosenkrieg zwischen Nußbaum und Müller, zwischen SPD und CDU zum Thema angeguckt hat. Die Obstruktion gegen Stadtwerk und Rekommunalisierung der Netze hat er billigende in Kauf genommen, wenn er sie nicht sogar selbst betrieben hat. Im Bereich der Rekommunalisierung gibt es nur Bekenntnisse der SPD, Formelkompromisse in der Koalition und Murks in der Umsetzung.
Und dann Ihre wunderbare Wasserpreissenkungsankündigung! Frau Pop hat es Ihnen ja schon erklärt, Herr Saleh: Sie verschulden das Unternehmen! Die Wasserpreissenkung bezahlen jetzt die Beschäftigten mit der Streichung von 400 Stellen, weil Sie 400 Millionen Euro aus dem Jahr 2013 – – Das Geld ist da! 2013, nicht 2014, 2015, noch mal nachdenken! 2013, deswegen die Forderung mit dem Nachtragshaushalt! Also ein bisschen überlegen, bevor man so Sachen plappert!
Weil Sie 400 Millionen Euro lieber ins Schuldenloch werfen, als nachhaltig zu investieren, schmeißen Sie gleich 400 Beschäftigte hinterher. Und jetzt sagen Sie heute, die Geschäftsleitung soll das noch mal überdenken. Das ist keine linke Politik, Herr Saleh, das ist eine bodenlose Frechheit!
Den von uns vorgeschlagenen Weg – nachhaltige Preissenkungen auch für Abwasser, ohne dass der Haushalt dauerhaft belastet wird – wollten Sie nicht gehen. Sie haben nicht mal darüber nachgedacht.
Sie waren auch zu arrogant und zu faul dazu, einen Teil der Mehreinnahmen Berlins aus dem Jahr 2013 – Herr Saleh, 2013! – für den Rückkauf der Wasserbetriebe zu verwenden.
Ich gebe Ihnen ein weiteres Beispiel dafür, dass dieser Senat seine Arbeit einfach nicht macht. Bei den Berliner Bäderbetrieben gibt es große Probleme. Hintergrund ist natürlich der riesige Investitionsbedarf, der aufgrund der bis vor Kurzem radikal angespannten Haushaltslage nicht zu finanzieren war. Heute stellt sich die Lage anders da, aber der Senat hat einfach seine Arbeit nicht gemacht. Es ist klar, dass einiges passieren muss, damit die Berliner Schwimmbäder wieder zu attraktiven Sport- und Freizeiteinrichtungen werden, und zwar mit Eintrittspreisen, die sich alle leisten können. Der Senat, in diesem Fall Herr Henkel als Sportsenator, lässt aber alles schleifen. Alle sehen, dass die Bäder marode sind und allenfalls halbherzig saniert werden. Weiter sinkende Zahlen von Badegästen sind die Folge. Aber: Kein Investitionsprogramm für die Berliner Bäder in Sicht, nicht einmal Zahlen liegen auf dem Tisch. Ihre Arbeit ist so miserabel, dass Sie noch nicht einmal dem Parlament die Möglichkeit geben, das Notwendige zu beschließen, Herr Henkel!
Ich weiß, dass Landespolitik beileibe nicht alles regeln kann und nicht für alles zuständig ist. Der Verkehrsbereich wird aber ganz maßgeblich von ihr verantwortet. Dieser Verantwortung werden Sie sich nicht entziehen können. Ich fange mit der S-Bahn an und werfe noch mal einen Blick zurück. Wir Linke wollten, dass das Land Berlin selbst die notwendigen neuen S-Bahnzüge bestellt. Die SPD hat das nicht mitgemacht – nicht wahr, Herr Wowereit, wir erinnern uns!
Jetzt haben wir die große Koalition. Nun hat die SPD eingesehen – also die SPD, nicht Herr Wowereit, wie wir gerade gehört haben –, dass es aus mehreren Gründen sinnvoll ist, dass das Land die Züge bestellt. Das Problem ist jetzt: Die CDU will nicht. – Das müssen die S-Bahnnutzer ausbaden. Jetzt stehen Sie in der Kälte, wenn der Zug nicht kommt und kommen zu spät zur
Arbeit, nur weil SPD und CDU ihren Job nicht machen. Sie halten weiter an der Ausschreibung der S-Bahnbeschaffung fest. Schon jetzt sind Sie dem Zeitplan hoffnungslos hinterher, aber Sie verschließen fest die Augen vor dem, was da droht. Es ist zu befürchten, dass sich der S-Bahnnotstand der letzten Jahre noch verschlimmern wird,
und zwar nicht nur vorübergehend, sondern für einen Zeitraum bis in die 2020er-Jahre. Nur zum Nachlesen: Wir werden uns diesen Schuh nicht anziehen lassen! Wir werden sagen, dass es die verkehrspolitische Unfähigkeit von SPD und CDU war, die diese Situation sehenden Auges herbeigeführt hat!
Während Sie bei der S-Bahn eigentlich alles falsch machen, machen Sie vielleicht vorsichtshalber bei der BVG mal lieber gar nichts. Auch hier müssten Sie aber sagen, was notwendig ist. Die Stadt wächst, neue Wohnquartiere entstehen, der Autoverkehr soll und wird zurückgehen, der öffentliche Nahverkehr muss deshalb ausgebaut werden, quantitativ als auch qualitativ. Wo ist Ihr Konzept dafür? Wo müssen neue Straßenbahnlinien hin, wo Buslinien? Wie steht es um neue Züge für die Linie U 1 bis U 4? Welche Kosten werden dafür entstehen? – Alles nicht da, und entsprechend auch keine Mittel dafür im Haushalt!
Ich stelle fest: Ohne Not fahren SPD und CDU diese Stadt infrastrukturell und sozial auf Verschleiß. Wir haben Ihnen immer wieder die Einnahmesituation vorgerechnet und den Finanzsenator gezwungen, seine ungeplanten Mehreinnahmen Stück für Stück offenzulegen und zuzugeben. Wir haben vorgeschlagen, durch eine realistische Veranschlagung der Steuereinnahmen, Rückflüsse und Bundesmittel die Einnahmesätze um knapp 500 Millionen Euro pro Jahr anzuheben. Das ist gemessen an den Überschüssen aus dem Jahr 2013 ausgesprochen konservativ gerechnet. Wir haben konkrete Mehrausgaben um rund 275 Millionen Euro für 2014 und 365 Millionen Euro für 2015 vorgeschlagen. Das sind nicht alles strukturelle Mehrausgaben – damit Sie aufhören mit dieser Mär.
Wir haben diese Mehrausgaben vorgesehen für eine soziale Wohnungspolitik, für den öffentlichen Dienst, für ein lebensfähiges Stadtwerk, für S-Bahn und BVG und für den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt. Sie sehen, liebe sozialdemokratische Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie uns folgen würden, hätten Sie eine Chance, linke Politik zu machen!
Sie müssten dafür keine neuen Kredite aufnehmen. Es gäbe sogar noch Puffer für weitere Erfolgsgeschichten des Regierenden Bürgermeisters. Sie haben sich dagegen
entschieden. Sie haben sich entschieden, lieber dumm zu sparen anstatt klug zu investieren. Das macht die Linksfraktion nicht mit, deshalb werden wir Ihren Doppelhaushalt 2014/2015 ablehnen.
Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Abgeordnete Spies das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das Vergnügen, als Letzter der Fraktionsvorsitzenden zu reden. Als Resümee von dem, was ich gehört habe, kann ich sagen, wir haben hier die Koalition der großen roten Null und der großen schwarzen Null.
Zwölf Stunden werden wir heute über den Doppelhaushalt 2014/15 der Stadt Berlin reden, einen Haushalt, der die Vergangenheit zur Zukunft erklärt, einen Haushalt, der an Mutlosigkeit nicht zu übertreffen ist, einen Haushalt, der nur ausgetretene Pfade finanziert und die Entwicklung der Stadt zum Stillstand verdammt, einen Haushalt, der jede Investition meidet wie der Teufel das Weihwasser.
Warum? Weil Senator Nußbaum das Geld mag. Das ist ja auch nicht schlimm. Mit dem was man mag, geht man in der Regel gut um. Aber was ist mit unserer Stadt? – Mögen Sie die nicht, Herr Nußbaum?
Die finanzielle Lage des Landes ist so gut wie schon lange nicht mehr. Es fließt mehr Geld in die Kasse als gedacht, trotz Zensus und geschrumpfter Zuwendung. Im Sommer fehlten uns plötzlich 180 000 Bürgerinnen und Bürger, die sich schlicht als Papiertiger entpuppten. Plötzlich fehlte eine knappe Milliarde Euro im Landeshaushalt. Unser Finanzsenator reklamierte panisch „Land unter“ und fand nicht einmal ein halbes Jahr später ganz überraschend zusätzliche anderthalb Milliarden Euro in seinem Sparstrumpf. – Hut ab, Herr Senator! Andere können den Trick nur mit einem Kaninchen.
Und jetzt, wo Sie das Geld gefunden haben, wollen Sie es zurück in den Sparstrumpf stecken, um es am Ende nächsten Jahres wieder aus dem Hut zu zaubern?