[Torsten Schneider (SPD): Das ist eine reine Formaldebatte! Sie haben überhaupt keine Inhalte vorgetragen!]
Genau diese inhaltliche Debatte hätten wir sehr gerne mit der Volksinitiative geführt. Übrigens auch mit Ihnen, Herr Schneider. Sie hätten sich gern dafür einsetzen können.
Wie ich gerade vorher schon gesagt hatte: Schule muss sich verändern, wenn sie die neuen Aufgaben, die vor ihr stehen, bewältigen will. Wie sonst können wir Bildungserfolg von der sozialen Lage unabhängig werden lassen? Wie sonst erreichen wir, dass aus Kindern wird, was aus ihnen werden kann? Nun machen uns viele Schülerinnen und Schüler, Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen, an Bildung Interessierte dieser Stadt ein Diskussionsangebot. Und da soll es verhindert werden – das werden wir sicher heute auch erleben –, dass wir den Senat anregen, einen geeigneten Rahmen zu schaffen, in dem sich Politik und Verwaltung, freie und staatliche Schulen über die von der Volksinitiative genannten drei Themen verständigen und daran auch noch weitere Akteure aus der Stadt beteiligen? Das ist doch völlig widersinnig, was Sie hier machen! Der Senat selbst hätte diesen Rahmen bestimmen können.
Mir wäre es wichtig, darüber zu diskutieren, welche Gestaltungsspielräume für pädagogische Freiheit das geltende Schulgesetz schon bietet und warum viele Schulen sie noch nicht nutzen. Und was können Regelschulen hier eigentlich von Schulen in freier Trägerschaft lernen? Auch das sollten wir diskutieren. Ebenso steht die Frage, wie viel und welche Autonomie eine Schule haben soll, im Raum.
Die Sprecher der Volksinitiative haben uns und unsere Fragen bei der Anhörung ernst genommen. Einige Antworten, die sie uns noch schuldig waren, haben sie uns in einem Schreiben vom 5. März nachgereicht. Dafür bedanke ich mich. Nehmen wir sie auch ernst und suchen
mit ihnen gemeinsam nach Antworten auf bildungspolitische Fragen in unserer Stadt und stehlen uns nicht aus der Verantwortung, wie die SPD es gerade wieder versucht!
Vielen Dank, Frau Kollegin Kittler! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Oberg von der SPD-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kittler! Nein, wir fürchten die Debatte nicht, sondern wir führen sie.
Frau Kittler! Sie haben gesagt, Sie hätten mich so verstanden, dass wir die freien Schulen abschaffen wollten. Ich würde gern mal wissen, wo Sie das gehört haben. Wenn Sie einen Beleg dafür hätten, wäre das wunderbar. Was wir eindeutig gesagt und was auch ich gesagt habe – ja, das ist richtig –: Wir lehnen die Vorschläge der Initiative ab. – Aber die Vorschläge der Initiative abzulehnen, heißt nicht, freie Schulen abzuschaffen.
Wir lehnen die Vorschläge der Initiative deshalb ab, weil wir gegen die Abschaffung aller Abschlüsse in Berlin sind.
Wir sind dagegen, dass es keinerlei inhaltliche Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer gibt, dass also jeder Lehrer werden kann, unabhängig von der Qualifikation. Wir lehnen auch den Vorschlag ab, dass es keinerlei Fachaufsicht mehr über die Schulen geben soll. Wir halten eine Rechtsaufsicht als einzige Form der Aufsicht über alle Berliner Schulen für völlig unverantwortlich.
Sie nehmen die Vorschläge wie das Bild eines Zweijährigen und sagen: Oh, das hast du aber schön gemalt! Das ist so wertvoll, dass es dieses Bild gibt! – Zu dem, was auf dem Bild ist, bzw. zu den Vorschlägen wollen Sie aber nicht Stellung nehmen. Stattdessen wollen Sie ein Forum etablieren, in dem Sie so lange reden wollen, bis der Letzte verstanden hat, dass Sie nichts zu sagen haben,
Dieses Haus ist in der Pflicht, gegenüber den 25 000 Leuten, die für diese Initiative unterschrieben haben, zu sagen, wie es diese Vorschläge findet. Dabei ist es schon ziemlich lächerlich, wenn Sie uns vorwerfen, dass wir die Vorschläge beim Wort nehmen und sie angeblich bösartig interpretieren. Ich zitiere gern aus der Anhörung. In der Anhörung wurde gesagt:
Es sind die Abschlüsse. Sie verhindern, dass wir Schüler noch weiter lernen dürfen, und sie werfen uns wieder zurück.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das passt doch genau zu dem Vorschlag, alle Abschlüsse abzuschaffen. Das haben wir ernst zu nehmen. Wir nehmen den Vorschlag ernst, und wir sagen nein zu diesem Vorschlag.
Während Sie nun die Initiative wie ein kleines Kind behandeln und es wertschätzen, aber nichts zu dem sagen, was auf dem Tisch liegt, hat die CDU in den letzten Jahren dazugelernt. Das ist richtig. Vor drei Jahren noch warf sich Ihr Kollege Steuer der Initiative an die Brust bzw. vor sie in den Staub, übernahm blind und planlos all das, was da drinstand. Mittlerweile haben Sie ein wenig an bildungspolitischer Statur hinzugewonnen. Ich würde mir wünschen, dass man das in ein paar Jahren von der Opposition auch sagen kann. – Vielen Dank!
[Beifall bei der SPD und der CDU – Benedikt Lux (GRÜNE): Bei Oberg klatscht da sogar die CDU mit! – Martin Delius (PIRATEN): Die neue Mitte!]
Es ist ja schön, dass die Koalition jetzt endlich mal miteinander streitet. Das sollte sie vielleicht öfter tun. Vielleicht kommt dann etwas Besseres dabei heraus.
Ansonsten, Herr Oberg, würde ich Ihnen dringend empfehlen, das von Ihnen selbst beantragte Wortprotokoll der Sitzung, in der wir die Anhörung ausgewertet haben, dann mal gründlich zu lesen. Denn entgegen Ihrer eigenen Wahrnehmung haben alle anderen, die an dieser Ausschusssitzung teilgenommen haben, durchaus das gehört, was ich vorhin zu Ihnen gesagt habe.
Herr Oberg! Meine Fragen, die ich an die Volksinitiative gestellt habe, können Sie übrigens in dem Wortprotokoll, das Sie gerade in der Hand hatten, auch gern mal nachlesen. In dem Zusammenhang habe ich deutlich gemacht, dass ich in einigen Fragen durchaus eine andere Meinung habe – und die Linksfraktion insgesamt auch. Das wird die Volksinitiative auch bestätigen können. Und zwar bezieht sich das nicht nur auf die Ausschusssitzung, sondern ich habe mich – im Gegensatz zu Ihnen offensichtlich – bereits zwei Mal mit Vertreterinnen und Vertretern der Volksinitiative zu Gesprächen getroffen. Wir haben auch dort unterschiedliche Auffassungen diskutiert. So etwas nennt man dann Demokratie. Da kann man durchaus auch damit leben, dass der andere oder die andere eine andere Meinung hat. Wenn Sie damit nicht leben können, dann ist das sehr traurig.
25 715 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt, die ignorieren Sie hier. Mit denen wollen Sie sich überhaupt nicht auseinandersetzen. Na, das ist ja großartig.
Na, was ist denn Ihre Stellungnahme hier eigentlich für die Anliegen der Volksinitiative wert? Warum scheuen Sie sich denn, mit denen in einen Dialog zu treten? – Übrigens auch mit uns, denn wir haben offensichtlich durchaus unterschiedliche, aber übrigens auch gemeinsame Auffassungen! Wenn Sie nicht einmal miteinander reden wollen – –
Und Sie werden abstimmen, ohne dass Sie sich da vorher mal beraten lassen. Sie wollen doch von uns in Wirklichkeit überhaupt keine Meinung hören, denn Sie haben Ihre.
[Lars Oberg (SPD): Sie sagen doch Ihre Meinung! – Torsten Schneider (SPD): Sie haben doch keine Meinung! – Weitere Zurufe von der SPD]
[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Torsten Schneider (SPD): Das sind reine Formalien hier!]