Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Danke schön! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Kollege Delius. – Bitte schön!

[Torsten Schneider (SPD): Wie man so ohne jeden sachlichen Bezug reden kann! – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Unruhe]

Meine Damen und Herren! Kollegen! Jetzt hat der Kollege Delius das Wort. Ich bitte doch darum, etwas abzurüsten.

Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Wie man so lange reden kann, ohne etwas zu sagen, Herr Schneider, das ist sehr passend, gerade von Ihnen.

Auch vonseiten der Piraten noch mal – es ist vielfach erwähnt worden –: Vielen Dank an die Volksinitiative für das, was Sie geleistet haben – zum zweiten Mal. Diesmal waren es 25 715 gültige Unterschriften. Es waren mehr Unterschriften abgegeben worden. Das ist auch richtig. Dieses Engagement für die politische Mitbestimmung im Rahmen der Möglichkeiten der direkten Beteiligung am parlamentarischen Diskurs, den die Verfassung uns allen zugesteht, verdient unseren Dank und unsere Hochachtung. Das geht übrigens – das wollte ich auch noch mal klarstellen – nicht nur von den freien Schulen oder den Beteiligten an den freien Schulen aus. Das hat Frau Remlinger schon gesagt. Das waren Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und noch viele andere aus staatlichen Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen und freien Schulen und freien Trägern, die das geleistet haben. Sie haben sich dann auch in den Ausschuss gesetzt, den Fragen standgehalten, ihre Meinung gesagt und sich diskursbereit gezeigt. Sie haben gezeigt, dass sie sich mehr als den Status quo vorstellen können. Wie gesagt: Danke schön dafür!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir haben diskutiert. Wenn ich zurückblicke, muss ich sagen: Die Opposition hat diskutiert. Die Koalition hat vor allem zugesehen und immer wieder versucht, die Sprecherinnen und Sprecher der Volksinitiative lächerlich zu machen. Das hat man heute auch an dem Redebeitrag von Herrn Oberg wunderbar gesehen.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN – Beifall von Regina Kittler (LINKE) – Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Daran gibt es auch nichts herumzudeuten. Das mit den Wortprotokollen klären wir noch. Das ist ja auch ausreichend grotesk.

Weil hier das Inhaltliche eingefordert wurde – gerade von der SPD –, komme ich zu den Forderungen der Initiative, über die wir gern weiter diskutiert hätten. Ich kann mich

dazu gern kurz und stichpunktartig positionieren. Die Volksinitiative kämpft für pädagogische Freiheit an allen Schulen – staatlichen Schulen, freien Schulen –, die Stärkung der Schulversuche, alternative Schulabschlüsse – nicht: keine Schulabschlüsse – und alternative Prüfungen zu Schulabschlüssen und für alternative Bewertungsmodelle, die transparent erfolgen sollen. Die müssen meiner Meinung nach überhaupt nicht im Gegensatz stehen zu einer Vergleichbarkeit – auch zu einer bundesdeutschen Vergleichbarkeit und einem Transfer zwischen den Bundesländern. Das finden wir gut. Das unterstützen wir.

Was wir nicht unterstützen, ist das, was die Koalition dazu sagt. Die tut in ihrer Stellungnahme schlichtweg so, als sei allein die im Gesetz festgeschriebene Verpflichtung der Schulen, ihre Aufgaben zu erfüllen – das ist nämlich der Satz, den Sie da zitieren –, genug pädagogische Freiheit. Das ist nicht das, was die Volksinitiative meint. Da können Sie auch nicht drum herumreden.

Der Hinweis auf § 8 des Schulgesetzes reicht dann auch nicht aus, um zu beteuern, dass pädagogische Konzepte durchgeführt werden können – auch solche, die alternativ sind zu dem, was alle anderen Schulen machen. Das gilt eben dann nicht, wenn die Schulträger einfach ablehnen können – auch ohne Angabe von besonderen Gründen – oder wenn Konzepte, nachdem sie doch durchgekommen sind, nicht ausreichend finanziert und nicht ausreichend unterstützt werden.

Dass Sie in Ihrer Stellungnahme dann unter „pädagogische Freiheiten“ – das ist geil – auf die Schulstrukturreform verweisen, lässt sich eigentlich nur damit erklären, dass Sie weder die Forderungen der Volksinitiative noch das vielzitierte Wortprotokoll der Anhörung gelesen haben.

Die Volksinitiative will außerdem die gleichberechtigte Finanzierung aller Schulen. Die Wartefristen müssen auf den Prüfstand. Wir als Piraten sind schon lange der Meinung, dass die abgeschafft gehören. Die Ausfinanzierung der freien Träger zu 100 Prozent! Zumindest ein Schritt in die richtige Richtung wäre ein Stipendienprogramm. Darüber haben wir auch schon mal mit der CDU geredet. Das teilen wir auch, aber das lehnt die Koalition in ihrer Stellungnahme ab – bzw. nimmt sie es gar nicht auf. Was die Koalition dankenswerterweise dann wenigstens aufnimmt, ist die Einführung und die Umsetzung der Schülerkostensätze, was ja schon aus der letzten Volksinitiative resultierte, aber leider sind sie bis heute nicht eingeführt bzw. umgesetzt worden. Sie stellen die tatsächliche Grundlage der gleichberechtigten Finanzierung dar.

Der Hammer kommt an der Stelle, an der begründet wird, dass man die Wartefrist nicht abschaffen will, und das Wort Qualitätssicherung ins Spiel bringt. Sie haben mir noch nicht erklären können, wie Sie Qualität an freien Trägern auch für Arme, die gern dorthin wollen, mit

sichern wollen, wenn Sie die Mittel streichen oder zurückhalten. Mir ist völlig unklar, wie Sie das tun wollen.

Die Volksinitiative möchte organisatorische Freiheit. Das ist das, was in der Debatte verwechselt wurde. Rechtsfähige Schulen können wir uns sehr wohl vorstellen, insbesondere dann, wenn sie demokratisch legitimiert sind und eine vernünftige innerschulische Demokratie üben. Modelle zur eigenverantwortlichen Schule finden wir auch super. Der Punkt, über den wir auch gern noch diskutierten wollen, der auch in Ihrer Volksinitiative enthalten ist, ist der der alternativen Arbeitsmodelle, wie pädagogische Arbeit auch anders, als es bisher geübt wird, an Schulen funktioniert.

[Zuruf]

Ich bin gleich zu Ende, Herr Präsident! – Kurzum: Wir hätten gern weiterdiskutiert. Die wichtigen Punkte stehen in unserem Änderungsantrag zur Stellungnahme als Oppositionsfraktion. Die Koalition sperrt sich. Mehr als die Volksinitiative lächerlich machen können Sie offensichtlich nicht. Das ist sehr schade.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke schön, Herr Kollege Delius. – Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst den Änderungsantrag der Oppositionsfraktion Drucksache 17/1573-1 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Piraten, Linke und Grüne. Wer ist dagegen? – Das ist die Koalition. Wert enthält sich? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Der Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfiehlt mehrheitlich gegen Grüne, Linke und Piraten die Annahme der Beschlussempfehlung Drucksache 17/1573-neu. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Koalition. Wer ist dagegen? – Das sind Linke, Grüne und Piraten. Wer enthält sich? – Erstes war die Mehrheit. Damit ist die Beschlussempfehlung so beschlossen.

Damit haben wir auch hierbei die vorgeschriebenen Verfahren der Befassung mit dieser Volksinitiative durchgeführt.

Jetzt kommen wir zur

lfd. Nr. 3:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 3.1:

Priorität der Piratenfraktion

Spreepark Berlin – frühzeitige Beteiligung von Anfang an

Dringlicher Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/1578

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Auch hier steht eine Beratungszeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Sollten die fünf Minuten überschritten werden, erfolgt eine Anrechnung auf das Kontingent gemäß § 64 unserer Geschäftsordnung. Es beginnt die Piratenfraktion in Gestalt des Kollegen Herberg. – Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Heute beenden wir nach über einem Jahrzehnt das Tauziehen um das Gelände des ehemaligen Spreeparks. Das Land Berlin kauft das Erbbaurecht zurück und kann es nun für die Berlinerinnen und Berliner sowie Interessierte wieder öffnen. Dafür spreche ich meinen Dank an alle Beteiligten, die dies ermöglicht haben, aus.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Doch wer über den Spreepark redet, muss auch einen Blick in die Vergangenheit werfen. Es wurde ein Erbbaurecht vergeben und mit einer Grundschuld beladen, die niemals mit einem Businessplan eines Freizeitparks übereinstimmen konnte, denn diese Grundschuld war doppelt so hoch, wie das Grundstück wert war. Sie war fast 2,5fach hoch. Das war zu einer Zeit, in der es dem Unternehmen nicht mehr so gut ging. Zwei Jahre später war das Unternehmen auch schon verschuldet. Noch einmal zwei Jahre später war auch schon privat insolvent.

Zu der Zeit der Genehmigung, als das Unternehmen auch schon verschuldet war, gab es auch eine Großspende an eine Partei hier in diesem Land. Sie nannte sich damals und heute CDU Berlin. Die hat damals auch regiert. Es lässt die Entscheidung von damals in keinem guten Licht erscheinen. Jetzt haben wir aber 2014. Fehlentscheidungen in der Politik werden bekanntlich selten belangt. Daher können wir uns jetzt auf die Zukunft des Geländes konzentrieren.

Die SPD hat nach der Ankündigung unseres Antrags im Vermögensausschuss noch schnell eine Tischvorlage eingebracht. Sie hatte wohl Angst, dass ihre TreptowKöpenicker sich mit dem, was sie fordern, übergangen fühlen, wenn es heute einfach nur abgelehnt oder in den Ausschuss überwiesen wird, ohne dass etwas Eigenes vorgelegt wird. Das Problem an dieser Tischvorlage ist, dass die Probleme, die das Grundstück bekommen kann – wie beispielsweise beim Tempelhofer Feld –, durch das, was nun aufgeführt ist, nicht behoben werden. Es wird

(Martin Delius)

gesagt, dass es gleich wieder in ein Planverfahren gehen soll. Ein Planverfahren setzt aber ein festes Nutzungskonzept voraus. Wenn der Senat das Planverfahren beginnt, muss ein komplettes Nutzungskonzept vorliegen. Die Entscheidungen, was mit diesem Grundstück passieren und wie der Spreepark in Zukunft aussehen soll, müssen zu dem Zeitpunkt schon getroffen worden sein. Das lehnen wir als Piraten ab.

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir fordern als erstes den Senat auf, das Grundstück dauerhaft im Eigentum des Landes Berlin zu lassen und vor einem Planverfahren ein mehrstufiges partizipatives und ergebnisoffenes Beteiligungsverfahren über eine zukünftige Nutzung durchzuführen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Die Berlinerinnen und Berliner sowie Interessierte und Initiativen vor Ort haben über viele Jahre hinweg dafür gesorgt, dass der Spreepark nicht in Vergessenheit geraten ist und der Druck auf die Politik so stark war, dass sie sich darum gekümmert hat, das Gelände zurückzuerlangen. Dafür verdienen sie unsere Anerkennung. Diese können wir ihnen am besten geben, wenn sie bei der Entscheidung über die zukünftige Nutzung einbezogen werden und wir ihnen ermöglichen, die Konzepte für eine Zwischennutzung auch kurzfristig umzusetzen. Denn viele der Initiativen vor Ort haben sich schon jahrelang darüber Gedanken gemacht, was man mit dieser Brache, wie sie dort steht und liegt, jetzt zurzeit alles anstellen kann. Die Konzepte haben sie in ihrer Schublade und wollen sie gern umsetzen. Solange keine zukünftige endgültige Nutzung für dieses Gelände gefunden ist, sollten wir ihnen die Umsetzung auch ermöglichen.

Danach – jetzt kommen wir zu dem mehrstufigen partizipativen Beteiligungsverfahren – soll der Senat in Abstimmung mit dem Bezirk, Einwohnerinnen und Einwohnern Versammlungen durchführen, ein Bürgergutachten mittels Planungszelle erstellen und Einwohner- und Einwohnerinnenbefragungen durchführen sowie die vor Ort tätigen Bürgerinitiativen einbeziehen. Diese dort gesammelten Ergebnisse sind nachvollziehbar zu dokumentieren und zu veröffentlichen und im Anschluss daran im Dialog zwischen dem Senat, dem Bezirk und den jeweiligen Fachausschüssen hier im Abgeordnetenhaus oder in der Bezirksverordnetenversammlung zu bewerten. Am Ende sollten diese dann Stellungnahmen dazu abgeben, die ebenfalls zu veröffentlichen sind.

Aus diesem gesamten Beteiligungsverfahren vor Ort und hier im Senat bilden wir eine Vorzugsvariante ab. Mit dieser Vorzugsvariante soll dann ermittelt werden, ob sie größtmögliches Interesse berücksichtigt und ob sie eine realistische mittelfristige Umsetzungsperspektive bietet. Jetzt wissen Sie alle, um welches Verfahren es in unserem Antrag geht.

Dann gehe ich noch einmal in die inhaltliche Komponente. Durch die frühzeitige Einbindung der Bevölkerung, bevor es zu einem starren Planverfahren kommt, das alles festzurrt und relativ wenig Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerung bietet, wird es uns ermöglicht, beispielsweise Fehler, die wir beim Tempelhofer Feld gemacht haben, zu verhindern. Wie wir alle gemerkt haben, sind diese dadurch entstanden, dass es zwar ein Planverfahren gab und die Bürger beteiligt wurden, aber ihre Ideen, ihre Konzepte und Wünsche nicht ordentlich berücksichtigt wurden. Am Ende hat der Senat in Eigeninitiative einen Masterplan aufgestellt, den wir alle kennen. Inzwischen laufen wir alle auf den 25. Mai zu. Dieser Masterplan hat über 200 000 Leute animiert, ein Volksbegehren zu starten, um die Art der Demokratie, die dort stattgefunden hat, im Grundsatz zu kritisieren. Damit wir solche Fehler in Zukunft nicht noch einmal machen, müssen wir jetzt dafür sorgen, dass wir am Spreepark, der eine große Fläche beinhaltet, dafür Sorge tragen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Zum Schluss muss ich noch auf ein dringendes Problem – völlig losgelöst von der zukünftigen Nutzung des Geländes – aufmerksam machen. Es geht um das denkmalgeschützte „Eierhäuschen“, das sich darauf befindet. Die SPD und die CDU haben im Vermögensausschuss ebenfalls einen Antrag eingebracht, der ein zukünftiges wirtschaftliches Nutzungskonzept vom Senat an der Stelle verlangt. Das ist schön und gut. Das können wir für die Zukunft machen. Das Problem ist nur, dass es das Eierhäuschen vielleicht bald nicht mehr gibt, weil es zurzeit so aussieht, dass es den nächsten Winter nicht mehr übersteht, wenn sich der Senat mit der zukünftigen wirtschaftlichen Nutzung des Eierhäuschens zu lange Zeit gibt. Deshalb fordern wir den Senat an der Stelle auf, jetzt und sofort ein Sicherungs- und Sanierungskonzept für das Häuschen zu erstellen und dieses auch umzusetzen, damit es auch für künftige Generationen noch erlebbar sein wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen sowie die zukünftige Debatte in der Bevölkerung über den Spreepark. – Danke schön!

Danke schön, Kollege Herberg! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Kollegin Haußdörfer. – Bitte sehr!