Der Untersuchungsausschuss – weil das Herr Kreins bei der ersten Lesung gesagt hat – arbeitet nach rückwärts. Er guckt: Was ist passiert, was sind die Ursachen? – Heute und mit diesem Antrag müssen wir nach vorne schauen. Wir müssen überlegen, wie wir diesem Aufsichtsrat helfen, damit er dieses Unternehmen ordentlich beaufsichtigt. Wir müssen uns einen Informationsstand verschaffen, und wir müssen dafür sorgen, dass wir eine regelmäßige Information erhalten.
Heute hat der Finanzminister von Brandenburg wieder mal gesagt, es werde 1,1 Milliarden Euro mehr kosten. Können Sie das bestätigen, Herr Wowereit? Können Sie bestätigen, dass diese Mehrkosten auf uns zurollen?
Wieso erzählt der Kollege aus Brandenburg so was, wieso können Sie das nicht bestätigen? Wie arbeiten Sie denn zusammen? Was ist das für eine gemeinsame Gesellschaft, wenn der eine Zahlen verbreitet und der andere sie nicht mal kennt? Sie sind der Aufsichtsratschef, Sie müssen dafür sorgen, dass es eine konsistente Informationspolitik gibt. Im Moment gibt es überhaupt keine Informationspolitik. Das ist ein Skandal!
Sie haben Gelegenheit, uns das hier zu erklären, und das glaube ich, ist auch zu erwarten. Wir brauchen einen Aufsichtsrat, der das Unternehmen beaufsichtigt. Dazu haben wir einen Beirat – oder nennen Sie es ein Gremium – aus Fachleuten vorgeschlagen, das Ihnen hilft. Die muss man bezahlen, das ist doch ganz klar. Wir sind ja nicht die Einzigen, die das fordern und vorschlagen. Wenn Sie die Presse aufmerksam gelesen haben, sehen Sie, dass z. B. Herr Pietschmann heute Ähnliches festgestellt hat. Ich zitiere:
Dem Aufsichtsrat fehlt immer noch ein geeignetes Instrument, das Projekt zu kontrollieren. Er benötigt dringend eine Controllinginstanz, die unmittelbar ihm und nicht zunächst der Geschäftsführung berichtet.
Der hat recht. So ein Instrument brauchen Sie, und vor allem brauchen Sie eine unabhängige Information. Alles, was durch die Geschäftsführung gefiltert ist, kann falsch sein. Und daneben sind Sie überhaupt nicht bereit, von Whistleblowern eine Hilfe, eine Information, anzunehmen; das haben wir in den vergangenen Wochen erlebt. Ich hebe hier ab auf den Brief von Herrn Siegle, davon gibt es mittlerweile drei. Der hat Ihnen geschrieben, was er denkt, was da falsch läuft. Was haben Sie gemacht? – Sie haben zugeguckt, wie der gefeuert wird. Sie haben ihm keinen Orden gegeben, Sie haben ihn nicht einmal angehört. So wird das nichts mit dem Flughafen, Herr Wowereit!
Jetzt wird uns hier wahrscheinlich gleich wieder gesagt werden, wer kritische Fragen stellt und Vorschläge macht, der schadet Berlin, der schadet dem Flughafen. Ich denke, es ist genau anders herum. Jeder, der nichts tut, schadet Berlin. Jeder, der nichts tut, schadet dem Flughafenprojekt. Die, die nichts tun, das ist diese Koalition, das sind unsere Vertreter in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat. Die sind da einschlägig. Das muss sich dringend ändern. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Otto! Ich stelle erst einmal fest, Sie haben gar nicht zu Ihrem Antrag geredet. Wenn wir gerade beim großen Nichts sind, das Sie hier beschworen haben, dann frage ich mich manchmal nach Ihrer Erkenntnis nach zwei Jahren Untersuchungsausschuss. Findet denn Strafverfolgung der angeblichen skandalösen Aufsichtspraxis des Aufsichtsrats statt? – Nein, weil Sie nichts gefunden haben!
Sie haben auch den Bericht von Herrn Amann nicht gefunden. Das liegt auch an 2500 Akten und 80 000 Blatt, die man lesen muss, das kostet in der Tat ein bisschen Zeit. Aber dass wir in diesem Umfang eine große Arbeit und Verantwortung sehen, das können Sie doch nicht als nichts beschreiben. Mich wundert es ein bisschen, dass wir hier diesen alten Wein aus neuen Schläuchen haben. Es ist tatsächlich das Gleiche wie das, was Sie schon vor einem Vierteljahr gesagt haben. Unsere Fragen, die wir damals ganz ehrlich in der Debatte aufgeworfen ha- ben, – –
Nein, lassen Sie mich doch kurz ausführen, ich habe doch noch nicht einmal eine Minute gesprochen! – Die Fragen, die wir damals aufgeworfen haben, waren: Woher soll Herr Mehdorn diese Experten beiholen? Soll er durch Europa reisen und sie ranschaffen? Können Sie sich noch erinnern, dass es, als wir eine Geschäftsführung für den Flughafen gesucht haben, ein sehr umfangreiches Verfahren war und natürlich auch medial Begleitung gefunden hat? Glauben Sie mir, dass das die Aufgabe von Herrn
Mehdorn ist, Personal zu beschaffen. Und warum sollten diese Experten eigentlich – wenn sie denn Experten sind, und ich glaube, wir haben den Expertenbegriff nun wirklich in den letzten Wochen weit gedehnt, es sind ja selbst Leute Experten, die mal auf der Baustelle gewesen sind, ich muss einfach einmal sagen, diese Experten will ich auch gar nicht immer alle hören, sondern ich möchte Fakten hören –
nicht in der Firma sitzen, in der Flughafengesellschaft, und das beschleunigen, was hier gemeinsames Ziel sein sollte, nämlich den Flughafen fertigzustellen?
Dass Sie es nicht haben wollen, dass diese Experten in der Bauaufsicht und im Controlling sitzen sollen, nehme ich wahr, auch Ihre Forderung nach den Berichtsaufträgen. Wir sitzen gemeinsam im Untersuchungsausschuss. Dort kommt mir auch vieles wie alter Wein aus neuen Schläuchen vor. Immer wenn wir einen Zeugen gehört haben, kommt die Opposition und nennt zwei weitere, auch wenn manche Zeugen schon gar nicht mehr ergiebig sind und mit dem Projekt auch gar nichts zu tun hatten wie bei der deutschen Flugsicherung. Ich erinnere Sie an diese Anhörung, sie hat, glaube ich, kaum eine halbe Stunde gedauert, bis Sie feststellten, Ihr eigener Zeuge, den Sie benannt, den wir geladen haben, ist überhaupt nicht aussagefähig. Und das haben wir inflationär. Tatsächlich ist doch die Frage, ob Sie damit nicht ein Spiel treiben. Man mag sagen, da steht jetzt die öffentliche Meinung zu Recht noch im Hintergrund, aber wenn der Flughafen eröffnet wird, ist die Frage, wie Sie dieses Spiel weitertreiben wollen.
Ich erinnere auch noch an die Großen Anfragen, die hier von den Kollegen der Piratenfraktion gestellt wurden, auch die Kleinen Anfragen in einer Stückzahl von, ich glaube, wir sind bei 85, auch die Mündlichen Anfragen. Da können Sie doch nicht sagen, das ist nichts. Da stehen doch die Zahlen, die Sie jetzt z. B. mit der Erweiterung des Untersuchungsauftrags erreichen wollen, als Erkenntnisstand, nämlich die Frage, wie viel der Flughafen kostet.
Die Frage ist eine sehr spannende Frage, ja. Wenn Sie ein Haus bauen und mir vorneweg sagen, wie viel das Haus exakt kostet, dann glaube ich Ihnen das vielleicht. Aber wenn Sie nachher feststellen, Sie haben sich geirrt, dann ist es übrigens üblich, und das findet sich in der Realität fast bei jedem Bauprojekt.
Zentrales Problem – da will ich noch mal auf die Terminfrage zurückkommen – ist die Brandschutzanlage. Dass wir auch heute keinen Termin nennen können, halte ich übrigens für seriös, weil sie den Flughafen erst eröffnen können, wenn die Massentests mit Menschen vor Ort
gemacht worden sind, wenn sie getestet und den Probebetrieb gemacht haben. Diese dürfen sie dort erst hineinlassen, wenn die Frage geklärt ist, ob das Gebäude vom Bauamt Landkreis Dahme-Spree abgenommen ist. Das wiederum können sie nur machen, wenn die TÜV-Prüfer der Flughafengesellschaft von den TÜV-Prüfern der ausführenden Firmen planungsfähige und prüffähige Unterlagen bekommen haben. Erst an dem Punkt, wenn diese Unterlagen da sind, kann man seriös einen Termin nennen. Das wissen Sie eigentlich besser. Obwohl Sie das wissen, halten Sie solche Reden. – Herzlichen Dank für die Polemik, es ist leider schon zu spät, als dass das noch öffentlich Gehör findet. – Danke schön!
Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt zwei Kurzinterventionen, eine vom Kollegen Delius. Weil Sie der Erste waren, dürfen Sie zuerst. Danach vom Kollegen Otto. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich muss mich entschuldigen, ich will das eigentlich gar nicht in die Länge ziehen, aber ich muss doch ein paar Dinge klarstellen, weil hier mehrfach der Untersuchungsausschuss erwähnt wurde. Herr Kollege Kreins ist ein sehr geschätztes Mitglied des Untersuchungsausschusses. Ich muss dann aber doch ein paar Dinge, die Sie hier behauptet haben, zurechtrücken. Erstens wissen Sie ganz genau, dass der Antrag – und Sie haben das dem Kollegen Otto ja vorgeworfen, so wie er hier gestellt ist, ob man ihn gut findet oder nicht – überhaupt nichts mit dem Untersuchungsausschuss zu tun haben kann. Der Untersuchungsausschuss erforscht und ermittelt bei abgeschlossenen Dingen und in der Vergangenheit. Hier geht es um fortlaufende Berichte.
Zweitens: Wenn Sie fragen, wo der Amann-Bericht ist, den findet man in den vielen Akten nicht, weise ich Sie gerne noch auf den Erweiterungsantrag, den die Oppositionsfraktionen hier gestellt haben, hin – und den haben Sie auch erwähnt –, der meiner Meinung nach im Rechtsausschuss von den Koalitionsfraktionen blockiert wird. Ja, Sie lassen da WPD-Gutachten machen, was Sie nicht machen müssten. Sie könnten einfach eine Haltung entwickeln: Bevor wir den nicht beschlossen haben, können wir gar nicht die Unterlagen, die von Herrn Amann angesprochen wurden, den Bericht, den er abgeliefert hat, einfordern.
Der Beweisantrag würde doch von Ihnen doch völlig zu Recht nach gegenwärtigem Untersuchungsauftrag abgelehnt oder kritisiert werden.
Jetzt kommen Sie dann auch mit strafrechtlichen Konsequenzen und dass wir nichts gefunden hätten. Ich erinnere noch mal an die Diskussion, die wir zu einem Zwischenbericht hatten, den die Piratenfraktion im Untersuchungsausschuss gefordert hat, der es überhaupt erst ermöglicht hätte, außerhalb des parlamentarischen Vorgangs und des Untersuchungsausschusses Konsequenzen für einzelne Personen zu ziehen. Das wissen Sie ganz genau. Das geht aus dem Verfahren heraus nicht. Das wollte ich noch einmal klarrücken. – Im Übrigen haben Sie auch nicht zum Antrag geredet, Herr Kreins.
Danke schön! – Wollen Sie replizieren, Herr Kollege Kreins? – Nein. Kollege Otto hat verzichtet, sodass ich jetzt für die Fraktion Die Linke Frau Matuschek das Wort gebe. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Otto! Sie machen es einem schwer. Sie machen es einem wirklich schwer und der Koalition extrem leicht, indem Sie uns hier immer wieder mit solchen Sachen langweilen
und immer wieder nur sagen: Eigentlich wäre alles, wenn die Grünen dabei wären, schick, alles toll, und nur die Grünen wissen, welche Experten Experten sind und welche Experten Nichtswisser sind. Das ist irgendwie ein bisschen langweilig. Zuerst haben Sie gesagt, der Aufsichtsrat muss weg, weil er politisch besetzt ist. Dann haben Sie gesagt, jetzt müssen die Experten von woanders rein, aber bei der Messe sind schon wieder zu viele externe Experten, es könnten ja Interessenkollisionen entstehen. Jetzt kommen Whistleblower in die Aufsichtsräte, auch was ganz Schickes. Und eigentlich geht es darum, irgendwie einen ständigen Begleitausschuss zur Flughafenproblematik im Abgeordnetenhaus zu installieren. Ich weiß nicht: Sind Sie als Vorsitzender des Verkehrsausschusses nicht ausgelastet?
Und was im Untersuchungsausschuss passiert oder nicht passiert, das will ich jetzt mal gar nicht ansprechen, aber ich sage Ihnen mal ganz deutlich – und das müssten Sie aus Ihrer Kenntnis des Untersuchungsausschusses auch wissen –, woran der Flughafen nicht gescheitert ist: an der Fülle von Jours fixes, Meetings, Beratungen, Heranziehung von Sachverständigen, juristischen Gutachten und sonst was alles. Daran ist der Flughafen nicht gescheitert.
[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Steffen Zillich (LINKE) – Oliver Friederici (CDU): Das könnte meine Rede sein!]
Und an einem Mangel an monatlicher Berichterstattung ist er auch nicht gescheitert. Die hatten da so viele Meetings, die sind nicht mehr mit der Protokollierung nachgekommen.
Und Sie wollen hier monatliche Berichterstattung fürs Abgeordnetenhaus dann noch dazu haben. Prost Mahlzeit!
Dann kommen Sie jetzt mit der Idee des Beirats. Die wurde ja auch schon in der einen oder anderen Variante diskutiert, hat ja auch was für sich, aber es hilft nicht über die Ratlosigkeit hinweg. Diese Ratlosigkeit haben Sie, die hat die Geschäftsführung, die hat der Aufsichtsrat, und das wird nicht besser, wenn man hier einen Beirat installiert, also beim Raten zusehen,