[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nein! – Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Kennen Sie das mit den Äpfeln und mit den Birnen?]
Ich will es aber gerne noch einmal wie gestern in der Enquete-Kommission sagen. In der Machbarkeitsstudie des Potsdamer Klimafolgenforschungsinstituts wurde dargestellt, dass es mehrere Szenarien gibt, mit denen wir unsere Klimaziele erreichen können. In den Szenarien gibt es Varianten mit mehr oder weniger Gas- und Fernwärmeangebot, mit mehr oder weniger zentralen oder dezentralen Strukturen, mit mehr oder weniger vernetzten Ressourcen. Und jetzt ist es genau Aufgabe, in der Erarbeitung dieses integrierten Klimaschutzkonzepts zu untersuchen, mit welchem Szenario und welchen Instrumenten wir möglichst schnell und gut unsere klima-, energie- und umweltpolitischen Ziele erreichen.
An der Stelle sind wir im Moment. Ganz unabhängig davon, glaube ich, haben wir doch die politische Diskussion geführt, dass wir jetzt in der Phase, wo die Stadt eine
Strukturentscheidung treffen kann, Zugriff zu bekommen auf Netzinfrastrukturen, egal ob Gas oder Strom, die Chance nutzen und uns aktiv in diesen Prozess einbringen und bewerben müssen. Und glücklicherweise – ich freue mich darüber sehr – haben wir offensichtlich eine ganz gute Bewerbung abgegeben.
Jetzt wachen einige auf und sagen: Um Gottes willen! So haben wir es ja nie gemeint. – Doch, ich habe es so gemeint. Wir haben eine Bewerbung abgegeben, um erfolgreich zu sein, nämlich erfolgreich zu sein, den Zugriff zu haben für Netzinfrastruktur neben all dem anderen, das weiterhin eine Rolle spielt, neben den landeseigenen Unternehmen, neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien und, und, und, aber endlich einen Zugriff zu haben, um diese ganzen Bestandteile zusammenzuführen.
Es geht nicht um die Umwelt- und Klimapolitik von heute und morgen, sondern es geht darum, in welche Strukturen wir was investieren, wie wir durchsetzen, dass es mehr Dezentralität und mehr erneuerbare Energien gibt. Dazu gehört auch dieses Strukturentscheidung, möglichst den Zugriff auf die Netze zu haben. Darum geht es, um nicht mehr und nicht weniger. Das, was Wissenschaftler an Varianten erarbeiten, wird jetzt im Zusammenhang mit dem Klima- und Energiekonzept selbstverständlich weiter detailliert untersucht und unterlegt, was wir wo am besten einsetzen, um unsere Ziele erreichen zu können.
Herr Senator Müller! Erst einmal muss ich zurückweisen, dass wir unsere Position in der Frage des Gasnetzes geändert haben. Wir waren immer dagegen, das zu rekommunalisieren.
In Ihren beiden Szenarien, die Sie erwähnen, mit denen das klimaneutrale Berlin erreicht werden soll, sinkt der Anteil des Gasnetzes an der Wärmeversorgung: in dem einen um 70 Prozent und in dem anderen Szenario um 73 Prozent. Jetzt erklären Sie mir bitte, warum diese Zahlen bei Ihrer Bewerbung keine Rolle spielen und warum der Steuerzahler es bezahlen soll, wenn das Gasnetz rückgebaut werden soll!
und dann immer mit dem Unterton, ein Milliardengrab zu schaffen? Ich frage mal zurück, Herr Schäfer: Was haben sie eigentlich für eine Haltung? Sie glauben also, dass das, was die GASAG, Gaz de France, E.ON und Vattenfall bei Strom in den letzten Jahrzehnten gemacht haben,
eine Benefizveranstaltung war? Herr Schäfer! Die haben Geld damit verdient. Das ist auch völlig in Ordnung.
[Beifall bei der SPD – Anja Kofbinger (GRÜNE): Sie sollen die Frage beantworten! – Zurufe von Stefanie Remlinger (GRÜNE) und Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]
Es ist Aufgabe eines privaten Unternehmens, Geld zu verdienen. Das kritisiere ich nicht. Ich frage nur einmal zurück: Warum sollen wir das eigentlich nicht verdienen?
Es scheint doch möglich zu sein, mit Gasnetzinfrastruktur auch Geld zu verdienen und das wirtschaftlich zu betreiben. Wir haben nicht die Renditeerwartung wie Private, aber es scheint möglich zu sein.
[Zurufe von Michael Schäfer (GRÜNE) und Ramona Pop (GRÜNE) – Burgunde Grosse (SPD): Aber Herr Schäfer!]
Wir haben die Grundsatzentscheidung getroffen, dass wir die Netzinfrastruktur wegen der Zukunftsinvestitionen haben wollen. Wir haben die Grundsatzentscheidung getroffen, dass wir uns bewerben, weil wir glauben, dass wir es auch wirtschaftlich betreiben können, so wie andere es in den letzten Jahren auch wirtschaftlich betrieben haben. Und alle Detailfragen zu den unterschiedlichen Komponenten werden jetzt wissenschaftlich unterlegt und weiter erarbeitet.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Darf ich Sie bitten, mir eine kleine politische Nachhilfe zu geben? Ich verstehe etwas nicht: die seltsame Haltung der Oppositionsfraktion Die Grünen.
Vielleicht können Sie mir erklären, wie es dazu kommt – einfach mal zuhören, liebe Kollegin Kosche! –, dass die grüne Partei in Berlin sagt, das Stromnetz soll in Landeshand, das ist ganz toll, aber das Gasnetz in Landeshand, das ist Teufelszeug. Das ist der eine Widerspruch.
Und wenn man sich die Pressemitteilungen der letzten Woche anschaut, dann sieht man, der Berliner Energietisch, liebe Kollegin Kosche, die Bürger-Energie Berlin beglückwünscht uns dazu, dass wir das Gasnetz in Landeshand nehmen können und sogar die IHK, aber die grüne Partei sagt, das ist Teufelszeug. Wie kann man so einen Unsinn eigentlich erklären, Herr Senator?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Buchholz! Sie merken ja, ich komme an Grenzen, wenn ich den Grünen was erklären will. Ich kann auch die Haltung nicht nachvollziehen.
Herr Buchholz! Ich glaube, es gibt vielleicht ein grundsätzliches Problem in der Haltung, indem man immer noch glaubt, dass es richtig ist, die einzelnen Instrumente isoliert zu betrachten, dass man sagt, Gas ist völlig uninteressant, wir reden nur über Strom oder nur über Wasser
oder über irgendetwas anderes. Ich glaube, dass wissenschaftlich inzwischen doch belegt ist, dass es insbesondere dann in der Energiepolitik der Zukunft interessant wird, wenn man Systeme zusammenführt und Synergien schafft.
Warum eigentlich ist inzwischen die GASAG ein Stromanbieter? Warum tummelt sich Vattenfall beim Thema Gas? Warum gibt es eigentlich ein Berufsbild, in dem Wasser- und Gasinstallation zusammengeführt ist? – Weil es Synergien zwischen diesen Betrieben, zwischen den Systemen und Netzen gibt. Darum geht es, sich jetzt dafür aufzustellen, dass wir, die Energiepolitik der Zukunft, genau diese Synergien für die Berlinerinnen und Berliner heben.