Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten hier nicht über die Köpfe der Menschen hinwegreden – die Geringverdiener unterhalb des Existenzminimums, der Armutsgrenze, die eine Mieterhöhung von 200 oder 300 Euro ins Haus bekommen. Das ist gerade mal das Geld, das sie im Monat zum Leben haben.
Hier muss natürlich sofort geholfen werden. Und da hilft es nicht, darüber zu lamentieren, dass das alles hätte besser sein können usw. Hier muss ein Ausgleich von mindestens 90 Prozent der Erhöhungskosten geleistet werden. Das gibt das Gesetz momentan nicht her. Insofern unterstützen wir grundsätzlich auch den Antrag der Linksfraktion.
Das Problem liegt aber tiefer. Man muss – und das ist auch das Interessante in dem Antrag – frühzeitiger anfangen, an dem Problem zu arbeiten, proaktiv tätig zu werden. Dazu braucht es auch eine Gruppe beim Senat, die sich mit dem Problem beschäftigt, mit den Wohnungsbaugesellschaften zusammenarbeitet und dafür sorgt, dass in dem Bezirk, in dem Kiez selbst preiswerte Wohnungen zur Verfügung stehen, damit die Menschen, die umziehen müssen, nicht an den Stadtrand gedrängt werden, sondern in ihrem Kiez bleiben können.
Wer nicht gegen Segregation angeht, wird dies teuer bezahlen. Mischung und Vielfalt in einem Viertel sind der beste Garant für gleiche Bildungschancen und das wirksamste Mittel gegen Kriminalität und Verwahrlosung. Soziale Brennpunkte hingegen schmälern die Gewinne von Wohnungsunternehmen. Konkret in den betreffenden Vierteln, letztlich indes für alle Akteure in der Stadt: Die Gesamtfolgekosten einer verfehlten Stadtentwicklung kommen Staat und Unternehmen teuer zu stehen.
Insofern ist eben auch die Politik der städtischen Wohnungsunternehmen, nicht genügend bezahlbaren Wohnraum gerade für die Geringverdiener, die unterhalb der Armutsgrenze leben, zur Verfügung zu stellen, stark zu kritisieren. Hier muss eine Verbesserung geschaffen werden.
Es wäre auch sehr schön, wenn wir eine Möglichkeit hätten, die Eigentümer von Miethäusern dazu zu bringen, einen gewissen Prozentsatz ihrer Wohnungen Geringverdienern zu erschwinglichen Mieten anzubieten. Ich weiß
nicht, wie weit man das gesetzlich erreichen kann, aber es wäre ein Appell an alle, die Eigentum an Miethäusern besitzen. Ich kenne auch einige Eigentümer, die dies bereits tun, dass etwa 10 bis 15 Prozent der Wohnungen Geringverdienern zu erschwinglichen Mieten angeboten werden.
Wenn die Mieten steigen und die Vermieter wissen, dass der Staat diese Erhöhungen subventioniert und bei den Geringverdienern bezahlt, ist es prinzipiell so, dass es dadurch zu einer weiteren Erhöhung des Mietniveaus kommt. Das kennen wir auch bei den Kosten der Unterkunft für Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Hier muss man sich intelligenter aufstellen und versuchen, gegen diese Mietpreisspirale etwas zu unternehmen.
Es ist ein nicht so einfaches Thema. Das Problem wird uns in dieser Legislaturperiode noch lange verfolgen, aber ich bitte darum, wenn wir diese Fragen hier debattieren: Denken Sie an die Sorgen und Nöte der Menschen, die diese Mieterhöhungen bekommen und nicht mehr wissen, was sie damit tun sollen! Die werden sich nicht hinstellen und wie wir vorhin in der Eingangshalle „Oh, du fröhliche“ singen. Das wird eher ein Tränenlied werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke, Herr Kollege Spies! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/0040
Auch hier sind wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion vorgesehen. Es beginnt mit der Fraktion der Piraten der Kollege Lauer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wieder mehr Mitglieder der CDU-Fraktion anwesend sind.
Der Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 Urhebergesetz sieht den Einsatz einer sogenannten Plagiatssoftware vor. Diese Plagiatssoftware soll auf den Rechnern von mindestens einem Prozent der öffentlichen Schulen Berlins installiert werden. Das Ziel dieser Software soll die Überwachung von Schulnetzwerken sein, um den Urheberrechtsschutz der Schulbuchverlage sicherzustellen. Wer hat das gesagt?
Aber es gibt diese programmierte Software für die Überwachung noch gar nicht. Und wer hat das gesagt?
Und nach der Vorlage der Software wird es eine ausführliche technische und juristische Prüfung geben. Und – Sie können es sich sicher denken – wer hat dies gesagt?
Das ist richtig – das gibt einen Kühlschrank! Herr Kohlmeier sagte weiterhin, dass der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ohnehin einbezogen wird. Aber wann soll das geschehen? Vorher? Nachher? Mittendrin?
Dieser Antrag der Opposition schafft Klarheit. Wir sagen, er soll jetzt einbezogen werden. Er hätte schon bei der Ausarbeitung des Vertrages einbezogen werden müssen.
Ich habe mal wieder telefoniert – Es ist Wahnsinn: Sie sollten sich diese Telefone auch in der Regierungsbank anschaffen. Was man damit erfährt! Sie glauben es nicht! – und erfahren, dass der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Anfang November aus den Medien von dieser Software erfahren hat. Da war der Vertrag schon seit acht Monaten unterschrieben. Sapperlot, so gut funktioniert also die Zusammenarbeit zwischen den Behörden in Berlin!
Der Vertrag spricht zwar davon, dass die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt sein muss, damit sie eingesetzt werden kann, aber der Vertrag spricht nicht davon, wer die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software feststellt. Meine Güte, das ist so clever! Und jetzt kommen Sie, Herr Kohlmeier, vollkommen zu Recht mit § 24 Abs. 3 Satz 3 Berliner Datenschutzgesetz und sagen, der Berliner Datenschutzbeauftragte werde doch ohnehin einbezogen.
Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist über die Einführung neuer Automationsvorhaben und wesentliche Änderungen automatisierter Datenverarbeitungen im Be
Das heißt, wenn die Verlage clever sind, dann liefern sie direkt ein Gutachten mit, das die Unbedenklichkeit bescheinigt. Zu diesem Zeitpunkt muss sich der Berliner Datenschutzbeauftragte mit einer Software zur Überwachung von Schulcomputern beschäftigen, die so vielleicht nie programmiert worden wäre, wenn er sich im Vorfeld nur einmal mit der Firma unterhalten hätte, die diese Software programmieren soll – Sie wissen im Moment ja selbst nicht, welche Firma am Werk ist –, und er muss sich möglicherweise mit einem mitgelieferten Gutachten und dessen Richtigkeit auseinandersetzen. Wir brauchen eine Stellungnahme des Berliner Datenschutzbeauftragten vor der Programmierung der Software, in welchem Rahmen so etwas überhaupt möglich sein könnte.
Ich vermisse hier insbesondere auch die Vertreter der CDU, die in punkto Datenschutz gerne „Man darf nicht alles machen, was technisch möglich ist!“ schreien, wenn es medienwirksam ist. Wenn Google unsere Hausfassaden fotografiert, wird gerufen: Das ist der Untergang des Abendlandes. Wie können die nur? Unsere Hausfassaden! – Aber wenn wir in unseren Schulen eine Software zur Überwachung von Lehrern und Schülern installieren, dann passt das wieder, denn es sind ja keine Hausfassaden auf den Rechnern.
Die eigentliche Frage ist politisch: Will man eine solche Software überhaupt haben? – Ich kann für die Piraten sagen: Nein! Ich denke ich spreche auch für den gesunden Menschenverstand, wenn ich sage: Nein! Was treiben wir hier gerade für einen Aufwand, nur weil Herr Josef Erhard damals diese Überwachungssoftwareparagrafen hineinrutschen ließ? Sie können mir nicht ernsthaft sagen, es sei gut, die Schulen unter Generalverdacht zu stellen und zu überwachen, nur weil Sie gerade keine bessere Lösung zur Vergütung digitalisierter Unterrichtsmaterialien parat hatten.
Was ist diese Software eigentlich? – Sie ist eine Technologie zur Auffindung verbotener Bücher. Sie lassen es zu, dass Verlage definieren, was sich auf Computern in Schulen befinden darf und was nicht.
Sie lassen es zu, dass auf Schulrechnern aus privatwirtschaftlichen Interessen Überwachungssoftware installiert wird.
Gestern sagte der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz auf einer Podiumsdiskussion der Heinrich-BöllStiftung, bei der Überwachungssoftware handele es sich um einen Wunsch der Verlage.
Das tue ich. – Diesem Wunsch haben Sie nicht widersprochen, als es an der Zeit gewesen wäre. Das können wir jetzt ändern. Diesen Fehler kann man mit dem Antrag der Opposition beheben. Ihm nicht zuzustimmen, wäre ein Schlag ins Gesicht des Datenschutzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor gut einem Monat haben wir uns erstmalig mit diesem Thema beschäftigt, nämlich mit der Großen Anfrage der Piratenfraktion zum Thema Plagiatssoftware und Schultrojaner. Nun sind die anderen Oppositionsfraktionen entweder gerade aufgewacht oder auf den Zug aufgesprungen und stellen gemeinsam den vorliegenden Antrag. Herr Kollege Lauer! Ich habe ein bisschen vermisst, dass Sie zu dem Antrag selbst reden. Ich kann Ihnen das nicht abnehmen, werde aber zumindest versuchen, auf den Antrag einzugehen. Man kann einen solchen Antrag als Opposition gemeinsam stellen,