Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

Wir wollen untersuchen: Was ist strukturell passiert? Welche Kosten sind dadurch entstanden? Welche Baumaßnahmen sind eigentlich umgesetzt worden? Herr Mehdorn sagt immer, der Flughafen sei viel größer geworden, und jetzt haben wir uns gefragt: Ist er denn nach 2012 noch mal größer geworden, oder erzählt er der Pres

se nur alte Begründungen? Sie erinnern sich, die Vergrößerungen des Flughafens waren in den Jahren 2009, 2010 und 2011. Danach ist nichts mehr vergrößert worden. Wo kommen jetzt plötzlich Kostensteigerungen her? – All das muss untersucht werden.

Erinnern Sie sich, vielleicht war es ein Witz, als wir angefangen haben mit der Arbeit im Untersuchungsausschuss, da war immer die Frage: Wer ist zuerst fertig, der Flughafen oder wir? – Wir haben immer gehofft, dass der Flughafen schneller fertig gestellt ist, als der Ausschuss seine Arbeit beendet hat. Ich fürchte, es wird umgekehrt sein, und das ist sehr bedauerlich.

Insofern: Ich freue mich, wenn Sie alle diesem Antrag zustimmen und wir die notwendige Arbeit in dieser Richtung weitermachen können. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke, Kollege Otto! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Kreins. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unter der Kategorie „laute Reden“ haben wir gerade einen Beitrag des Kollegen Otto gehört. Manchmal sind es die leisen und bedächtigen Worte, die der Lösung näher sind als die Problembeschreibung der Lautsprecher.

Sie haben gerade auch aus einer Zeugenbefragung zitiert. Gerade der Zeuge Leyerle, den Sie benannt haben, ist schuldig geblieben, Beweise für seine Behauptungen darzulegen. Und die Beweise ließen sich auch anhand der Akten nicht nachvollziehen. Insofern bliebe das eine leere Behauptung, die Sie gerade eben hier zitiert haben. Wenn das eine Erkenntnis aus unserem Untersuchungsausschuss sein soll, bin ich ein wenig betrübt ob der Arbeit, die wir dort hineingesteckt haben.

Ich erinnere daran, dass wir 2 500 Aktenordner zur Verfügung haben, mit mehr als 80 000 Blatt Aktenmaterial. Dazu kommt noch mal in ähnlicher Größe ein Datenvolumen in digitaler Form. Ich denke, wir sind schon jetzt mit diesem Ausschuss recht gut ausgelastet.

Von den 86 benannten Zeugen sind bisher 26 gehört worden. Wenn ich mir den Sitzungsturnus anschaue, befürchte ich, dass wir uns, selbst wenn wir wöchentlich tagen würden, diesem Thema auch in der nächsten Legislaturperiode werden widmen müssen. Schon jetzt enden die Ausschusssitzungen außerhalb der in den Regularien besprochenen Zeiträume.

[Zuruf von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

(Andreas Otto)

Wir haben Anhörungen von sieben, acht Stunden. Die Pressekonferenzen werden in einer gewohnten Regelmäßigkeit abgesagt. Auch das muss man mal dazu sagen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Ist ja furchtbar!]

Herr Lauer! Sie wissen nicht, wovon Sie reden! Gerade die Opposition hat ein dringendes Interesse, die mediale Landschaft bei ihren Erkenntnissen einzubinden, und das findet nicht statt – nicht, weil wir das verhindern, sondern weil die Ausschussbefragungen einfach so lange dauern. Sie wissen in der Tat nicht, wovon Sie reden, tut mir leid, Herr Lauer!

[Beifall bei der SPD – Christopher Lauer (PIRATEN): Ja, ich bin Politiker!]

Es ist auch daran zu erinnern, dass die Fragenkomplexe zur Standortentscheidung, zum Planfeststellungsverfahren ganz bewusst von der Opposition in diesen Untersuchungsauftrag geschrieben worden sind und diese Komplexe den Untersuchungsauftrag in die Länge gezogen haben. Und es ist weiterhin festzustellen, dass die Erweiterung nicht aus der Mitte des Untersuchungsausschusses kam und sich auch nicht aufgrund von Aktenlagen oder Zeugenbefragungen ergeben hat, um das Bild zu komplettieren oder Erkenntnislücken zu schließen, nein, es ist politischer Wille dieses Hauses – das ist durchaus legitim –, den Untersuchungsgegenstand und den Untersuchungszeitraum zu erweitern. Andere – gewichtigere – Erweiterungen wären denkbar, sind aber für die Zukunft auch nicht ausgeschlossen.

Sie haben auch ein bisschen ein Resümee gezogen. Für mich ergeben sich neben den Vermutungen, die man zu Anfang hatte, was denn die Ursachen für die Verschiebungen sind, auch schon erste Erkenntnisse, die man mal nennen kann, erste Erkenntnisse, dass es mangelnde Planungsleistungen der Planer pg bbi gab, dass die Konstruktion, pg bbi zum Planer und andererseits am Ende des Prozesses auch zum Bauüberwacher zu machen, eine strukturell fehlerhafte Konstruktion gewesen ist. In der letzten Ausschusssitzung haben wir erfahren, dass pg bbi in dem Bericht, den sie als Bauüberwacher abgeben sollte, zum ersten Mal darauf hinwies, dass es eine akute Gefährdung des Eröffnungstermins gab, nachdem im vorletzten Jahr schon die Eröffnung abgesagt war. – All das sind Erkenntnisse aus diesem Ausschuss. Ich denke, auf dieser Basis kann man auch Empfehlungen abgeben.

Das Nächste haben wir auch mitbekommen, das ist das Klima im Unternehmen. Ich will gar nicht bestreiten, dass es kritische Empfehlungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegeben hat, die von der Geschäftsführung nicht wertgeschätzt worden sind, und dass sich innerhalb dieser Strukturen der Bauüberwachung, der Planer und der Controller auch ein Stück weit eine organisierte Verantwortungslosigkeit breitgemacht hat.

Wir wissen auch, dass Berichte an den Aufsichtsrat innerhalb der Geschäftsführung, schon in dem Stadium, bevor sie in die Geschäftsführung eingegangen sind, also den offiziellen Weg genommen haben, korrigiert worden sind. Aber das sind Dinge, die wir nachher auch politisch bewerten müssen.

Weniger ursächlich für die Verschiebung waren die Standortentscheidung – auch ein Thema, an dem man sich heute immer noch viel aufhält –, die Frage der Ausschreibung in Teillosen, die Lärmschutzproblematik und die Flugroutenfragen, sondern vielmehr die Schuldzuweisung, die Verantwortungsdelegation und die fehlende Kompatibilität von Bauteilen der Planung von Siemens, Bosch und Co., zwischen Planern der Brandschutzanlage.

Wenn dieses Haus eine Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern hat und seiner Verantwortung gerecht werden will, dann müssen wir auch Konsequenzen aus diesem Untersuchungsausschuss ziehen für Beteiligungsstrukturen, für Bau- und Planungsprozesse sowie für Finanzierungsfragen. Das heißt, wir müssen auch irgendwann zu dem Punkt kommen, dass wir Konsequenzen ziehen. Darüber werden wir sicherlich gemeinsam diskutieren können, aber wir müssen sie gemeinsam innerhalb des Untersuchungsprozesses finden. Es ist nicht so einfach, wenn man das schon im Vorfeld macht, wie Sie, Herr Otto, es getan haben, sondern da sind wir gemeinsam gefragt, nicht nur die technischen Konsequenzen zu ziehen, sondern auch die politischen anzusprechen.

Die SPD wird sich der Erweiterung des Untersuchungsauftrags nicht anschließen, insbesondere nicht, nachdem wir ihn erst heute Morgen verfassungsgemäß abgeschlossen und bestimmt gemeinsam textlich verfassen konnten.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie haben doch zugestimmt!]

Ja, das war eine doppelte Verneinung, Herr Lux! Wenn Sie es nicht verstehen, schauen Sie sich das Protokoll an! – Wir werden weiterhin auf sachliche Aufklärung setzen und weiterhin nach Erkenntnissen suchen, insbesondere für zukünftige Projekte dieser Art. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Kollege Kreins! – Für die Linksfraktion – Kollegin Matuschek! – Sie haben das Wort! Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen! Ich erspare mir jetzt, ein Fazit über die bisherige Tätigkeit des Untersuchungsausschusses darzulegen,

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

(Ole Kreins)

zu 28 Sitzungen – die 28. Sitzung haben wir nächste Woche – und 26 Zeugenbefragungen. Ich glaube, das ist nicht das Thema der heutigen Sitzung.

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Dass der Untersuchungsauftrag erweitert werden muss, ist meine tiefe Überzeugung. Es entspricht auch der Komplexität des ganzen Falls BER. Wir haben den größten wirtschaftspolitischen Schaden mit der Absage der Eröffnung im Mai 2012 hinnehmen müssen. Das ist ein Skandal, der eigentlich nicht zu toppen ist, aber danach kam der zweite Skandal und hält an. Das ist der Stillstand. Deswegen muss auch das in die Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss einbezogen werden.

Das sind Fragen wie: Was hat eigentlich die Bestandsaufnahme gebracht, die anderthalb Jahre dauerte, wo es doch schon vorher sehr detaillierte Mängellisten gab, Hunderte Seiten lang Mängellisten, deren Aufarbeitung offensichtlich nicht in dem Prozess vonstatten ging? Passt das mit der Bestandsaufnahme zusammen, die noch einmal anderthalb Jahre dauerte? Wie ist es möglich, dass die Nachträge, die auch schon während des Baus und vor der Absage des Eröffnungstermins da waren, danach noch weiter im Volumen, im Umfang anwuchsen? Wie sind die Schadenersatzansprüche gegen die Firmen überhaupt eingebracht und verfolgt worden? Wie hat sich die Unternehmensorganisation nach der Absage der Eröffnung eigentlich neu aufgestellt, um den Bau zu Ende zu bringen – und das ist das A und O, der Bau muss zu Ende gebracht werden. Und da sind wir noch lange nicht an einem Punkt angelangt, dass wir das absehen können. Das geht hin bis zu personellen Fragen, die zu klären sind.

Unterm Strich bleibt für mich immer noch die Frage: Wer hat eigentlich ein Interesse daran, dass der Flughafen nicht eröffnet wird, auch weiterhin nicht eröffnet wird?

[Dr. Manuel Heide (CDU): Brandenburg!]

Das ist sicherlich eine Frage, die nicht so einfach zu beantworten ist.

[Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Brandenburg!]

Auch an der Aufklärung im Untersuchungsausschuss hat der eine oder andere nicht so sehr Interesse, sondern eher an einer Verzögerung. Das kommt dazu. Das will ich gar nicht verschweigen. Manche wissen ja schon die Antworten auf Fragen, die sie noch gar nicht gestellt haben. Aber letztendlich ist die Arbeit des Untersuchungsausschusses wichtig für die Zukunft.

Ich bin übrigens der Meinung – Herr Otto, da schließe ich mich Ihnen überhaupt nicht an, sondern widerspreche –, die öffentliche Hand kann Großprojekte stemmen und sie muss dazu in der Lage sein, auch in der Gesellschaftskonstruktion, die mehr als einen Gesellschafter impliziert.

[Beifall bei der LINKEN, der CDU und den PIRATEN – Andreas Otto (GRÜNE): Ich hoffe das auch, Frau Matuschek, aber es geht leider nicht!]

Gerade dass die öffentliche Hand dazu in die Lage versetzt wird und aus den Fehlern der Vergangenheit lernt, dass sich die öffentliche Hand so aufstellt, dass sie Vertragsbeziehungen mit Firmen, mit international agierenden Firmen eingeht, die dann auch eingehalten und entsprechend durchgesetzt werden können gegenüber diesen Firmen, dass das die öffentliche Hand kann und so auch aufgestellt wird, dazu dient dieser Untersuchungsausschuss. Das wollen wir weiterhin bearbeiten. Ich lade Sie ein, an dieser sachlichen Aufarbeitung weiterhin teilzunehmen, damit wir dann die entsprechenden Hinweise so formulieren können, möglicherweise bis hin zu Empfehlungen, wie öffentliche Unternehmen aufzustellen sind, wenn sie solche großen Projekte haben. Wir haben noch mehr Projekte auf der Pfanne, wenn ich daran denke, was auch jetzt schon z. B. die BVG lernt, wenn sie eine U-Bahnverlängerung baut, zusammen mit privaten Firmen bauen lässt. Da gucken sie doch darauf, wie die Projektaufstellung besser zu machen ist als beim Flughafen. Das ist die Aufgabe des Untersuchungsausschusses. Daran wollen wir arbeiten. Da werden wir offensichtlich den Rest der Legislaturperiode noch zu tun haben.

[Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Matuschek! – Für die CDU hat jetzt das Wort der Kollege Evers. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein letztes Mal heute. Liebe Frau Matuschek! Ein bisschen Fazit war dann doch noch dabei. So ganz ohne geht es dann doch nicht, wenn man zur gefühlten Halbzeit unseres Ausschusses hier vorne steht und sich damit auseinanderzusetzen hat, wie es weitergeht.

Dass es weitergeht und dass es in einem größeren Umfang als es bisher weitergeht, das impliziert die Beschlussfassung des Rechtsausschusses heute mit dem absehbaren einstimmigen Votum unseres Hauses. Die Einstimmigkeit beweist auch, wir haben ein grundsätzliches Verständnis dafür, dass es dem Wunsch nach Erweiterung des Untersuchungsauftrags gibt. Wir stellen uns dem als Regierungsfraktion nicht entgegen.

Denn in der Tat haben wir mit einem Problem zu kämpfen, und das Problem sollte man auch nicht kleinreden. Sie haben jetzt auf scharfe Kritik verzichtet, im Vorfeld ist sie aber immer geübt worden: Die Regierungskoalitionen würden durch die Beauftragung von Gutachten die Arbeit des Ausschusses behindern, verzögern wollen. –

(Jutta Matuschek)

Ich behaupte immer noch, wer den Ausschuss verzögern will, der soll ihm die Standortfrage zur Aufgabe geben,

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

denn damit haben wir wirklich anderthalb Jahre verloren und sind den entscheidenden Problemen, nämlich der Frage nach Fehlern in der Unternehmensorganisation und vielem anderen mehr, nicht nähergekommen. Gott sei Dank stehen wir jetzt mit dem entsprechenden Zeitverlust mitten im Thema. Schön wäre es gewesen, hätten wir dieses Stadium schneller erreicht. An uns lag es nicht.