Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser gemeinsamer Antrag beginnt mit folgendem Satz:
Das Abgeordnetenhaus ist empört über den Umgang des SPD-CDU-Senats mit Menschen in Not, die als Flüchtlinge nach Berlin kommen.
Empörung ist bereits milde ausgedrückt. Als ob diese Menschen nicht bereits genug gelitten haben, werden sie jetzt auch vom Berliner Senat veräppelt. Frau Lüke sagte gestern auf einer Veranstaltung in der Heiligkreuzkirche in Kreuzberg, sie könne die Flüchtlinge verstehen, dass sie dem Berliner Senat nicht mehr vertrauen könnten. – Ich kann die Flüchtlinge auch verstehen, dass sie diesem Senat nicht mehr vertrauen können.
Die Entwicklung in den vergangenen Monaten dürfte bekannt sein. Deshalb nur kurze Überschriften: Der Senat lässt die Flüchtlinge über 18 Monate auf dem Oranienplatz unter widrigen Umständen campieren.
[Michael Dietmann (CDU): Der Senat! Hat der Senat denn ein Zelt aufgebaut? – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Eben nicht!]
Dann wird auf einer Pressekonferenz mit hochrangiger Besetzung – Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, Innensenator Henkel, Integrationssenatorin, aber auch die Bezirksbürgermeisterin aus Friedrichshain-Kreuzberg – eine Vereinbarung verkündet, den Betroffenen werden vollmundige Zusagen gemacht. Alle diese Zusagen werden nicht eingehalten. Weder wurde die Möglichkeit einer intensiven Beratung vor der Anhörung ermöglicht, noch wurde eine seriöse Anhörung durchgeführt. Deshalb gab es in keinem Einzelfall eine positive Entscheidung.
Was passierte danach? – Danach führt derselbe Innensenator, der bei der besagten Pressekonferenz neben der Integrationssenatorin gesessen hat, diese Integrationssenatorin vor, indem er ein Gutachten vorlegt und behauptet, sie hätte diese Vereinbarung gar nicht unterschreiben dürfen. Als die Flüchtlinge, nachdem sie vom Berliner Senat getäuscht worden sind, ihre Proteste zu Recht wieder aufnehmen, wird ihnen Essen, Wasser und medizinische Versorgung verweigert, und das über 13 Tage lang.
Klaus Wowereit, er schweigt. Senatorin Kolat, sie schweigt. Dass der Regierende Bürgermeister schweigt, ist eventuell darauf zurückzuführen, dass er sich wohl innerlich bereits verabschiedet hat. Warum aber schweigt die Integrationssenatorin Dilek Kolat? – Weil sie sich selbst gar nicht als Integrationssenatorin versteht? Oder?
Zu Sozialsenator Mario Czaja, der ja auch nicht ganz unschuldig bei diesem Skandal ist, möchte ich nichts sagen, denn er spielt in der zweiten Liga.
die menschliche Metropole, die sich ihrer Geschichte bewusst ist und ihre Zukunft auf Weltoffenheit und Toleranz aufbaut
Wir haben es in unserem Antrag auch formuliert. Diesem Senat geht es offensichtlich nicht darum, eine Lösung für die Flüchtlingssituation zu finden, sondern anscheinend darum, die Flüchtlinge über den Tisch zu ziehen. Herr Regierender Bürgermeister! Nutzen Sie Ihre Richtlinienkompetenz! Halten Sie Wort! Sorgen Sie dafür, dass dieses Trauerspiel endlich ein Ende findet und die Abmachung vom März dieses Jahres ohne Abstriche, ohne Wenn und Aber umgesetzt wird! – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Michael Dietmann (CDU): Zuhören, er hat vor zehn Minuten geredet!]
Vielen Dank, Herr Kollege Taş! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Kollegin Radziwill. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass Sie auch mir zuhören können. Uns liegt hier ein dringlicher Antrag der Opposition vor, der vor allem eins, nämlich nicht zielführend ist. Einmal mehr versuchen Sie als Opposition, einen Keil in diese Koalition zu treiben.
Wir erkennen dieses Spiel, wir spielen dieses Spiel aber nicht mit. Die Probleme der Flüchtlinge löst man nicht durch parteipolitische Polemik.
Ich bin ja sehr überrascht, dass er schon nach meinem ersten Satz eine Frage stellen möchte, aber ich möchte ganz gerne ein bisschen fortfahren. Vielleicht später. – Gerade Sie, liebe Grüne, Freundinnen und Freunde, müssten es doch am besten wissen. Schauen wir uns doch einmal an, wie ein grün regiertes Bundesland – BadenWürttemberg – mit dem Anstieg der Flüchtlinge zurzeit umgeht! Aktuell lese ich zum Beispiel in der „Pforzheimer Zeitung“
Nach der kurzfristigen Einrichtung von Notquartieren kann Baden-Württemberg rund 4 000 neu ankommende Flüchtlinge aufnehmen. Diese Zahl nannte am Mittwoch der zuständige Abteilungspräsident im Regierungspräsidium Karlsruhe, Manfred Garhöfer. Während eine provisorische Notunterkunft bei der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal am Mittwoch wieder geschlossen wurde, bauten Helfer auf dem Gelände der ehemaligen Mackensen-Kaserne in Karlsruhe eine erste Zelthalle auf. Dort wurden am Abend die ersten von 300, später dann 700 Flüchtlingen erwartet.
Liebe Grüne Freundinnen und Freunde! Willkommen in der Realität, könnte man meinen, aber diese Realität in Baden-Württemberg ist nicht die in Berlin.
Das entspricht nicht unseren Vorstellungen davon, Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterbringung zu ermöglichen.
Menschenwürdige Unterbringung sieht definitiv nicht so aus. Wir gehen in Berlin einen anderen Weg. Ich bin Klaus Wowereit dankbar für seine klaren Worte von vorhin. Sie alle konnten sie hören, der Saal war voll.
Meine Damen! Meine Herren! In der Fragestunde konnten Sie von Herrn Czaja ausführliche Informationen zur aktuellen Unterbringungssituation bekommen. Zeltstädte jedenfalls wird es in Berlin nicht geben. Das ist erklärtes Ziel der Koalition.
Da darf man auch durchaus klatschen. – Doch zurück zur Polemik: Wir alle – gerade die Sozialpolitiker – wissen, dass wir mit Polemik nicht zur Lösung der Probleme dieser Menschen beitragen. Was wir brauchen, ist ein überparteilicher Konsens gerade bei der Überarbeitung der Asylbewerberleistungsgesetze, gerade auch, um die Rechtsansprüche und Zusagen, die Deutschland auf internationaler Ebene gemacht hat, auch in Deutschland umzusetzen.
Ich habe jetzt einmal die Frau vorquotiert, und dann können Sie, Herr Zillich, gern auch Ihre Frage stellen. Aber ob Sie mit der Antwort zufrieden sind, das lasse ich dahingestellt.
Vielen Dank, Frau Radziwill! – Wissen Sie denn, wer in Baden-Württemberg für Flüchtlinge zuständig ist? – Die Frau heißt Bilkay Öney und hat, glaube ich, ein SPDParteibuch.
Sie war einmal bei den Grünen, ist dann aber zur SPD gewechselt. Das wollte ich Ihnen nur mitteilen!