Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

Tagesordnungspunkt 9 steht als vertagt auf der Konsensliste.

(Christopher Lauer)

Ich rufe auf

lfd. Nr. 10:

Wahl eines stellvertretenden Mitglieds als Vertretung des Landes Berlin im Ausschuss der Regionen (AdR) der Europäischen Union in der 6. Mandatsperiode (2015 – 2020)

Wahl Drucksache 17/1801

Die Wahl ist aufgrund einer neuen Wahlperiode des AdR erforderlich geworden. Wir kommen zur einfachen und verbundenen Wahl durch Handaufheben. Zur Wahl als stellvertretendes Mitglied wird von der Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Sven Rissmann vorgeschlagen. Wer Herrn Rissmann wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Zwei Gegenstimmen bei der Piratenfraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Kollege Rissmann gewählt. – Herzlichen Glückwunsch!

[Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 11:

Nachwahl von einer Person zum Mitglied sowie von einer weiteren Person zum Ersatzmitglied des Kuratoriums des Lette-Vereins – Stiftung des öffentlichen Rechts

Nachwahl Drucksache 17/0071

Wir kommen zur einfachen und verbundenen Wahl durch Handaufheben. Zur Nachwahl als Mitglied wird von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Notker Schweikhardt für Herrn Abgeordneten Heiko Thomas vorgeschlagen. Wer Herrn Schweikhardt wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? – Dann war das einstimmig.

Zur Nachwahl als stellvertretendes Mitglied wird von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Heiko Thomas für Herrn Martin Beck vorgeschlagen. Wer Herrn Thomas wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Auch das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall, dann ist das einstimmig. – Damit sind Sie beide gewählt, herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 12:

Nachwahl von einem Abgeordneten zum Mitglied des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin

Nachwahl Drucksache 17/0065

Wir kommen zur einfachen und verbundenen Wahl durch Handaufheben. Zur Nachwahl als Mitglied wird von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Notker Schweikhardt für Herrn Martin Beck vorgeschlagen. Wer Herrn Schweikhardt wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Auch das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall, dann war das einstimmig. Damit ist der Kollege Schweikhardt gewählt. – Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Tagesordnungspunkt 13 steht als vertagt auf der Konsensliste.

Ich komme zu

lfd. Nr. 14:

Berlin zur Forschungshauptstadt für Alternativmethoden zu Tierversuchen machen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 28. Mai 2014 Drucksache 17/1697

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0441

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Hämmerling, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie alle kennen Medikamente wie Insulin, Ibuprofen, Penicillin und Aspirin. Alle diese Medikamente – aber auch andere – würde es heute nicht geben, wenn damals schon die heutigen Tierversuchsstandards gegolten hätten. Ihnen ist hoffentlich klar, welche Bedeutung das für die Medizin, welche Bedeutung das auch für die Forschung hat. Diese Medikamente schädigen im Tierversuch verschiedene Tiere. Es ist nicht nur so, dass diese Medikamente nicht nur nicht entwickelt worden wären – es gab ja diese Medikamente vor der klinischen Zulassung seit 1960 in verschiedenen Vorschriften –, überlegen Sie: Wie viele für den Menschen wirkungsvolle Medikamente mögen entwickelt worden sein, die gar nicht in die klinischen Versuche gekommen sind, weil sie im Tierversuch einfach durch den Rost gefallen sind?

Umgekehrt werden aber auch bei Tieren unbedenkliche Substanzen für Menschen höchst gefährlich – denken Sie

(Präsident Ralf Wieland)

an den Knollenblätterpilz oder an Arsen. Diese Wirkstoffe werden von verschiedenen Tieren sehr gut vertragen, Sie wissen aber selbst, was passiert, wenn man solche Dinge zu sich nimmt. 2006 gab es das sogenannte TGNDesaster. Ein im Tierversuch erfolgreich getesteter Wirkstoff gegen Multiple Sklerose und Rheuma kam in die klinische Studie. Dort erkrankten sämtliche Probanden spontan in der ersten Minute, obwohl ihnen dieser Wirkstoff nur in einem Fünfhundertstel der Konzentration, die sich bei Tieren als unschädlich gezeigt hatte, zugeführt wurde. Sie haben lebenslange Schäden davon getragen. Wie Sie an diesen Beispielen sehen, ist der Tierversuch zwar ein etabliertes, aber ein ziemlich schlechtes Modell für die medizinische Forschung.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir möchten, dass Tierversuche ersetzt werden – Tierversuche führen in die Sackgasse –, und wir wollen bessere Modelle entwickeln, damit das auch funktioniert.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Natürlich wollen wir auch die Alternativmethoden unterstützen und stärken, damit wir unzähligen Labortieren Leiden, Ängste und Schmerzen und am Ende den Tod ersparen. In Berlin sterben jährlich 420 000 Versuchstiere. Das ist die Spitze des Eisbergs, in Wahrheit sind es 1,2 Millionen. Die anderen sind Labortiere aus der gentechnischen Forschung. Da werden alle die vor dem Tierversuch getötet, die nicht die richtigen Gene haben. Die tauchen aber in keiner Statistik auf.

Die Tierversuchsforscher spiegeln uns in Hochglanzbroschüren und Internetauftritten eine heile Welt vor – die Laborrealität sieht anders aus. Das wissen wir spätestens seit letzter Woche, seit wir die Filme von Tierschützern aus dem Max-Planck-Institut in Tübingen kennen. Dort werden Affenforschungen durchgeführt, und ich bekomme diese Bilder einfach nicht mehr aus dem Kopf: Geschundene Affen, denen die Schädeldecke geöffnet ist, ein Metallbolzen ist eingeführt und verankert. Unter Gewaltanwendung werden sie an diesen Metallbolzen am Affenstuhl festgeschraubt und müssen kooperieren. Sie kooperieren aber nur, weil ihnen mehrere Tage das Wasser entzogen wurde. Am Ende werden diese Tiere getötet. Ich möchte Ihnen dazu ein Zitat nennen:

Es wird ein Tag kommen, an dem die Menschen über die Tötung eines Tieres genauso urteilen werden, wie sie heute die eines Menschen beurteilen.

Das stammt nicht von mir, sondern von dem Wissenschaftler, dem Universalgenie, dem nebenan eine Ausstellung gewidmet ist, von Leonardo da Vinci. Ich hoffe, dass wir bald da hinkommen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Tübingen ist kein Einzelfall. Auch in den Berliner Laboren wird gegen den Tierschutz verstoßen. Davon musste ich mich bei einer Akteneinsicht überzeugen. Wir wollen, dass die Tierquälerei im Dienste der Wissenschaft aufhört. Für eine Forschung ohne Tierleid brauchen wir aber Ersatzmethoden, und dafür müssen wir endlich mehr Geld aufbringen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Meine Damen und Herren von der CDU und der SPD! Sie fördern bis heute ausschließlich die Tierversuchsforschung – aktuell das MDC mit 24 Millionen Euro, die Charité wollen Sie mit 60 Millionen Euro fördern. Sie haben nicht einen einzigen Cent für die Forschung an Ersatzmethoden! Sie verweisen gerne auf die halbe Professorenstelle an der Charité, die aber der Bund bezahlt. Sie schmücken sich mit dem Berliner Tierschutzforschungspreis, den aber die forschende Pharma und die Tierschützer finanzieren. Ich wiederhole: Bis heute haben Sie keinen einzigen Cent für Ersatzmethoden ausgegeben, und das ist einfach nur ein Armutszeugnis!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Dass es in Berlin dennoch einige erfolgreiche Ersatzmethoden gibt, haben wir einzelnen Ausnahmeforschern zu verdanken. Sie haben Hautmodelle und menschliche Organchips entwickelt. Die leisten Pionierarbeit für die menschliche Gesundheit. Ich sage, wir brauchen mehr davon, aber dafür muss sich die Förderpolitik ändern. Deswegen haben wir einen Antrag eingebracht. Wir schlagen vor, dass ein Forschungsfonds zur Förderung von Ersatzmethoden geschaffen wird.

Das, meine Damen und Herren von SPD und CDU, wollen Sie nicht. Sie haben unseren Antrag deswegen ersetzt. Statt Berlin zur Forschungshauptstadt für Alternativmethoden zu Tierversuchen zu machen, soll er jetzt heißen: „Tierversuche reduzieren und Forschungsmethoden fördern“. Und im Ersetzungsantrag steht nichts weiter, als dass der Senat das Tierschutzgesetz einhalten soll. Ich bin gespannt, wie Sie das nachher begründen werden. Es muss ja einen Grund für diese Initiative geben. Und Sie appellieren daran, dass der Senat seinen eigenen Forschungspreis finanziert. Ich finde, das ist wirklich ein bisschen dünn.

Aus diesem Grund bitte ich Sie: Ziehen Sie Ihren Ersetzungsantrag zurück! Wir brauchen tatsächlich richtiges Geld in der Ersatzmethodenforschung. Denken Sie an mein Eingangsstatement! Ich hoffe, dass wir damit nicht nur den Forschungsstandort, sondern auch den Wissenschaftsstandort Berlin unterstützen können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die SPD-Fraktion jetzt der Kollege Karge, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Hämmerling! Ja, ich nehme Ihnen die Empathie ab, die Sie zu diesem Themenkomplex an den Tag legen. Ich finde, Sie haben da auch sehr wohl eine klare Meinung. Man kann sicherlich auch über diese Ideen, die Sie an uns herantragen, diskutieren.

Aber ich finde es schon etwas schwierig, wenn Sie diese Fragestellung, die Sie gerade bewegt haben, aus Tübingen hier hereinbringen. Sie haben das, glaube ich, der „Stern“-Berichterstattung der letzten Woche entnommen. Sie haben wahrscheinlich auch gestern den Beitrag gesehen. Das halte ich jetzt für nicht so legitim, weil es auch da gegensätzliche Meinungen gibt. Da gibt es eine Tierschützerin, die genau in diesem Bereich arbeitet, die sagt: In dem Bereich in Tübingen ist nichts passiert, was hätte nicht passieren dürfen. – Das ist aus meiner Sicht in der Form gar nicht in Ordnung gewesen, dass das so von Ihnen benannt wird.