Thorsten Karge

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Frau Präsidentin! Ich dementiere, dass ich der CDUFraktion angehöre, sondern noch SPD.
Ich frage den Senat: Ist dem Senat bekannt, wie viele Personen, die bislang Inhaber des Berlin-Passes waren, aufgrund der kürzlich in Kraft getretenen Änderung des Wohngeldgesetzes ihren Anspruch auf einen Berlin-Pass verloren haben?
Nachdem ich erkannt habe, dass das Problem auch erkannt wurde, frage ich Sie jetzt noch nachträglich: Sieht der Senat eine Möglichkeit, künftig auch Wohngeldbeziehern einen Anspruch auf den Berlin-Pass einzuräumen?
(Philipp Magalski)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren und die wenigen Gäste, die noch oben auf der Tribüne sitzen! Herzlichen Dank für die Möglichkeit, heute zum
(Antje Kapek)
Thema TXL sprechen zu dürfen! Als Reinickendorfer ist mir das besonders wichtig. – Ich möchte eins vorab sagen: Schließung muss sein. Das ist gar kein Thema, denke ich, darüber können wir uns noch lange unterhalten. Die Schließung ist eine versprochene Sache. 300 000 Menschen in diesen Ortsteilen hat man über Jahre gesagt, der Lärm werde dann ein Ende finden.
Ich finde auch, und da bin ich Ihnen dankbar, Frau Kapek: Sie haben sehr viele sachliche Worte gefunden, und ich glaube, in vielen Fragen, die Sie heute aufgeworfen haben, stimmen wir überein. Ob man nun Green Economy als großes, bindendes Thema nimmt oder ob man das differenzierter betrachtet, das sind Detailfragen, die man ohne Weiteres diskutieren kann, und da bin ich Ihnen dankbar für Ihre sachliche Aussage, die Sie hier getroffen haben. Insofern, glaube ich, gibt es an der Stelle wenig an Gegensätzlichkeiten.
Das Einzige, wozu ich etwas sagen möchte: In der Tat ist das, was Herr Eggert gesagt hat, richtig. In Tempelhof hätten Sie die Möglichkeit gehabt, das etwas offensiver, etwas besser zu vertreten, und da haben Sie sich in der Frage, was man dort macht und machen kann, sehr fein zurückgehalten. Insofern, finde ich, hätte man dort auch gemeinsam etwas entwickeln können, das den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Stadt am Ende auch zugutegekommen wäre.
Aber ich sage Ihnen auch: Für Berlin ist der Standort TXL ein Forschungs- und Wirtschaftsmotor. Die Region braucht die Nachnutzung des TXL-Geländes; das ist von immenser Bedeutung. Für die Zukunft ist es unsere Aufgabe, Forschung, Hochschule, Wirtschaft und Wohnen zu einer Symbiose zusammenzuführen und zu entwickeln, und dafür sind wir als Politik auch gefordert.
Der zentrale Bestandteil ist hier jedoch die Entwicklung – und da bin ich wieder ganz bei Ihnen – von Zukunftstechnologien. Aber nicht minder wichtig ist an der Stelle auch die städtebauliche Fragestellung. Da ist eins zur Kenntnis zu nehmen: Ihr Antrag aus dem Jahr 2013 hat damals 5 000 Wohneinheiten gefordert. Damals war im Masterplan von 1 000 Wohneinheiten die Rede. Mittlerweile ist das ja aufgearbeitet worden, und wir sind dem entgegengekommen; auch die Verwaltung ist dem entgegengekommen, und der Faktor 5 wurde ja auch verankert, wie Sie kurz lesen konnten. Und das ist ja auch richtig. Ich meine, wir nehmen ja auch Sachen der Opposition auf, so ist das ja nicht!
Man muss es auch nicht so kritisch sehen wie ein Baustadtrat aus Reinickendorf, der gesagt hat: Man kann dort maximal 1 000 Wohnungen verankern, weil es sonst zu größeren Gettobildungen kommt! – Ich glaube, moderner Wohnungsbau hat nichts mehr mit Gettobildung
zu tun; das muss man dann auch nicht so kritisch sehen, und da sollte man als Baustadtrat weniger die Probleme sehen, sondern eher die Chancen, die bei der Entwicklung eines solchen Geländes entstehen.
Natürlich möchte keiner dort Betonwüsten. Wir haben aber aus vergangenen Fehlern gelernt, und wir müssen alles daransetzen, dass wir hier ein attraktives Quartier und einen interessanten Kiez für die Menschen in der Stadt schaffen. Dazu zählen dann eben auch die Schaffung von sozialen Einrichtungen, Schulen, Kitas und die genannten Wohlfühlräume. Außerdem sind energieeffiziente oder auch energieproduzierende Fassaden, Dächer oder Anlagen eine Möglichkeit. – Und da sind wir ja auch wieder beim Thema, Frau Kapek, das Sie angesprochen haben: Green Economy. Aber auch ein innovatives Abfallmanagement gehört dazu und, was Sie auch gefordert haben, die Begrünung von Dächern ist ja an diesem Standort nicht ausgeschlossen.
Noch mal zum Wohnungsbau: 5 000 Wohneinheiten, davon 70 Prozent vorwiegend kommunaler Mietwohnungsbau, 20 Prozent genossenschaftlicher Wohnungsbau mit Mehrgenerationenwohnen und studentischem Wohnen – das könnte doch die interessante Berliner Mischung ergeben. Dazu kommen Kitas, Grundschulen, weiterführende Schulen und Jugendfreizeitstätten. Vieles ist also mitgeplant, was wichtig für diese Region ist. Und für mich als Innenpolitiker besonders wichtig: Die Berliner Feuerwehr erhält endlich eine moderne Rettungsakademie an dem Standort.
Auch die bisherige Quartiere Cité Pasteur und Cité Guynemere werden weiterentwickelt – ein gutes Signal für die Anwohnerinnen und Anwohner. Und ganz wichtig: Flora und Fauna werden erhalten und zu einer Tegeler Stadtheide entwickelt.
Für mich ist auch die verkehrliche Erschließung des Geländes wichtig. Denn aus meiner Sicht bedarf es für die Anwohner eines attraktiven Standorts eines leistungsfähigen ÖPNV. Ob dies Bus oder U-Bahn oder ein anderes modernes Fortbewegungsmittel sein wird, wird sich kostenmäßig darstellen lassen. Aber lieber am Anfang mehr Geld investieren, als am Ende mit einem Stückwerk leben! Ich erinnere da an die seit Jahrzehnten – und das sage ich auch als Politiker aus Reinickendorf – versprochene Anbindung des Märkischen Viertels an das U-Bahnnetz. Glücklicherweise haben wir in den letzten Wochen entscheidende Gespräche geführt, die eine zielführende Lösung vorsehen. Auch hier bin optimistisch; es wird uns gelingen, die U-Bahn in den nächsten Jahren ins MV zu führen.
Große Ankermieter werden nur dann in dem Areal einen sinnvollen Standort sehen, wenn neben der allgemeinen
Infrastruktur die verkehrsmäßige Erschließung gelöst ist. Die finanzielle Stärkung der Tegel-Projekt GmbH durch uns ist hierfür ein starkes Signal gewesen, dass wir es mit einer professionellen und inhaltlich guten Entwicklung des Standorts ernst meinen. Wir müssen nun alles daransetzen, dass für alle Betroffenen, auch die BeuthHochschule, eine verlässliche und klare Planungsgrundlage geschaffen wird. Als Reinickendorfer sage ich: Ja, es ist wichtig, dass wir eine schnelle und gute Entwicklung dieses Standorts organisiert bekommen, denn für die Bevölkerung ist es wichtig zu wissen: Was kommt? Werden wir auf diesem Weg mitgenommen? Bin ich beteiligt? – In diesem Sinne: Lassen Sie uns aus der Nachnutzung TXL eine Erfolgsstory für Berlin und Reinickendorf machen!
Nur nicht zu früh freuen, dass es dem Ende entgegengehe, mal abwarten! – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ja, da haben Sie recht, die geht zu Ende, aber ob sie insgesamt zu Ende geht, das warten wir doch mal ab. – Herr Birk! Ich finde, Sie haben vieles sachlich richtig angemerkt, keine Frage. Was Sie allerdings zu den Bürgerämtern gesagt haben, dass es dort Probleme gibt, man das über diese Frage darstellen müsse und die Bürgerämter nicht wieder mit Neuem belasten könne, greift aus
meiner Sicht zu kurz. Das würde bedeuten, dass wir gar nichts mehr verändern können, dass wir keinerlei Verbesserung einführen können, dass wir immer erst warten müssen, dass ein Problem nach dem anderen abgearbeitet worden ist. Hier kann man ohne Weiteres zu der Überzeugung gelangen, dass es richtig ist, an der Stelle etwas zu verändern.
Im Augenblick nicht, danke! – Es geht doch in der Frage, die wir heute erörtern – –
Ich habe doch noch gar nichts gesagt, Herr Dr. Albers. Hören Sie doch erst einmal zu, dann können Sie eine Zwischenfrage stellen!
Danke schön! – Die Frage erübrigt sich; ich bin kein Gedankenleser! – Es geht heute um die sinnvolle Erweiterung der Möglichkeiten, in den bezirklichen Bürgerämtern gefälschte Personaldokumente zu erkennen. Um diese Fragestellung geht es im zentralen Punkt, und da müssen wir uns alle einig sein, dass wir hierzu Lösungen finden wollen.
Es geht daneben natürlich auch um die Erbringung von Dienstleistungen für den Bürger, die den Sicherheitsgedanken in unserer Gesellschaft stärken sollen. Bisher ist es so, dass Dokumente durch die Inaugenscheinnahme bei den Bürgerämtern überprüft werden. Mittlerweile, das wissen wir alle, sind die Pässe und Ausweise größtenteils maschinenlesbar und teilweise mit Chips zur Speicherung von Daten ausgestattet. Um hierbei – neben den Sicherheitsaspekten – eine effizientere Arbeit zu ermöglichen, helfen elektronische Verfahren durchaus. Wir dürfen nicht vergessen: Es wird geschätzt, dass mit Hilfe von gefälschten Personaldokumenten ein Schaden im Rahmen von Sozialleistungsbetrug pro Fall in Höhe von 20 000 bis 40 000 Euro entstehen kann. Die Möglichkeit des Aufbaus einer Scheinexistenz durch islamistische Extremisten, die über gefälschte Dokumente eine Aufnahme in das deutsche Meldewesen erreichen, ist nicht zu un
(Thomas Birk)
terschätzen. Kriminelle oder terroristische Aktivitäten können damit leichter durchgeführt werden. Das sind keine Peanuts-Argumente, sondern wichtige Entscheidungsgrundlagen für die Einführung dieser Technik.
Dass Friedrichshain-Kreuzberg den Versuch wieder eingestellt hat, mag mich nicht wirklich verwundern.
In Neukölln wurde der Versuch jedoch erfolgreich ausgeweitet. Allein im Jahr 2014 wurden dort über 50 gefälschte Dokumente entdeckt; in den ersten beiden Monaten des Jahres 2015 über 20. Aber es stimmt auch: In Neukölln gehen die Fallzahlen aktuell zurück. Es wäre jedoch sicherlich falsch anzunehmen, dass dies mit der Abnahme von krimineller Energie einhergeht. Vielmehr ist es doch wohl so, dass sich eine Seitwärtsbewegung eingestellt hat, dass sich herumgesprochen hat, dass Neukölln der einzige Bezirk ist, in dem diese Art der Prüfung von Personaldokumenten stattfindet. Wenn man dieses Argument als gegeben und richtig einschätzt, wird man kaum an einer flächendeckenden und landesweiten Lösung vorbeikommen; die Mittel dafür sind im Haushalt eingestellt. Sollte eine Direktvergabe erfolgen können, ist das Projekt zeitnah noch in diesem Jahr durchführbar. Sollte man dafür eine europaweite Ausschreibung benötigen, wird man als Zieljahr wahrscheinlich erst das Jahr 2017 erreichen. Bei einer flächendeckenden Einführung wird sich der Preis durch die Anzahl der anzuschaffenden Geräte sicherlich reduzieren.
Der Senat hat den Bezirken im Übrigen Hilfestellungen angeboten. Dazu zählt u. a. das Angebot der Polizei und des Bezirks Neukölln, einen Leitfaden für eine Standardschulung zu entwickeln, um einen professionellen, sicheren und für die betroffenen Mitarbeiter guten Weg der Nutzung der Geräte zu ermöglichen. Auch die teilweise kritischen Fragen aus einzelnen Bezirken – organisatorischer und rechtlicher Natur – sind bei gutem Willen lösbar. Insofern bitte ich Sie darum: Lassen Sie uns dieses wichtige Projekt gemeinsam auf einen guten Weg bringen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein Thema, mit dem wir uns in dieser Legislaturperiode nicht das erste Mal beschäftigen. Ich befürchte, dass es uns in den nächsten Jahren auch nicht das letzte Mal beschäftigen wird. Ich will jetzt nicht das Bonmot bringen, mit welchen Oppositionsparteien wir es dann zu tun haben, aber unabhängig davon haben wir das jetzt
schon über Jahre miteinander besprochen. Die Argumente sind im Endeffekt alle ausgetauscht worden. Selbst der Ausschuss für Gesundheit und Soziales hat sich im letzten Jahr mit diesem Thema beschäftigt. Sie müssen einfach auch attestieren: Natürlich ist der Pfeffersprayeinsatz genau gesetzlich geregelt. Daran führt kein Weg vorbei. Der kann aus Ihrer Sicht vielleicht nicht ausreichend dokumentiert sein – wir sagen, es ist aus unserer Sicht schon eine ausreichende Dokumentation vorhanden.
Wenig Neues ist den Ausführungen hinzuzufügen, aber ich will trotzdem festhalten: Pfefferspray dient den Polizeikräften als Hilfsmittel, und es ist die unterste Schwelle von Zwangsmitteln. Das müssen Sie erkennen, und das ist auch gar nicht banal, wenn man über die Frage redet: Wie können sich Polizeibeamte in verschiedenen Gemengelagen vor größeren Menschenansammlungen schützen, die dort möglicherweise eine Situation herbeiführen, die für Polizisten nicht ganz ungefährlich ist? Diese Mittel kommen erst dann zum Einsatz, wenn andere Maßnahmen gegen Personen, die Straftaten begehen oder den öffentlichen Frieden stören, nicht zum Erfolg geführt haben. Es ist eben auch wahr, und das muss man zur Kenntnis nehmen: Die Alternative des Schlagstockes ist keine wirkliche Alternative, da Schläge mit dem Schlagstock viel länger zu spüren sind und zu größeren Verletzungen führen können. Machen wir uns doch bitte nichts vor: Gewalt gegen Polizeibeamte ist in der heutigen Zeit leider Realität. Daher brauchen Polizeibeamte ein adäquates Mittel, um sich effektiv zu schützen. Ich gehe einmal davon aus, dass niemand hier in diesem Saal und auch Sie nicht der Alternative von Schusswaffen das Wort reden werden.
Aber natürlich: Zwangsmittel sind nicht völlig harmlos, und auch das Pfefferspray ist nicht völlig harmlos. Sie als Antragsteller haben attestiert, die Polizei ist sich der Folgen des Pfeffersprayeinsatzes bewusst. Darum ist ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Pfefferspray notwendig. Die Antworten auf die Schriftlichen Anfragen von Ihnen, den Piraten, lassen wenig Zweifel daran, dass die Berliner Polizei diesen Umgang sehr verantwortungsvoll bei ihrer schwierigen Arbeit durchführt. Der Einsatz ist nicht nur reglementiert. Die Polizeikräfte werden in Bezug auf die rechtlichen Grundlagen über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte informiert und geschult. Aber auch in Bezug auf die Anwendung von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt werden sie ausgebildet. Hierzu zählt das Pfefferspray. Eine jährliche Auffrischung erfolgt im Rahmen des Einsatztrainings. Darüber hinaus finden alle zwei Jahre Erste-Hilfe-Schulungen der Polizeikräfte statt.
Auch die Datenlage bezüglich der Anzahl der Einsätze ist weder übermäßig hoch, noch wurden sie in den letzten Jahren ausgeweitet – dies wird ja gelegentlich behauptet. Die Datenlage zeigt eindeutig eine Degression der Ein
(Christopher Lauer)
sätze mit Pfefferspray. Kollege Lux hat dies dem Ausschuss Anfang November dieses Jahres in seinem Redebeitrag bestätigt. Schaut man sich die Einsatzanlässe an, dann finden diese seltener im Rahmen von Großdemonstrationen oder Fußballspielen statt, also bei Großlagen. Möglicherweise ist die Zuordnung nicht immer ganz genau zu treffen und die Einordnung des Einsatzanlasses nicht in jedem Fall richtig. Dies ist jedoch im Einzelfall schwer zu erfassen, darzustellen und zu dokumentieren. Wenn es sich um die Erfassung jedes einzelnen Sprühstoßes handeln würde, ist das auch fast nicht leistbar und von der Polizei auch nur schwer zu leisten. Irgendwann muss man sich entscheiden, ob die Polizei in der Priorität statistische Auswertungen für uns im Abgeordnetenhaus erstellen soll oder ihre wichtige polizeiliche Arbeit im Vordergrund steht. Es mag auch Fälle geben, wo im Eifer des Gefechts Anweisungen und die Grenzen der Verwendung überschritten werden. Jedoch ist es dann so: Verstöße werden nicht unter den Tisch gekehrt. Durch die Kennzeichnungspflicht der Beamten muss jeder, der sich nicht an die Vorschriften hält, mit Sanktionen rechnen. Bei Demonstrationen und anderen größeren Veranstaltungen stellt gerade die Öffentlichkeit sicher, dass es Zeugen gibt, die Fehlverhalten belegen können. Da handelt es sich um Belege, die selbst von den Antragstellern herangezogen werden. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe heute wieder etwas gelernt: Die Grünen glauben daran, dass das Wort „Green New Deal“ die Lösung aller Probleme sein könnte.
Ein Kollege von mir hat gerade gesagt – und dem kann ich mich anschließen –: Das ist die Kombination und das Zusammenführen von Planwirtschaft und Neoliberalismus. Das ist wahrscheinlich das, was man dazu sagen kann.
Das ist sicherlich nicht die Lösung unserer Probleme, die wir in Berlin haben. Das ist sehr plakativ genannt und aus meiner Sicht auch nicht der zielführende Ansatz.
Was mich auch bewegt, ist diese etwas unseriöse Diskussion, die sie führen:
Alle Erfolge sind irgendwie von Gott gegeben, aber die haben nie etwas mit der Regierung und der SPD und allen Regierungsparteien zu tun.
Das ist doch illegitim, was Sie da machen! Und ersatzweise ist das bei den Linken noch so: Die Erfolge, die Berlin hat, haben noch mit Herrn Wolf zu tun, der schon fünf Jahre nicht mehr im Amt ist.
Das kann ja nicht ernsthaft der richtige Ansatz sein, den Sie da verfolgen!
Ansonsten ist es natürlich so, dass wir zum Thema Forschungspolitik sagen können, dass es in den Haushaltsberatungen gelungen ist, die notwendigen Finanzierungen für den Forschungsstandort Berlin zu sichern. Berlin hat eine vielfältige Forschungslandschaft und ist in den letzten Jahren durch die richtigen flankierenden Maßnahmen auch stetig gewachsen. In Berlin gibt es 70 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Diese Zahl ist auch in den letzten zwei Jahren wieder leicht gestiegen. Das bedeutet übrigens auch, dass rund 27 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt in dem Zusammenhang geschaffen wurden. Das zeigt: Forschungspolitik hat einen beschäftigungspolitischen Effekt, der für Berlin sehr wichtig ist.
Nach Berechnung der Technologiestiftung steht einer Landeszuwendung von 1 Euro an Grundfinanzierungsmitteln eine Bruttowertschöpfung von 10 Euro gegenüber.
Nicht zu vergessen ist auch: Ein lebendiges und kompetentes Forschungsumfeld zieht auch Start-up-Unternehmen an – das haben auch schon einige Kollegen hier angesprochen. In dem Bereich ist Berlin sehr gut aufgestellt. Viele Start-up-Unternehmen, die die Vorzüge der boomenden Stadt Berlin schätzen, sind hier angesiedelt. Gerade in den Bereichen Pharma, Medizin und IT trifft das zu, und da sind wir deutschlandweit führend. Auch das zeigt: Wir haben die Wichtigkeit der Berliner Forschungslandschaft erkannt und die richtigen flankierenden Maßnahmen ergriffen, um diesen Prozess weiter positiv zu begleiten und die richtigen Initiativen zu ergreifen.
(Senatorin Cornelia Yzer)
Es ist uns auch im Doppelhaushalt 2016/2017 gelungen, die notwendigen Mittel zu etatisieren. Auch diesmal ist es gelungen, beispielsweise die Grundsicherung für das Forum Transregionale Studien, die Fortführung der Projektfinanzierung am Heinrich-Hertz-Institut zu sichern, das IFAF abzusichern und viele andere Institute und Projekte ebenfalls mit finanziellen Mitteln auszustatten. Natürlich: Nicht alles, was wünschenswert ist, konnte durchfinanziert werden, aber wir haben hier die richtigen und zukunftsweisenden Parameter gesetzt.
Forschung ist für uns ein wichtiger Standortfaktor, und das spiegelt sich im Doppelhaushalt wider. Damit wird der Forschungsstandort ein Innovationsmotor für Berlin und Brandenburg und auch für Deutschland, und damit ist es eine wichtige Grundlage für die Verstetigung des Berliner Wirtschaftswachstums.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lauer! Es ist immer sehr erfrischend, wenn Sie hier reden. Das hat auch immer so einen leichten Kabarettcharakter. Ich werde das jetzt wieder auf die Sachebene herunterbrechen: Wir sprechen heute auf Wunsch Ihrer Fraktion zum Thema Pfefferspray. Grundsätzlich gilt natürlich, dass der Einsatz von Pfefferspray gesetzlich geregelt ist. Der Senator hat im übrigens 2013 im Rahmen einer Kleinen Anfrage zu dem Themenkomplex Stellung bezogen. Es wurden die rechtlichen Grundlagen erläutert, die Befugnisse des Einsatzes dargestellt und die Häufigkeit und Art der Einsätze offengelegt. Dargestellt wurde auch, dass ein verantwortungsvoller und streng regulierter Umgang als Teil der Führungs- und Einsatzmittel gewährleistet ist.
Das Pfefferspray dient den Polizeikräften als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und ist die unterste Schwelle in der Verwendung von Zwangsmitteln. Es gilt immer auch der Leitsatz der Verhältnismäßigkeit, um polizeiliche Maßnahmen durchzusetzen. Der Einsatz des Pfeffersprays wird auch vorab angekündigt. Diese Mittel kommen erst dann zum Einsatz, wenn andere Maßnahmen gegen Personen, die Straftaten begehen oder den öffentlichen Frieden stören, nicht zum Erfolg geführt haben. Ferner werden die Polizeikräfte in Bezug auf die rechtlichen Grundlagen des UZwG – das ist das Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte – ausgebildet. Diese Unterweisungen werden jährlich aufgefrischt. Darüber hinaus gibt es alle zwei Jahre Erste-Hilfe-Schulungen, in denen ebenfalls über die Wirkungsweise von Pfefferspray aufgeklärt wird.
Was heißt Referat? Ich musste mir auch anhören, was Ihr Kollege Lauer sagte! Ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, dass Pfefferspray völlig harmlos ist, und vielleicht lernen Sie auch noch was Neues, Kollege! – Gerade Menschen mit gesundheitlichen Vorbelastungen wie Asthmatiker oder Allergiker werden deutlich stärker in Mitleidenschaft gezogen als gesunde Menschen. Unter Rot-Rot wurde das früher übliche CS-Gas wegen der möglichen Krebsgefahr gegen Pfefferspray ausgetauscht. Sollte es in absehbarer Zukunft eine bessere Substanz geben, gehe ich davon aus, dass sie dann eingeführt und gegen das Pfefferspray ausgetauscht wird.
Ich möchte nicht verhehlen, dass es im Eifer des Gefechts Polizisten gibt, die Anweisungen überschreiten. Aber
Verstöße werden nicht unter den Tisch gekehrt – durch die individuelle Kennzeichnung der Polizeibeamten muss jeder – Sie haben das auch gefordert –, der sich nicht an die Vorschriften hält, damit rechnen, dass er zur Verantwortung gezogen wird.
Ja, so ist das, Herr Lauer! – Auch wird der Senat sicher prüfen, ob bei der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Verbesserungen vorzunehmen sind.
Die Frage der Füllmenge, die Sie angesprochen haben, ist nicht so zu bewerten, wie Sie das möchten: Beim Einsatz von Reizstoffsprühgeräten gilt die gesetzliche Grundlage, und diese orientiert sich nicht an Füllmengen. Ein Ausschluss von Reizstoffsprühgeräten über 50 Milliliter ist also nicht sinnhaft, und wir werden uns nicht an Ihrer Maßgabe orientieren können.
Die Anforderungen an die Polizei werden immer höher, und wir geben ihr immer weniger Mittel an die Hand. Wir alle wissen: Die Polizei soll das Versammlungsrecht gewährleisten. Sie soll gerade bei Demonstrationen von Rechtsradikalen die Strecke vorher bekanntgeben – wir kennen diese Diskussion ja aus dem Innenausschuss –, und die Gegendemonstrationen sollen zugelassen werden. Sie soll deeskalieren und Demonstrationen so lenken, dass alle ihre Meinung kundtun können und niemand zu Schaden kommt. – Dies gelingt der Berliner Polizei sehr gut; ich glaube, man kann das in diesem Haus einvernehmlich feststellen.
Die überwiegende Zahl von Demonstrationen in Berlin – das übrigens nicht nur deutsche Hauptstadt, sondern auch Hauptstadt der Demonstrationen ist – verläuft reibungslos und vonseiten der Polizei professionell und routiniert. Um dies jedoch zu gewährleisten, benötigt die Polizei die notwenigen Mittel. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass der früher öfter vorkommende Einsatz des Schlagstocks als alternative Möglichkeit ein deutlich höheres Verletzungsrisiko für die Betroffenen nach sich zieht.
Auch sollte erwähnt werden, dass Pfefferspray bisher keine längerfristigen Schäden verursacht hat. Außerdem ist der Einsatz von Pfefferspray in den Jahren 2011 bis 2014 – das sollten Sie auch wissen – leicht rückgängig. Wer jedoch meint, es könne auf Pfefferspray verzichtet werden, der muss dann auch erklären, wie Polizisten Übergriffe abwehren sollen, ohne den Angreifer schwer zu verletzen oder selbst verletzt zu werden.
Ihre Forderungen sind daher nicht realistisch. Vielmehr stellt der Antrag der Opposition die Polizei erneut unter den Generalverdacht, in vielen Fällen unverhältnismäßig zu reagieren.
Es ist mir klar, dass Sie das nicht hören möchten! – Ihr Antrag wird auch hier den Leistungen der Berliner Polizei nicht gerecht und muss zurückgewiesen werden. Die Sichtweise, dass Demonstranten immer recht haben und die Polizei unrecht, ist nicht akzeptabel. Daran wird sich auch der Einsatz von Zwangsmitteln nicht orientieren können.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Hämmerling! Ich habe Ihnen, glaube ich, schon vor einem knappen Jahr bestätigt, dass ich Ihre Argumente als ehrenwert betrachte. Allerdings sind viele Ihrer Argumente, die Sie auch heute wieder vorgetragen haben, nicht der Wahrheit letzter Schluss. Sie sehen das aus einer sehr subjektiven Sichtweise. Das kann ich auch verstehen, das ist ein emotional aufgeladenes Thema. Aber wir diskutieren darüber, was das Beste für die Forschung und auch das Beste für die Wissenschaft und den Standort in Berlin ist! Ich denke, Anlass der heutigen Diskussion ist vor allem noch mal die Frage des neuen Gebäudes, das für die Charité zum Thema Tierexperimente errichtet wird.
Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren schon alle wichtigen Dinge zu dem Für und Wider von Tierversuchen erörtert. Aber wenn es sein muss, werden wir es heute noch ein weiteres Mal machen. Ich befürchte, es wird auch nicht das letzte Mal sein, nur der Gehalt an neuen Informationen, das muss man ehrlicherweise sagen, die wir uns gegenseitig zuwerfen, dürfte überschaubar sein.
Ganz locker bleiben! – Richtig ist, dass es durch den Neubau zu einer Ausweitung der Gesamtkapazität an möglichen Tierversuchen kommt. Jedoch daraus platt zu schließen, dass es durch den Neubau zu einer Ausweitung von Tierversuchen kommt, greift zu kurz.
Die Ursache und Wirkung müssen wir im Auge behalten. Vielleicht liegt es auch ganz einfach daran, dass der Bereich der Biotechnologie und die dazugehörige Forschung in Berlin wachsen. Da sind wir uns, hoffentlich, alle einig. Das ist auch gut so.
Jedoch kommt die Forschung bezogen auf die Gesamtforschung im Verhältnis zu Tierversuchen mit immer weniger Tierexperimenten aus.
Mit immer weniger Tieren können mehr Experimente durchgeführt werden, und zum Teil kann auch auf Tierexperimente verzichtet werden.
Eine wichtige Aussage ist außerdem: Pro Forscher nimmt die Anzahl der Tierexperimente ab. Auch dies ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass in der Forschung sehr
seriös mit dem Thema Tierversuche umgegangen wird. Wer sich intensiver mit dem Neubau beschäftigt hat, der weiß auch: Es werden dort Methoden angewandt, die es erlauben, mit weniger Tieren mehr Experimente durchzuführen.
Es handelt sich also genau um das Gegenteil der befürchteten Ausweitung von Tierexperimenten. Es handelt sich im Kern um das, was auch Tierschützer anmahnen: eine Verbesserung der Bedingungen für Tierexperimente im Sinne von Tierschützern bis hin zu der bemängelten Praxis. Übrigens steigen, absolut gesehen, auch die Zahlen für Alternativmethoden.
Zu Ihrem Antrag bezüglich der Studiengänge: Natürlich kann man über alles reden. Wir werden jedoch nicht von dem Zuweisungsmodell abweichen. Das bedeutet also, wenn die Nachfrage nach derartigen Studiengängen nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist, dann werden wir dies auch nicht machen. Und in die Curricula bestehender Studiengänge werden wir auch nicht eingreifen. Wenn vor einigen Wochen vier Nobelpreisträger und über 150 Patienten und Forschungsorganisationen davor gewarnt haben, auf Tierversuche zu verzichten, dann ist das wohl auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir mit Alternativmethoden allein zurzeit noch keine Lösung für die Fragestellung der Forschung haben. Es bleibt auch weiterhin in der Sache so, dass Tierversuche zurzeit nicht komplett ersetzbar sind, aber keine Forschungseinrichtung führt Tierversuche durch, um Tiere zu quälen und zu töten.
Nein, ich möchte das hier zu Ende bringen. – Die Kosten für Tierversuche sind hoch, und der bürokratische Aufwand ist nicht zu vernachlässigen. Ansonsten sind wir, glaube ich, alle der Überzeugung: Tierversuche müssen auf ein notwendiges Mindestmaß begrenzt werden. Dies ist auch der Beschluss aus dem letzten Jahr, den wir gemeinsam gefasst haben. – Insofern ist alles gesagt worden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über das Thema Einwanderungsgesetz. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie in Ihrem Redebeitrag den Themenkomplex Asyl und den Themenkomplex Einwanderung zumindest teilweise und bis zu einem gewissen Punkt auseinandergehalten haben. Man muss das genau trennen und darf es nicht in einen Topf werfen. Zum Schluss sind Sie dann doch noch in die Richtung tendiert: Ich werfe das mal in einen Topf, und dann gucken wir, was dabei herauskommt.
Wir diskutieren doch seit Monaten in diesem Land über die Frage der Einwanderung. Die Debatte wird geführt. Sie wird sehr offensiv geführt, und wir haben auf Bundesebene auch schon vieles getan, gerade in Anbetracht der SPD-Mitgliedschaft in der Bundesregierung. Ich kann Ihnen aber grundsätzlich sagen, dass auch wir der Meinung sind, dass das Gesetz zum Thema Einwanderung novelliert werden muss.
Wir diskutieren den Themenkomplex heute auf Ihre Initiative hin. Das Problem Ihres Antrages ist, dass er sehr kleinteilig ist. Er ist vielleicht gut gemeint, aber er ist sehr kleinteilig. Ich denke – und da spreche ich, glaube ich, im Namen meiner Fraktion –, dass es um ein für Deutschland wichtiges Zukunftsthema geht. Um welche Fragestellung geht es hier? – Es geht um den Abbau von diskriminierenden und bürokratischen Hürden bei den Vorschriften zur Arbeitsmigration. Es geht auch um die Erleichterung beim Wechsel des aufenthaltsrechtlichen Status – sofern die Einwanderungskriterien erfüllt sind. Es geht natürlich auch um den Ausbau von Integrations- und Teilhabemöglichkeiten, nicht zuletzt auch um die Zulassung von Mehrstaatlichkeit.
Im Januar haben wir unsere Fraktionsklausur durchgeführt und dazu fortschrittliche Beschlüsse getroffen. Unsere Senatsmitglieder Michael Müller und Dilek Kolat arbeiten sehr intensiv an diesem Themenkomplex. Ich
(Canan Bayram)
will aber attestieren, dass es auch in der CDU fortschrittliche Kräfte zu dem Themenkomplex gibt. Anfang März hat der Generalsekretär der CDU, Herr Tauber, erklärt, Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz. Auch ihm geht es, davon gehe ich mal aus, um Menschen, die zu uns kommen, und um deren Integrationsfähigkeit. Da rufe ich ihm zu: Sehr gut, Problem erkannt! Nun sollte endlich auch etwas auf den Weg gebracht werden.
Leider gibt es aber auch in der CDU Leute, die auf der Bremse stehen. Wir werden sehen, wie sich die CDU im Land Berlin dazu bewegt.
Der Fortschritt im Bereich des Optionsmodells ist der SPD zu verdanken. Dies verbessert die Lage der hier geborenen Jugendlichen. Es ist Sigmar Gabriel und der SPD-Bundestagsfraktion zu danken, dass es so weit gekommen ist.
An diesem Thema entscheidet sich auch, ob eine Partei eine moderne Großstadtpartei ist oder nicht. Wir können es uns jedenfalls nicht leisten, auf eine gut strukturierte Einwanderungskultur zu verzichten.
Der demografische Wandel stellt uns vor immense Herausforderungen. Laut der vorliegenden Prognosen werden wir in den nächsten zwei Jahrzehnten eine Lücke von 8,5 Millionen Erwerbstätigen haben. Das muss man bedenken und in seine Überlegungen mit einbeziehen. Auch heute schon profitieren wir von den Zuwanderungsströmen qualifizierter Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Wir müssen daher unsere Einwanderungspolitik weiterdenken. Also: Wie können wir den Standort Deutschland für gut ausgebildete Fachkräfte weiterhin attraktiv gestalten? Wie kann Einwanderung für diese Menschen erleichtert werden? Welche Voraussetzungen müssen wir für Einwanderung beibehalten, welche Hürden können wir abbauen?
Zusammenfassend sei hier gesagt: Berlin besitzt in dieser Frage eine Vorreiterfunktion. In der jetzigen Situation, das muss man allerdings auch attestieren, ist auf Landes- und Bundesebene nicht mehr möglich. Aus unserer Sicht ist der vorliegende Antrag aufgrund seiner Kleinteiligkeit nicht zustimmungsfähig. Wir werden in den Ausschüssen sicherlich weiter darüber beraten. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Hämmerling! Ja, ich nehme Ihnen die Empathie ab, die Sie zu diesem Themenkomplex an den Tag legen. Ich finde, Sie haben da auch sehr wohl eine klare Meinung. Man kann sicherlich auch über diese Ideen, die Sie an uns herantragen, diskutieren.
Aber ich finde es schon etwas schwierig, wenn Sie diese Fragestellung, die Sie gerade bewegt haben, aus Tübingen hier hereinbringen. Sie haben das, glaube ich, der „Stern“-Berichterstattung der letzten Woche entnommen. Sie haben wahrscheinlich auch gestern den Beitrag gesehen. Das halte ich jetzt für nicht so legitim, weil es auch da gegensätzliche Meinungen gibt. Da gibt es eine Tierschützerin, die genau in diesem Bereich arbeitet, die sagt: In dem Bereich in Tübingen ist nichts passiert, was hätte nicht passieren dürfen. – Das ist aus meiner Sicht in der Form gar nicht in Ordnung gewesen, dass das so von Ihnen benannt wird.
Ich glaube aber, eines ist ganz klar: Wenn wir über Tierversuche reden, wenn wir überhaupt über Tiere reden, dann ist das eine andere Geschichte, als man das noch vor Jahrzehnten gemacht hat. Es gibt eine andere emotionale Bindung zu Tieren. Das ist nicht ganz einfach, diese Fragestellung so zu bewegen. Wir alle wollen natürlich nicht Tiere leiden sehen.
Aber ich finde es auch gut, dass der Ersetzungsantrag im Endeffekt das, was Sie auch wollen, mit aufgreift und dass es letztlich ein konsensualer Vorschlag ist. Dass das aber für den einen oder anderen, gerade auch für Sie, Frau Hämmerling, vielleicht nicht weitgehend genug ist, das kann ich zwar nachvollziehen, aber wir müssen ja insgesamt sehen, wie wir diese Forschungshauptstadt stärken. Daher möchte ich einige grundsätzliche Anmerkungen zum Thema forschungspolitischer Sichtweisen zum Thema Tierversuche machen.
Wir sind uns, glaube ich, hier in diesem Haus alle einig, dass die Erfolge moderner Medizin ohne Tierversuche so nicht denkbar wären. Man muss sicherlich auch unterscheiden zwischen Grundlagenforschung, wie sie z. B. am Max-Delbrück-Centrum angewendet wird, und der angewandten Forschung. Bei der Grundlagenforschung geht es in der Tat darum, dass nach einiger Zeit möglichst viele neue Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten gefunden werden. Aus meiner Sicht – und ich glaube, da spreche ich auch im Namen meiner Fraktion – sind Tierversuche im jetzigen Stadium leider nicht vollständig ersetzbar. Und was man auch sehen muss: Tierversuche
sind ja nicht so, dass man sagen könnte, die Zentren, die das anwenden, machen das für wenig Geld. Tierversuche sind auch teuer. Ich kann mir vorstellen, jeder Forscher, jede Einrichtung würde, wenn es denn ginge, auch darauf verzichten wollen.
Wer jedoch einen starken Forschungsstandort im Bereich der Pharmazie und der Biotechnologie in Berlin möchte, der darf Wissenschaftler und auch deren Institute nicht diskreditieren, mit Überschriften, die leider nur Halbwahrheiten und manchmal auch Unwahrheiten beinhalten. Ich schließe mich hier auch den Äußerungen von Professor Stock an. Ich zitiere einmal:
Ordnungsgemäße, nach wissenschaftlichen Kriterien geplante Tierversuche dürfen nicht als Tierquälerei verunglimpft werden.
Ich habe in den letzten Jahren viele Wissenschaftler und Forscher kennengelernt, die sehr bedachtsam und verantwortungsvoll mit diesem Themenkomplex umgegangen sind. Und ehrlich gesagt, ich denke, alle verantwortungsvollen Forscher werden sich hinter den Aussagen unserer Beschlussempfehlung versammeln können.
Abschließend sei gesagt: Ich freue mich, dass Berlin ein anerkannter Standort von Forschung ist. Diesen gilt es auszubauen. Natürlich ist es gut, dass wir auch in Berlin ein Signal dafür setzen, dass wir uns dazu bekennen: Alternativmethoden zu Tierversuchen sollen gefördert werden und den Forschungsstandort Berlin stärken. – Herzlichen Dank!
Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die Zeitungsmeldungen über die Verwaltung von Forschungsmitteln an der Charité? Welche Maßnahmen sind aus Sicht des Senats zu diesem Themenkomplex zu ergreifen?
Vielen Dank, Herr Nevermann! – Ich habe noch eine Nachfrage: Gehen Sie nicht auch davon aus, dass ein Aufsichtsrat auch eine Holschuld in dieser Fragestellung hat und dass da möglicherweise die Kontrolle in den letzten Jahren eher überschaubar stattgefunden hat?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema könnte man inzwischen als Evergreen bezeichnen. Wir sind von der Opposition ja schon mehrfach im Ausschuss und auch hier im Plenum damit konfrontiert worden. Es gibt allerdings keine neuen Argumente. Trotzdem möchte ich zusammenfassend kurz erläutern, was bei den Themen kriminalitätsbelastete Orte und verdachtsunabhängige Kontrollen zu beachten ist. Ich gehe davon aus, dass die Polizei – – Das haben Sie schon angesprochen. Kontrolle ist gut, aber sie kommt im Zweifelsfall auch danach. Ich glaube, wir werden keine leichtfertigen Kategorisierungen vornehmen, denn das Entscheidende ist Folgendes: Die Polizei erklärt einen kriminalitätsbelasteten Ort nicht aufgrund der Luft oder des Wassers, sondern ein Ort wird so benannt, wenn dort über
eine längere Zeit eine höhere Kriminalitätsbelastung vorliegt.
Nein! Ich habe ja gerade erst angefangen. Vielleicht nachher!
Die Stigmatisierung der Orte ist auch ein Punkt. Ich finde, wir müssen uns ernsthaft mit dem auseinandersetzen, was wir gesagt haben. Sie machen es sich als Opposition immer relativ einfach, indem Sie sagen: Die Regierungsfraktionen nehmen unsere Argumente nicht ernst. – Nein! Wir nehmen Ihre Argumente ernst, aber wir werten und gewichten sie, und wir kommen eben zu einer anderen Gewichtung als Sie.
Ich glaube auch, man darf, wenn man über kriminalitätsbelastete Orte redet, nicht das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung vernachlässigen.
Ich denke, verdeckte Maßnahmen machen polizeitaktisch Sinn. Deswegen unterstützen wir sie in Zukunft ohne Weiteres, bis es irgendwann vielleicht einmal zu einer Situation kommt, in der wir sagen, dass andere Maßnahmen ergriffen werden können. Aus meiner Sicht ist es auch wichtig zu sehen, dass sich die Polizei damit ernsthaft auseinandersetzt. Straftaten würden sich bei Bekanntgabe zudem möglicherweise in andere Bereiche verlagern. Der Vorteil bei dieser Geschichte ist eben, dass möglicherweise Straftaten so besser verfolgt werden können, als wenn sie sich woanders hin verlagern würden.
Zu den verdachtsunabhängigen Maßnahmen und Kontrollen möchte ich auch noch einige Ausführungen machen. Die Einzelmaßnahme unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das muss berücksichtigt werden. Es geht um eine Verhältnismäßigkeit und nicht um Willkür. Personen, die von vornherein in keiner Weise und unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten infrage kommen, zählen nicht zum Adressatenkreis. Jede betroffene Einzelperson kann eine uneingeschränkte gerichtliche Kontrolle veranlassen. Insofern haben Sie dann auch die Kontrollrechte und die Möglichkeiten der Überprüfung.
Das ist ja heute bei der Hitze gar nicht so einfach, richtig zu folgen. – Noch etwas möchte ich zu diesem Thema klar und deutlich sagen: Sie versuchen nach Wochen und Monaten, in denen wir darüber diskutiert haben, die Sache in den Bereich des Racial-Profilings zu schieben. Das weisen wir ausdrücklich zurück.
Es gibt in Berlin kein Racial-Profiling, und es wird keins geben, denn es verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und gegen das Grundgesetz. Insofern weisen wir das zurück. Wir bitten Sie auch, in dieser Fragestellung etwas vorsichtiger zu sein, denn indirekt unterstellen Sie damit der Polizei Rassismus. Das muss scharf zurückgewiesen werden.
Insofern werden Sie sicher nicht überrascht sein, dass wir dem Antrag, den Sie heute eingebracht haben, ein klares Nein entgegensetzen.
Ja!
Das ist mir nicht klar, da ich davon ausgehe, dass die Polizei im Land Berlin gut geschult ist, die notwendigen Maßnahmen ergreift und das notwendige Augenmaß in diesen Fragen hat.
Hitzefrei? Ich weiß nicht. Vielleicht hat er es sich verdient. Ich finde es auch eine positive Grundeinstellung, dass wir uns gegenseitig Intelligenz unterstellen.
Ich möchte allerdings noch klar sagen, dass Sie mich im Ausschuss entweder falsch verstanden haben oder falsch verstehen wollten. Es ging gar nicht darum, ob mich das interessiert oder nicht interessiert. Ich habe einfach eine Güterabwägung vorgenommen und gesagt, dass es nicht sinnvoll ist, wenn sich jeder in diese Diskussion einmischt, vom Politiker über den Bürger bis zu allen anderen Personen. Das war eine Einlassung und nicht eine Frage des Interesses oder Nicht-Interesses. Ich glaube auch nicht, dass es uns weiterführt, wenn wir uns immer unterschwellig irgendetwas unterstellen. Natürlich ist das ein rhetorischer Trick, den Sie hier anwenden, so zu tun, als hätten Sie nicht Racial-Profiling gesagt, sondern es nur als Gefahr gegenüber der Berliner Polizei aufgestellt, für die Berliner Polizei eine Art Interesse bezüglich dieser Frage zu bekunden, dass dort nichts passiert. Wenn Sie diesen Begriff einführen, müssen Sie ihn auch durchgehend deklinieren. Das heißt, dass Sie der Polizei schon unterstellen, dass sie Racial-Profiling durchführt. Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich, ich glaube nicht, dass die Berliner Polizei in der Gesamtheit – da sind wir bei Ihren 99 Prozent, die Sie in Ihrem Redebeitrag erwähnt haben – Racial-Profiling durchführt. Aber wenn das eine Prozent möglicherweise so etwas macht, ist es natürlich Aufgabe des Polizeipräsidenten und der Innenverwaltung, dagegen eindeutig vorzugehen.
Ich kann Ihnen aber eindeutig sagen, dass wir uns als Sozialdemokraten verwahren werden, dass solche Maßnahmen wie Racial-Profiling in Berlin durchgeführt werden. Wenn es zu einem Missbrauch kommt, wird er geahndet, und dann kann man zu dieser Fragestellung reden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade wieder eine Melange von Vorurteilen von Herrn Lauer gehört.
Ja, Vorurteile! Sie haben uns gegenüber mit dem Vorwurf der Vorurteile gearbeitet, und ich sage, Sie haben Vorurteile gegenüber all dem, was an Kontrollmaßnahmen möglicherweise stattfindet. Sie haben auch wieder etwas durcheinander gebracht: Es geht bei der Fragestellung eben nicht um Racial Profiling, sondern um andere Fragen.
Aber ich fange mit dem Gesamtkontext an: Wir haben schon im Innenausschuss das Thema intensiv besprochen. Wir hatten dafür auch extra eine Sondersitzung angesetzt. Ich gebe zu, dass es aus populärpolitischen Gründen sicherlich Freude macht und vielleicht auch interessant wäre, diese Frage breit zu diskutieren und zu wissen, welcher Standort gerade kriminalitätsbelastet ist. Aber das kann nicht Maßgabe und Leitlinie der Politik sein. Weder im Ausschuss noch heute ist mir in einer Güterabwägung klar gemacht worden, welche Vorteile die Veröffentlichung der kriminalitätsbelasteten Orten haben sollte. Im Gegenteil, aus meiner Sicht überwiegen die Nachteile, aber dazu später mehr.
Um was geht es in dieser Fragestellung eigentlich? – Es geht um nachgewiesene kriminalitätsbelastete Orte in
Berlin. Hier bedarf es eines konkreten Einzelverdachtes, es wird jedoch nicht auf eine bestimmte Person oder einen bestimmten Anlass abgestellt. Die Zulässigkeit dieser Orte hängt ausschließlich davon ab, ob die entsprechende Kriminalitätsbelastung konkret nachgewiesen ist oder nicht. Es ist nicht so, wie Sie sagen, dass es im Belieben einer Polizeidirektion oder eines einzelnen Polizisten liegen könnte.
Im Augenblick nicht! Ich möchte meinen Vortrag fortsetzen.
Ja, ist ja gut! Dann nehmen Sie sich mal an Ihren eigenen Kollegen ein Beispiel. – Wichtig ist auch zu wissen, dass eine solche Örtlichkeit als einheitliche Szene dargestellt wird. Die Zulässigkeit dieser Maßnahme hängt also ausschließlich davon ab, ob es eine entsprechende Kriminalitätsbelastung gibt und ob diese nachgewiesen ist.
Welche Gründe sprechen nun gegen eine Offenlegung dieser Orte? – Das Sicherheitsgefühl der Anlieger könnte negativ beeinflusst werden. Hier sei das Stichwort Panikmache erwähnt. Einzelne Orte würden auch stigmatisiert werden. Täter sollen nicht gewarnt sein, denn das würde dazu führen, dass Straftaten in anderen Gebieten ausweichend begangen werden könnten und damit auch die Verfolgung der Straftaten schwieriger werden würde. Wem wäre auch damit geholfen, wenn Medien, Anwohner und nicht zuletzt wir Politiker in eine Diskussion einträten, ob es sich bei einzelnen Orten um kriminalitätsbelastete Orte handelt?
Zu guter Letzt, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition: Sie wollen mit Ihren Äußerungen implizieren, es würde sich in dieser Frage um das gleiche Thema wie in Hamburg handeln – um Gefahrenzonen, die scheinbar willkürlich größere Stadtbereiche umfassen und polizeiliche Maßnahmen größeren Ausmaßes erlauben.
Das ist falsch, und das muss hier deutlich gesagt werden. Mit Gefahrenzonen à la Hamburg hat der heute zu erörternde Sachzusammenhang nichts, aber auch gar nichts zu tun.
(Christopher Lauer)
Schlussendlich ist zu sagen: Der von Ihnen eingebrachte Antrag ist aus den genannten Gründen und in der politischen Güterabwägung für uns so nicht annehmbar.
Das ist heute ein Highlight der Parlamentskultur.
Sie unterstellen mir, ich würde nicht zuhören. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie hören leider nicht so richtig zu.
Die Gründe, warum es so ist, habe ich Ihnen ja genannt.
Wenn Sie vorhin zugehört hätten, Herr Höfinghoff, dann wüssten Sie, was ich gesagt habe.
Das ist Ihre Meinung, und die können Sie für sich behalten! Aber das ist auch egal.
Ja, genau! Sie sind am Parlamentieren, da haben Sie genau recht!
Fakt ist: Es geht um vorausschauende Kriminalitätsbekämpfung, und das kann man nicht in einen Sack mit allen anderen Fragestellungen, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, stecken. Es ist eine andere Situation als in Hamburg. Wir sagen ganz klar: Es geht um Kriminalitätsbekämpfung schon im Vorfeld, und die Rechte, die die Polizei hat und die Sie immer als Willkür bezeichnen – da geht es überhaupt nicht darum, ob ich Parlamentarier oder Mitglied im Innenausschuss bin. Es geht darum, dass Sie grundsätzlich ein Misstrauen gegen Sicherheitsorgane haben, und das müssen Sie endlich einmal benennen!
Wir machen das umgekehrt. Wir haben ein anderes Weltbild, und damit müssen Sie leben. Sie müssen auch andere akzeptieren, die ein anderes Weltbild haben. Wir haben erst einmal grundsätzlich Vertrauen in die Sicherheitsorgane und kontrollieren dann nachträglich. Sie wollen an dieser Stelle doch eigentlich nur populärpolitisch mitreden, und das bringt uns keinen Punkt weiter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute wieder ein Thema – Herr Behrendt hat wieder einmal den idealtypischen Politikansatz herausgeholt, wie man sich ihn so vorstellt, den wir grundsätzlich nicht neu diskutieren. Es ist schon in der Vergangenheit des Öfteren in diesem Haus zu der Thematik diskutiert worden. Da ging es um die Frage der Besetzung von landeseigenen Betrieben und anderen. Heute wird wieder durch die Opposition, vor allem die Grünen, versucht, dieses Thema auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen.
Neben dem populistischen Versuch, hier ein Thema zu besetzen, müssen wir jedoch im Auge behalten, wie praktikabel die Vorschläge sind, die gemacht wurden. Natürlich – kein Thema: Auch uns geht der Fall Pofalla/Deutsche Bahn auf Bundesebene auf den Geist, hat uns nicht erfreut. Und ja: Das hat immer die Vermutung eines gewissen Geschmäckles. Auch wir Sozialdemokraten stehen natürlich für eine Abkühlphase zwischen einem politischen Amt und dem Übergang in die Privatwirtschaft oder einem Betrieb, der dem Land oder dem Bund gehört. Aber es ist auch klar: Wir wollen Interessenkollisionen verhindern. Aber es muss auch beachtet werden, wenn wir qualifizierte Frauen und Männer für administrative Aufgaben in den Regierungen gewinnen wollen: Das hauptamtliche Engagement ist oftmals nur ein zeitweiliger Abschnitt und daher auch ein Bruch in der Erwerbsbiografie. Daraus folgt: Eine Rückkehr in den Job darf hier nicht unverhältnismäßig erschwert werden.
Kleiner Nebenaspekt übrigens: Wie ist es denn mit freiberuflich tätigen Kollegen, die möglicherweise Mandat und berufliche Tätigkeit verquicken? Das soll ja schon mal vorkommen. Hier besteht ein ähnlicher Vorgang. Dazu wird jedoch im gesamten Themenkomplex nichts gesagt oder geschrieben.
Aber weiter im Kontext des Entwurfs! Natürlich kann man sich vorstellen, dass wir gemeinsam konstruktiv über den vor Ihnen vorgeschlagenen Weg diskutieren, jedoch muss berücksichtigt werden, dass es hier nicht zu einem verkappten Berufsverbot kommt.
Die grundgesetzliche Basis muss erfüllt sein. Für die Karenzzeit müsste geklärt sein, dass der Ausfall an Vergütung erstattet wird. Insofern ist klar: Je früher eine neue Beschäftigung aufgenommen wird, desto mehr werden auch die Haushalte entlastet, da es zu einer Reduzierung der Versorgungsansprüche kommt.
Um noch einmal auf das eingangs Gesagte zurückzukommen: Je länger ein Karenzzeitraum gewählt wird, desto unattraktiver scheint die Übernahme eines Regierungsamtes, aber wir wollen ja eigentlich die Besten für Politik und Verwaltung gewinnen.
(Dirk Behrendt)
Und es sei auch hier erwähnt: Eine Prüfung hinsichtlich des Grundrechts auf Berufsfreiheit ist schwierig. Ich möchte jedoch – mit Erlaubnis des Präsidenten – kurz noch etwas zitieren, es ist ein Zitat des politischen Geschäftsführers der Piratenpartei Deutschland,
sehr aktuell, vom 16. Januar: Die „Einführung von Karenzzeiten von ein bis drei Jahren“ sowie „die Einführung eines Bundesbeauftragten für Ethik und gegen Korruption“ sowie ein Ethikrat werden gefordert, um „die schlechte moralische Verfasstheit des Parlaments und die Integrität unserer heutigen Mandats- und Amtsträger dringend etwas“ anzuheben – so gesagt von Björn Niklas Semrau.
Diese Äußerungen sind in der Sache nicht dienlich. Daran sieht man, welche Denkweisen teilweise vorherrschen. Wie kann man pauschal eine moralisch miese Verfasstheit der Parlamente unterstellen
und sich dann wundern, wenn diese in der Bevölkerung schlecht angesehen sind? Das sind self-fulfilling prophecies. Ich jedenfalls habe in vielen Jahren sehr redliche Menschen auf den verschiedenen Ebenen der Politik kennengelernt. Denen ging es nicht um persönliche Vorteilsnahme.
Seien Sie doch nicht so aufgeregt, wenn man Ihnen die Wahrheit sagt!
Lassen Sie uns daher schauen, welche Regelungen auf Bundesebene beschlossen werden, und diese dann möglicherweise übernehmen. Eine Regelung wird auf Bundesebene kommen, da bin ich mir relativ sicher. Ob das dann 18 oder zwölf Monate sein werden, das wird man sehen. Wir werden das hier auch weiterdiskutieren. Aber so, wie der Entwurf hier eingebracht wurde, ist er für uns nicht zustimmungsfähig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte als Erstes noch einmal kurz auf Frau Matuschek eingehen. Berlin ist eine Erfolgsgeschichte, sagen Sie, und können das nicht ernst nehmen. Ich denke, wir können sehr wohl darauf stolz sein, was wir in den letzten Jahren in der Wirtschaftspolitik erreicht haben. Man kann sich nicht immer die Rosinen heraussuchen. Sie sagen immer grundsätzlich: Jeder Erfolg dieser Regierung ist Zufall, und wenn es dann doch mal irgendetwas anderes ist, dann ist es eben Glück – wie auch immer. Jedenfalls kann die Regierung Ihnen das nicht recht machen.
Ich kann Ihnen nur sagen, das ist hier das typische Oppositionsgehabe, das wir den ganzen Tag erlebt haben: Berlin macht irgendetwas, die Regierung macht es falsch, die Regierungsparteien machen es falsch und die Opposition hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Sorry!
Aber festzuhalten bleibt doch, ich rede hier vor allem zum Thema Forschungspolitik, dass Berlin ein anerkannter Forschungsstandort ist, der auch international ausstrahlt. Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, ein Netzwerk für Forschung zu schaffen, das Wissenschaft, Industrie und Forschung vernetzt. Wir haben in Berlin eine vielfältige Forschungslandschaft geschaffen mit über 60 öffentlich finanzierten außerhochschulischen Forschungseinrichtungen. Ich finde, in den Haushaltsberatungen hat sich herauskristallisiert, dass wir den Haushalt im Forschungsbereich aufgewertet haben. Ich sage auch ganz klar: Nicht alles, was wünschenswert war und ist, ist auch in den Haushaltsberatungen realisiert worden. Aber vieles von dem, was wir uns vorgenommen haben, um die Forschung in dieser Stadt zu stärken, haben wir mit Erfolg umgesetzt. Ich sage nur: Heinrich-Hertz-Institut, Konrad-Zuse-Zentrum, und wir haben es auch geschafft, die Grundsicherung für das Forum Transregionale Studien abzusichern. Es bleibt festzuhalten: Forschung bleibt für Berlin ein wichtiger Standortfaktor!
Verbunden mit den positiven Effekten tragen unsere Überlegungen den Faktor Forschung in unserer Stadt in einen wichtigen Bereich hinein. Forschung schafft Arbeitsplätze, Forschung führt zu zusätzlichen Geldeinnahmen und Forschung führt dazu, dass wir Mittel einwerben, sogenannte Drittmittel. Die Themen, die wir setzen werden, sind E-Mobility, Smart-City und weitere neue
Technologien. Ich denke, der Doppelhaushalt 2014/2015 gibt uns die Chance, den Forschungsstandort Berlin zu stärken, zu verbessern und in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gründer und Start-ups sind für uns ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der auch die Dynamik der Stadt wiedergibt. Die Medien berichten zu Recht über den Gründerboom der Stadt Berlin. Daher ist es wichtig, dass wir dieses Thema heute zur Aktuellen Stunde gewählt haben.
Berlin ist die Gründerhauptstadt Deutschlands. Wir haben in dieser Stadt eine Gründerdynamik, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Seit dem Jahr 2006 haben wir Jahr für Jahr ein Plus von rund 8 Prozent Neugründungen. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg von 2011 auf 2012 um rund 2,5 Prozent. Das ist doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt. Forschungsinstitute gehen davon aus, dass wir bis 2020 pro Jahr einen Zuwachs von 3,1 Prozent an SV-pflichtigen Beschäftigungsverhältnissen haben werden. Daraus werden rund 430 000 neue Arbeitsplätze für Berlin resultieren. Der Anteil der Selbstständigen in der Hauptstadt beträgt 13,9 Prozent in Relation zu den Erwerbstätigen. Davon sind rund ein Drittel Frauen, und rund 20 Prozent der Selbstständigen haben einen Migrationshintergrund. Die sogenannten Gewerbeneuerrichtungen betrugen im Jahr 2012 126 je 10 000 Einwohner – ebenfalls der Spitzenplatz in Deutschland und auch weit vor dem Bundesdurchschnitt. In absoluten Zahlen bedeutet dies, rund 40 000 Unternehmen sind allein in diesem einem Jahr entstanden.
Was an dieser Zahl jedoch besonders erfreulich ist: Davon sind allein knapp 2 000 Unternehmen im Bereich der Informations- und Kommunikationsbranche tätig. Auch im Bereich des Start-up-Investitionskapitals belegen wir mit 133 Millionen Euro deutschlandweit den ersten Platz. Dies ist positiv. Wenn wir uns jedoch mit den Besten, zum Beispiel mit dem Silicon Valley, vergleichen, liegen wir hier noch ein Stück zurück. Dort beträgt das Investitionskapital rund 3 Milliarden Euro – Ansporn genug, dass wir hier noch mehr Kapital anwerben. Die Voraus
setzungen haben wir geschaffen und werden sie sukzessive weiter verbessern. Daraus kann man ableiten, dass Berlin durch die Start-ups in der Stadt einen wichtigen Impulsgeber für Wachstum und Beschäftigung besitzt.
Wie wichtig der Koalition die Gründer und Start-ups in der Stadt sind, kann man auch daran erkennen, dass wir in den Haushaltsberatungen ein neues Gründerzentrum errichten wollen, in der Nähe der FU, um eine enge Verzahnung zwischen Universitäten und Gründern zu ermöglichen. Wir wollen noch stärker werden, wenn es darum geht, dass Studenten zu Unternehmensgründern werden. In diesem Bereich wollen wir mit den großen Standorten weltweit konkurrenzfähig werden und sind es zum Teil auch schon.
In den Bereichen Talente, Infrastruktur, Kapital, Vernetzung und Außendarstellung, die sehr wichtig sind für Gründer, aber auch für eine positive Gründerkultur sowie für die Anziehungskraft der Stadt, sind wir in den letzten Jahren einen guten Weg gegangen. Dieser Weg hat uns zur Gründerhauptstadt Deutschlands gemacht und im europäischen Ranking weit nach vorne gebracht – Grund genug dafür, heute in der Aktuellen Stunde über die Gründer- und Start-up-Stadt Berlin zu reden und den Gründern in Berlin auch die damit verbundene Wertschätzung entgegenzubringen. Die Menschen, die eine gute Idee haben, sollen eingeladen werden, sich in Berlin selbstständig zu machen, um ihre Ideen zu verwirklichen. In diesem Sinne: Lassen Sie uns heute hierzu konstruktiv diskutieren!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist fast wie ein Déjà-vu, das ich heute habe. Nach knapp vier Wochen haben wir das Thema der Kennzeichnungspflicht wieder auf der Tagesordnung – sogar als Priorität der Piraten.
Wir haben den ursprünglichen Antrag der Piraten abgelehnt, weil wir keine Notwendigkeit für ein Gesetz gesehen haben. Daran hat sich auch nichts geändert. Die vorliegende Drucksache zielt nunmehr darauf ab, dass den Bürgerinnen und Bürgern Informationen zur Kennzeichnungspflicht online und offline bereitgestellt werden. Jede Veränderung soll zeitnah veröffentlicht werden. Sie, liebe Piraten, haben scheinbar einen Narren an diesem Thema gefressen, wobei uns die Dringlichkeit beziehungsweise auch Notwendigkeit der Anträge aus der jüngeren Vergangenheit nicht nachvollziehbar ist.
Wir unterstützen ganz grundsätzlich den Wunsch nach mehr Transparenz, möchten jedoch darauf hinweisen, dass Dienstvorschriften originär für den dienstlichen Gebrauch konzipiert sind und deren Einhaltung durch den Dienstherren überwacht und kontrolliert wird. Daraus folgt, über die freie Verfügbarkeit sollte der jeweilige Dienstherr entscheiden dürfen. Es würde auch die Kapazitäten jeder Plenar- oder Ausschusssitzung überschreiten, wenn wir über die Veröffentlichung existierender Dienstanweisungen des Landes Berlin entscheiden und diskutieren würden. Genauso abwegig ist es aber auch, einen Flickenteppich von veröffentlichten und nicht veröffentlichten Dienstanweisungen im Land Berlin entstehen zu lassen. Die Existenz der Kennzeichnungspflicht ist öffentlich bekannt und in den Medien und Parteien sehr transparent berichtet und diskutiert worden. So lässt sich auch keine Unkenntnis der Bürgerinnen und Bürger konstruieren. Wir – und auch die Berliner Polizei, der Innensenator, der Innenausschuss – sind in der Pflicht, auch weiterhin auf die Einhaltung der Kennzeichnungspflicht zu achten und diese kritisch zu begleiten. Alle Änderungen und Erfahrungen werden zu diesem Thema publiziert, auch die Protokolle unserer Ausschusssitzungen.
Und noch etwas: In erster Linie ist der Polizeipräsident für das Image der Berliner Polizei zuständig. Gerade bei diesem Thema – aber da wiederhole ich mich hinsichtlich der Rederunde der letzten Plenarsitzung – wird es kein Zurück geben. Das weiß der Polizeipräsident auch. Ich bin mir sicher, er wird in diesem Sinne handeln.
Ferner kann man attestieren: Die Berliner Polizei ist heute bereits bürgernah und als transparent einzustufen. Für die Fortentwicklung dieser Attribute ist der Polizeipräsi
dent verantwortlich. Aus dieser Verpflichtung entlassen wir ihn auch nicht, sind jedoch sicher, diesen Weg wird auch Herr Kandt beschreiten.
Übrigens: Die Geschäftsanweisung ZSE Nr. 2/2009 befindet sich veröffentlicht auf den Seiten von berlin.de. Ich will Ihnen jetzt ersparen, den Link aufzuzeigen. Aber das ist die Realität. Sie können die aktuelle Geschäftsanweisung zu diesem Thema nachlesen. Insofern hat sich aus meiner Sicht der Antrag erledigt.
Wir werden im Ausschuss wahrscheinlich sehr kontrovers diskutieren, wie wir mit Dienstanweisungen umgehen. Ich gehe davon aus, dass das Land Berlin zu seiner transparenten und erfolgreichen Einführung der Kennzeichnungspflicht steht. Wir werden diese evaluieren und weiterentwickeln.
Herr Lauer! Ich bin ja bass erstaunt. Sie müssen ja so geschockt darüber sein, dass auf berlin.de diese Dienstanweisung veröffentlicht ist, dass Sie uns hier während ein, zwei Minuten irgendetwas erzählen, was aus meiner Sicht nicht von mir gesagt worden ist. Ich bin der festen Überzeugung, wenn der Dienstherr meint, er kann diese veröffentlichen – – Es ging vorhin darum, dass es mehrere Dienstanweisungen gibt. Es gibt ja Hunderte Dienstanweisungen im Land Berlin. Jeder hat irgendein Interesse an irgendeiner Dienstanweisung, und dass man das dann grundsätzlich nicht veröffentlichen kann. Es muss dem Dienstherrn obliegen, ob er das veröffentlicht.
Man kann mit uns sicherlich darüber reden, und das werden wir im Ausschuss auch machen, ob wir bei dieser Frage, bei dieser speziellen Dienstanweisung anders verfahren. Aber da müssen wir erst einmal abwarten, was die Diskussion ergibt, was der Polizeipräsident sagt. Ich glaube, Sie haben mich bewusst falsch verstehen wollen, und sind mehr darüber erstaunt, dass da etwas recherchiert wurde. Wann das jetzt veröffentlicht wurde, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber Ihr Antrag ist damit erledigt. Sie können sich gern gleich bei mir den Link abholen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für Dienstkräfte im Polizeivollzugsdienst im Land Berlin. Das Thema der Kennzeichnung ist ein Jahrzehnte altes Thema. Schon die letzte Koalition in Berlin hat dieses Thema angefasst und damit übrigens Maßstäbe in Deutschland gesetzt. Schon seit dem 1. September 2011 gibt es eine Dienstvorschrift für die Berliner Polizei. Diese setzt eine Kennzeichnungspflicht der Polizei voraus. Der besondere Ansatz war hier: Die Polizei erhält keine Lehrstunden von außen, sondern reformiert sich selbst von innen. Das hat schon vorab dazu geführt, dass jeder zweite Polizist sich vor der Einführung der Kennzeichnungspflicht freiwillig für eine individuelle Kennzeichnung entschieden hatte. Die Dienstanweisung hat dies nun verpflichtend gemacht.
Bisher lassen sich durch die Kennzeichnungspflicht noch keine vermehrten Angriffe auf die Persönlichkeitsrechte der Beamtinnen und Beamten feststellen. Das kann man jedoch nicht für alle Zukunft ausschließen. Hier gilt: Diese Regelung muss evaluiert werden, es muss Sensibilität für diese Maßnahme entwickelt werden, und Probleme, die sich mit der Kennzeichnung ergeben, müssen dokumentiert werden. Dieses sind wir unseren Beamtinnen und Beamten schuldig.
Wir haben damals dem seinerzeitigen Polizeipräsidenten vertraut, dass er die Kennzeichnungspflicht nach und nach in der Berliner Polizei umsetzt. Auch heute setzt die aktuelle Koalition diese Maßgabe fort. Wir vertrauen dem Polizeipräsidenten Klaus Kandt, dass er den begonnenen Weg konsequent fortsetzt. Politisch kann übrigens sowieso niemand mehr hinter diesen Status zurückfallen, Herr Lauer. Wie sollte das auch gehen?
Kann man, wie die Antragsteller und auch die Opposition, davon ausgehen, dass alles sofort und ausgezeichnet klappt? – Ich denke, das kann man nicht. Es gibt einige wenige Probleme. Diese beziehen sich auf organisatorische Fragestellungen, beispielsweise auf die Anbringung von Namen an manchen Kleidungsstücken. Eine Arbeitsgruppe befasst sich längt schon mit diesem Problem und erarbeitet hierfür Lösungsansätze. Allerdings gehen wir davon aus, dass dieses nur temporäre Probleme sind, die in den nächsten Wochen und Monaten der Vergangenheit angehören.
Sie, liebe Piraten, nehmen das aber zum Anlass, ein Gesetz einzubringen, das niemand braucht. Schön, für Sie ist es vielleicht ein Argument, Sie seien die ersten gewesen,
(Christopher Lauer)
die ein Gesetz hierzu eingebracht haben. Damit zeigen Sie jedoch, dass Sie die Menschen für uninformiert halten. Zugleich zeigen Sie damit eine naive Gesetzesgläubigkeit, als gäbe es keine Übergangsprobleme, wenn das Parlament einfach mal ein Gesetz beschließt. Auch ein Gesetz hat nur Wirkung, wenn es auch sanktioniert wird. Ein Unterlaufen der Dienstanweisung wird dienstrechtlich geahndet. Somit ist ein Gesetz nicht zwangsläufig notwendig, um das Ziel zu erreichen – das mal ganz grundsätzlich gesagt.
Auch im Innenausschuss werden wir diese Thematik weiter verfolgen und unserer parlamentarischen Kontrollpflicht nachkommen. Grundsätzlich begrüßen wir die Diskussion über eine Kennzeichnungspflicht und über hilfreiche – die Betonung liegt hier auf hilfreich – Verbesserungsvorschläge. Wir jedenfalls werden den bisherigen erfolgreichen Weg fortsetzen. Dazu brauchen wir nicht den Vorschlag der Piraten und schon gar kein Gesetz. Insofern lehnen wir den Antrag ab.
Herr Lauer! Vielen Dank für Ihre Einlassungen, aber wir haben ein unterschiedliches Verständnis von den Fragestellungen, um die es hier gerade geht. Es geht uns natürlich darum, dass die Kennzeichnungspflicht eingeführt wird, aber unterhalb der Gesetzesebene. Wir haben in den
letzten Jahren – gerade die Berliner Polizei hat das bewiesen – grundsätzlich eine eindeutige Position zu der Kennzeichnungspflicht eingenommen. Man kann nicht auf einmal hinter diese Verordnung zurückfallen. Das ist absurd. Wir haben uns im Innenausschuss von Ihrer Fraktion die Powerpoint-Präsentation von einer Demonstration angeschaut, wo die Kennzeichnung vielleicht nicht so optimal angebracht war, wie Sie es sich vielleicht vorgestellt haben. Das haben wir bewertet und gewichtet, aber Fakt ist – und dabei bleibe ich –: Hinter eine Kennzeichnungspflicht kann heute kein Polizeipräsident, kein Innensenator oder wer auch immer zurückfallen. Das Thema ist durch. Was Berlin gemacht hat, ist stilbildend in Deutschland gewesen. Und dafür brauchen wir – und das ist eben unser Ansatz – kein Gesetz. Wir glauben, mit der Verordnung sind wir auf dem richtigen und auf dem besten Weg. Insofern bleiben wir unterhalb der Gesetzesnorm. Aber, wie gesagt, ich gehe davon aus, und, ich glaube, auch meine Fraktion geht davon aus, dass hinter diese Frage niemand mehr wird zurückfallen können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es sehr interessant, dass sich andere Parteien so viel Gedanken über unsere Parteitage machen, dass es eine ganze Rede füllen kann. – Herzlichen Glückwunsch, Herr Taş! Ich bin sehr begeistert von Ihnen, dass Sie das so hinbekommen und dass Sie sich so viele Sorgen machen.
Wir reden heute über eine Fragestellung, die scheinbar Ihre Emotionen geweckt hat. Wir haben die Argumente schon hinlänglich im Innenausschuss ausgetauscht und behandelt.
Hören Sie sich doch erst einmal die Rede an, und dann wissen Sie, was ich erkläre! Bleiben Sie ganz locker! – Sie als Opposition möchten gerne Honig aus der Tatsache saugen, dass unser Landesparteitag zu diesem Thema eine etwas anderslautende Entscheidung getroffen hat.
Frau Präsidentin! Können Sie mal für Ruhe sorgen!
Machen Sie sich nichts vor! Ein Landesparteitag ist kein Organ für direktes Regierungshandeln. Für das Regierungshandeln ist der Maßstab die Koalitionsvereinbarung, und hier hat die SPD und meine Fraktion 2011 zu diesem Themenkomplex Handlungsbedarf erkannt und das Thema in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen.
Gehen Sie davon aus, dass wir die Bedenken unserer Kolleginnen und Kollegen auf dem Parteitag kennen und respektieren und diese Bedenken in unsere künftigen Diskussionsprozesse einbeziehen werden!
Jedoch werden wir ein Gesetz, das erst seit einigen Wochen in Kraft getreten ist, nicht rückgängig machen. Wir wollen erst sehen, welche positiven und negativen Folgen abgeschätzt werden müssen.
Trotzdem mussten wir als politisch verantwortungsvoll handelnde Innenpolitiker im Abgeordnetenhaus im April eine Abwägung vornehmen. Diese lässt sich so formulieren: Die Notwendigkeit der Übersichtsaufnahmen für eine erfolgreiche Einsatzlenkung der Polizei ist im Sinne
(Hakan Taş)
aller Teilnehmer einer Versammlung und dient der Sicherheit der Versammlungsteilnehmer.
Wie war denn der Status quo 2010?
Bisher wurden Bild- und Tonaufnahmen nur bei Anhaltspunkten für eine Gefahrenquelle gefertigt. Daher war es wichtig und richtig, eine Rechtsgrundlage für Übersichtsaufnahmen zur Lenkungs- und Leitungszwecken zu schaffen. Hier hatte das Verwaltungsgericht die fehlende Rechtsgrundlage moniert.
Welche Gründe sprechen nun für die Aufnahmen? – Neben den sicherheitsrelevanten Fragestellungen ist es auch eine Frage der geschickten verkehrspolizeilichen Einsatzbewältigung.
Es geht auch darum, frühzeitig Gefahren, Störungen, Ereignisse und Entwicklungen zu erkennen und damit eine weitere Entscheidungsgrundlage für einen erfolgreichen Polizeieinsatz zu bekommen.
Nein! Ich habe schon alles gehört, was er sagen wollte. – Unbestritten ist jedoch auch, dass der Umgang mit diesem Instrument sensibel erfolgen muss, und die Rechte der Demonstranten dürfen nicht unverhältnismäßig tangiert beziehungsweise eingeschränkt werden. Übersichtsaufnahmen dürfen nur zum Zweck der Lenkung eines Großeinsatzes oder bei Unübersichtlichkeit einer Versammlung eingesetzt werden. Eine missbräuchliche Anwendung dieser Maßnahme ist nicht hinnehmbar.
Das liegt in der Hand der Verantwortlichen. Explizit wird im Gesetz auch auf Ausnahmen hingewiesen. Aufnahmen müssen offen angefertigt werden und dürfen nicht gespeichert werden.
Ferner sei auch darauf hingewiesen: Übersichtsaufnahmen sind keine Maßnahmen der Strafverfolgung. Sie dienen nur der Prävention, und dafür dürfen sie angefertigt werden.
Ich kann den grundsätzlichen Generalverdacht der Opposition bezüglich der Übersichtsaufnahmen nicht nachvollziehen, und dieser ist auch nicht überzeugend. Im Gegenteil: Im Zentrum der Betrachtung steht die Gefahrenab
wehr, zum Beispiel bei unübersichtlichen Situationen auf einer Großveranstaltung. Glauben Sie mir, wir haben eine Güterabwägung getroffen. Gerade uns Sozialdemokraten liegt es fern, Rechte der Demonstranten einzuschränken beziehungsweise Menschen, die für ihre Sache auf die Straße gehen und von ihrem guten Recht der Meinungsfreiheit Gebrauch machen, zu behindern.
Daher war unsere Güterabwägung in der Tat davon geleitet, dass wir helfen wollen, Versammlungen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einem sicheren Umfeld stattfinden zu lassen. Wir wollen auch alle ermutigen, die manchmal Großveranstaltungen meiden, weil sie eine Gefahrensituation nicht ausschließen können.
Ich kann mir jedoch vorstellen, dass wir die Anwendung der Übersichtsaufnehmen die nächsten 24 bis 36 Monate evaluieren und dann das Thema unter Berücksichtigung der Erfahrungen in der Anwendung nochmals aufrufen.
Aus all den genannten Argumente und unter Berücksichtigung der vorgebrachten Bedenken setzen wir uns für einen pflichtgetreuen Umgang mit diesem Gesetz ein. Wir erwarten jedoch auch von der Polizeiführung einen sehr sensiblen Umgang mit diesem Instrument und möchten natürlich auch über die Anwendung im zuständigen Ausschuss informiert werden, damit wir mögliche Fragestellungen bei der Anwendung frühzeitig aufgreifen können.
Ich möchte mit einem Zitat von Barack Obama schließen, der dies in einem anderen Zusammenhang gesagt hat, was aber aus meiner Sicht zu unserem Thema passt: „Man kann nicht 100 Prozent Sicherheit, 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben. Wir müssen als Gesellschaft manchmal wählen.“ – Insofern: Lassen Sie uns das Gesetz über die Übersichtsaufnahmen positivkritisch begleiten!
Herr Präsident! Ich frage den Senat: