Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ja, Berlin als Hauptstadt und Stadtstaat profitiert in besonderer Weise vom Länderfinanzausgleich. Zur Wahrung der finanziellen Rahmenbedingungen für die Herausforderungen dieser wachsenden Stadt ist es deshalb

unerlässlich, gemeinsam für eine solidarische und nachhaltige Finanzverfassung zu streiten.

Natürlich will ich gerne die mit Ihnen im Hauptausschuss begonnene Fachdebatte fortsetzen. Ich will Sie gerne an die Hausaufgaben mahnen, die Sie an dieser Stelle zu machen haben. Ich erwarte, dass Sie Länderfinanzausgleich und Transparenz nicht damit verwechseln, dass Sie über andere und wichtige Herausforderungen in dieser Stadt nicht bereit sind zu reden und zu debattieren – das ist die Regierungskrise, das ist die Entscheidung darüber, wer Berlin in diesem Prozess und am 11. Dezember vertritt, das ist auch ein Debattieren über eine Olympiabewerbung, die sich diese Stadt nicht leisten kann, und es ist auch die Debatte darüber, welche Zusagen ich den Flüchtlingen in der Stadt gebe und wie ich mich an diese Zusagen halte. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die Piratenfraktion folgt jetzt der Kollege Herberg. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute zeigt uns die Koalition aus SPD und CDU, wie man sich selbst und uns als gesamtes Parlament in seiner politischen Bedeutung degradieren kann,

[Beifall bei den PIRATEN]

und zwar ganz einfach: Wir reden heute nicht darüber, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit seinen Rücktritt erklärt hat und damit nicht nur der Regierende Bürgermeister zurücktritt, sondern die komplette Regierung, alle Senatoren dann ebenfalls zurückgetreten sein werden.

[Zurufe von Lars Oberg (SPD) und Sven Kohlmeier (SPD) – Benedikt Lux (GRÜNE): Hört doch mal zu! – Martin Delius (PIRATEN): Können die doch nicht!]

Wir reden auch nicht darüber, dass der zukünftige Bürgermeister in diesem Land von der SPD in einem Kampf, in einer Art Donnerkuppel ausgesucht werden soll, in dem man sie alle drei öffentlich gegeneinander antreten lässt, und dass, egal, wer am Ende dabei herauskommt,

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

derjenige sowieso schon geschädigt ist und mit ihm auch gleichzeitig der Bürgermeister und der neue Senat, der dabei herauskommen wird.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

(Dr. Manuela Schmidt)

Stattdessen reden wir über den Länderfinanzausgleich, was, wohlgemerkt, für diese Stadt ein extrem wichtiges Thema ist, worauf wir als Parlament aber zum jetzigen Zeitpunkt und wahrscheinlich auch bis zum 11. Dezember überhaupt keinen direkten Einfluss haben werden. Sie, liebe SPD und CDU, haben das noch mal verfestigt: Die Grünen haben einen Antrag vorgelegt, in dem sie fordern, dass wir als Parlament nicht nur informiert, sondern in diesen Prozess einbezogen werden. Sie haben den Antrag dahin gehend geändert, dass Sie lediglich darüber informiert werden wollen. Auch das, was Herr Saleh vorhin gesagt hat, dass er möchte, dass das Parlament mit einbezogen wird, ist davon betroffen. Mit der Beschlussempfehlung gestern im Hauptausschuss, die wir heute beraten und von der ich annehme, dass Sie ihr zustimmen werden, haben Sie besiegelt, dass Sie als Parlament daran nicht beteiligt werden wollen. Das ist verlogen und bigott, liebe Koalition!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Da fragen wir uns als Parlament, das gerade von SPD und CDU degradiert wird: Warum machen wir diese Show hier heute eigentlich? Warum redet ein Herr Saleh zum Länderfinanzausgleich? Warum redet ein Herr Graf zum Länderfinanzausgleich? Warum nicht z. B. Herr Schneider? Wo ist denn Herr Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD?

[Benedikt Lux (GRÜNE): Interessiert ihn nicht!]

Der hätte viel mehr dazu sagen können, der hätte fundiert etwas dazu sagen können.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Warum machen wir das heute? – Weil der Kampf in der Donnerkuppel von Herrn Stöß, dem Landesvorsitzenden der SPD, auf das nächste Level gehoben worden ist.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Hat nicht funktioniert!]

Er hat sich zum Thema Finanzen geäußert. Das kann sich natürlich Herr Saleh, der Fraktionsvorsitzende hier im Parlament, nicht gefallen lassen, da muss er zurückschlagen. Und wie kann man da am besten zurückschlagen? – Man meldet eine Aktuelle Stunde an. Also reden wir in der Aktuellen Stunde hier über den Länderfinanzausgleich.

Es gibt da übrigens noch einen dritten Kandidaten, das ist Herr Müller. Herr Müller hat so etwas aber zurzeit nicht nötig, er ist eh schon mit in der Regierung.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Solange Sie sich, Herr Saleh und Herr Stöß, in aller Öffentlichkeit blamieren, braucht er sich überhaupt keine Gedanken darüber zu machen, dass er beim Mitgliederentscheid sowieso gewählt wird.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Beifall von Erol Özkaraca (SPD)]

Wenn das nicht so tragisch wäre, könnten wir als Opposition ja dabei zuschauen und uns belustigen – die ganze Stadt lacht auch darüber. Das Problem ist nur: Sie beschädigen damit nicht nur die SPD, Sie beschädigen damit den neuen Bürgermeister,

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

den neuen Senat, und damit beschädigen Sie auch die ganze Stadt, und das ist nicht gut!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Es wurde schon angesprochen: Am Ende des Jahres stehen die Runden im Länderfinanzausgleich an. Am 11. Dezember ruft die Bundeskanzlerin zu sich und sagt: Liebe Landesfürsten! Was wollt ihr haben?

[Zuruf: Cash!]

Genau, Cash in Koffern!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Heiterkeit bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Und zwar ganz viel, und wir wollen eine ganze Menge davon! Und was machen wir als Land Berlin? – Der Regierende Bürgermeister tritt zurück. Das ist sein Recht, und nach 13 Jahren kann man das auch irgendwann mal machen. Ist halt schade, dass er es machen muss – es gibt einfach keinen anderen, der es ordentlich machen kann, das kann man auch mal ehrlich sagen. Die SPD hat niemanden, der das Format von einem Herrn Wowereit hat.

[Beifall bei den PIRATEN – Zurufe von der SPD]

Dass man das als Opposition sagen muss, zeigt schon eine ganze Menge.

[Zuruf von der SPD]

Ja, ganz ruhig, liebe SPD! Es tut mir leid, aber Sie stehen nun mal im Mittelpunkt. Sie stellen den nächsten Bürgermeister, und Sie haben nichts Ordentliches anzubieten.

[Beifall bei den PIRATEN]

Gleichzeitig wird der wichtigste Mann in diesen Verhandlungen, der Finanzsenator, massiv geschwächt. Wie soll er denn gegen die anderen Finanzsenatoren und -minister ankommen, wenn es denn heißt, wisst ihr was, bist du überhaupt noch da, wenn wir dann am Ende verhandeln werden, was willst du eigentlich noch hier, deine Stadt ist doch sowieso am Ende?

[Beifall bei den PIRATEN – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Auf Abruf! – Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Genau! – Statt diesem Senator den Rücken zu stärken, wird da quasi noch hinten reingefallen. Da fällt es mir als Oppositionspolitiker sehr schwer, diesen Satz auszusprechen, aber ich wünsche mir eigentlich, dass der Regierende Bürgermeister den Rückzug erst mal zurücknimmt

[Lachen bei der CDU – Zurufe von der LINKEN]

und bis zum 11. Dezember das weitermacht, damit der Finanzsenator in den Verhandlungen das ordentlich für unsere Stadt durchziehen kann,

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

damit am Ende der 13 Jahre auch noch was Ordentliches mit draufsteht.

[Ramona Pop (GRÜNE): Wir können ja eine Sondersitzung machen, zu Weihnachten!]

Genau! Dann können Sie am Ende des Jahres zurücktreten, dann haben wir den Länderfinanzausgleich, und dann haben wir hoffentlich immer noch das Wort Solidarität im Grundgesetz stehen. Denn wenn wir uns das Grundgesetz angucken, es gibt ein einziges Mal, wo das Wort Solidarität auftritt, im gesamten Grundgesetz, und das ist beim Länderfinanzausgleich. Das heißt, unsere gesamte Gesellschaft, das komplette solidarische Grundgerüst ist darauf ausgebaut, dass wir uns gegenseitig helfen. Und das ist so extrem wichtig, dass wir alles dafür tun müssen, dass alle 16 Bundesländer, dass jeder Mensch dafür kämpfen muss, dass wir uns diese Solidarität auch erhalten.