Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

Im Ausschuss haben wir gemeinsam beschlossen, dass Imame, die nach Berlin kommen, um die hiesigen Gemeinden zu betreuen, einen Deutschkurs angeboten be

kommen. Das ist sinnvoll, weil die Imame, Sie haben das beschrieben, Kontakte selbstverständlich nicht nur innerhalb der Gemeinden haben sollen, sondern auch darüber hinaus, und weil sie im Idealfall eine Brückenfunktion übernehmen könnten. In dem Antrag ist allerdings nicht geklärt, was mit diesem Angebot eigentlich gemeint ist. Ich habe das schon in meiner ersten Rede hier gesagt: Ist damit gemeint, dass auch die Kosten übernommen werden? Ist Ihnen die Sache so wichtig, dass sie Sie auch etwas kosten darf? Ich will das nicht noch einmal wiederholen, aber nach meinen Berechnungen würde man für die Sprach- und Orientierungskurse auf eine maximale Gesamtsumme von 9 000 bis 10 000 Euro pro Jahr kommen. Dazu haben Sie erneut nichts gesagt. Was für ein Angebot soll das sein? Ich habe nach wie vor das Gefühl, vor allem durch den Zusammenhang, den Sie zu den Ereignissen im Sommer hergestellt haben, dass es sich um einen Stänkerantrag handelt und eben nicht darum, den Imamen wirklich eine Brückenfunktion zu ermöglichen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Der Antrag soll einfach nur auf die Defizite der aus dem Ausland kommenden Imame hinweisen, was ihre sprachliche und politische Bildung angeht, statt sie wirklich einzubeziehen. Da kann ich nur zu Vorsicht raten, denn wenn man mit einem Finger auf andere zeigt, zeigen immer drei auf einen selbst zurück.

Drei Dinge will ich auch nennen – erstens: Warum müssen Imame überhaupt aus dem Ausland nach Deutschland kommen, um hier für die Gemeinden zu sorgen? – Weil Muslimas und Muslime kaum die Möglichkeit haben, eine theologische und pastorale Ausbildung an deutschen Hochschulen zu machen. In Berlin gibt es diese Möglichkeit gar nicht.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Das erinnert mich daran, dass wir am 22. Mai letzten Jahres im Wissenschaftsausschuss beschlossen haben zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Lehrstuhl für islamische Theologie in Berlin einzurichten wäre. Ich wüsste gerne mal, was da mittlerweile passiert ist.

Zweitens: Was passiert eigentlich im Berliner Islamforum? Das wäre doch der Ort, über diese Dinge zu reden, die Sie hier angesprochen haben. Haben Sie Ihren Antrag da mal mit den Muslimen besprochen, die Fachleute für ihre eigene Situation sind? Hätte man dort nicht gemeinsam mit den Gemeindevertretern ein Gesamtpaket entwickeln können, um die Probleme ehrlich und wirklich wirksam anzugehen, die wir in der Stadt dadurch haben, dass Imame von auswärts kommen müssen, weil es gar nicht anders geht? Das neue Protokoll des Islamforums ist vom 5. Juni 2013. Es gab 2013 immerhin zwei Treffen, sonst gibt es immer nur eins im Jahr. Wie sieht es 2014 aus? – Ganz, ganz mau!

(Burkard Dregger)

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Drittens: Das Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen berichtete in der zuletzt genannten Sitzung im vergangen Jahr von einer Zunahme von Hassbriefen und anderen Delikten gegen muslimische Einrichtungen. Auch hierzu wüsste ich gerne mal, was passiert ist. Warum hat es zwei Wochen gedauert, bis sich der zuständige Innensenator Henkel nach dem Brandanschlag in der Mevlana-Moschee hat blicken lassen? Ich habe stark den Eindruck, dass, wenn es um Religion in der Stadt geht, und speziell, wenn sich Ihre Partei dazu äußert, konsequent mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich hoffe, dass ich Sie morgen bei der Kundgebung sehen kann, die der Koordinierungsrat der Muslime vor der MevlanaMoschee unter dem Motto organisiert hat: Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht – auf dass wir als Grüne dort nicht wieder alleine stehen wie am Tag nach dem Anschlag!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Dr. Kahlefeld! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Oberg. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wer in diesen Tagen Zeitung liest oder Nachrichten schaut, der weiß: Es ist ein Geschenk, in einer Stadt leben zu dürfen, in der das friedliche Zusammenleben der Religionen klappt,

[Pavel Mayer (PIRATEN): Kennen Sie so eine?]

einer Stadt, in der Gläubigkeit, Andersgläubigkeit oder auch Nichtgläubigkeit kein Problem darstellen. Das Miteinander der Religionen ist aber kein Geschenk, sondern das Ergebnis harter Arbeit, und wir müssen uns dieses Miteinander jeden Tag erarbeiten und erhalten. Dazu gehört auch, sich gegen die zu wehren, die ein Gegeneinander und kein Miteinander wollen, und die glauben zu wissen, wie alle anderen zu leben haben.

Das gute Zusammenleben in unserer Gesellschaft gründet vor allem auf zwei Dingen: erstens auf Freiheit, zweitens auf Akzeptanz. Es ist ein zentrales Gut, dass in unserer Gesellschaft jeder die Freiheit hat, seine Religion zu leben. Es ist eine Freiheit, die der Staat garantiert und verteidigt und die wir als Gesellschaft mit allem, was wir haben, verteidigen. Diese Freiheit ist universell, und darum kann unsere Gesellschaft es nicht akzeptieren, wenn die religiöse Freiheit dafür genutzt wird, andere ihrer Freiheit zu berauben. Freiheit allein reicht aber nicht. Lebten alle frei und unverbunden nebeneinander her, dann wäre das kein gesellschaftliches Miteinander.

Darum muss zur Freiheit die Akzeptanz treten. Jede Form des Glaubens und jede Religion sind als gleichwertiger Teil dieser Gesellschaft zu betrachten. Ausdruck dieser Akzeptanz ist die naheliegende und eigentlich banale und dann doch erstaunlich spät gekommene Erkenntnis, dass der Islam zu diesem Land gehört und ein Teil dieses Landes ist.

Aber auch Akzeptanz ist etwas, was Gegenseitigkeit verlangt. So wie die verschiedenen Religionen als gleichwertig zu akzeptieren sind, müssen auch die Religionsgemeinschaften die Wertebasis dieser Gesellschaft akzeptieren und sich aktiv in die Gesellschaft einbringen. Sich einzubringen wird aber nur dann gelingen, wenn man dieses Land und diese Gesellschaft kennt. Und das ist es, worum es in diesem Antrag geht. Uns ist wichtig, dass die herausgehobenen Vertreter einer Religionsgemeinschaft dieses Land nicht schlechter kennen als diejenigen, mit denen sie als Prediger, als Seelsorger oder auch als Lehrer zu tun haben.

Lassen Sie mich abschließend betonen, dass die Akzeptanz von religiöser Vielfalt bedeutet, dass einzelnen Religionsgemeinschaften nicht per se finstere Absichten unterstellt werden dürfen und man ihnen auch nicht mit diffusem Misstrauen begegnen kann. Mir ist es darum wichtig zu betonen, dass dieser Antrag und dieser Ansatz, den wir heute wählen, nicht als Ausdruck von Misstrauen fehlinterpretiert werden darf, sondern als ein Baustein für das gute und gleichberechtigte Zusammenleben, das wir in Berlin so genießen und für das wir hoffentlich alle gemeinsam arbeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Burkard Dregger (CDU) – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Vielen Dank, Herr Oberg! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Taş. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die unselige Diskussion, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nur unter uns weilt oder neben uns steht, dürfte noch in Erinnerung sein.

[Martin Delius (PIRATEN): Davor, dahinter!]

Oder davor oder dahinter, wie auch immer! – Bundeskanzlerin Frau Merkel zumindest hat ihre Rede am vergangenen Sonntag vor dem Brandenburger Tor mit folgendem Satz beendet:

Respekt vor dem Glauben und der Kultur des jeweils anderen, sei er Jude, Muslim oder Christ.

[Beifall von Kurt Wansner (CDU)]

(Dr. Susanna Kahlefeld)

Danke, Herr Wansner! – Wenn dem so ist, sollte die Politik auch entsprechend handeln.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Dass den Imamen und islamischen Religionslehrern, die für eine begrenzte Zeit in Berlin weilen, die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen ermöglicht wird, erscheint sinnvoll. Diese Imame und islamischen Religionslehrer haben einen sicherlich nicht unbedeutenden Einfluss auf das Verhalten der Kinder und der Erwachsenen, die sie zu betreuen haben. Dass sie Kenntnisse über die deutsche Sprache und Kenntnisse über die Strukturen und sozialen Beziehungen in unserem Land erlangen, ist eine wichtige Grundlage für ihre seelsorgerische Betreuungstätigkeit.

Das sollte aber eine vorübergehende Lösung sein. Warum? – Es dürfte bekannt sein, dass Die Linke kein Befürworter dessen ist, dass die Regierungen und das Personal der ehemaligen Heimatländer hier gesellschaftlich so wichtige Aufgaben übernehmen, weil wir mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen der Entsendestaaten und damit auch, was durch diese Personen eventuell vermittelt wird, nicht immer einverstanden sein können. Mir liegt es fern zu fordern, diesen Import von Imamen und islamischen Religionslehrern zu verbieten. Das internationale Recht ließe dies vermutlich auch nicht zu, ganz zu schweigen von möglichen diplomatischen Konflikten.

Aber wir, die Politik, sollten uns intensiver als bisher um Alternativen kümmern. Was wäre eine sinnvolle Alternative? – Imame und islamische Religionslehrer aus den muslimischen Communitys hierzulande zu rekrutieren, hier geborene, aufgewachsene junge Muslime zu befähigen, als Imame und islamische Religionslehrer tätig zu werden. Diese Menschen würden die notwendigen sprachlichen und sozialen Voraussetzungen mitbringen, den Religionsunterricht und die Seelsorge den Lebensumständen in der Bundesrepublik entsprechend zu gestalten. Es gibt Angebote an einigen Universitäten der Republik. Ob diese Angebote vom Umfang und Inhalt ausreichend sind, müsste mal im dafür zuständigen Ausschuss eingehend analysiert werden, um ggf. Maßnahmen zu ergreifen.

Ich bin mir nicht sicher, ob es rechtlich möglich ist. Dazu könnte sich vielleicht der Innensenator, der aber heute nicht da ist, äußern. Aber es wäre überlegenswert zu prüfen, ob die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen auch für Imame und islamische Religionslehrer zur Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gemacht werden könnte. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Taş! – Ich weise darauf hin, dass die Abwesenheit des Innensenators entschuldigt ist. – Für die Piratenfraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Reinhardt.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde es kurz machen. Wir haben ja schon vor ziemlich genau einem Jahr über den Antrag gesprochen. Damals war es auch Priorität der CDU-Fraktion. Es hat sich inhaltlich, sprachlich, grammatikalisch, aussagetechnisch nichts verändert. Es ist der gleiche Antrag wie vor einem Jahr. Wieder ist es Priorität der CDU-Fraktion. Was soll man da jetzt anderes sagen, als man vor einem Jahr dazu gesagt hat? Es ist der gleiche Antrag. Er hat die gleichen Probleme. Und er bietet genauso wenig Lösungen wie vor einem Jahr.

Fangen wir mit einem Problem an und kommen dann zum Positiven! Das Problem bleibt auch weiterhin – ich finde es gut, dass der Kollege Oberggerade darauf eingegangen ist und auch versucht hat, es ein bisschen abzuschwächen –, es bleibt aber trotzdem – schon allein anhand des Titels – die Tatsache, dass der Antrag unterstellt, Imame und Religionslehrer könnten und würden momentan nicht an Sprachkursen und Integrationskursen. Das ist de facto einfach nicht der Fall. Also sie können es jetzt schon, sie tun es auch jetzt schon. Das heißt, da wird etwas unterstellt, was so einfach nicht der Fall ist. Auch wenn noch so sehr darauf eingegangen wird, dass es natürlich keine pauschale Unterstellung einer gesamten Religion ist, bringt der Antrag auch hier seine Schwierigkeiten mit sich. Ich hatte es ja schon vor einem Jahr erwähnt.

Das Positive: Natürlich ist es immer wichtig, Weiterbildung, Sprachkurse u. Ä. anzubieten. Wir als Piratenfraktion, als Piratenpartei sind natürlich immer auch dafür, Sprachkurse möglichst hochzuhalten. Sprachkurse sind unabhängig von Alter und Nationalität, Staatszugehörigkeit zu ermöglichen. Außerdem soll an kommunalen, staatlichen Bildungseinrichtungen auf qualitativ hohem Niveau die deutsche Sprache als Alltagssprache erlernt werden. Natürlich gilt das für alle. Das gilt für jede Religion, jedes Alter und für alle Menschen in diesem Land.

Aber es ist natürlich so, dass es einfach de facto nicht jedem möglich ist. Auch darauf bin ich vor einem Jahr schon eingegangen. Das Problem ist ja nicht unbedingt auf der Nachfrageseite, sondern auf der Angebotsseite. Die Zahl der Sprachkursangebote – und das hat sich seitdem auch nicht verändert – ist geringer als die Zahl derjenigen, die einen Sprachkurs in Anspruch nehmen wollen. Da müsste man eigentlich ansetzen und nicht auf der Seite, dass man sagt: Wir brauchen mehr Menschen, die Sprachkurse brauchen oder in Anspruch nehmen wollen.

(Hakan Taş)

Wir brauchen mehr Sprachkurse in diesem Land. Dafür müssen wir die Mittel zur Verfügung stellen. Und dann haben eben auch alle Menschen was davon, die diese Sprachkurse in Anspruch nehmen wollen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Diese Bemerkung sei mir noch erlaubt: Wir haben ja gerade an einigen Stellen eine sehr ungewöhnliche Situation. Wir hatten ja z. B. bei den Oranienplatz-Verhandlungen explizit auch die Sprachkurse mit im Angebot des Senats. Das hat länger gedauert. Wir haben da mehrfach nachgehakt. Und dann, als es dann irgendwann hieß, jetzt laufen die Sprachkurse an – vielen Dank noch mal, dass es dann irgendwann geklappt hat -, hieß es dann, so, jetzt seid ihr wieder raus, euer Recht hier in Berlin ist ausgelaufen. Die Verfahren wurden beendet. Die Sprachkurse sind jetzt vorbei. Das heißt, dass genau denjenigen, die eigentlich am gierigsten auf Wissen waren und gesagt haben: Wir wollen die deutsche Sprache lernen. Das ist uns wichtig. Wir wollen hier sein. Wir wollen hier bleiben. Wir haben euch viel zu bieten. –, gesagt wurde: Vier Wochen sind genug. Jetzt ist Schluss. Sprachkurse stehen euch nicht mehr zur Verfügung. – Genau solche Sachen sind hier das Problem, nämlich dass Menschen ausgeschlossen werden, nicht, dass Menschen sagen, sie wollen diese Sprachkurse gar nicht in Anspruch nehmen, sondern dass sie davon abgeschnitten werden.

Ich komme zum Schluss. Der Antrag tut keinem weh, außer die etwas komischen Unterstellungen, die mitschwingen. Ich denke, man kann sich dort enthalten, aber ich würde mir wünschen, dass die Koalition – ich kann diesen Appell nur immer wieder wiederholen – mal im Integrationsbereich inhaltlich zur Sache kommt, mal wirklich vernünftige Vorschläge macht. Dann müssen Sie auch nicht ein Jahr in Folge den gleichen, unveränderten Antrag zur Priorität machen und zwischendrin haben Sie in dem Bereich gar nichts geschafft. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Vielen Dank, Herr Reinhardt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zu dem Antrag Drucksache 17/1186 empfiehlt der Arbeitsausschuss einstimmig – bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen – die Annahme mit geändertem Berichtsdatum „31. 12. 2014“. Wer dem Antrag mit dem geänderten Berichtsdatum gemäß der Beschlussempfehlung Drucksache 17/1748 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,

die Linksfraktion, die Piratenfraktion. Dann ist dieser Antrag so angenommen.

Ich rufe auf