Zweitens: Wohnungszusammenlegungen, die kleine Wohnungen vernichten, oder auch Nutzungsänderungen können damit eingeschränkt werden.
Drittens: Ferienwohnungen bekommen in Milieuschutzgebieten keinen zweijährigen Bestandsschutz mehr, sondern können direkt untersagt werden, sofern das ausreichende Personal da ist.
Viertens können die Bezirke in diesen Gebieten ein Vorkaufsrecht wahrnehmen, sofern der Senat sie endlich dazu in die Lage versetzt.
Wenn dieses Instrument aber so viele Vorteile mit sich bringt – warum haben wir davon in Berlin eigentlich nicht mehr? – Ganz einfach! Die Frage, ob ein neues Milieuschutzgebiet ausgewiesen wird, liegt bei den Bezirken. Diese müssen aber ein sogenanntes Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial nachweisen. Um so einen Nachweis erbringen zu können, muss der willige Bezirk zunächst einmal Studien und Gutachten erstellen. Wenn die Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass ein solches Verdrängungspotenzial besteht, können die Be
zirksämter eine solche Erhaltungssatzung erlassen. Das ist ein sehr aufwendiges und auch kostenintensives Verfahren und daher für viele Bezirke eine eklatante finanzielle Überforderung. Genau deshalb fordern wir mit unserem Antrag vom Senat ein, die Bezirke künftig dabei zu unterstützen, für Milieuschutz und damit für mehr Mieterschutz zu sorgen.
Damit wir einordnen können, worum es geht: Die Bezirke haben keine andere Handlungsmöglichkeit für den Mieterschutz. Der Milieuschutz ist das einzige Instrument, das ihnen zur Verfügung steht. Die Bezirke hier zu unterstützen, würde aber für wenig Geld große Wirkung für die Berliner Mieter entfalten. Also rundherum ein guter Deal für Berlin! Denn der Milieuschutz wirkt mietpreisdämpfend, sprich: Weniger Leute müssen aus- oder umziehen oder werden wohnungslos. Studien zeigen: Die Mietenentwicklung konnte mit Hilfe dieses Instruments gebremst werden. So ist z. B. die durchschnittliche Miete um knapp 1 Euro niedriger als ohne Milieuschutz. Außerdem wohnen mehr Familien mit Kindern in den Gebieten, und es gibt mehr bezahlbaren Wohnraum für ALG-II-Bezieher. Rentner sind in den Milieuschutzgebieten übrigens fast dreimal so häufig anzutreffen. Genau diese Leute haben es sonst in Berlin echt schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden, ein Grund mehr, finde ich, Ja zur sozialen Erhaltungssatzung zu sagen.
Gerade in einer wachsenden Stadt wie Berlin müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um die Entstehung von Armutsquartieren zu verhindern. Ich weiß, Kritiker mögen jetzt vielleicht entgegenhalten, na ja, der Milieuschutz ist doch eher ein zahnloser Tiger. Da muss ich sagen: Tja, so ganz unrecht haben Sie da nicht. – Denn tatsächlich wurden diesem Tiger 2002 mit der Abschaffung der Mietobergrenzen die Zähne ausgeschlagen. Aber das Gute ist: Wir haben jetzt endlich die Aussicht auf eine Berliner Umwandlungsverordnung. Genau diese ist direkt an den Milieuschutz gebunden, sprich: Nur in diesen Gebieten kann dann die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen untersagt werden. Das heißt, dass unser Tiger jetzt wenigstens wieder ein Gebiss bekommt. Je mehr Milieuschutzgebiete Berlin hat, desto besser kann er zubeißen.
Die Argumente sind klar: Die Menschen in unserer Stadt haben Angst um ihr Zuhause, und das leider auch zu Recht. Es darf nicht sein, dass nur noch Gutverdiener mit dem Wohnungsmarkt mithalten können, sprich: Wir haben eine Wohnungsnot in dieser Stadt. Das müssen wir hier alle zur Kenntnis nehmen. Deshalb stehen wir auch in der Pflicht, jedwedes Instrument zu nutzen, damit der
Wohnungsmarkt sich wenigstens ein bisschen mehr nach den Bedürfnissen der Berlinerinnen und Berliner richten muss. Denn nicht die Menschen sind für die Häuser da, sondern die Häuser für die Menschen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollegin Schmidberger! – Für die SPDFraktion erteile ich jetzt der Kollegin Spranger das Wort. – Bitte sehr!
Herzlichen Dank, verehrter Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Der RBB titelte Ende letzten Jahres: Die Mischung in den Kiezen macht’s. – Genau das ist das, Frau Schmidberger, was Sie vorhin angesprochen haben, wo wir natürlich als Koalitionsfraktionen sagen: Genau diese Kieze mit der Mischung wollen und müssen wir schützen. – Wir haben ja fast in jeder Parlamentssitzung mittlerweile das Thema: Wie schützen wir unsere Mieterinnen und Mieter in der Stadt? Welche Bestandteile brauchen wir? Welche Möglichkeiten haben wir als Land Berlin, es selbst zu steuern? Wie müssen wir auf den Bund zugehen? – Da haben wir immer gesagt, dass jeder Baustein wichtig ist, um eine Verdrängung von Mieterinnen und Mietern zu verhindern.
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in jeder Plenarsitzung über das Thema Mieten und soziale Mieten reden. Können Sie mir denn sagen, wie viele Anträge dazu von Ihrer Fraktion oder den Koalitionsfraktionen zu dem Thema in dieser Wahlperiode eingegangen sind?
indem wir das Zweckentfremdungsverbotsgesetz verabschieden, indem wir die Umwandlungsverordnung verabschieden, indem wir die Kappungsgrenzen erlassen. Das ist der Vorteil von Regierungsfraktionen. Sie machen die Anträge, und wir realisieren es mit dem, was wir für richtig erachten.
Das Milieuschutzgebiet ist ebenfalls ein wohnungspolitischer Baustein. Insofern, Frau Schmidberger, hat Ihr Antrag ja recht, indem Sie in Ihrer Begründung sagen, dass die Anwendung selbstverständlich nicht nur in den Bezirken veranlasst wird, sondern dass wir dadurch, dass wir – und das haben auch der Senat und die Regierungsfraktionen selbst festgestellt – in Berlin eine angespannte Wohnungsmarktlage haben, natürlich mit den Bezirken gemeinsam gerade diese Gebiete schützen. Wir haben jetzt 21 sogenannte Erhaltungsgebiete, drei – mittlerweile auch schon mehr – sind in Vorbereitung. Wir haben ja vorhin in der Fragestunde vom Senator für Stadtentwicklung erfahren, dass gerade die Umwandlungsverbotsverordnung in einer der nächsten Senatssitzungen verabschiedet wird. Wir haben angekündigt, dass das im März kommen wird. Frau Schmidberger! Sie haben es richtig gesagt, auch das ist eine Voraussetzung.
Wir werden diesen Antrag im Ausschuss beraten. Sie haben ja recht, dass § 172 des Baugesetzbuchs in seiner Einschätzung hier angewendet werden muss. Wir werden selbstverständlich die Bezirke nicht im Regen stehen lassen und sie unterstützen. Wie Sie sich erinnern, wir haben jetzt schon entschieden, auch mit der Umwandlungsverbotsverordnung beispielsweise zusätzliches Personal – das haben wir im Ausschuss schon mit dem Senat beraten – reinzugeben. Die Umsetzung der Besetzung in den Bezirken ist noch sehr unterschiedlich, aber ich glaube, wenn der Senat das verabschiedet, dann wird das ordentlich kommen. Deshalb noch mal ganz klar auch von uns als SPD-Fraktion: Selbstverständlich werden wir die Bezirke motivieren, solche Erhaltungsgebiete festzulegen. Alles, was wir von Landesebene dazu beitragen können, werden wir selbstverständlich machen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin Spranger! – Für die Linksfraktion hat Frau Kollegin Lompscher das Wort. – Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Na, dann ist ja alles klar, Frau Spranger, dann müssen Sie nur noch das Geld rüberwachsen lassen, und dann sind wir uns alle einig.
[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Martin Delius (PIRATEN): Frau Spranger hat es!]
Wir finden es richtig und schließen uns der Aufforderung an den Senat an, die Bezirke bei der Ausweisung von sozialen Erhaltungsgebieten, besser bekannt als Milieuschutzgebiete, und den dafür erforderlichen Maßnahmen aktiv zu unterstützen. Die Bezirke haben trotz der jüngsten Haushaltsüberschüsse knappe Haushalte, und das Geld reicht hinten und vorn nicht. Es kann aber nicht so bleiben, dass deswegen die Ausweisung von Milieuschutzgebieten unterlassen wird. Und das ist die Realität.
Genau da liegt ein Kernproblem: Die Kosten für die Prüfung, ob es in einem Bezirk Verdachtsgebiete gibt, sind für die Bezirke neben manchen politischen Vorbehalten ein echter Hinderungsgrund. Oft heißt es: Das können wir uns angesichts anderer wichtiger bezirklicher Aufgaben nicht leisten. – Manchmal heißt es auch: Das wollen wir nicht. Das halten wir nicht für notwendig. – So nachvollziehbar das mit dem Geld ist, es darf nicht der Grund für fehlenden Milieuschutz sein. Die Bezirke müssen daher gezielt finanziell und personell vom Land unterstützt werden.
Ein wichtiges Anliegen, das im Antrag noch fehlt, ist die Notwendigkeit des einheitlichen Vorgehens in Berlin. Alle Bezirke sollten bei Verdacht oder nachgewiesener Verdrängung verbindliche Schritte gehen, Untersuchungen beauftragen und Empfehlungen dann auch umsetzen. Die aktuelle Zahl und Verteilung der Milieuschutzgebiete zeigt aber, dass das bei Weitem nicht so ist. In Pankow gibt es zehn solcher Gebiete, in Friedrichshain-Kreuzberg sieben, in Tempelhof-Schöneberg drei, in Mitte eins, weitere werden geprüft, in Treptow-Köpenick soll nach langem Hin und Her, wo übrigens die Grünen keine glückliche Rolle gespielt haben, nun im Kummerkiez doch ein Milieuschutzgebiet eingeführt werden.
Aber wo bleibt Neukölln? Wo bleibt Lichtenberg? – Neukölln hat nun endlich und wohl fast zu spät für den Reuterkiez eine Untersuchung beauftragt, für Kaspelkiez und Weitlingkiez in Lichtenberg weiterhin Fehlanzeige. Dabei drängt die Zeit überall in der Stadt, z. B. in Tempelhof-Schöneberg. Hier hat das Bezirksamt schnell gehandelt. Es zeigt sich am aktuellen Fall Großgörschen-/ Katzlerstraße, wie wichtig der Erlass eines Milieuschutzgebiets ist. Wenigstens Luxusmodernisierungen und – wenn die Umwandlungsverbotsverordnung zügig kommt – auch die Umwandlung von Miet- in Eigentums
wohnungen könnten dann ausgeschlossen werden, allerdings nicht die Gefahr, dass ein neuer Eigentümer die Mieten durch übliche Modernisierungsmaßnahmen in die Höhe treibt. Da helfen nur eine Neuregelung für allgemeine Mieterhöhungen und die Streichung der Modernisierungsumlage in der bisherigen Form auf Bundesebene. Und ob das angesichts des Theaters um die Mietpreisbremse in dieser Legislaturperiode noch zustande kommt, daran habe ich meine Zweifel.
Ein Milieuschutzgebiet kann nicht alles heilen, aber es wäre in Verbindung mit anderen Instrumenten ein wichtiger Baustein für eine soziale Stadtentwicklung. Die Linke regt daher an – das ist jetzt wieder etwas für Sie, Frau Spranger, zum Handeln –: Die Ausreichung von Städtebaufördermitteln der sozialen Stadt für Maßnahmen in Sanierungsgebieten und für integrierte Stadtentwicklungskonzepte sollte an die Ausweisung von Milieuschutzgebieten oder andere geeignete Konzepte zur Mietendämpfung gebunden werden. Das würde vielleicht das einheitliche Handeln der Bezirke befördern.
Weil Sie gerade das Thema Treptow-Köpenick aufgerufen haben, muss ich doch mal fragen: Ist Ihnen denn bekannt, dass die Grünen in Treptow-Köpenick einen Antrag für mehr Milieuschutz im Karl-Kunger-Kiez eingebracht haben und Die Linke daraus Prüfaufträge gemacht hat?
Es ist nur so, dass in den unterschiedlichen Zählgemeinschaften jeweils unterschiedliche Meinungen zu Milieuschutzgebieten existieren, dass es beim Karl-Kunger-Kiez sehr lange gebraucht hat, insbesondere eine Initiative der Mieterinnen und Mieter, und dass es nun endlich auf einem guten Weg ist. Das war dann mit den Stimmen von