Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Bitte! Der Redner hat das Wort, meine Damen und Herren!

Vielen Dank! –

Aber allein der Umstand, dass Hindenburg und Ludendorff es abgelehnt haben, Waffenstillstandsverhandlungen mit den Alliierten zu führen, um diese Aufgabe den Politikern zu übertragen, obwohl dies völlig unüblich und eine Finte war, um jegliche Verantwortung zurückzuweisen und die eigenen Hände in Unschuld zu waschen, ist skandalös.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Ich zitiere weiter:

Insofern ist die Zeit weiterhin längst reif – um nicht zu sagen überreif –, diesem Typen

dem alten Herrn, der für so manche schlagende Verbindung auch heute noch einer jener sein mag –

der de facto in seiner Militärzeit bei der Obersten Heeresleitung der bis dato vorletzte Diktator war, die Ehrenbürgerwürde zu entziehen.

Leider ist wohl die Koalitionsräson größer als das Bedürfnis, an dieser Stelle zu einem gütlichen Ende für die Stadt Berlin zu kommen und diesen schwarzen Fleck in der Historie der Ehrenbürger zu bereinigen. Das wäre eine klassische Gewissensentscheidung, die wir hier ohne Fraktionsdisziplin abstimmen sollten. Das wird hier vermutlich heute nicht passieren, obwohl die Koalition durch eine unterschiedliche Abstimmung in dieser Frage nicht gefährdet würde. Das ist mehr als schade.

(Dr. Uwe Lehmann-Brauns)

Zumindest einen Änderungs- oder Ersetzungsantrag mit einem konstruktiven Kompromiss, zum Beispiel die Liste der Ehrenbürger Berlins nach neuesten historischen Erkenntnissen fachlich überprüfen zu lassen, hätte ich mir von der SPD gewünscht. Frau Kollege Lange hat angedeutet, dass diese Überlegungen existieren. Leider ist die Zeit anscheinend immer noch nicht reif dafür. Von unserer Seite aus wäre sie das. Das wäre an der Stelle für uns ein durchaus unterstützenswerter Kompromiss gewesen. Aber auch diese Minimalbewegung hat es zu meinem Bedauern hier nicht gegeben. Damit wird diese Angelegenheit vermutlich für eine weitere Legislaturperiode auf Eis gelegt werden.

Herr Kollege Dr. Lehmann-Brauns! Auch ein Golo Mann kann irren. Übrigens würde sich Marlene Dietrich wohl im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste, mit wem sie zusammen auf einer Ehrenbürgerliste steht.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Die Piratenfraktion wird daher diesem Antrag nahezu vorbehaltlos zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Antrag Drucksache 17/1690 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen Die Linke, die Grünen und die Piraten. Gegenstimmen? – SPD, CDU und der fraktionslose Kollege. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 13 steht auf der Konsensliste.

Der Tagesordnungspunkt 14 stand ebenfalls auf der Konsensliste, soll nun aber doch aufgerufen werden:

Lfd. Nr. 14:

Polnisches Atomprogramm – Berlin unterstützt Bewegung gegen Polens Einstieg in die Nutzung der Atomenergie

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2111

Eine Beratung ist weiterhin nicht vorgesehen. Zu dem Antrag wird nun die Überweisung federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und mitberatend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 15 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 16 war bereits Priorität der Fraktion Die Linke unter der Nr. 3.5. Der Tagesordnungspunkt 17 ist wiederum auf der Konsensliste.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 18:

„7 000-Euro-Schulsanierungsprogramm“ für Bezirke umsetzbar machen

Antrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2123 Neu

Der zunächst nur von der Fraktion Die Linke eingebrachte Antrag Drucksache 17/2123 ist zurückgezogen worden. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. – Frau Kittler! Bitte schön, Frau Kollegin. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich war gerade noch in der Schockstarre ob des Abstimmungsergebnisses der SPD.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Dr. Manuel Heide (CDU): Setzen Sie sich ein bisschen hin, ruhen Sie sich ein bisschen aus!]

Jede Berliner Schule kann zwar seit dem Jahr 2013 7 000 Euro jährlich aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm für kleinere Sanierungsarbeiten beantragen, worüber viele Schulleiterinnen und Schulleiter froh waren. Aber was nützt die beste Absicht, Schulen Möglichkeiten zu eröffnen, wenn es dann keine Chance gibt, sie umzusetzen? Die meisten bezirklichen Stadtentwicklungsämter sind mit der Umsetzung des 7 000-EuroSchulsanierungsprogramms aufgrund der Personalsituation überfordert. Wir haben es hier mit einer klassischen Auswirkung des Personalsparens „bis es knirscht“ zu tun. Auf den Schreibtischen der übrig gebliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ämtern türmen sich die zu bearbeitenden Anträge und Akten.

Einige Bezirke haben dafür eine Vermeidungsstrategie entwickelt, die dem entspricht. Da entscheidet dann eben das Amt gleich selbst, wie die Mittel, vor allem gebündelt, in der Regel verwendet werden. Oder ein Bezirk, der die Idee eigentlich gut findet, dass Schulen selbst über die Mittel entscheiden, verkündet, dass er wegen Personalmangels lieber auf die Gelder verzichte. Dann kommt aus der Senatsverwaltung weder mehr Personal noch Hilfe in Form der Abschaffung von hoch bürokratischen Antragsverfahren, sondern die Drohung vom Finanzsenator: Wenn ihr diese Meinung innerhalb von vier Wochen nicht ändert, finden wir schon wen, der das Geld dann haben will. – Das konterkariert meines Erachtens die von mir unterstellte gute Absicht der geschaffenen Möglichkeit, und die Schulen werden in ihren Handlungsspielräumen aus rechtlichen Gründen behindert, schnell und unkompliziert Mittel abzurufen.

In der Beantwortung der Anfrage des Kollegen Langenbrinck zum Thema mit dem schönen Titel: „Jetzt mal

(Philipp Magalski)

Butter bei die Fische“ kann ich zwar erkennen, dass die Mittel für das gesamten Schul- und Sportstättensanierungsprogramm ausgeschöpft wurden, aber nicht in allen Bezirken und, wie von mir schon dargestellt, eben auch nicht für das sogenannte 7 000-Euro-Programm. Das muss sich endlich ändern. Also machen wir mal endlich Butter bei die Fische!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wir fordern deshalb, die Antragstellung für die Schulen und damit auch die Bearbeitung zu entbürokratisieren und zu vereinfachen. Über das fehlende Personal wird in der Haushaltsdebatte zu reden sein, wobei Verwaltungsleiterinnen und -leitern die Kompetenz zugetraut werden sollte, dass sie Aufträge auslösen können, wodurch die Schulleitungen entlastet werden könnten.

Wir meinen, dass in diesem Zuge auch gleich über die Aufgaben von Hausmeisterinnen und Hausmeistern nachgedacht werden sollte. Ich kann mich jedenfalls noch an Zeiten erinnern, in denen kleinere Reparaturen oder Erneuerungsarbeiten von den Hausmeisterinnen und Hausmeistern selbst erbracht werden konnten. Dies sollte auch wieder ermöglicht werden. Es kann doch nicht wahr sein, dass Fenster nicht mehr geöffnet werden können, weil das gefahrlos nicht mehr möglich ist und sie einem entgegenfallen, obwohl der Hausmeister das schnell reparieren könnte. Das darf er aber nicht, denn es könnten ja Haftungsprobleme auftreten. Es muss eine Firma beauftragt werden, und das kann ja schließlich dauern.

Ein System von Vertragswerkstätten würde zudem eine schnelle Reaktion bei akuten Problemen ermöglichen und wiederkehrende Ausschreibungen unnötig machen. Diese Vertragswerkstätten könnten jeweils vor dem neuen Doppelhaushalt vom Bezirksamt ausgeschrieben werden, und es könnte jeweils für die Dauer des Doppelhaushalts eine Vertragsbindung erfolgen. Jede Schule könnte auf diese Firmen für spezifische Sanierungsaufgaben zugreifen, ohne immer noch drei Angebote einholen zu müssen etc. Kurzum: Beraten wir das zügig in den Ausschüssen, und helfen wir den Schulen und Bezirken!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion jetzt der Kollege Nolte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ursprünglich von der Linken formulierte Antrag vom 2. März 2015 hat den Titel: 7 000-Euro-Schulsanierungsprogramm für Bezirke umsetzbar machen. – Das ist ja nur

ein kleiner Teil dessen, was wir an Schulsanierungsprogrammen in Berlin vorhaben. Um einmal die Gesamtaufgabe deutlich zu machen, vor der alle Beteiligten in diesem und im kommenden Jahr stehen, will ich auflisten, welche Mittel für Schulsanierung in Berlin zur Verfügung stehen. Da ist zum einen neu: 12 Millionen Euro für Sanitäranlagen aus den BAföG-Mitteln, da ist neu: 76 Millionen Euro aus dem Sondervermögen „Infrastruktur der Wachsenden Stadt“, da ist der Teil von den 64 Millionen Euro aus dem schon bekannten Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm, wozu auch dieses 7 000-Euro-Programm gehört. Und da sind natürlich die Mittel, die jetzt schon in den Bezirken für die bauliche Unterhaltung zur Verfügung stehen. Ich komme auf etwa 200 Millionen Euro, die da an Mitteln zur Verfügung stehen – Herr Schneider sprach vorhin von 250 Millionen Euro. Wie auch immer – 200 Millionen Euro sind etwa 2 Prozent des Gebäudewerts der Berliner Schulen, und das ist eben der Anteil, den man braucht, um die Infrastruktur erhalten zu können.

Es ist Priorität der Koalition und des Senats, den Sanierungs- und Modernisierungsstau, den wir in Berlin haben, abzubauen, und zwar möglichst zügig. Wir haben deshalb Ende letzten Jahres das Sondervermögen „Investitionen in die Wachsende Stadt“ geschaffen, um hier einen großen Schritt voranzukommen. Wir haben gesagt: Künftig sollen Haushaltsüberschüsse zur Hälfte in den Schuldenabbau und zur Hälfte in diese Investitionen einfließen. – Ich hoffe, dass wir uns im Parlament einig sind, nicht nur den Investitionsstau abzubauen, sondern auch künftig dabei mitzuhelfen, dass wir im Rahmen der Haushaltswirtschaft Überschüsse erzielen, um weiterhin die Hälfte davon für den Abbau des Investitionsstaus einsetzen zu können. Ziel des Senats ist es jedenfalls, dieses Programm schnell und unbürokratisch umzusetzen. Das ist für den Senat und die Bezirke eine Herausforderung, sicherlich auch für die Berliner Immobiliengesellschaft und andere Beteiligte. Die Zeit drängt. In diesem Jahr sind bereits drei Monate vergangen. Aber wir wollen, wie gesagt, 200 Millionen Euro umsetzen, und damit in diesem Jahr beginnen und das im nächsten Jahr abschließen.

Zweitens: Der Antrag stammt nicht umsonst vom 2. März 2015. Das ist ja ungefähr ein Monat, nachdem die Kreuzberger Stadträtin Borkamp öffentlich erklärt hat, dass sie die 380 000 Euro, die dem Bezirk für seine 54 öffentlichen Schulen zustehen, nicht ausgeben kann und dem Senat zurückgeben möchte. Angeblich, so die Stadträtin, fehle ihr eine Stelle für die Umsetzung des Programms im Bezirk. Wenn also die Umsetzung des Programms an einer Stelle im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hängt, dann ist das ein Armutszeugnis für den Bezirk.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Das ist eine Bankrotterklärung für dieses grün dominierte Bezirksamt, wenn sich der Bezirk als Schulträger für diese kommunale Aufgabe nicht zuständig erklärt oder sagt, er könne sie nicht mehr erfüllen.

(Regina Kittler)

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gleich! – Und ich halte es, ehrlich gesagt, auch für einen Treppenwitz, dass die Linken – deren Antrag ich durchaus mit Wohlwollen sehe – den Verursachern dieses Antrags auch noch erlauben, dem Antrag beizutreten. Das ist eine Haltet-den-Dieb-Mentalität. Sie haben es mit Ihrem grünen Bezirksamt sozusagen eingebrockt, und jetzt sagen Sie, dass andere schuld sind und helfen müssten.