Vielen Dank, Frau Kollegin Breitenbach! – Für die SPDFraktion spricht jetzt Kollege Lehmann. – Ich erteile ihm das Wort – bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich beeile mich etwas, ich habe nämlich nur drei Minuten Redezeit.
Im vorliegenden Antrag der Fraktion Die Linke geht es um Teilhabe und Perspektive auf selbstbestimmte Existenzsicherung geflüchteter Menschen. Wir diskutieren diesen Antrag vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen. Ich sage Ihnen aber auch, Frau Breitenbach: Es ist doch wohl logisch, dass das eine oder andere mit den Haushaltsberatungen zusammenhängen muss. Das kann nur ein erster Aufschlag sein. Viele Dinge müssen dann weiterentwickelt werden.
Inhaltlich geht der Antrag bei wesentlichen Forderungen nicht über das hinaus, was schon seit Längerem Zielsetzung des Senats ist, von ihm verfolgt und auch bereits in Teilen durch entsprechende Maßnahmen und Aktivitäten unterstützt wird.
Vorgestern hat der Senat – Sie haben eben schon darauf hingewiesen – die Darlegungen der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen bezüglich zusätzlicher Maßnahmen zur Förderung der Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit im Jahr 2015 zur Kenntnis genommen. Mit diesen Maßnahmen reagiert der Senat kurzfristig auf die steigende Zahl von Geflüchteten in Berlin und auf die jüngsten Rechtsänderungen, die Asylsuchenden und Geduldeten einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.
Jetzt möchte ich ganz gern auf die neun Punkte eingehen – das kommt sonst sicher zu kurz –, um die Dimension hier zu erkennen: Erstens Erhöhung der Zahl der Integrationslotsinnen und -lotsen an Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen von elf auf 27 berlinweit, zweitens Ausbau des Angebots des Landes Berlin für Deutschsprachkurse bei den Berliner Volkshochschulen für diejenigen, die von den Integrationskursen des Bundes ausgeschlossen sind, drittens schrittweise Einsetzung von zwölf Bildungsberaterinnen und -beratern, die die Geflüchteten in den Sprachkursen aufsuchen, sie über berufliche Möglichkeiten und Unterstützungsangebote informieren und sie gegebenenfalls zur vertieften Beratung an zuständige bzw. spezialisierte Stellen verweisen, dies sind zum Beispiel Arbeitsagenturen, Jobcenter,
viertens muttersprachliche Unterstützung speziell zur beruflichen Orientierung und Integration von geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt, fünftens Einrichtung einer Anlaufstelle von Geflüchteten und Betrieben bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen zu allgemeinen Fragen der Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchteten, sechstens Finanzierung von zusätzlichen Plätzen im Rahmen des Programms „Ausbildung in Sicht“ zur Herstellung der Ausbildungsreife von geflüchteten Jugendlichen, siebtens Erweiterung und Verstetigung des Projektes Arrivo – auch davon haben wir schon gesprochen –, achtens Einrichtung von zusätzlichen außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete im Jahr 2015 im Rahmen des Berliner Ausbildungsplatzprogramms und neuntens die Einrichtung der Koordinierungsstelle bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, die zu einer weiteren Öffnung der Regelinstitutionen für die spezifischen Anliegen von Geflüchteten sowie zu einer engeren Abstimmung der Unterstützungsangebote der verschiedenen Akteure beitragen soll.
Da kann man nicht sagen, dass das nichts ist. Das ist ein Neun-Punkte-Programm, in dem unwahrscheinlich viel drin ist. Ich danke nicht nur dem Senat, ich danke besonders der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, dass sie ein solches in der Bundesrepublik bisher einzigartiges Maßnahmepaket auf den Weg bringt. Das ist ein Erfolg, meine Damen und Herren!
Meine Redezeit läuft bereits ab. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass der Antrag der Linken keine neuen Impulse setzt. Deshalb werden wir in den Beratungen so mit ihm umgehen und ihn, wenn er so bleibt, ablehnen. – Damit vielen Dank fürs Zuhören!
Danke schön, Kollege Lehmann! – Die Kollegin Breitenbach hat um eine Kurzintervention gebeten. – Bitte sehr!
Lieber Herr Lehmann! Sie haben jetzt hier tatsächlich und ungelogen nichts anderes gemacht, als die Pressemitteilung der Senatorin eins zu eins vorzulesen. Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber wir hatten sie alle gestern schon gelesen.
Was Sie allerdings offensichtlich nicht gelesen haben, ist unser Antrag, denn zu dem haben Sie überhaupt gar kein Wort gesagt. Und ich, Herr Lehmann, habe übrigens in keinem Wort gesagt und auch niemand meiner Fraktion, dass das, was die Senatorin vorgelegt hat, nichts ist, sondern wir haben gesagt: Wir glauben nicht, dass es reicht, was der Senat hier vorgelegt hat. – Darüber können wir uns streiten.
Was ich allerdings von einer parlamentarischen Debatte erwarte – und das gilt auch für so ein Teilzeitparlament –, ist, dass sich die Abgeordneten, die hier sind, wenigstens zu den Anträgen positionieren, die ihnen hier vorgelegt werden, und dass wir darüber eine politische Debatte führen. Was Sie gemacht haben, ist ein Armutszeugnis.
Danke schön! – Kollege Lehmann! Sie wollen bestimmt antworten. Deshalb erteile ich Ihnen auch das Wort, erneut.
Ich wollte an dieser Stelle noch mal darstellen, was hier tatsächlich bisher schon geleistet worden ist. Es ist doch wohl selbstverständlich, wenn ich das hier so unterstütze und letzten Endes auch den Dank ausspreche. Dass meine Fraktion dahintersteht, das ist doch wohl selbstverständlich. Mit Ihrem Antrag, Frau Breitenbach, werden wir uns im Ausschuss noch befassen.
Das ist doch überhaupt keine Frage. Ich habe nur gesagt, dass dieser Antrag zu kurz springt. Deshalb habe ich noch mal alle Maßnahmen aufgezählt. Das muss doch wohl erlaubt sein. – Danke schön!
Danke schön! – Jetzt hat die Kollegin Bayram das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Lehmann! Das kann man machen, was Sie hier machen. Ob man es machen muss und ob Sie sich und Ihrer Senatorin damit einen Gefallen tun, das bezweifle ich nachhaltig.
Tatsächlich ist es ja so, dass wir den Antrag auch noch im Ausschuss beraten werden und dass Sie dann noch mal die Gelegenheit erhalten werden, zu den Aussagen Ihrer Senatorin zu schweigen. Das ist ja leichter, als hier die Rede nur auf die Pressemitteilung zu reduzieren.
Wie dem auch sei, eigentlich ist das ein sehr ernstes Thema, nämlich eines, das für viele Leute in dieser Stadt darüber entscheidet, nicht nur, wie ihr Alltag ist, sondern auch, wie ihre Zukunft ist. Ich pflichte da meiner Kollegin Frau Breitenbach bei, dass weder sie noch ich Arrivo oder Early Intervention kritisieren. Warum sollten wir auch? Es geht ja darum, dass das Ansätze sind, die nicht falsch sind, aber die einfach, gemessen an den Zahlen, völlig unzureichend sind und insoweit natürlich keine Antwort auf die Herausforderungen in dieser Stadt bieten, wie tatsächlich die Situation der geflüchteten Menschen ist und wie die Situation, halt arbeiten zu dürfen oder eine Arbeit zu bekommen, in dieser Stadt ist.
Das heißt, zu dem Thema „Hürden abbauen“ haben weder Ihre Senatorin, Herr Kollege Lehmann, noch Sie irgendetwas gesagt. Zu den Arbeitsverboten haben Sie nichts gesagt. Wir haben vor einiger Zeit hier diskutiert, dass die Arbeitsverbote jetzt reduziert wurden, aber sie bestehen nach wie vor. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich kriege immer wieder Anfragen von Menschen, die sagen: Ich würde gerne jemanden einstellen, aber weil dieser nachrangige Arbeitsmarktzugang besteht, gibt es diese Möglichkeit nicht. – Das heißt, weil die Hürden so hoch sind, auch durch Bundesrecht, müssen wir uns doch hier im Land besonders anstrengen, damit für die Menschen etwas dabei herumkommt.
Ein wesentlicher Schlüssel – den hat Frau Breitenbach auch schon angesprochen – ist der Sprachkurs. Wenn nur ein Bruchteil der Menschen, die eine Maßnahme bekommen können oder sollen, durch einen Sprachkurs in den Stand versetzt wird, muss man sich ernsthaft fragen, ob dieses Maßnahmenbündelchen, wie ich es genannt habe, das Frau Kolat vorgelegt hat, überhaupt geeignet ist, dass man darüber spricht, dass das eine Lösung für die geflüchteten Menschen in dieser Stadt bedeutet.
Deswegen noch mal: Arbeit für geflüchtete Menschen ist nicht nur wichtig, weil sie damit von ihrer eigenen Hände Arbeit ihren Unterhalt bestreiten können, nicht mehr in diesen schrecklichen Heimen wohnen müssen, sondern es ist auch wichtig, weil es der Zugang zur Partizipation ist. Sie können bei der Arbeit mit verschiedenen Menschen in Kontakt kommen, können ihre Sprachkenntnisse ausbauen. Also es ist fundamental wichtig. Und wenn uns das allen so klar ist, dann kann uns das nicht genügen, was die Senatorin in ihrer Pressemitteilung vorgelegt hat, was Herr Lehmann hier lediglich wiederholt hat, sondern dann müssen wir uns mit den guten Ansätzen, die im
Antrag der Linksfraktion stehen, beschäftigen. Da hoffe ich auf den Ausschuss, dass wir ein bisschen mehr in die Substanz gehen als in der Veranstaltung heute.
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort Herr Kollege Dr. Korte. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Gast! Die unsichere Lage in verschiedenen afrikanischen Mittelmeerstaaten und im Nahen Osten verhindert eine sichere Prognose der Asylbewerberzahlen, jedoch rechnet man für das Jahr 2015 allein in Berlin mit mindestens 20 000 Neuanträgen auf Asyl. Es ist davon auszugehen, dass etwa zwei Drittel der Antragsteller im erwerbsfähigen Alter sein werden. Aber noch aus einem anderen Grund ist Arbeit für Asylberechtigte ein aktuelles Thema. Gleichzeitig mit der überfälligen Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten wurde der Zugang von Asylbewerbern und Geduldeten zum Arbeitsmarkt erleichtert und beschleunigt, eine Regelung, die sich jetzt in der Praxis bewähren muss.
Uns ist auch klar – und dazu hätte es Ihres Antrags nicht bedurft –, dass es nicht mit dem Recht, eine Arbeit aufzunehmen, getan ist. Es muss noch eine Reihe von Rahmenbedingungen erfüllt werden. Dazu gehören eine vernünftige Beratung, eine Berufsorientierung gerade für die Jüngeren und die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen.
Schutzbedürftige Asylsuchende, deren Asylantrag bewilligt wurde, bleiben u. U. längerfristig oder gar für immer bei uns. Gerade ihnen soll die eigenständige Existenzsicherung ermöglicht werden. Das liegt in unser aller Interesse, und es ist das erklärte Ziel dieser Koalition, den als schutzbedürftig Anerkannten auch praktisch beim Zugang zu Arbeit und Beschäftigung zu helfen, durch die schnellere Anerkennung vorhandener Qualifikationen aus den Herkunftsländern, durch Beratungsleistungen, etwa der der Integrationslotsen, durch Sprachkurse und durch den Erwerb zusätzlicher Qualifikation.
Die Berlinerinnen und Berliner waren und sind bereit und entschlossen, schutzbedürftigen Menschen zu helfen. Aber gerade weil wir auch wirksam helfen wollen, müssen wir, genau wie das der Bundesinnenminister bei der Zuwanderungskonferenz in Berlin in der vergangenen Woche in großer Deutlichkeit getan hat, auch über die zahlreichen Menschen sprechen, die unser Land erreichen und die eben nicht schutzbedürftig im Sinne des Asylrechts sind, weil sie nicht politisch verfolgt sind oder weil ein Asylverfahren in einem anderen Dublin-Staat läuft.
Bei diesen nach dem Asylrecht Nichtschutzbedürftigen geht es eben nicht um das Thema „ankommen, teilhaben, bleiben“, wie es im Titel Ihres Antrags heißt. Hier ist Ehrlichkeit gefordert, die Ehrlichkeit auszusprechen, dass unser großzügiges Asylrecht eben nur mit einem konsequenten und schnellen Rückkehrmanagement funktionieren kann, und zwar effektiver als bisher, ob es um die Herkunftsstaaten geht oder bei Dublin-Überstellungen, aber auch die Ehrlichkeit zu sagen, dass der Berliner Arbeitsmarkt eben nicht unbegrenzt aufnahmefähig für Arbeitskräfte ohne berufliche Qualifikation ist. Diese Ehrlichkeit schulden wir den Wählerinnen und Wählern, aber wir schulden sie auch und gerade den Menschen, die zu uns kommen, denn es ist unsere Verantwortung, sie nicht über Perspektiven der Zuwanderung zu täuschen und vor allem keine zusätzlichen Fluchtanreize zu setzen.
Die Koalition und der Senat haben bereits erste konkrete Schritte für den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt auf den Weg gebracht. 820 000 Euro zusätzlich, 27 Integrationslotsen mehr – eine Verdopplung der aktuellen Stellen –, zwölf Bildungsberater, Ausbildungsinitiative „Arrivo Berlin“ soll perspektivisch auf 100 Plätze ausgeweitet werden: All das wurde schon genannt und brauche ich hier nicht im Einzelnen zu wiederholen.
Unterm Strich vermisse ich bei dem Antrag die grundsätzlich neuen Ansätze und Impulse, solche, die über die geleistete Unterstützung des Senats hinausgehen. Es wurde schon mehrfach und richtig gesagt: Bei den Haushaltsberatungen werden wir Gelegenheit haben, uns noch im Einzelnen darüber zu unterhalten, was wie und in welchem Umfang sinnvoll ausgeweitet werden kann. Wie wir die Integration der Schutzbedürftigen auch durch besseren Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern können, das sollten wir bei der Beratung des Antrags in den Ausschüssen im Einzelnen erörtern. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Kollege Dr. Korte! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Kollege Reinhardt. – Bitte sehr!
Vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Sicherheitsdienst! Ich denke, das Wichtigste ist eigentlich schon gesagt worden. Letztendlich ist auch das wieder ein zeitlos schöner und richtiger Antrag der Linksfraktion. Es geht um Partizipation, es geht um Arbeit und Bildung: Themen und Bereiche, in denen Nachholbedarf herrscht. Da sind sich im Grunde auch alle einig.
Bei Gesprächen mit geflüchteten Menschen in Berlin stellt man zum einen sofort fest: Die wollen arbeiten. Das ist wirklich sehr deutlich. Ich habe manchmal das Gefühl,