Protokoll der Sitzung vom 07.05.2015

Das alles spricht nicht für einen respektvollen und wertschätzenden Umgang – zumindest nicht in einem ausreichenden Maß –, aber der sollte zumindest drin sein. Ab morgen – die Kollegin Burkert-Eulitz hat es auch schon gesagt – wird erstmals bundesweit in den Sozial- und Erziehungsdiensten für gute Arbeit, gute Leute und gutes Geld gestreikt. Das ist ein Novum und Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins in dieser Berufsgruppe. Dass in Berlin aktuell nicht flächendeckend gestreikt wird, liegt nur daran, dass unsere Beschäftigten nicht den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, sondern den Tarifvertrag der Länder haben, der gerade nicht verhandelt wird – wenn sie denn überhaupt einen Tarifvertrag haben. Wenn also in Berlin nicht flächendeckend gestreikt wird, dann heißt das nicht, dass nicht auch hier viel mehr drin sein müsste. Übrigens stimmt es nicht, dass nicht gestreikt wird. Gerade letzte Woche streikten die Beschäftigten der AWO pro:mensch gGmbH, eines Trägers, der Kitas, soziale und Jugendarbeit betreibt, und im März streikten die Erzieherinnen unserer kommunalen Kitaeigenbetriebe, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ruhe ist hier auch nicht im System.

Wir loben uns hier in Berlin für eine Inanspruchnahme bei der frühkindlichen Förderung von über 96 Prozent der Kinder. Von den kleinsten, den unter Dreijährigen, besuchen 48 Prozent eine Kita. Das ist fast die Hälfte. All diese Kinder sind die längste Zeit ihres wachen Tages in der Einrichtung. Also sollte die gute Qualität, die nur durch gute personelle und sächliche Ausstattung gewährleistet werden kann, spürbar wichtiger sein, als sie es jetzt ist. Wir unterstützen deshalb die Forderungen des Kitabündnisses, über die wir hier sicher bald noch im Detail diskutieren werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Kollegin Möller! – Für die CDUFraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Goiny. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema, das wir heute diskutieren, nämlich die Vergabe von Grundstücken an Kitaträger, ist ein sehr schöner, praktischer Anwendungsfall der neuen Liegenschaftspolitik.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau!]

Der Kollege Nolte hat bereits darauf hingewiesen. Wir haben uns ja entschieden, im Rahmen der neuen Lie

(Katrin Möller)

genschaftspolitik zu gucken, ob nicht das Halten von Grundstücken und die Nutzung von Grundstücken eine sinnvolle Alternative zum Verkauf sein können. Wir als CDU-Fraktion haben in der Vergangenheit diesen Verkauf für einen Euro – da waren wir noch in der Opposition – durchaus deutlich kritisiert. Die Regelung, die jetzt im Hauptausschuss verabredet worden ist, dass man nämlich sagt: Wir nehmen auch mal das Instrument des Erbbaurechts und gucken uns an, welche Träger es in der Kitalandschaft gibt, denen wir dann entsprechend die Grundstücke im Erbbaurechtswege übertragen können –, ist meines Erachtens eine sehr gute Lösung. Die Details hat ja der Kollege Nolte schon sehr ausführlich vorgestellt. Deswegen kann ich mich da ein bisschen kürzer fassen.

Für uns ist wichtig, dass wir hier eine Regelung haben, mit der wir jetzt umgehen können, was entsprechende Träger anbetrifft, die hier solche Grundstücke für eine Kitanutzung erwerben wollen. Uns ist aber auch wichtig – das hat Kollege Nolte eben schon betont; ich möchte aber auch noch einmal darauf hinweisen –, dass wir auch für die Altfälle, die wir haben, eine Regelung gefunden haben und die Bezirke hier noch einmal abgefragt werden, wie es aussieht und ob es in den Bezirken Träger gibt, denen ein entsprechender Verkauf zugesagt worden ist, die im Vorgriff auf diesen Verkauf bereits Investitionen getätigt haben und bei denen ein Vertrauenstatbestand entstanden ist und auf die wir diese Regelung analog anwenden wollen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Remlinger?

Nein! Ich würde auch gern im Zusammenhang ausführen, da ich die große Chance habe, sehr schnell fertig zu sein und dies in allseitigem Interesse ist. Wir haben das auch schon im Hauptausschuss diskutiert, Frau Kollegin Remlinger.

Wir erwarten bis zur Sommerpause einen Bericht, wie die Abfrage aussieht. Wir können uns dann im Hauptausschuss damit befassen, welche Altfallregelungen wir dann noch haben, die wir unter den eben schon geschilderten Voraussetzungen in diese Regelungen einbeziehen wollen.

Die Kitalandschaft in Berlin sowie die Träger, die wir an der Stelle haben, haben nun die Möglichkeit, Grundstücke in einer modifizierten Weise, in einer Weiterentwicklung der Ein-Euro-Regelung im Erbbaurechtsweg zu übernehmen. Damit sind der Betrieb und die Finanzierung möglich. Wir glauben, dass damit auch der Trägervielfalt und dem steigenden Bedarf an Kitaplätzen ein guter Dienst erwiesen ist. Wir haben damit eine Regelung

geschaffen, die zeigt, dass unsere neue Liegenschaftspolitik tatsächlich zu guten und praktischen Ergebnissen führt. Wir werden das Thema im Hauptausschuss weiter verfolgen und in der Umsetzung gemeinsam mit der SPD arbeiten.

Unter den hier geschilderten Prämissen sehen wir keine Notwendigkeit, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen und werden ihn demzufolge ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Kollege Goiny! – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Herberg. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde über diesen Antrag gesprochen, allerdings nicht im Hauptausschuss, sondern im Unterausschuss Vermögensverwaltung, dort auch ausführlich. Es ist eigentlich schade, dass der Finanzsenator nicht anwesend ist. Er hat aber gerade Wichtigeres bei diesem Punkt zu tun; es ist ein rein fiskalisches Thema.

Dass viel über die Kitaagenda und Ähnliches gesprochen wurde, hat mit dem hier zugrunde liegenden Antrag nicht viel zu tun, weil es in dem Antrag einzig und allein darum geht,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was ist denn mit der freien Rede? – Christian Goiny (CDU): Frei erfunden!]

ich halte doch eine freie Rede –, dass Grundstücke für 1 Euro oder im Erbbauvertrag für Kitanutzer zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Unterausschuss Vermögensverwaltung wurde uns dargelegt und auch im Protokoll festgehalten, dass der Senat exakt das tut. Die Rede, die jetzt gerade gehalten wurde, passt nicht mit den Aussagen von Jochen Esser zusammen. Ich zitiere aus dem Hauptausschuss: Er findet es schön, dass der Antrag zwar abgelehnt, aber im Prinzip doch entsprechend vorgegangen wird.

[Torsten Schneider (SPD): Bravo!]

Das ist auch nicht böse gemeint. Ich habe mich sehr darüber gewundert, dass der Antrag zur Priorität angemeldet worden ist. Wenn man über die Kitaagenda reden will, hätten wir beispielsweise auch einen Fachpolitiker zu diesem Thema nach vorn geschickt. Es ist aber ein finanzpolitisches Thema angemeldet. Ich kann jetzt hier nicht über die Kitaagenda sprechen und auch nicht auf Ihre Positionen eingehen, die Sie vorgetragen haben, weil es mit dem Antrag nichts zu tun hat.

Es gibt sogar einen Grund, warum wir ihn inhaltlich ablehnen müssen, weil in dem Antrag als erster Satz steht,

(Christian Goiny)

worüber wir hier einstimmig die Entscheidung getroffen haben, dass wir das nicht mehr haben wollen: Die EinEuro-Kita. Das bedeutet, dass für 1 Euro verkauft wird. In der gesamten Runde, in sämtlichen im Ausschuss geführten Debatten, haben alle Fraktionen betont, dass das Land Berlin nichts mehr verschenken soll,

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Alexander Morlang (PIRATEN)]

weil es keine Möglichkeit gibt, das vertraglich festzusetzen. Wir werden in der nächsten Zeit die ersten Probleme damit haben, dass bei den ersten Grundstücken die Vertragsbindungen auslaufen werden. Zurzeit kann man mit Kitas noch ordentlich Rendite machen.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Das ist doch der totale Quatsch!]

Wenn man mit Kitas keine Rendite mehr machen kann, werden die ersten auf die Idee kommen, diese Grundstücke umzuwidmen. Das können Sie als Quatsch betiteln, das machen Investoren in Berlin aber jeden Tag mit Grundstücken, die das Land Berlin in der Vergangenheit an Investoren und ähnliche Gruppen auch zu sozialen Zwecken übertragen hat. Wir haben hier immer alle – damals war ich noch nicht dabei, aber viele von Ihnen, die dabei waren – gute Intentionen dabei gehabt.

[Beifall von Monika Thamm (CDU)]

Das Problem an der Sache ist, dass man gute Intentionen mit Verkäufen nicht auf Dauer festbinden kann. Irgendwann werden diese Grundstücke an Leute verkauft, die nichts mit diesen sozialen Zwecken zu tun haben wollen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Kollege Herberg! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Remlinger?

Nein! Ich gestatte keine Zwischenfrage. Das hätten wir im Ausschuss diskutieren können.

[Torsten Schneider (SPD): Die Grünen sind sich ja selbst uneinig! – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Das hat Jochen Esser im Ausschuss getan. – Die Ablehnung resultiert einfach und allein daraus, dass diesem Verkauf nicht mehr zugestimmt werden kann. Wenn es der erste Satz im Antrag ist – man kann es darauf zurückführen, dass dort ein „oder“ steht –, schreibe ich es dort nicht hinein, sondern bringe einen Änderungsantrag ein. Sie haben selbst gesagt, dass es im Erbbaurechtsvertrag in Ordnung ist, der Ein-Euro-Verkauf aber nicht mehr. Dann hätte man den Antrag ändern und ihm auch zustimmen können. So aber, wie der Antrag aktuell ist, könnten Sie

dem selbst eigentlich gar nicht mehr zustimmen, weil Sie selbst die Ein-Euro-Kita nicht mehr haben wollen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe – Lachen von Torsten Schneider (SPD)]

Nein! Sie müssen auch eingestehen, dass Sie es hätten tun können, wenn Sie über die Kitaagenda reden wollen würden. Es ist Ihre Priorität. Sie hätten einen Antrag schreiben und diesen ganz normal in den Geschäftsgang einbringen und ihn von ganz hinten auf der Tagesordnung zu Ihrer Priorität machen können. Dann hätten Sie hier darüber reden können; dann hätten hier auch alle Fachpolitiker gesprochen und nicht Herr Nolte, Herr Goiny und ich. Dann hätte ich Ihnen nicht diesen Blödsinn an den Kopf werfen müssen. Daran sind Sie ganz allein selbst schuld.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Es ist Ihre Entscheidung, wer bei Ihnen spricht! – [Beifall bei den PIRATEN, bei der SPD und der CDU – Torsten Schneider (SPD): Bravo!]

Vielen Dank, Herr Kollege Herberg! – So, nun legt sich die Begeisterung bitte wieder. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/1957 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich gegen Grüne und Linke die Ablehnung auch mit geändertem Berichtsdatum 31. Mai 2015. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Grüne und Linke. Wer ist dagegen und empfiehlt damit die Ablehnung? – Das sind die Regierungskoalition und die Piraten. Letzteres war die Mehrheit. Somit ist der Antrag abgelehnt.

[Torsten Schneider (SPD): Da sind die Piraten mal regierungsfähiger als die Grünen und die Linken! Das hätte ich nicht gedacht!]

Oh, vielen Dank!

Jetzt kommen wir aber trotz allem zur

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 12

a) Kein Einsatz von V-Leuten bei Polizei und Verfassungsschutz in Berlin

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 20. April 2015 Drucksache 17/2229