Protokoll der Sitzung vom 25.06.2015

Vielen Dank, Herr Buchholz! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schäfer. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anfang 2013 sollte der Entwurf für ein Energiewendegesetz fertig sein – so sagte Michael Müller 2012. Es hat jetzt sechsmal so lange gedauert, aber er ist endlich da. Wir

(Daniel Buchholz)

haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsdefizit in Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Jetzt wollen wir mal gucken, was dieser Gesetzentwurf ändert. Er soll das bestehende Berliner Energiespargesetz novellieren. Das Energiespargesetz verpflichtet den Senat, alle vier Jahre ein Landesenergieprogramm mit Maßnahmen vorzulegen. Ich frage mich, warum der Senat kein solches Programm vorgelegt hat. Warum haben wir seit 2010 kein gültiges Landesenergieprogramm mit Maßnahmen zum Klimaschutz? Ich frage mich: Sollte der Senat nicht ein solches Programm vorlegen, statt ein Gesetz, in dem steht, dass erst der nächste Senat ein solches Programm vorlegen soll? Das ist zu wenig, Herr Geisel!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Dann steht im Energiespargesetz: Zur Erfolgskontrolle der Maßnahmen soll der Senat jedes Jahr einen Energiebericht vorlegen. Dieser Senat hat noch keinen einzigen Energiebericht zur Erfolgskontrolle vorgelegt. Stattdessen schreibt er einen Gesetzentwurf, in dem steht, dass der nächste Senat Monitoringberichte zur Erfolgskontrolle machen soll. Das ist zu wenig, Herr Geisel!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dann steht im Energiespargesetz: Der Senat ist verpflichtet, einen Energiebeirat mit Experten zu haben. Warum haben wir diesen Energiebeirat aktuell nicht? Warum haben wir keinen Klimaschutzrat, Herr Geisel? Stattdessen setzen Sie uns einen Gesetzentwurf vor, in dem steht, der nächste Senat soll einen Sachverständigenrat einrichten. Das ist zu wenig, Herr Geisel!

[Beifall bei den GRÜNEN]

In diesem Gesetz stehen auch einige Paragrafen, die im alten Gesetzentwurf nicht stehen: Der Senat soll einen Maßnahmenplan zur CO2-neutralen Verwaltung machen. Ich frage mich, Herr Geisel: Warum haben Sie den nicht gemacht? Warum legen Sie uns einen Gesetzentwurf vor, in dem steht, der nächste Senat soll einen solchen Maßnahmenplan machen? Sie legen uns einen Gesetzentwurf vor, in dem steht, der nächste Senat soll Sanierungsfahrpläne für öffentliche Gebäude machen. Warum machen Sie das nicht einfach selbst? Warum soll alles erst der nächste Senat machen? Das sollten Sie uns mal erklären. Aber leider bringen Sie den Gesetzentwurf nicht einmal selbst ein.

Dann steht in diesem Gesetzentwurf – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin –:

Der Senat setzt sich auf Bundesebene für die Umsetzung der Energiewende in Deutschland ein.

Brauchen Sie dazu ein Gesetz, Herr Geisel? Warum sagen Sie denn nichts, wenn die Kohleabgabe des Bun

deswirtschaftsministers unter Beschuss ist, wenn das einzige Instrument, das uns noch halbwegs realistisch zum Klimaziel führen kann, von Vattenfall und der IG BCE gekillt wird? Warum sind Sie da leise? Brauchen Sie ein Gesetz, das Sie dazu auffordert, da Farbe zu bekennen? Das ist doch ein Armutszeugnis, Herr Geisel!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buchholz?

Ja, sehr gerne!

Bitte, Herr Buchholz!

Verehrter Kollege! Nach Ihren neunmalklugen Bemerkungen frage ich:

[Zurufe von der LINKEN]

Wie erklären Sie sich denn, dass die drei mit Grünen regierten Bundesländer Nordrhein-Westfahlen, BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz genau solche Rahmengesetze verabschiedet haben? Dort wird es offensichtlich als sehr notwendig erachtet. Warum sagen Sie und die Berliner Grünen so neunmalklug: In Berlin braucht man keine gesetzliche Verpflichtung für den Klimaschutz?

Sehr geehrter Herr Kollege Buchholz! Das sagen wir ja gar nicht.

[Daniel Buchholz (SPD): Ach!]

Wir haben sie schon, und der Senat ignoriert sie.

[Daniel Buchholz (SPD): Das ist peinlich, was Sie erzählen!]

Die Frage ist doch: Was steht in diesem Gesetz, das der Senat nicht auch ohne gesetzliche Regelung machen könnte? – Nichts! Der Senat kann alles auch ohne gesetzliche Grundlage machen. Oder andersherum gefragt: Was in diesem Gesetz verpflichtet den Senat, etwas zu tun, das auch einklagbar wäre? – Nichts! Wir haben es ja versucht. Wir haben versucht, das Energiespargesetz bzw. die jährlichen Energieberichte einzuklagen. Keiner kann das einklagen. Der Senat verletzt Gesetze, und keiner kann den Senat dazu verpflichten, diese Gesetze auch umzusetzen. Sie als SPD-Fraktion haben sich sogar geweigert, hier im Abgeordnetenhaus als Parlament den

Senat noch einmal aufzufordern, seine gesetzlichen Klimaschutzpflichten einzuhalten. Jetzt wollen Sie ein neues Gesetz verabschieden, in dem wieder nur unverbindliche Konzepte vom Senat gefordert werden. – Das ist zu wenig, Herr Buchholz!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Eine Sache ist sehr ehrlich in der Vorlage, die wir hier haben. Bei jedem Gesetz werden die Auswirkungen auf die Umwelt geprüft. Das ist eine gute Tradition, denn wir möchten sichergehen, dass Gesetze keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben. Wenn aber bei einem Energiewendegesetz unter „Auswirkungen auf die Umwelt“ steht: „Das Inkrafttreten dieses Gesetzes hat keine Auswirkungen auf die Umwelt.“ –, dann ist das zu wenig.

[Daniel Buchholz (SPD): Haben Sie den Rest gelesen?]

Herr Buchholz! Ich bin mit Ihnen einig, dass es sinnvoll ist, das Energiespargesetz zu novellieren und zu verbessern. Aber dann lassen Sie uns zusammen dafür sorgen, dass diese Verpflichtungen einklagbar sind! Lassen Sie uns zusammen dafür sorgen, dass wir dieses Gesetz noch weiter verbessern, anstatt es schnell durchzuwinken! Dieses Gesetz ist verbesserungsfähig.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Wir werden konstruktiv daran mitarbeiten, aber wir werden es nicht durchwinken. Wir wollen konkrete Verbesserungen in diesem Gesetzentwurf diskutieren. Im Wahlkampf – das sagen wir Ihnen ganz klar – werden Sie nicht damit durchkommen zu sagen: Wir haben ein Energiewendegesetz beschlossen. – Wir werden Sie daran messen, was Sie umgesetzt haben, Herr Buchholz.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Da sage ich Ihnen sehr deutlich: Wenn Sie die Stadtwerke Berlin gründen – was in dieser Legislaturperiode ja Ihre Großtat ist – und diese bis 2016 nur fünf Windräder gebaut haben sollen, dann wünsche ich Ihnen viel Spaß. Das wird auch den Berlinerinnen und Berlinern nicht reichen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Schäfer! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Garmer. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einen Gesetzentwurf mit päpstlichem Segen, wie der Kollege Buchholz bemerkt hat, hatten wir, glaube ich, in diesem Haus noch nicht. Der Klimaschutz ist neben der Versorgungssicherheit und der Bezahlbarkeit eines der wichtigsten Ziele der Energiepolitik der Koalition – nicht nur der Koalition, sondern auch andernorts. Die Europäische

Union hat daher vor zehn Jahren mit dem Emissionshandelssystem ein wirksames Instrument zur Begrenzung der CO2-Emmissionen eingesetzt. Auf Bundesebene steht in den nächsten Jahren die Ausweitung des Emissionshandels auf die Bereiche Wärme und Mobilität an. Außerdem muss der Emissionshandel auch schrittweise internationalisiert werden. Damit ist eine Europäisierung der Klimaschutzpolitik vorgenommen worden. Klimaschutz ist also seitdem nicht mehr allein auf Kiezebene oder nationaler Ebene möglich.

Das heißt aber nicht, dass wir auf der Berliner Ebene gar nichts machen können. Im Gegenteil: Es gibt viele interessante und überfällige Ansätze in den Bereichen Wärme und Mobilität. Die CDU-Fraktion begrüßt daher ausdrücklich die Vorlage des Energiewendegesetzes durch den Senat. Das vorliegende Gesetz ist ein Rahmengesetz. Darauf ist schon hingewiesen worden. Das heißt, es formuliert im Wesentlichen Ziele für die zu erreichenden CO2-Einsparungen und definiert einen Rahmen für die Erarbeitung, die Umsetzung und die Kontrolle einer Vielzahl von Maßnahmen, ohne dass alle diese Maßnahmen bereits im Detail im Gesetz festgeschrieben werden können. Dazu sind viele dieser Maßnahmen einfach zu kleinteilig. Diese Maßnahmen werden im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm festgelegt. Wir werden in den Gesetzesberatungen im Ausschuss auch über dieses BEK sprechen und auch darüber, lieber Herr Senator Geisel, wie die Einbeziehung des Abgeordnetenhauses beim BEK-Prozess sichergestellt werden kann. Wir werden sicherlich auch noch über eine Reihe von Einzelheiten im Gesetzentwurf sprechen, die noch nicht hundertprozentig optimal sind.

Besonders gut gefällt mir im Gesetzentwurf der Punkt „Vorbildwirkung der öffentlichen Hand“. Dieser Entwurf unterscheidet sich damit wohltuend von Entwürfen früherer Senate, in denen vor allem Zwangsmaßnahmen in Richtung der Bürger im Vordergrund standen. Das wollen wir nicht. Wir wissen, dass die Energiewende nicht von oben herab umgesetzt werden kann, sondern dass wir die Bürgerinnen und Bürger hierbei brauchen. Wir sind auf die Mitarbeit der Verbraucher, Mieter, Hauseigentümer usw. angewiesen. Diese Mitarbeit erreichen wir aber nur, wenn der Staat mit gutem Beispiel vorangeht, zum Beispiel im Bereich seiner eigenen Immobilien. Dies ist die Intention des vorliegenden Gesetzes und damit der richtige Weg, um beim Klimaschutz voranzukommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank Herr Dr. Garmer! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte!

(Michael Schäfer)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist ein großer Schritt für diese Koalition – und ein ganz kleiner, ein Trippelschritt für den Klimaschutz.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Man fragt sich, weshalb man für ein derartig unambitioniertes Gesetz drei Jahre brauchte.

[Heiko Melzer (CDU): Aber da geht die Sonne auf bei diesem Gesetz!]

Was legt das Gesetz fest? – Erstens, das Gesetz beschäftigt sich damit, festzulegen, was die Definition für CO2Emissionen ist. Das wird im Gesetz festgeschrieben. Ich weiß nicht, ob man dafür ein langes Mitzeichnungsverfahren braucht.