Protokoll der Sitzung vom 25.06.2015

Was legt das Gesetz fest? – Erstens, das Gesetz beschäftigt sich damit, festzulegen, was die Definition für CO2Emissionen ist. Das wird im Gesetz festgeschrieben. Ich weiß nicht, ob man dafür ein langes Mitzeichnungsverfahren braucht.

[Heiko Melzer (CDU): Was ist mit den drei Gesetzen von Frau Lompscher?]

Ich komme gleich darauf.

[Heiko Melzer (CDU): Da wird sich Frau Lompscher ärgern!]

Der zweite wesentliche Inhalt ist, dass im Gesetz festgehalten wird, was die Klimaziele des Landes Berlin bis zum Jahr 2050 sind. Das gesetzlich festzuschreiben, ist nicht verkehrt, ist in Ordnung. Das dritte große Ding ist die Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand. Auch das kann man machen, das ist okay. Es stellt sich allerdings die Frage, weshalb es für die öffentliche Hand einer Selbstverpflichtung bedarf. Was – da hat der Kollege Schäfer recht – hat den Senat, was hat die Koalition bislang daran gehindert, das, was in dieser Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand formuliert ist, nicht schon längst in die Tat umzusetzen? Weshalb gibt es keinen Sanierungsfahrplan für die öffentlichen Gebäude mit dem Ziel der energetischen Sanierung und einer Energieeffizienz? Das ist ein Thema, das Sie längst hätten angehen können. Dazu benötige ich kein Gesetz. Wenn sich ein Senat drei Jahre lang damit beschäftigt, einen derartig dünnen Gesetzentwurf zu entwickeln und mit den Verwaltungen abzustimmen – ich weiß nicht, wer da alles im Mitzeichnungsverfahren noch irgendwelche Einwände gehabt hat und die diskutieren wollte – und dann feststellt, dass man ein Rahmengesetz macht, in dem über das, was die eigentliche Arbeit angeht, gesagt wird: Das fangen wir jetzt an. –, dann ist das völlig unambitioniert und bleibt weit hinter den Anforderungen zurück.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das spricht nicht dagegen, all das zu beschließen, was Sie hierin formuliert haben, aber das sagt gleichzeitig: Nichts von dem, was Sie hätten tun können, haben Sie bisher getan – und es bleibt weit hinter den Anforderungen zurück.

Lieber Herr Melzer!

[Heiko Melzer (CDU): Hier bin ich!]

Ich weiß, ich sehe Sie doch, ich weiß doch, dass Sie da sind. Ich wollte Sie nur direkt ansprechen, weil Sie mir vorhin so nett zugerufen haben. – Die bisherigen Gesetzentwürfe, in der letzten und in der vorletzten Legislaturperiode, sind alle nicht zur Verabschiedung gekommen

[Daniel Buchholz (SPD): Nicht ins Parlament!]

nicht ins Parlament gekommen, oder nicht verabschiedet worden –, weil man sich in diesen Gesetzen der Aufgabe gestellt hat oder versucht hat, der Aufgabe zu stellen, verbindliche Ziele und auch Verpflichtungen festzulegen,

[Heiko Melzer (CDU): Eine Gängelung sollte das sein!]

die auch für andere Sektoren und nicht nur für die öffentliche Hand gelten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Das ist zugegebenermaßen schwierig. Aber Sie haben sich in dieser Legislaturperiode dieser Aufgabe gar nicht mehr gestellt, sondern dieses Thema auf Rechtsverordnungen oder einen späteren Zeitraum verlagert. Deshalb sage ich: Das ist völlig unambitioniert. Ich weiß aus den vergangenen beiden Legislaturperioden, wie schwierig das ist. – Der Kollege Buchholz nickt. – Ich finde aber, an diesem Thema müssen wir weiterarbeiten, denn mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Privaten – seien es private Haushalte, seien es private Unternehmen – und der reinen Fortschreibung von Klimaschutzvereinbarungen werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Deshalb sage ich: Das ist ein erster kleiner Schritt. Dann werden wir aber noch über weitere Schritte diskutieren müssen, und vor allem müssen weitere Schritte gegangen werden.

Lassen Sie mich aber noch einen Punkt ansprechen: Wir müssen auch darüber reden, ob die jeweiligen Energie- und Klimaschutzprogramme, die hier in jeder Legislaturperiode verabschiedet werden sollen, nicht auch Parlamentsbeschlüsse werden sollten. Ich finde – das haben wir auch in der Enquete-Kommission diskutiert –, dass die Frage der Energiewende und des Klimaschutzes ein generationenübergreifendes und auch fraktionsübergreifendes Thema ist, und deshalb wird es zentral sein, darüber einen möglichst breiten Konsens herzustellen. Deshalb werden wir versuchen, darüber in der Ausschussberatung noch einmal zu diskutieren und anzuregen, dass man das Ganze auf breitere Füße stellt – unabhängig davon, welche Regierung gerade in welcher Legislaturperiode regiert.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Mayer – bitte!

[Torsten Schneider (SPD): Es sollten immer auch die mietenpolitischen Sprecher das Wort haben!]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen! Werte Gäste! Der vorliegende Entwurf zur Umsetzung der Berliner Energiewende und zur Förderung des Klimaschutzes in Berlin ist wichtig, nötig und grundsätzlich zu begrüßen. Aber, wie meine Kollegen von der Opposition bereits richtigerweise bemerkt haben, fehlt es dem Entwurf weitgehend an verbindlichen und überprüfbaren Zielen. Die gibt es tatsächlich nur bei den CO2-Emissionen. Damit bleibt das Gesetz leider weit hinter dem zurück, was der Bund bereits vorgelegt hat. Im Bund haben wir klare Ziele für den Anteil erneuerbarer Energien im Strom- und Wärmebereich, auch im Transport- und Verkehrssektor, klare Ziele für die Senkung des Primärenergieverbrauchs und -bedarfs, für die Senkung des Strom- und Wärmebedarfs und für die Rate der energetischen Modernisierung von Gebäuden – sowohl der öffentlichen als auch der privaten. Davon findet sich hier im Gesetz einfach nichts.

[Martin Delius (PIRATEN): Unerhört!]

Mit solchen Zielen wäre es klarer, wie denn diese Klimaschutzziele eigentlich erreicht werden sollen. Das könnte man auch hineinschreiben, nämlich durch Energiesparen, Erhöhung der Energieeffizienz, Entwicklung erneuerbarer Energien und eines nachhaltigen Verkehrs. So schwierig ist das alles eigentlich doch gar nicht.

[Beifall bei den PIRATEN]

Warum es jetzt im Gesetz so sehr an quantifizierbaren Zielen mangelt, führe ich wohlwollend darauf zurück, dass der Senat noch auf die Empfehlungen der EnqueteKommission warten möchte, und nicht darauf, dass er sich nicht zutraut, klare Ziele zu setzen, weil er befürchtet, diese nicht erreichen zu können.

Weitere Defizite im Gesetz betreffen die Einbindung von Akteuren aus der Gesellschaft. Dazu ist zwar einiges enthalten, was die Wirtschaft tun soll, wie sie sich selbst verpflichten soll, aber wie des Weiteren Verbände, Wissenschaft oder private Bürger beteiligt werden sollen, dazu findet sich eher wenig. Wir wünschen uns, dass dieses Gesetz konkret die Rahmenbedingungen für die in der Energiewende engagierten Bürger verbessert. Dafür kann man sicher noch sehr viel mehr tun. Denn die zahlreichen Initiativen, Energiegenossenschaften, Bürgerwindparks, Investitionen in die energetische Modernisierung oder der eigenen Immobilien, all das sind Dinge, ohne die die Energiewende nicht zu haben ist. Ein breites Einbeziehen der Bürger ist wichtig für die Akzeptanz der Energiewende. Wenn Sie jetzt sagen: Das ist nur ein Rahmengesetz. –, frage ich, warum denn darin so konkre

te Dinge wie das Verbot elektrischer Direktheizungen stehen. Das gehört dann tatsächlich auch nicht dort hinein. Das passt alles nicht wirklich zusammen.

Zusammengefasst: Das Gesetz ist ein begrüßenswerter erster Schritt, muss aber dringend verbessert werden. Die Verbesserung sollte aus unserer Sicht vor allem auf den Vorschlägen und Empfehlungen der EnqueteKommission basieren, deren Endbericht nach gegenwärtiger Planung im November vorliegen wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Mayer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2340

Erste Lesung

In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat Herr Abgeordneter Verrycken. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu einer guten Nachricht. Es gibt im Jahr 2017 aller Voraussicht nach einen Feiertag: Am 31. Oktober 2017 jährt sich der mutmaßliche Anschlag der 95 Thesen an der Schlosskirche in Wittenberg durch den Theologen und Mönch Martin Luther. Es wird breit diskutiert in der theologischen Welt, ob sie tatsächlich dort angeklebt oder nur verbreitet worden sind. Wesentlich für uns als Parlament ist sicherlich die Tatsache, dass diesem Ereignis ein Akt des Verwaltungsversagens zugrunde liegt. Dieser Mönch Martin Luther hatte bereits am 31. März einen Brief an zwei Bischöfe im Land geschrieben – an den von Mainz und an den von Magdeburg – und innerhalb von sieben Monaten keine Antwort bekommen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Wie bei uns! – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Wie beim Senat! – Weitere Zurufe]

Dies hat dazu geführt, dass diese große Welle ausgelöst worden ist, die letztendlich zur Kirchenreformation geführt hat und die tatsächlich einen Prozess des Um

denkens im kirchlichen Bereich in Deutschland, in Europa und darüber hinaus ermöglicht hat.

Im Jahr 2012 gab es den Beschluss der Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer, mit dem man sich darauf verständigt hat, dass in allen Bundesländern 2017 ein Feiertag ausgerufen werden soll. Bis auf NordrheinWestfalen sind wir, glaube ich, jetzt das einzige Bundesland, das diesen Akt formal noch nicht vollzogen hat. Insofern ist heute der richtige Zeitpunkt, dies zu tun.

Es handelt sich an der Stelle nicht um einen kirchlichen, sondern um einen symbolischen Akt der Würdigung einerseits der kirchlichen Erfolge dieses Mönchs und Theologen und andererseits auch seiner gesellschaftspolitischen Bedeutung, denn ohne die Reformation sähen Deutschland und Europa sicherlich anders aus.

[Unruhe]

Herr Abgeordneter! Ich darf Sie kurz unterbrechen. – Meine Damen und Herren! Ich bitte darum, das Hintergrundgeräusch etwas zu senken.

[Uwe Doering (LINKE): Ist doch auch ein packendes Thema! – Weitere Zurufe]

Ich glaube, Sie wissen, was ich meine. –

Es ist ein Big Point, auf jeden Fall. Da haben Sie völlig Recht, und deshalb ist natürlich die Aufmerksamkeit an der Stelle besonders groß.

Aber wir kommen auch zu den Schattenseiten.

[Uwe Doering (LINKE): Oh!]

Denn in der Tat ist Martin Luther ein wichtiger Mensch für die Reformation gewesen, aber gleichzeitig sind auch die Schattenseiten zu beleuchten. Martin Luther ist in seinen ganzen Schriften, Thesen und Reden ein Mensch gewesen, der einen massiven Antijudaismus an den Tag gelegt hat. Wenn ich den Kirchenhistoriker Matthias Kaufmann zitieren darf:

Luthers Hinweis auf die Qualität des jüdischen Blutes, sein Urteil über die erpresserische Wucherei, das vermeintliche Wissen um Giftmordanschläge und anderes mehr speiste sich aus allerlei trüben Rinnsalen eines spezifisch vormodernen Antisemitismus.