Jetzt wird aber auf der anderen Seite der Kirche dieser Fehler eins zu eins wiederholt, und, liebe Frau Haußdörfer, erzählen Sie uns doch nicht, dass wir heute genau wie 2011 wegschauen und uns mit bautechnischen Neuerungen zufriedengeben können, obwohl jetzt schon klar ist und von allen Fachleuten prognostiziert wird, dass auch dies wieder zu Rissen und zu Schäden an der Kirche führen wird! Ich kann mich deshalb nur den Forderungen anschließen und sagen: Ganz klar Baustopp und Rücknahme der Baugenehmigung für alle noch nicht begonnenen Baumaßnahmen! – Selbstverständlich brauchen wir eine Kostenbeteiligung an den Schäden, und ich finde, wir brauchen grundsätzlich einen Verzicht der Tiefgaragen an dieser Stelle, egal, ob von links oder rechts geplant.
Sie haben recht, wenn Sie sagen: Solange die Kirche noch steht, sollte man alles dafür tun, um für ihren Erhalt zu kämpfen. – Ob das noch zu reparieren ist, das ist leider heutzutage die Frage, sollte uns aber natürlich zu denken geben für alle weiteren Baudenkmäler, die betroffen werden könnten, wie z. B. die Matthäikirche, das Magnus-Haus und viele andere. Nur weil die Stadt wächst, nur weil viel Neues entsteht, darf das nicht bedeuten, dass dadurch automatisch die alte Stadt zerstört wird!
Insbesondere den Fans, die für eine historische Rekonstruktion in der historischen Mitte, gerade auf dem Rathausforum, plädieren und sich hier eine Urbanisierung, einen Rückbau der Stadt wünschen, kann man nur sagen: Lernen Sie endlich anhand des Beispiels der Friedrichswerderschen Kirche, und tun Sie der Marienkirche nicht das Gleiche an, was Sie der Friedrichswerderschen Kirche angetan haben!
Na ja, liebe Kollegen! Ich glaube, hier ist eben schon so viel Richtiges von vielen Seiten gesagt worden, sowohl von Frau Haußdörfer als auch von Frau Kapek, dass ich mich relativ kurz fassen kann. Ich glaube, der große Fehler an diesen Anträgen ist, dass sie in weiten Teilen das geltende Baurecht wiedergeben. Insofern weiß ich nicht, warum man diese Anträge verabschieden sollte. In der Tat, wenn wir uns über die Vergangenheit unterhalten, dann kann man sich über verschiedene Dinge streiten, darüber, ob man das heute noch einmal so machen würde. Das Thema dieses Bebauungsplans war ein besonderes Anliegen unseres damaligen Senatsbaudirektors. Es ist weitestgehend – ebenso wie die kritische Rekonstruktion der Stadt – von uns kritischer begleitet worden als von anderen Fraktionen, obwohl ich zugebe, dass wir auch im Verlass auf das, was uns damals gesagt worden ist, diesem Bebauungsplan zugestimmt haben. Frau Kapek! Dass Sie gegen diesen Bebauungsplan waren, ist kein besonderes Qualitätszeichen, weil ich mich an kaum einen Bebauungsplan erinnern kann, bei dem Sie sich nicht zumindest der Stimme enthalten haben, insofern ist das nicht so die große Schwierigkeit.
[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Heidi Kosche (GRÜNE): Zu Recht! – Benedikt Lux (GRÜNE): Schlechtes Erinnerungsvermögen! – Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]
Ach, Verzeihung! Wir hatten in Adlershof so drei grüne Bebauungspläne, da haben Sie dann entsprechend zugestimmt.
Herr Dr. Heide! Weil ich mich so gut an die damalige, letzte Sitzung am Legislaturperiodenende erinnern kann: Möchten Sie leugnen, dass Frau Schneider damals ganz klar auf die Risiken dieser Bebauung hingewiesen hat und keine, auch nicht Ihre Fraktion bereit war, sich weiter an dieser Debatte zu beteiligen und ihr zumindest Gegenargumente entgegenzuhalten?
Ich weiß nur, dass es damals eine Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit einer gewissen Senatorin Lompscher gab, die mit Sicherheit über mehr Herrschaftswissen und mehr Ansatzpunkte verfügt hätte als die entsprechenden Abgeordneten.
Zweitens gab es damals – das hat Herr Spallek auch in der letzten Ausschusssitzung noch einmal bestätigt – ein statisches Gutachten eines vereidigten Prüfstatikers, dass die Errichtung dieser Gebäude ohne eine entsprechende Beeinträchtigung der Bausubstanz möglich ist. Ich habe immer die Schwierigkeit, wenn es Baufachleute gibt, die ausgewiesene Fachleute sind, und mir sagen, das geht, dass ich dann als dummer Jurist sage: Nein, dieser Fachmann irrt – und ich habe die allgemeine Weisheit gepachtet. Insofern finde ich schon, dass man sich auf derartige fachliche Expertisen verlassen können muss, auch wenn sie hier offensichtlich fehlerhaft gewesen ist.
Insofern gehe ich davon aus, dass bei der neuen Bebauung, die dort erfolgt, durch die Senatsverwaltung noch einmal expressis verbis geprüft wird, dass sichergestellt ist, dass ein Gutachten erstellt wird, das nicht die Fehler wiederholt, die beim letzten Gutachten gemacht worden sind. Dann hoffe ich, dass wir eine vernünftige Bebauung hinbekommen.
Zum Thema Marienkirche kann ich Ihnen nur sagen: Sicherlich wird man sich darüber unterhalten müssen, was die Marienkirche in ihrer Umgebung verträgt und was nicht. Ob man wieder auf drei Meter heranrücken muss, um den mittelalterlichen Stadtgrundriss zu haben,
oder ob man jetzt auf andere Verkehrswege ausweichen kann, aber trotzdem von der kleinteiligen Struktur her die entsprechende Siedlungsstruktur erhält, darüber wird man
sich unterhalten können. Es gibt eine Vielzahl von Diskussionen über die Gestaltung der Mitte. Ich glaube, dass die Wiederherstellung eines annähernden Stadtgrundrisses, wie wir ihn auch auf der anderen Seite haben, die damals von der DDR sozusagen wiedererbaut worden ist, sicherlich ein Stück Qualität ist, über das man miteinander debattieren muss. Nichtsdestotrotz muss auch sichergestellt werden, dass diese Denkmale weiter erhalten bleiben. Aber unter uns gesagt: Sie werden mir doch heute nicht erklären wollen, dass es so, wie es heute in dieser Wüste aussieht, mit dieser Kirche, die da etwas einsam an den Straßenrand gedrängt worden ist, eine glückliche Situation ist, die dieser Kirche und der historischen Mitte der Stadt gerecht wird. Das können sie doch nicht ernsthaft meinen.
Insofern wird es Sie nicht verwundern, wenn wir aufgrund der Argumente, die ich Ihnen eben genannt habe, Ihren Antrag ablehnen werden. – Vielen Dank!
[Wolfgang Brauer (LINKE): Das war ein Lehrstück in elementarer Logik! – Michael Braun (CDU): Das kommt jetzt!]
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Dr. Heide! Ich hoffe, dass Sie die Kirche nicht abbauen und woanders wieder aufstellen wollen. Das hörte sich hier fast so an. Das können wir nicht zulassen! Baumeister, Architekt und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel brachte nämlich den Klassizismus nach Preußen, und nur wenige seiner Bauwerke überlebten die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und am besten erhalten blieb eben jene Friedrichswerdersche Kirche, die erste neogotische Backsteinkirche Berlins. Dies nur noch einmal, um die Einzigartigkeit dieses Bauwerks hervorzuheben.
Auch vor dem Krieg gab es hier Wohnbebauung, und auch deshalb wurde Ende der Neunzigerjahre vom Abgeordnetenhaus beschlossen, dass dort auch wieder Wohnen ermöglicht wird, allerdings in einem Abstand und in einer Höhe, wie sie zuvor nicht existiert hatten. Die Bebauung ist um vier Etagen höher als die Vorkriegsbebauung. Die Kirche wird nun zwischen den Neubauten eingekeilt werden. Seit drei Jahren sind die Türen der Kirche geschlossen, keine Besichtigung ist mehr möglich, die Ausstellung ist eingelagert, kein Blick kann sich mehr an ihr erfreuen. Zwar sind Sicherungen angebracht worden, sodass weitere Schäden sofort an die Bauleitung der Firma Bauwert, die gegenüber Wohnungen im hochpreisigen Segment, versteht sich, baut, gemeldet werden können, aber dass es überhaupt noch zu diesen Schäden
kommt, nachdem man das gleiche Problem 2012 schon einmal auf der anderen Seite mit der herannahenden Bebauung hatte, das halte ich für einen Skandal.
Selbst wenn zwischen der Firma Bauwert und der Kirche als Besitzer Vereinbarungen getroffen worden sind, dass die Schäden ersetzt und finanziell getragen werden sollen, sind hier substanzielle baukulturelle Werte betroffen, die sich finanziell gar nicht ersetzen lassen. Ein Riss wird gefüllt, der nächste entsteht, die Risse bleiben, nur die Statik wird gesichert, das Kunstwerk wird sukzessive zerstört.
Bei keiner Baumaßnahme sind Schäden ganz grundsätzlich auszuschließen. Allerdings gehen wir davon aus, dass Schäden in dieser Größenordnung nicht passieren.
Nun sind sie aber passiert, und sie passieren immer noch. Deshalb lasst uns doch bitte, bitte wenigstens aus diesem Umstand einmal lernen! Bei der St.-Hedwigs-Kathedrale wird auch deshalb gerade besonders aufgepasst, meine ich, auch wenn es da auch schon knapp geworden ist, teilweise mit der Verankerung und auch mit dem Abstandhalten, vor allem aber, wenn es bald an die Entwicklung des Rathausforums geht – da steht die Marienkirche noch frei, und ich hoffe, dass das so bleibt.
Wenn schon immer mehr Kirchen schließen müssen und anderen Nutzungen zugeführt werden, wenigstens die bauliche Substanz muss doch erhalten bleiben können. Das muss uns wenigstens gelingen.
Um das noch einmal zu betonen: Hier steht nicht in erster Linie der Bezirk Mitte durch die Bauaufsicht in der Pflicht, der kann an dieser Stelle nur Juniorpartner sein. Das hat Bezirksstadtrat Spallek im Kulturausschuss so dargestellt. Nein, der Senat ist es, der an dieser Stelle den B-Plan geschaffen hat. Das war zwar 1999 der Senat Diepgen V, aber das entbindet Sie ja nicht von Ihrer Verantwortung, nein es verpflichtet Sie vielmehr, die Risse, die die Fehler der Vergangenheit verursachen, bestmöglich zu kitten, Herr Senator.
Die vorliegenden Anträge können zwar auch keine Fehler aus der Vergangenheit ungeschehen machen, aber bieten zumindest die Möglichkeit, sowohl die Informationspolitik über Denkmale im Bereich der Baugestaltungsverordnungen historisches Zentrum im Allgemeinen zu verbessern als auch das Mögliche zu tun, um das Baudenkmal Friedrichswerdersche Kirche zu retten und schnellstmöglich für die Öffentlichkeit zurückzugewinnen, bevor es zu
Ich bitte jetzt kurz um Ihre Aufmerksamkeit. Im Ältestenrat gab es Übereinstimmung darin, dass die Anträge an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss überwiesen werden. Zusätzlich beantragt die Fraktion Die Linke die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt. Dem wird widersprochen. Das heißt, darüber lasse ich zuerst abstimmen. Wer der zusätzlichen Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das ist die Koalition. Enthaltungen? – Bei Bündnis 90/Die Grünen!
Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.