Vielen Dank, Herr Baum! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer nun dem Einzelplan 05, Inneres und Sport, unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Hauptausschusses gemäß Drucksache 17/2600 und den Auflagenbeschlüssen des Hauptausschusses Nummern 39 bis 42 vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen, dann ist das angenommen.
Ich verknüpfe dies mit der Beratung über die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nummer 43 bis 49 in der Drucksache 17/2600. In der Rederunde beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kohlmeier. – Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Generaldebatte heute Morgen haben die Oppositionsfraktionen und insbesondere Herr Delius, ich zitiere, die „Sinnhaftigkeit unseres Wahlkampfhaushaltes“ infrage gestellt. Die Oppositionsfraktionen diskreditieren damit meines Erachtens die wichtige Arbeit von uns Fachpolitikern, denn das, was heute hier im Haus beschlossen wird, ist letztendlich der Haushalt der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz und der weiteren Verwaltungen, und das bestimmt bekanntermaßen für die nächsten zwei Jahre die Tätigkeit der Verwaltungen.
Es ist keine Frage von Sinnhaftigkeit, es ist eine Frage von Notwendigkeit, um das Zusammenleben in unserer Stadt zu regeln. Das können Sie politisch falsch finden, liebe Kollegen von der Opposition, aber ich frage mich ernsthaft, warum Sie zum Beispiel bei der Finanzierung der Gewaltschutzambulanz die Sinnhaftigkeit pauschal infrage stellen. Das enttäuscht mich, lieber Kollege Delius, denn es war auch Ihre Fraktion, die die Finanzierung der Gewaltschutzambulanz als notwendig angesehen hat.
Die Koalitionsfraktionen haben in diesem Haushaltsplan für die Gewaltschutzambulanz 530 000 Euro zusätzlich zu dem Senatsplan eingestellt, sodass in diesem Jahr 730 000 Euro für die Gewaltschutzambulanz zur Verfügung stehen, um das Angebot zeitlich auszuweiten und um vertrauliche Spurensicherung anzubieten.
Kollege Buchholz ist hochbegeistert. Der Tierschutzbeauftragte hoffentlich auch. – Die Referendare sollen 100 Euro mehr im Monat bekommen. Das Verwaltungsgericht bekommt vier zusätzliche Stellen, weil wir von steigenden Asylverfahren ausgehen. Es gibt ein Pilotprojekt „Digitalisierung und Intranet im Berliner Strafvollzug“. Zusätzlich 100 000 Euro werden für die Verbraucherschutzzentrale Berlin bereitgestellt. Es wird eine Erhöhung der Anwärterbezüge geben, und die Mobilfunkunterdrückung in den Justizvollzugsanstalten wird ausgebaut.
Das alles sind Maßnahmen, die meines Erachtens von der Opposition begrüßt werden müssten. Da dürfte es eigentlich keinen politischen Dissens geben, und trotzdem werden wir gleich bei den Reden von den Grünen, den Linken und den Piraten erleben, was gefordert wird: Alles zu wenig, hätte mehr sein können, könnte früher finanziert werden, hätte schneller kommen müssen, könnte besser gemacht werden, und Sie haben bestimmt noch fünf andere von diesen Formulierungen auf Lager. Viel „hätte“ und „könnte“, liebe Kollegen von der Opposition, nur von „hätte“ und „könnte“ können weder die Gewaltschutzambulanz noch die Referendare und die Verbraucherschutzzentrale leben.
Und liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, „hätte“ und „könnte“ habe ich hier im Haus auch noch nicht getroffen.
Wen ich getroffen habe, das sind engagierte Fachpolitiker der Koalitionsfraktionen gewesen, die darum gestritten haben, was die beste Finanzierung und die besten Projekte für den Justiz- und Verbraucherschutzhaushalt waren. Ja, wir haben miteinander gestritten, aber immer menschlich, fair und freundschaftlich. Aber so ist nun mal eine Koalition, und so funktioniert eine Koalition: Wer nicht streitet, der lebt nicht mehr.
Bei den Verhandlungen mit den Koalitionspartnern ergeben sich selbstverständlich auch Projekte, für die sich der eine oder andere Koalitionspartner mehr eingesetzt hat. Sie können und Sie werden garantiert gleich die Drogenspürhunde kritisieren, die wir finanzieren. Auch ich habe mich vor fünf Jahren, als es einen entsprechenden Vorschlag der hier noch bestehenden FDP in diesem Hause gab, gegen die Drogenspürhunde ausgesprochen, und wir haben das als rot-rote Koalition damals abgelehnt. Aber ich muss auch anerkennen, dass es weiterhin Drogen im Gefängnis gibt und dass diese Drogen genauso üblich
sind wie außerhalb der Gefängnismauern. Und ich sehe die Chance, dass Drogenspürhunde den Drogenkonsum und den Drogenhandel im Gefängnis einschränken. Ich sehe die Chance, dass das Einbringen von Drogen ins Gefängnis erschwert wird. Dafür sage ich: Ja, lasst es uns probieren, und lasst uns in zwei Jahren bei den nächsten Haushaltsberatungen schauen, ob die Entscheidung richtig war, die wir heute hier getroffen haben.
Ich will eine weitere Entscheidung ansprechen, die uns in zwei Jahren beschäftigen wird. Wir haben in diesem Haushalt die Grundlage gelegt, dass das Landgericht neu organisiert wird. Die Rechtsprechung soll einheitlich in der Littenstraße in Mitte erfolgen, die Verwaltungstätigkeit einheitlich am Tegeler Weg. Die derzeitige Aufteilung, die wohl historisch bedingt ist, soll überdacht werden, und damit wollen wir eine effiziente Gerichtsstruktur für die Zukunft schaffen. Ich finde, dass die Rechtspolitiker der Koalitionsfraktionen hier gute Entscheidungen getroffen haben, und dass die Justiz und der Verbraucherschutz mit unserer Entscheidung sehr zufrieden sein können.
Ich möchte mich zum Abschluss zunächst bei meinem Koalitionspartner, hier insbesondere Cornelia Seibeld und Sven Rissmann, für die immer gute Atmosphäre und das manchmal gute Essen bedanken, was wir in der Haushaltsberatung miteinander genossen haben.
Ich bedanke mich bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Koalitionsfraktionen, Herrn Dittmer, der dahinten sitzt, und Herrn Reiner Zisgen für die Unterstützung und Umsetzung unserer Ideen. Ich bedanke mich bei Frau Neskovic von der Piratenfraktion, die sich vehement im Rechtsausschuss für die Gewaltschutzambulanz eingesetzt hat. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern des Hauses, insbesondere bei Frau Dr. Reiter, für die Arbeit und Unterstützung im Ausschuss. Und schlussendlich selbstverständlich der wichtigste Dank an die haushaltspolitischen Sprecher der Fraktion, Torsten Schneider und Herrn Goiny, dass unsere Vorschläge in der letzten Lesung, in der Abschlussrunde der Haushaltspolitiker, durchgekommen sind und dort bestätigt wurden. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Kohlmeier! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat nun der Herr Abgeordnete Delius. – Bitte!
Ich habe schon gehört, alles privat bezahlt, insofern hat der Rechnungshof damit auch nichts zu tun. – Herr Kollege Kohlmeier! Da Sie die Hälfte Ihrer Rede darauf aufgebaut haben, was Sie glauben, von mir gehört zu haben, will ich das mal kurz alles entkräften. Zum einen habe ich nicht von einem Wahlkampfhaushalt gesprochen. Das haben die anderen. Das Wort habe ich explizit ausgelassen. Das ist aber nicht so wichtig. Sie haben über die Gewaltschutzambulanz geredet. Ich habe Sie dafür gelobt, dass nun endlich eine vernünftige Finanzierung dafür da ist. Was heißt in dem Fall vernünftig? – Nicht auskömmlich. Erstens ist die Gewaltschutzambulanz mit den Mitteln, die Sie eingestellt haben, nur als Tagesambulanz, nämlich mit Öffnungszeiten zwischen 8 und 12 Uhr und 12 und 16 Uhr, glaube ich, zu betreiben. Zweitens machen Sie keine Angebote für Opfer sexualisierter Gewalttaten. Die sind aber unbedingt notwendig, um eine vernünftige Gewaltschutzambulanz und vor allen Dingen eine vertrauliche Spurensicherung zu machen.
Und das war mein Kritikpunkt. Sie bieten keine vernünftige vertrauliche Spurensicherung an. Das können Sie mit den finanziellen Mitteln überhaupt nicht, und das bedeutet, dass Sie Schlusslicht im Bundesvergleich sind. So, und das können Sie gerne noch mal versuchen zu entkräften. Wie gesagt, wenn Sie nur die Hälfte meiner Rede verstehen und die dann als Grundlage Ihrer Rede benutzen, dann müssen Sie auch damit rechnen, dass ich Ihnen die Grundlage unter den Füßen wegziehe. – Vielen Dank!
[Anja Kofbinger (GRÜNE): Das wird davon auch nicht besser! – Torsten Schneider (SPD): Wir sind die Guten, Sie sind die Grünen!]
Lieber Kollege Delius! Sie tun mir wirklich leid, weil Sie heute doch einen sehr bescheidenen Tag haben. Sie müssen sich hier vorne hinstellen und können nicht sagen, dass das, was wir machen, hervorragend ist, dass wir der Gewaltschutzambulanz 730 000 Euro zur Verfügung stellen. Sie stellen sich hierhin und machen genau das, was ich Ihnen vorhergesagt habe. Sie stellen sich hin und sagen „hätte, müsste, könnte, sollte“. Sie sind nicht „hätte, müsste, könnte, sollte“. Freuen Sie sich über das, was wir bereitgestellt haben, und wir machen hier erheblich
[Beifall bei der SPD und der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Ich habe Ihnen erklärt, das, was Sie tun, ist nicht das, was Sie sagen!]
Vielen Dank, Herr Kohlmeier! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Behrendt. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wo sind die Konzepte für die Berliner Justiz im 21. Jahrhundert? – In diesem Haushalt sind sie jedenfalls nicht!
Der Weltpolitiker Heilmann kümmert sich gerne um die Ukrainekrise; da hat er langatmige Ausführungen im Rechtsausschuss zur Situation in der Ukraine gemacht. Dann kümmert er sich gerne um Themen, wo er überhaupt nicht zuständig ist, nämlich um die Gasnetzvergabe. Wir erinnern uns mit Schrecken daran, dass er mit dem Senator Nußbaum schon Rechtsanwaltsschreiben ausgetauscht hat, wo sie sich gegenseitig irgendwelche Äußerungen untersagen lassen wollten. Und wir erinnern uns vor allem schmerzlich an seine Giftliste zur Verschärfung des bundesrepublikanischen Asylrechts – eine verfassungswidrige Giftliste. Das Problem dabei ist, er ist überhaupt nicht zuständig. Die Justizverwaltung ist nicht zuständig. Ich würde mir gerne mal einen Justizsenator wünschen mit ähnlichem Engagement, der die Probleme der Berliner Justiz angeht.
Wo sind denn die Ideen beispielsweise, wie wir das Personal in den Berliner Gefängnissen für die multireligiöse und multikulturelle Berliner Realität fit machen? Es ist doch ein Armutszeugnis, dass auf meine Frage die Justizverwaltung mir nicht mitteilen konnte, ob wir auch nur einen einzigen Arabisch sprechenden Mitarbeiter in den Berliner Gefängnissen haben, der mögliche – das wissen wir ja nach den Anschlägen in Paris – jihadistische Rekrutierungen in den Berliner Gefängnissen überhaupt nur erkennen kann. Stattdessen gibt der Justizsenator 140 000 Euro für eine Studie aus, die auch von dem ehemaligen Bezirksbürgermeister Buschkowsky stammen könnte – er hat sie ja gestern vorgestellt. Wenig überraschend kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass es selbst in Neukölln keine Paralleljustiz gibt, und er schreibt wörtlich:
Wen hat er damit gemeint? – Wahrscheinlich die Berliner CDU, die ja große Veranstaltungen hier in diesem Haus veranstaltet über die große Gefahr Paralleljustiz, SchariaGerichte. – Ich bin ja froh, dass Sie einen vernünftigen Gutachter ausgewählt und nicht Herrn Wagner genommen haben, das hatte ich ja immer befürchtet. – Das Ergebnis des Gutachtens ist jedenfalls: vor allem in der öffentlichen Diskussion viel heiße Luft um diese Paralleljustiz. Es gibt so gut wie keine Anhaltspunkte dafür, dass es das in Neukölln oder anderen Teilen der Stadt gibt. Was es sehr wohl gibt und was zu bekämpfen ist, ist organisierte Kriminalität. Dafür brauchen wir aber kein Gutachten für 140 000 Euro.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Heidi Kosche (GRÜNE): Dafür brauchen wir einen Justizsenator!]
Trotz historisch niedriger Gefangenenzahlen möchte Senator Heilmann noch ein neues Gefängnis bauen, nämlich ein weiteres Haus in Tegel, anstatt sich mal daran zu machen, etwas dringend Sanierungsbedürftiges zu sanieren: die Uraltgemäuer in Moabit, da passiert ein kleines bisschen was; aber Haus 3 in Tegel, auch ein Gebäude aus dem 19. Jahrhundert? – Nein, wir bauen lieber neu!
Dann – das wird er ja gleich wieder machen – läuft er durch die Stadt und rühmt sich toller neuer Stellen im Justizvollzug. Bei genauerer Betrachtung erweist sich das aber als unwahr. Denn die paar neuen Stellen, die es gibt, sind für die IT-Ausstattung. Das wird kaum zur Resozialisierung beitragen, das wird kaum die Berliner Gefängnisse gewaltfreier machen. Und wir haben einen weiteren Stellenaufwuchs von zehn Stellen in der Senatsverwaltung für Justiz. Uns konnte in den Ausschussberatungen niemand plausibel machen, wofür dieser weitere Stellenaufwuchs eigentlich erforderlich ist. Wir haben keine Aufgabenzuwächse bei der Justizverwaltung, aber wir haben einen bemerkenswerten Aufwuchs von Stellen: Wir haben im Jahr 2013 in der Justizverwaltung 99 Beamte gehabt, und nach dem heute hier zu verabschiedenden Plan haben wir im Jahr 2017 127 Beamte. Das ist ein Aufwuchs um 28 Prozent, ohne – ich betone „ohne“; Verbraucherschutz ist nicht dabei – dass eine einzige Aufgabe dazugekommen wäre. Da fragt man sich, warum eigentlich? Das ist doch begründungsbedürftig. Das wurde aber nicht begründet, man kann nur mutmaßen, insbesondere bei den zehn Stellen, um die es jetzt geht, da sollen noch mal auf den letzten Drücker ein paar Parteifreunde bedient werden. Dieser Stellenaufwuchs ist schamlos!
Aber die große justizpolitische Innovation – die hat ja selbst Eingang gefunden in die Rede des Fraktionsvorsitzenden, ehemals Dr., Florian Graf – sind ja die acht Hunde im Berliner Justizvollzug. Das scheint die große Innovation zu sein, die sogar Herr Graf hier heute verkünden muss. Mich erinnert das an die Zeiten vor 1990, da hatten
wir im Ostteil der Stadt Hunde im Strafvollzug – ich bin der Meinung, dahin wollen wir nicht wieder zurück.