Vielen Dank, Herr Eggert! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Burkert-Eulitz. – Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Kita – das ist ja nichts Neues – reden wir über eine Großbaustelle mit herausragenden Herausforderungen an die Verantwortlichen und Akteure. Wer bisher hier im Haus noch nicht erkannt hat, welche Mammutaufgabe dies ist, hat in den letzten Jahren wahrscheinlich geschlafen. Wer gedacht hat, die Probleme wären in nächster Zeit vom Tisch, der hat sich auch geirrt. Die Kita ist ein Bereich der öffentlichen Hand in dieser Stadt, der am meisten wächst – in den notwendigen und zu bewältigenden Aufgaben. Wie sehr sich die Investition für die Integration und Inklusion von Kindern lohnen kann und welches Potenzial in den kleinen Erdenmenschen steckt, können Sie alle erfahren, wenn Sie in die Notunterkünfte oder auch in die Hangars gehen. Dort erleben Sie, mit welcher Leichtigkeit und mit welchem Enthusiasmus die Kinder die deutsche Sprache lernen, obwohl sie nicht in die Schule oder Kita gehen.
Wenn wir um die Frage der gelingenden Integration von Menschen in unserer Gesellschaft streiten, kommt der Kita eine Schlüsselrolle zu. Sie muss aber auch befähigt werden, diese Herausforderung zu meistern. Eines der größten Probleme in dieser Stadt ist, dass zwischen Planung und Handlung durch die öffentliche Hand viel zu viel Zeit vergeht. Dies gilt auch für die Planungen im Kitasystem. Welchen Fachkräftebedarf wir z. B. haben, soll uns nach der Antwort des Senats auf eine Frage von mir erst im Juni verraten werden. Frau Scheeres! Sie haben keine Zeit dafür. Das muss ein bisschen schneller gehen.
Es sind keine zusätzlichen Gelder eingestellt, um die Zahl der pädagogischen Fachkräfte durch Anwerbung oder auch die Zahl der Absolventen und Absolventinnen z. B. durch den Ausbau von Modellprojekten in Regelangebote zu steigern. Wir Grünen haben im Haushalt dafür Vorsorge getroffen, Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition nicht.
Scheinbar schon, sonst würde ja Frau Scheeres ihre 60 Millionen Euro nicht bekommen! – Unter der Verantwortung einer zuständigen Senatorin streiten sich die Schulverwaltung und die Jugendverwaltung noch immer darüber, dass es vielleicht nur noch jährlich einen Prüfungstermin für die angehenden Erzieher und Erzieherinnen geben soll oder auch nicht. Praktisch heißt dies, dass nicht mehr, sondern vielleicht sogar weniger Menschen zur Ausbildung oder zum Abschluss begleitet werden. Auch das sollten Sie ganz schnell klären.
Es ist völlig richtig, wenn die Opposition die Frage der Kitaplanung immer und immer wieder auf die Tagesordnung bringt. Wir werden um die Frage der besseren Bezahlung der Fachkräfte in den Einrichtungen zeitnah nicht umhinkommen. Es ist davon auszugehen, dass wir nicht nur 18 500 neue Kitaplätze – wie es der Landesjugendhilfeausschuss im Sommer noch gesehen hat –, sondern wahrscheinlich mehr als 20 000 neue Kitaplätze brauchen werden – das auch absehbar in die Zukunft hinein.
Ich habe noch eine konkrete Frage an die Koalition, die vor allem die Eltern, aber auch das Kitabündnis interessiert: Wann legt die rot-schwarze Koalition den entsprechenden Gesetzentwurf zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels für die Kleinsten dieser Stadt vor? – So lange wie beim Schulgesetz können Sie sich dafür nicht Zeit nehmen.
Bisher sind Ihre Verkündigungen dazu nur Lyrik. Für weitere Lyrik hat diese Stadt keine Zeit. Es ist Zeit zu handeln, und darum bitte ich Sie. – Danke!
Vielen Dank, Frau Burkert-Eulitz! – Für die CDUFraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Simon! – Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Burkert-Eulitz! Ich kann Sie beruhigen: Der Gesetzentwurf wird zügig kommen.
Wir diskutieren aber heute nicht über einen Gesetzentwurf, der kommen wird und für dessen Voraussetzungen im Haushalt Vorsorge getroffen worden ist, sondern wir diskutieren einen Antrag, zu dem wir im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie im letzten November eine Anhörung durchgeführt haben und den der Ausschuss im Rahmen der Auswertung der Anhörung im Dezember mehrheitlich abgelehnt hat. Daher beschränke ich mich auf einige wesentliche Punkte.
Zum einen: Die Kitabedarfsplanung wird in Berlin maßgeblich durch den jährlich aktualisierten Bedarfsatlas umgesetzt. Dieser Atlas, der sehr genau und kleinteilig ist – die Stadt wird dabei in 137 Kiezen separat analysiert –, ist die Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln des Landes Berlin für die Schaffung von neuen Plätzen in der Kindertagesbetreuung. Ich sage bewusst „Kindertagesbetreuung“, weil das Land ja neben Plätzen in Kitas – zugegebenermaßen die weitaus größte Zahl – auch Plätze in der Tagesbetreuung, also bei Tagesmüttern und -vätern, fördert. Und das ist richtig und wichtig.
Der weiterhin massive Ausbau der Zahl der Plätze in der Kindertagesbetreuung – so, wie eben die Nachfrage nach Plätzen in Berlin steigt – ist politische Priorität der Berliner rot-schwarzen Koalition im Bereich der Familienpolitik. Das zieht sich wie ein roter Faden durch – von der Koalitionsvereinbarung über die beschlossenen finanziellen Voraussetzungen in den Haushalten für die Jahre 2012/2013 und 2014/2015 bis hin zu dem gerade in der letzten Plenarsitzung verabschiedeten Haushalt für 2016/2017. Die Senatorin hat im Ausschuss Anfang Dezember angekündigt, dass bei der Überarbeitung des Bedarfsatlasses für das Jahr 2016 ein Schwerpunkt auf soziale Brennpunkte gelegt wird, und wenn Sie den Mitte Dezember veröffentlichten Bedarfsatlas ansehen, werden Sie feststellen, dass dort Gebiete mit einem besonderen sozialen Aufmerksamkeitsbedarf jeweils als solche ausgewiesen werden. Zudem teilt der Senat im Rahmen der Mitteilung zum Bedarfsatlas mit, dass er bei der Verteilung der Fördermittel soziale Brennpunkte stärker in den Blick nehmen wird.
Auch die CDU-Fraktion hält deshalb ganz wesentliche Teile Ihres Antrags für entbehrlich. Mein Kollege Björn Eggert hat es eben für die SPD-Fraktion ausgeführt.
Daher werden wir diesem Antrag auch in der heutigen Plenarsitzung nicht zustimmen. Soweit Sie sogar eine möglichst flächendeckende Versorgung mit Kitaplätzen, also die Schaffung einer Anzahl von Kitaplätzen, die der Anzahl der Kinder entspricht – so verstehe ich das jedenfalls –, also völlig losgekoppelt von der Nachfrage nach Kitaplätzen fordern, halten wir diese Forderung weder für finanzierbar noch für notwendig oder politisch sinnvoll. Es geht uns nicht um das Vorhalten von ungenutzten, aber staatlich finanzierten Strukturen. Es geht uns um die Bildung und Betreuung von Kindern und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – entsprechend der Nachfrage. So geht man mit begrenzten öffentlichen Mitteln sinnvoll um. Die Linke untermauert mal wieder eindrucksvoll, dass sie dies nicht kann. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Simon! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat die Frau Abgeordnete Möller. – Bitte!
Verzeihung! Das war offensichtlich eine Fehlinterpretation – gemeinschaftlich. – Dann hat jetzt für die Piratenfraktion das Wort Frau Abgeordnete Graf. – Bitte!
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebes Präsidium! Ich bin etwas überrascht gewesen. Sonst sagen Sie immer, wenn es um die Kitaplatzplanung geht: Sie schimpfen schon die ganzen letzten Jahre. Es hat doch bisher immer funktioniert, und es wird in Zukunft auch funktionieren. – Anscheinend haben Sie doch dazu gelernt, dass es gut war, dass wir geschimpft haben und dass Sie darauf reagiert haben. Ich verstehe allerdings nicht, warum Sie an dieser Stelle nicht reagieren, obwohl wir wieder warnen, dass es eng werden wird.
Der Bedarfsatlas für 2015 zeigt uns einen großen Mehrbedarf, das haben Sie selbst schon festgestellt, zum Beispiel in Neukölln, vor allen in der Reuterstraße in der
Neuköllner Mitte, und das ohne jegliche Platzreserven. Wahlfreiheit der Eltern ist an dieser Stelle Fehlanzeige, und das ist meiner Meinung nach etwas sehr Essenzielles, wenn es um die Betreuung von Kindern geht. Alle, die hier selbst Kinder haben, werden wissen, dass man auch ein bestimmtes Vertrauensverhältnis zu einer solchen Betreuungsperson aufbauen muss, und wenn man keine Auswahl hat, sondern den Platz nehmen muss, der als einziger noch frei ist, dann funktioniert das nicht.
Denken Sie vielleicht auch, dass zu einer guten Kitaplanung auch die Frage, welche Fachkräfte benötigt werden, wie hoch die Zahl ist und woher sie kommen, gehört und nicht nur die Anzahl der Plätze?
Ich glaube, das kann man gar nicht separat diskutieren, sondern das hängt zwangsläufig zusammen. Wenn wir mehr Plätze haben, brauchen wir auch mehr Erzieher. Das ist meiner Meinung nach logisch.
Mir liegt fast noch eine Nachfrage auf der Zunge zu dem, was Frau Burkert-Eulitz gesagt hatte, nämlich, wer denn diesen Zusammenhang bestreitet. Das ist doch logisch, deswegen stelle ich die Frage nicht.
Die eigentliche Frage, die ich stellen wollte, ist: Sie haben das eben gerade mit der Reuterstraße in Neukölln sehr gut ausgeführt und es sehr lokal begrenzt. Sie sind
sich aber auch dessen bewusst, dass wir in der Kita, wenn wir über das Thema Freiheit und Wahlfreiheit reden, keine Situation wie bei den Grundschulen haben, dass wir Einzugsgebiete haben, sondern Eltern, die in Neukölln wohnen und zum Beispiel in Spandau arbeiten, können, wenn sie möchten, ihr Kind in Marzahn in die Kita geben, nämlich in der ganzen Stadt. Dass das Ganze nicht realistisch ist, weiß ich selbst.
Danke, danke, liebe Piraten! – Die Frage: Sie wissen, dass die Wahlfreiheit bedeutet: Ich muss nicht an einen bestimmten Ort, wo ein Einzugsgebiet ist, so, wie Sie es gerade suggeriert haben, sondern ich kann mein Kind dahin geben, wo ich die Wahl habe.
Eine interessante Taktik, Aussagen und Fragen zu verkoppeln. Mir ist diese Aussage durchaus bekannt. Es geht aber eben nicht darum, 20 Minuten bis zur Kita und von dort aus noch mal 20,
30 oder 40 Minuten, wenn ich in Marzahn war, mitunter auch 60 Minuten, ins Büro zu fahren, um auf dem Rückweg noch einmal so lange zu fahren. Wie lange ist das Kind dann bitte schön in der Fremdbetreuung? Irgendwann möchte man Zeit mit seinen Kindern verbringen, und deswegen ist es essenziell, dass es entweder in der Nähe des Arbeitsortes oder in der Nähe des Wohnortes eine gute Betreuungsmöglichkeit gibt.