Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Und schließlich die Beschwerdestelle, Herr Reinhardt: Das ist deswegen schwierig, weil man schon aufpassen muss, diese Behörde nicht dauerhaft zu einem Objekt der Beschwerde zu machen und das geradezu zu zementieren, sondern sie systematisch zu qualifizieren und zu professionalisieren. Das ist genau das, was wir machen.

Ihre beiden mittleren Punkte sind allein diejenigen, über die man reden kann: personelle und räumliche Verbes

(Fabio Reinhardt)

serung, eine Verbesserung in der Ausstattung und tatsächlich Maßnahmen zur weiteren interkulturellen Öffnung. – Das sind genau die beiden Punkte, die wir seit Jahren durch permanentes Qualifizieren der Behörde voranbringen, wo wir auch Mittel eingesetzt haben, wo wir im Grunde schon vor vielen Jahren mit dieser Reform, mit der Modernisierung und Qualifizierung der Behörde begonnen haben und es konsequent weitermachen, also auch diese Punkte Ihres Antrags, die allein diskussionswürdig sind, bereits schrittweise umsetzen. Wir werden weitergehen in diesem Prozess; das ist längst erkannt. Das ist eine lernende Organisation, diese Ausländerbehörde, und deswegen werden wir alles das voranbringen.

Ihren Antrag brauchen wir dazu nicht. Er würde uns nicht weiterhelfen. – Danke schön!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die Grünen jetzt Frau Bayram – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wir behandeln jetzt den Antrag, der in Teilen gute Vorschläge beinhaltet, in Teilen auch Dinge, die es schon gibt bzw. die wir schon beantragt haben. Deswegen will ich erst mal herausstellen, was denn eigentlich die Fragestellung ist: Die Herausforderung, die wir aktuell haben mit immer mehr Migrantinnen und Migranten, die in diese Stadt kommen, ist, als Einwanderungsstadt Strukturen zu schaffen – Strukturen, die auf der einen Seite ermöglichen und verbessern, dass die Menschen eine Dienstleistung und einen Aufenthaltstitel bekommen. Der Erhalt und die Verlängerung sind Verwaltungsdienstleistungen, aber gleichzeitig wirkt das sehr stark in das Leben der Menschen ein. Deswegen ist es wichtig, dass diese Dienstleistung entsprechend den Gesetzen erfolgt und dass es eine Behörde ist, die eine Willkommenskultur ausstrahlt. Daher brauchen wir tatsächlich in Berlin eine Willkommensbehörde, und die gilt es zu schaffen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Frau Kollegin Bayram! Der Kollege Behrendt aus Ihrer Fraktion möchte eine Zwischenfrage stellen.

Gerne! Bitte!

[Dirk Behrendt (GRÜNE): Danke! Hat sich erübrigt!]

Hat sich erübrigt.

Vielen Dank für die nicht gestellte Frage! – Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie wir diese Willkommensbehörde schaffen können. Die Fraktionen von Linken und Piraten haben einen Ansatz gewählt, den wir als Fraktion auch schon gewählt haben, nämlich zu sagen: Die Innenverwaltung ist eine Behörde, die eher restriktiv arbeitet und die natürlich für die Abschiebungen und all das zuständig ist, und es wäre gut, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse und die Verlängerung von den restriktiven Maßnahmen zu trennen und das dann der Integrationsverwaltung zuzuordnen.

Andererseits haben wir solch einen Antrag vor vielen Jahren gestellt. Jetzt kurz vor Ablauf der Legislaturperiode ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir in den verbleibenden acht Monaten noch etwas auf den Weg bringen. Dennoch finden wir es richtig, aber – wie gesagt – wir haben einen solchen Antrag schon gestellt.

Bei dem Ermessensspielraum gebe ich dem Kollegen Zimmermann insoweit recht, dass es im Antrag unglücklich formuliert ist. Das Ermessen muss nach Recht und Gesetz ausgeübt werden. Deshalb habe ich ähnliche Anträge immer mit dem Hinweis eingebracht, dass wir einen integrationsorientierten Vollzug der Gesetze wollen, das heißt, es muss das Ermessen ausgeübt werden, und es muss das, was dafür und dagegen spricht, abgewogen werden, aber im Zweifel zugunsten des Betroffenen. Also auch insoweit hätte es dieses Antrags nicht bedurft, weil ich bereits viele Anträge in eine ähnliche Richtung mit einer besseren Formulierung eingebracht habe.

Insgesamt geht es auch darum, dass wir heute einen Änderungsantrag meiner Fraktion hatten, der gefordert hat, das ganze System umzustellen. Wir möchten ein Landesamt für Migration und Flucht einrichten, in dem all diese Themen, die die Migration, aber auch die Flucht betreffen, gebündelt in einer Behörde konzentriert zusammengefasst werden, um den Migrantinnen und Migranten alle Dienstleistungen, aber auch jegliche Versorgung und Unterstützung aus einem Guss zukommen zu lassen. Wir sehen darin die Chance, für die nächsten 15 bis 20 Jahre, in denen das Thema Migration eine immer größere Rolle spielen wird. Berlin ist auf Migration angewiesen. Das ist das, was wir möchten. Wir werden weiterhin an diesem Plan festhalten.

Da der Antrag der Linken und der Piraten letztlich unschädlich ist, werden wir ihm zustimmen, auch wenn wir uns vorstellen können, dass man das besser machen kann. – Danke schön!

(Frank Zimmermann)

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Bayram! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Juhnke. – Bitte!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Die goldene Ananas geht an die Grünen. Sie haben das vorher schon gefordert. Wir haben das debattiert, im Prinzip mit den gleichen Argumenten. Ich möchte deswegen die Zeit hier nicht über Gebühr in Anspruch nehmen. Herr Zimmermann hat zu den einzelnen Spiegelstrichen schon vieles gesagt, was ich nicht wiederholen muss. Vom Grundsatz schließe ich mich dem an.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage, weil ich so schnell fertig sein werde, dass es sich gar nicht lohnt.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wie parlamentarisch!]

Ich möchte nur noch hinzufügen, dass eine Zuständigkeitsveränderung aus unserer Sicht unsinnig ist und es hier auch gar nicht um Abschreckung geht. Die Begründung des Antrags hat mich schon geärgert, diese Kriminalisierung, die Sie unterstellen, und andere Dinge, die in der Realität gar nicht zutreffen. Es gibt Ordnungsmaßnahmen und in der Tat werden die in der Zukunft sogar zunehmen. Sie kennen die Debatte in diesem Land. Wir wissen, dass wir viele Leute aufnehmen und uns umso mehr Gedanken darüber machen müssen, diejenigen, die nicht hier aufgenommen werden können, wieder zurückzuführen. Deshalb werden diese Ordnungsmaßnahmen in der Tat zunehmen. Diese Debatte geht durch alle Parteien, selbst durch die Linkspartei, wobei ich in einem Artikel von Frau Wagenknecht

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

mal wieder den lustigen Begriff „Nationalbolschewismus“ nach langer Zeit lesen durfte. Wie gesagt, in allen Parteien wird darüber debattiert. Es wird, wie gesagt, mehr in diese Richtung gehen als weniger.

[Zuruf von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Deshalb ist Ihre Intention unrichtig. Es wurde bereits gesagt: Wir hatten historisch noch nie so einen starken Aufbau von Personal wie in den letzten Monaten und wie wir ihn weiter geplant haben. Dass dafür natürlich auch Büroräume geschaffen werden müssen, ist selbstverständ

lich. Dafür bedarf es keines Antrages. Sie vergessen im Übrigen auch, dass es genauso Lob und Anerkennung für die Arbeit der Behörde gibt,

[Canan Bayram (GRÜNE): Also hätten Sie auch den Antrag schreiben sollen!]

dass der Rechtsweg offensteht und dass zum ganz großen Teil die Entscheidungen, die dort gefällt werden, rechtmäßig beschieden werden. Auch das gehört zur Wahrheit.

Wie gesagt: Wir sagen, was wir meinen, im Gegensatz zu Ihnen. Sie wollen das ja eigentlich alles abschaffen. Deshalb würde Ihnen aus Ihrer Sicht ein Schildertausch gar nicht viel bringen. Sagen Sie doch gleich, was Sie wollen! Sie wollen diese Regularien eigentlich abschaffen. Deshalb kommen Sie mit dieser Kosmetik bei ihrer Intention gar nicht weiter. Das wären Ihre wahren Absichten. Unsere wahren Absichten kann ich Ihnen sagen: Wir lehnen ab. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dr. Juhnke! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Herr Abgeordnete Reinhardt. – Bitte!

Kollege Dr. Juhnke! Jetzt haben wir zwei Aspekte aufgemacht, denen ich mich gern widmen möchte. Zum Ersten finde ich es ganz interessant, dass Sie offensichtlich Ihrem eigenen Senator in den Rücken fallen, der bereits in zwei Ausschüssen verkündet hat, dass er sich genau solch eine Behörde, wie sie von den Grünen und auch von mir skizziert worden ist, nämlich eine, in der die ganzen aufenthaltsrechtlichen Fragen und auch die Partizipationsaspekte – Arbeitsmöglichkeiten, Studium und anderes mehr – angesiedelt sind, wünscht, also genau das, was wir im Kern als ersten Schritt in diesem Antrag fordern. Warum distanzieren Sie sich an dieser Stelle öffentlich so sehr von Ihrem eigenen Senator, der genau in diese Richtung gehen will? Das interessiert mich zum einen.

Das Andere ist: Ich finde es sehr lustig, dass Sie das mit: Alles Wonne, heititeiti – umschreiben, in der Ausländerbehörde würden viele Entscheidungen rechtlich korrekt beschieden. Das finde ich interessant. Ich persönlich kenne einige Fälle, wo Menschen eine Arbeitserlaubnis beantragt haben – das sind Menschen aus allen möglichen Bereichen – und wo diese aus den unterschiedlichsten Gründen abgelehnt wurde, selten aus sinnvollen inhaltlichen Gründen, sondern meistens aus formalrechtlichen. Ich wünsche mir, dass hier Ermessensspielräume stärker und positiver ausgenutzt werden. Wie können Sie das komplett negieren und behaupten, es gehe nur um aufenthaltsrechtliche Fragen, es gehe nur um offene Grenzen

oder nicht, es gehe um Frau Wagenknecht? Ich finde dies in der Debatte fehlplatziert. Für mich geht es um die Frage, wie wir die Chancen und Potenziale dieser Stadt nutzen können. Die Ausländerbehörde ist diesbezüglich nicht gut aufgestellt. Ich wünsche mir, dass auch Sie einmal ein bisschen Selbstreflexion betreiben und sich die Frage stellen, wie man dabei vorangehen kann. Der Antrag geht dabei in die richtige Richtung. Ich wünsche mir Ihrerseits etwas mehr Commitment.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Reinhardt! – Herr Dr. Juhnke! Sie möchten replizieren? – Bitte!

[Canan Bayram (GRÜNE): Nicht so lange, Herr Juhnke!]

Frau Präsidentin! Herr Reinhardt! Ich falle niemandem in den Rücken. Es geht nur um die aktuelle Aufstellung der Ausländerbehörde. Ich habe mich dort intensiv vor Ort umgesehen, habe mit den Leuten gesprochen und weiß, dass sehr viel passiert hinsichtlich der Aspekte, die Sie regelmäßig bemängeln, ob es sich dabei um interkulturelle Öffnung handelt, oder ob es um die Frage der professionalisierten Behandlung der Anträge und Vorsprachen geht. Ich habe darauf hingewiesen, dass es auch eine Reihe Lob für die Arbeit gibt. Ich sehe also keine Notwendigkeit für die Form, wie Sie Kritik üben, dort vorstellig zu werden.

[Fabio Reinhardt (PIRATEN): Das empfinden die Menschen vor Ort aber anders!]

Wir bauen Personal auf, und deshalb glaube ich, dass das, was Sie schreiben – das ist der Geist, der in Ihrem Antrag durchkommt –, dass es um Abschreckung gehe oder andere Dinge, überhaupt nicht der Fall ist.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Sie können die Realität doch gar nicht beschreiben, weil Sie nie da sind!]

Deshalb sind wir mit dieser Organisation aktuell sehr gut aufgestellt. Wie gesagt, Sie können Ihre Polemik und Ihre Vorurteile gern behalten. Es zwingt Sie niemand, sich bisweilen mit der Realität auseinanderzusetzen. Aber mit diesem Abtrag helfen Sie uns nicht weiter. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dr. Juhnke! – Nun hat das Wort der Herr Abgeordnete Taş. – Ich bitte darum, dass wir allgemein wieder ein bisschen weniger Hintergrundgeräusche zu ertragen haben. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es geht heute in der Runde nicht um Frau Wagenknecht, sondern um die Ungleichbehandlung der Menschen in der Ausländerbehörde. Ich kann an der Stelle sagen: Ich gebe zu, dass wir die Ungleichbehandlung in der Ausländerbehörde abschaffen wollen.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]