Vielen Dank, Herr Präsident! Ich bitte um Verzeihung. Es war heute tatsächlich eine Besuchergruppe, die eben noch durch das Parlament geführt wurde.
Nein! Ich war wirklich nicht auf der Toilette. Ich habe noch nicht einmal Mittag gegessen, wenn ich das auch verraten darf.
Das ist richtig. Besuchergruppen kommen aber auch nicht jeden Tag. Es waren fast 50 Leute. Es hat sich auch gelohnt. Die Diskussionsrunde war für 15.00 Uhr angemeldet.
Spaß beiseite, aber nicht das Spiel, denn wir reden jetzt über das Spiel in der Stadt. Es geht um die Frage, wie weit sich unser Berliner Spielhallengesetz in der Vergangenheit bewährt hat und was wir noch verbessern – ich sage auch: verschärfen – können. Wenn wir nach viereinhalb Jahren zurückschauen, sehen wir, dass es nicht nur eine weise Entscheidung des Abgeordnetenhauses von Berlin,
sondern auch eine sehr zukunftsgerichtete Entscheidung Mitte 2011 war. – Ich wundere mich, dass die Kollegin bei den Linken lachen muss. Wir haben es damals zusammen verabschiedet. Das macht aber nichts. Es war richtig, ein Spielhallengesetz für Berlin zu erlassen.
Es war damals das erste und schärfste Spielhallengesetz der Bundesrepublik Deutschland. Wir können heute noch stolz darauf sein, dass wir es in der Form beschlossen haben. Es zeigt sich aber nun nach viereinhalb Jahren, dass es einen aktuellen Anlass gibt, etwas gesetzlich neu zu regeln und auch Erfahrungen, die wir in diesen Jahren gesammelt haben einfließen zu lassen.
Zunächst einmal müssen wir einen Stichtag genauer regulieren. Wir haben damals – Sie werden sich erinnern – gesagt, dass nach fünf Jahren des Bestehens dieses Gesetz – das wird am 31. Juli 2016 der Fall sein; das Gesetz ist dann fünf Jahre in Kraft – noch einmal überprüft werden soll. Es heißt: Abstandsregelungen 500 Meter zur nächsten Spielhalle gelten auch für alle Bestandsunternehmen. Das müssen wir jetzt gesetzeskonform umsetzen.
Das heißt natürlich, dass Verwaltungen – nicht nur die Wirtschaftsverwaltung, sondern auch Bezirksämter – sagen: Bitte könnt ihr das auf Landesebene verbindlich gesetzlich regeln, welche Spielhalle wie ausgewählt wird, welche Spielhalle nachher übrig bleibt. Uns ist klar, dass das kein einfacher Prozess ist. Es ist ein aufwändiger Prozess, der auch rechtstechnisch richtig abgebildet werden muss, so rechtssicher wie nur irgend möglich. Darum gibt es auf fünf Seiten ein spezielles Gesetz, das Mindestabstandsumsetzungsgesetz, in dem genau festgelegt wird, nach welchen Kriterien von den jetzt im Augenblick rund 500 Spielhallen in der Stadt ausgewählt wird, damit wir dann auf eine Zahl kommen – wenn man den Schätzungen glauben darf –, die nur noch bei rund 150 liegen wird, wenn man die Abstandsregelung einhält. Wer wählt die Spielhallen nach welchen Kriterien aus? Das ist insbesondere detailliert im Mindestabstandsumsetzungsgesetz, das leider einen solchen komplizierten Namen hat, geregelt.
Es heißt Mindestabstandsumsetzungsgesetz, Frau Kollegin Kosche. Den Namen habe ich mir nicht selbst ausgedacht.
Ja, hätte ich mal, dann wäre der Name vielleicht etwas kürzer. – Das ist der eine Teil, den wir heute ändern und ein eigenes Gesetz dafür erlassen.
Der zweite Teil ist ein ganz einfacher und klarer. Nach viereinhalb Jahren Gesetzesvollzug haben wir gelernt,
dass sich viele Punkte unseres damaligen Spielhallengesetzes bewährt haben, aber auch, dass wir an einigen Punkten aktuelle Verschärfungen vornehmen müssen, weil sie notwendig sind.
Erster Punkt: Es ist jetzt so, dass bei der Verhängung von Bußgeldern nicht der gesamte Bußgeldrahmen von 50 000 Euro verhängt wird, sondern im Einzelfall lediglich 1 000 Euro, 2 000 Euro oder 3 000 Euro. Ich sage es jetzt einmal umgangssprachlich: Viele Betreiber von Spielhallen sagen: Dieses Geld könnt ihr euch aus der Portokasse nehmen. Das juckt mich nicht wirklich. – Dagegen können wir als Gesetzgeber mit einer großen Lanze arbeiten, indem wir den Bußgeldrahmen verzehnfachen, von 50 000 Euro auf 500 000 Euro. Ich glaube, mich nicht an ein anderes Gesetz erinnern zu können, bei dem wir den Bußgeldrahmen verzehnfacht haben. Es zeigt, dass wir den Mut und die Kraft haben, Gesetze, die wir verschärfen müssen, auch wirklich zu verschärfen.
Es wird wirklich spürbare Strafen geben. Das ist das, was wir wollen. Wir wollen erreichen, dass es spürbar ist, wenn ein Bußgeld verhängt wird.
Wir werden außerdem erstmals im Land Berlin nicht nur die Möglichkeit einräumen, dass sich ein Spielsüchtiger bei der einzelnen Spielhalle sperren kann, er soll vielmehr die Möglichkeit haben, sich in einem landesweiten Spielhallensperrsystem eintragen zu lassen. Er ist dann wirklich für alle Spielhallen im Land Berlin gesperrt. Er kann nicht mehr von Spielhalle A, bei der er bisher gesperrt war, in Spielhalle B oder C gehen. Es ist ein landesweites Sperrsystem. Es gibt ein Bundesland, das dort wirklich vorbildlich vorangegangen ist. Es ist das Bundesland Hessen. Mehr als 10 000 Menschen haben sich dort eintragen lassen, in dem lichten Moment, in dem sie erkannt haben, dass sie spielsüchtig sind, das nicht mehr ertragen und eigentlich keine Spielhalle mehr betreten und gesperrt werden wollen. Das ist jetzt möglich. Das ist die Selbstsperre. Wir werden sogar zusätzlich auch ein weiteres Instrument übernehmen, die sogenannte Fremdsperre, wonach die Familie – das ist dann nicht so ganz einfach, aber wird dennoch möglich sein – diese Fremdsperre eingeben kann.
Außerdem ist mir ein weiterer Punkt aus der Praxiserfahrung wichtig, da ich diese Razzien begleitet habe. Es zieht einem wirklich die Schuhe aus – ich kann es nur so umgangssprachlich sagen –, was es in Berlin an illegalem Glücksspiel noch an vielen Stellen trotz der landesweiten Razzien, trotz der Schwerpunktüberprüfung durch LKA, Polizei, Ordnungsämter und Steuerfahndung gibt. Dann sehen wir, dass man vor Ort ein Phänomen erlebt. Dort sind teilweise zu viele Automaten an der Wand. In einer Spielhalle sind in Berlin nur noch acht erlaubt. Früher waren es noch zwölf. Das Gesetz hat schon gewirkt. Wenn dort aber zu viele Automaten oder manipulierte Automaten hängen, sagt der Betreiber eines ganz gern: Es
ist ja schön, dass ihr jetzt den Automaten beschlagnahmen wollt, aber er gehört mir gar nicht. Den habe ich nur gemietet, oder es ist ein Leasinggerät von der Firma XY. Ich bitte euch doch, das Eigentum Fremder zu beachten. Ihr könnt hier nichts beschlagnahmen.
Das ist eine praktische Erfahrung. Darum freue mich sehr, dass wir das in der Klarheit im Gesetz auch regeln können, sagen zu können, dass diese erstens dauerhaft eingezogen werden dürfen und dies zweitens auch, wenn sie einem Dritten gehören, also einer anderen Gesellschaft, wenn dort ein Glücksspielgerät illegal ist oder zu viele Automaten an der Wand hängen. Das ist für den praktischen Vollzug sehr wichtig, weil es gewährleistet, dass diese Automaten mitgenommen werden können und keine Ausflüchte mehr vor Ort gefunden werden können.
Gleichzeitig werden wir auch bei der Verschärfung des Spielhallengesetzes regeln, dass alle möglichen denkbaren Zahlungsdienste, bei denen es darum geht, dass der Spieler wieder an Bargeld kommt, in der Spielhalle und dem Gebäude der Spielhalle verboten werden. Und es ist auch wichtig, dass wir das Werbeverbot nicht nur auf die eigentliche Spielhalle, sondern auch auf das unmittelbare Umfeld ausdehnen; denn wir erleben eines: Wenn die großen Pfeile an der nächsten Häuserwand zeigen: Hier ist deine tolle Spielhalle! Spiele hier! Gewinne hier! – dann erleben wir, dass das nicht gut ist. Denn wir wollen die Spielsucht in der Stadt zurückdrängen. Wenn man allein die bundesweiten Schätzzahlen nimmt, haben immer noch 50 000 Menschen in Berlin ein problematisches Spielverhalten. Davon sind mehr als die Hälfte – rund 27 000 – spielsüchtig, allein, wenn ich die Bundeszahlen nehme; ich glaube, es sind in der Praxis in Berlin viel, viel mehr, das ist die praktische Erfahrung. Es kann nicht sein, dass wir uns staatlicherseits weiter angucken, dass Menschen in die Spielsucht getrieben werden, dass unsere Kieze dabei auch noch kaputtgehen, weil keiner in einer Straße einkaufen will,
wo nach einer Spielhalle das nächste Wettbüro kommt und dann auch noch das Café-Casino. Das ist kein schöner Zustand. Da gehen wir ran und werden das entsprechend regeln, ich bitte Sie sehr herzlich. Wir werden es zügig, aber sehr koordiniert in zwei Ausschüssen beraten,
dieses Änderungsgesetz zum Spielhallengesetz, diese Verschärfung, und das neue Mindestabstandsumsetzungsgesetz – jeweils beides fünf Din-A-4-Seiten, die nur in wirklich intensiver Arbeit mit dem Koalitionspartner CDU und auch mit der Wirtschaftsverwaltung – das möchte ich sehr lobend hervorheben – entstehen konnten. Das sollten wir möglichst zügig im Parlament beraten und verabschieden. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir es auch dieses Mal hinbekämen. Das ursprüngliche Spielhallengesetz haben alle Parteien außer der damaligen FDP hier im Parlament beschlossen. Die FDP ist
Wenn wir es dieses Mal schaffen würden, dass wir wieder ein ganz klares Zeichen setzen: Das ist der richtige Weg, wir wollen das illegale Glücksspiel – nicht das normale Spiel – in der Stadt zurückdrängen, und wir wollen sowohl die Leute vor der Spielsucht bewahren
als auch die Kieze wieder ein bisschen schöner machen – dafür bitten wir um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank!
Danke schön auch! – Kollege Dr. Behrendt! Sie haben jetzt das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Buchholz! Ein Spiel werden Sie mit dem Gesetz gewinnen, nämlich Scrabble. Mindestabstandsumsetzungsgesetz, das gibt, glaube ich, bei Scrabble, auch wenn es nicht so viele exotische Buchstaben hat, viele Punkte.
Zur Sache! Wir Grünen haben von Anbeginn – Sie haben es erwähnt – die Bemühungen unterstützt, den Spielhallenbereich in Berlin stärker zu reglementieren. Bei uns Grünen hat der Schutz der suchtgefährdeten Spieler und vor allem der Familien eindeutig Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der Glücksspielanbieter. Daher haben wir damals in großer Einigkeit dieses Gesetz beschlossen, und wir sind weiterhin an Ihrer Seite, wenn Sie gegen die Spielhallenflut in dieser Stadt vorgehen wollen.
Die Debatte dauert seit 2008 an, und man muss heute sagen: Bisher sind noch nicht so wahnsinnig viele Spielhallen geschlossen worden. Als wir das Gesetz verabschiedet haben, hatten wir 550 Spielhallen, heute haben wir 540. Eine ist geschlossen worden, da haben Sie jetzt Ihr Wahlkreisbüro eröffnet. Das weist auch in die Richtung, was man mit den Räumlichkeiten, wenn sie denn mal frei sind, Sinnvolles machen könnte.
Aber auch wenn ich mir das heute vorgelegte Gesetz angucke, wird es noch eine Weile dauern; denn das Verfahren, dass Sie vorschlagen, ist kein ganz einfaches. Erst mal müssen alle 540 entsprechende Anträge stellen. Dann müssen die überarbeitet werden. Dann kommt das berühmte Losverfahren, und dann gewähren Sie auch noch eine Übergangsfrist für alle von einem halben Jahr. Also die Schließungen kommen nicht zum Sommer, sondern
im nächsten Jahr – ich wage jedenfalls die Prognose. Auch in allen Ehren – wir bemühen uns, das einzuschränken – werden wir in diesem Jahr so gut wie keine Spielhalle geschlossen bekommen. Ich habe auch Sorge, ob die Verwaltung gut genug aufgestellt ist, um das zu bearbeiten, auch daran muss erinnert werden.
Mit den fünf Jahren haben Sie eine relativ großzügige Übergangsfrist gewählt. Es wären damals auch drei Jahre gegangen.
Das hatten wir beantragt, und der Wissenschaftliche Parlamentsdienst hat uns auch bestätigt, dass das gegangen wäre.