Herr Behrendt! Ich wollte Sie fragen: Wenn Sie sagen, von den legalen Spielhallen sind noch nicht so viele geschlossen worden – wissen Sie denn, wie viele illegale Spielstätten in dieser Zeit neu entstanden sind?
Ich komme vor allem noch – das ist eine Großbaustelle – auf die Café-Casinos zu sprechen. So, wie das bisher gemacht wird, ist das illegal. Das wissen wir auch, und das ändert sich auch nicht durch das Gesetz. Diese Vermutungsregel, die Sie da reinschreiben, ist ja sehr schön, aber das ist gefestigte Rechtsprechung, die gilt schon heute. Und da kommen wir eben darauf – das haben wir auch schon häufiger diskutiert –, dass wir ein erhebliches Vollzugsdefizit haben, was diese Café-Casinos angeht. Da muss man nur mal reingehen und kann dann feststellen, dass hier die Möglichkeit, in einem Imbiss oder einer Gaststätte drei Glücksspielgeräte aufzustellen, missbraucht wird, weil das Gepräge alles andere als eine Gaststätte ist, sondern eine Spielhalle, wie es im Gesetz steht. Das hätte aber schon vor fünf Jahren, das hätte auch schon vor drei Jahren untersagt werden können, und das kann auch aktuell heute untersagt werden, dafür brauchen wir Ihr Gesetz nicht. Da wünschte ich mir, dass die Bezirke ein bisschen forscher vorgehen. Wenn sie die Spielhallen schließen, werden wir es mit einer Ausweichbewegung in Richtung Café-Casinos zu tun haben, das
vorauszusagen, erfordert nicht viel prognostische Kreativität, sodass das Café-Casino-Problem zunehmen wird. Das einzudämmen, da sind wir auch immer an Ihrer Seite gewesen, aber da müssen die Bezirksämter in die Lage versetzt werden, das zu tun, und brauchen auch die nötige Unterstützung.
Noch einige Einzelanmerkungen zu dem Gesetz: Sie rühmen sich an anderer Stelle, dass Sie Smart City sein wollen. Warum Sie jetzt, im Jahr 2016, allerdings ein Gesetz vorlegen, in dem steht, dass man alles nur in Papierform einreichen darf – das ist ja 30 Jahre Rückschritt und kein Fortschritt. Nicht mal Fax wird zugelassen. Das könnte man sich noch mal in der Gesetzesberatung angucken, sonst wird das mit der Smart City noch eine Weile dauern.
Ich verstehe auch nicht, warum Sie jetzt die Abstandsregelungen auf die Oberschulen begrenzen. In dem ursprünglichen Spielhallengesetz – zur Erinnerung – steht: Abstand zu Einrichtungen, die vor allem von Kindern und Jugendlichen besucht werden. – Warum Sie jetzt nur die Oberschulen im Blick haben und nicht beispielsweise auch Jugendfreizeiteinrichtungen – ein paar davon gibt es noch –, erschließt sich mir erst einmal nicht.
Nicht genug zu loben ist die Sperre. Es ist eine lange Forderung auch von Suchtberatungsstellen, dass man hier die Sperre, die es bei der Spielbank schon gibt, auch auf alle Spielhallen, und zwar nicht auf individuelle, sondern auf alle, ausweiten kann. Das weist den richtigen Weg, damit sich diejenigen, die Suchtabhängigkeit haben, in Momenten, wo sie das in den Griff kriegen wollen, sperren können und, wenn sie akut da vorbeilaufen, nicht spielen können. Das ist genau das Richtige.
Ich bin sehr gespannt, wie Sie in der Rechtsverordnung die Fremdsperre – missbrauchsanfällig, kann ich dazu nur sagen – regeln wollen. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass ich hingehe und sage: Ich möchte mal Daniel Buchholz – gut, Sie spielen nicht, aber andere – einfach sperren, er ist, glaube ich, spielsüchtig. Ein bisschen mehr wird da kommen müssen. Da sind wir gespannt, was in der Verordnung steht.
Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir das Scheibenbeklebungsverbot mal überdenken. Da sagen auch Suchtberatungsstellen, das sei sozusagen eine letzte Hürde, damit jemand, der spielsüchtig ist, nicht hineingeht, weil er sonst am Automaten gesehen wird. Das hätte ich mir vorstellen können, aber das werden wir im Einzelnen noch einmal diskutieren können, auch die Frage, wie das mit dem Losverfahren ist – eine durchaus kreative Lösung, insbesondere wenn man sich vorstellt, dass es um
Glücksspiel geht. Das Losverfahren ist für die Betreiber auch ein Glücksspiel. Das sollte man sich auch noch mal angucken, damit das rechtssicher ist. Aber ich kann Ihnen heute zusagen: Wir werden Sie weiter begleiten, und ich hoffe auf eine große Einigkeit hier im Haus, damit wir die Spielhallenflut weiter eindämmen. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Dr. Behrendt! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Brauner. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Präsidentin! Thema Spielhallengesetz! In der Tat haben wir hier einen umfangreichen Antrag vorgelegt. Ich glaube aber, er wird dem Pioniergeist, den das Land Berlin in diesem Bereich schon bewiesen hat, entsprechend gerecht.
Lieber Herr Behrendt! Das Spielhallengesetz wirkt und hat sehr gut gewirkt. Man muss sich nur mal vergegenwärtigen: Im Jahr 2010 haben sich die Spielhallen noch exponentiell vergrößert. Seitdem das letzte Spielhallengesetz beschlossen wurde, ist der Trend komplett umgekehrt worden, es sind jedes Jahr weniger geworden. Faktisch hat das dazu geführt – und auch nur das war im ersten Ansatz möglich –: Es gibt keine neuen Spielhallen mehr.
Jetzt geht es daran – deswegen ist das Gesetz deutlich komplizierter, als man es vielleicht erst mal denkt –: Wir müssen als erstes Bundesland – da sind wir Pionier in Deutschland – umsetzen, wie man aktiv bestehende Spielhallen schließt. Und das versuchen wir mit diesem Gesetz. Ich glaube, das kann nicht hoch genug angerechnet werden. Alle Bundesländer schauen nach Berlin und gucken, wie machen das die Berliner, dass wir rechtssicher umsetzen, die Spielhallen, die zu nah beieinander sind, entsprechend zu reduzieren; deshalb hier unser Vorschlag zu dem Verfahren. Ich hoffe, das findet auch die Mehrheit hier im Hohen Hause, denn wir alle wollen, diese Bilder eine Kreuzung, vier Ecken, vier Spielhallen in Berlin nicht mehr wollen. Genau diesen Zweck verfolgt dieses Gesetz.
Wie geht das Mindestabstandsumsetzungsgesetz genau vor? – Wir haben hier bewusst ein mehrstufiges Antragsverfahren eingebracht. Das mehrstufige Antragsverfahren setzt darauf, dass uns der Unternehmer erst einmal die umfangreichen Qualifikationsnachweise – und sehr bewusst, lieber Kollege Behrendt, auch in Papierform – zur Verfügung stellt. Das ist ein Ausschlussverfahren. Wir fangen hier in der Situation schon an, deutlich zu filtern.
Dann gibt es eine mehrstufige Auswahl: zum einen nach der Qualität des Betreibers und zum anderen dann ein mathematisches Verfahren, wie die Standorte ausgewählt werden.
Nein. – Noch einmal deutlich für alle zum mitmeißeln, weil hier auf dem Thema Losen herumgeritten wurde: Wir gehen nicht davon aus, dass nach dem mathematischen Verfahren viele Standorte nach Los entschieden werden, ganz im Gegenteil. Man muss nur am Ende einen letzten Ausweg in ein Gesetz schreiben, deswegen steht das dort. Im Kern wird die lineare Optimierung – der eine oder andere wird es in der Abiturklasse gehabt haben – erleichtern, die entsprechende Auswahl vorzunehmen.
Das ist das Mindestabstandsumsetzungsgesetz, ein kompliziertes Wort, aber das ist der Hebel, mit dem wir wahrscheinlich die Anzahl der Spielhallen von den derzeit rund 540 auf um 200 reduzieren werden. Das wird für alle Berlinerinnen und Berliner erlebbar und wichtig sein, dass wir die Spielhallen in Berlin konsequent auf ein Mindestmaß zurückstutzen.
Im nächsten Schritt – und das war uns sehr wichtig – stellt sich die Frage: Wie gehen wir mit Café-Casinos um? – Da muss man, glaube ich, sagen, die Maßnahmen, die wir hier formuliert haben, sind schon sehr außergewöhnlich, fast schon drakonisch in ihrer Ausprägung. Wir haben schon über viele Gesetze in dieser Legislaturperiode beraten, wo wir hohe Ordnungsgelder festgesetzt haben, aber ein Ordnungswidrigkeitsgeld in Höhe von 500 000 Euro haben wir bisher noch nie verhängt. Aber bei dieser Branche haben wir es so ins Gesetz geschrieben. Das ist das eine sichtbare Zeichen, dass wir sagen, wir wollen hier sehr deutliche Grenzen setzen. Nur bei dem Unternehmer, der sich an die Regeln hält, der zuverlässig ist, der die Mindestabstände, den Jugendschutz, den Spielerschutz einhält, darf legal gespielt werden. Allen anderen legen wir das Handwerk, in dem Fall, indem wir ihnen in die Kasse greifen, und zwar massiv.
Der nächste Punkt, der für uns sehr wichtig ist, ist das Thema Beweislastumkehr. Ich glaube, das ist, gerade, was den Punkt Café-Casinos angeht, der entscheidende Schritt. Wir sehen das auch mit Sorge, dass hier vielleicht eine Verdrängung stattfindet. Und deswegen haben wir hier dieses Verfahren so gewählt, dass wir zum einen sagen, wer Eigentümer des Spielautomaten ist, ist in dem Fall unerheblich. Gleichzeitig gilt das Spielhallengesetz, wenn der für Ordnungswidrigkeiten zuständige Mitarbeiter den Eindruck hat, dass es sich hier um ein Spielcasino
handelt. Das würde für ein solches Café-Casino von jetzt auf den nächsten Tag bedeuten, dass es illegal und zu schließen ist. Ich glaube, härter kann man nicht mehr vorgehen.
Insofern begrüße ich es deutlich, dass die Wirtschaftsverwaltung in dem Prozess für die erste Umsetzungsphase zusätzliches Personal zur Verfügung stellt, um die Bezirke zu unterstützen, damit relativ schnell die überzähligen Spielhallen abgewickelt werden können und gleichzeitig aber auch schon in den ersten Anfängen die Kontrollintensität so stark ist, dass wir von diesen neuen Regelungen Gebrauch machen können. Lassen Sie uns insofern gemeinsam zügig beraten, zügig beschließen, damit hier die entsprechenden Verfahren und Bescheide laufen und wir am Ende die Zahl der Spielhallen deutlich reduzieren und ein ganz anderes Stadtbild in vielen Bezirken bekommen! Ich glaube, das ist ein erstrebenswertes Ziel. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Dann gucke ich mir an, was wir in diesem wunderbaren Papierberg haben. Da haben wir zunächst – die Vorredner sagten es schon – eine Worthülse. Herr Buchholz! Ich bin ja ein bisschen traurig, dass das nicht Ihre Erfindung ist.
Mindestabstandsumsetzungsgesetz – da zuckt man schon gleich zusammen. Was haben wir noch? – Der buchholzene Don Quijote reitet zusammen mit Matze Brauner durch die Stadt, die Spandau heißt, um sie zu retten.
Und beide wollen den Wahlkampf gewinnen. Also gehen sie völlig spaßfrei gegen – im Übrigen legale – Spielstätten vor. Wenn man Ihnen zuhört, wird auch jedem ganz gleich klar: Jedes Spiel trägt den Keim der Sucht in sich, wie auch jeder, der einmal in der Nähe eines Tütchenrauchers steht, sofort und unwiderruflich der Drogensucht verfällt. Ist doch logisch!
Das wissen schließlich alle, die in der Nachbargemeinde von Spandau, im dörflichen Berlin ihr trostloses Dasein fristen müssen,
weshalb die rigide Drogenbekämpfung als Vorbild für die konsequente Spielunterbindung herhalten muss.
Nun liegt also das glorreiche Gesetz auf dem Tisch. Demzufolge müssen sich in ausreichender Zeit, also in drei Monaten, alle Betreiber von Spielhallen völlig neu um ihre Gewerbegenehmigung bemühen. Die listigen beiden Kämpfer haben ein unschlagbares Mittel gefunden, die Genehmigungserteilung zu verhindern: Die Bittsteller müssen nur unendlich viele Bescheinigungen von ihrem jeweiligen Bürgeramt erhalten, um diese dann in Papierform und natürlich persönlich bei einem weiteren Termin wieder dem Bezirksamt vorzulegen. Der „Tagesspiegel“ kann doch einpacken mit seiner täglichen Wasserstandsmeldung, wann man mal einen Termin beim Bezirksamt innerhalb von drei Monaten bekommt. Aber wenn es doch jemandem gelingen sollte, diese Hürde zu überspringen, dann haben Düsendaniel und Matze Brauner noch einen Trumpf im Ärmel: den Losentscheid.
Das hat ja schon mancher seit Jahren geahnt, und jetzt kriegen wir es als Gesetz. Bei behördlichen Angelegenheiten entscheidet nicht die Sachkunde oder geht es nicht nach klaren, nachvollziehbaren Regeln zu, man könnte meinen, nach Spielregeln, nein, da entscheidet das Los. Manche nennen so etwas auch Willkür.