Der nächste Punkt, verwandte Nutzungslösungen, wie zum Beispiel, Logistik in Betracht zu ziehen, ist eigentlich aus der Nähe zu Bahnanlagen in vielen Fällen ebenfalls naheliegend.
Auch das angesprochene öffentliche Kataster der Bahnflächen halten die Piraten auf jeden Fall für sinnvoll. – Wir sind ja damals auch für das Liegenschaftskataster des Landes Berlin eingetreten. Leider ist es nicht gekommen. – Die Probleme – die mit der Zustimmung der Bahn zu lösen sind – sehen wir auch, aber sinnvoll ist es auf jeden Fall.
Zugleich müssen wir allerdings feststellen, dass viele wirklich interessante Bahnflächen im innerstädtischen Bereich mittlerweile schon freigegeben und für gutes Geld vor allem an private Investoren veräußert worden sind.
Aber wenn man jetzt aus den Problemen der Vergangenheit gelernt hat und die gewinnmaximierende Vermarktung von ehemaligen Bahnflächen, wie etwa an der Heidestraße oder am Mauerpark, verstärkt unter Kontrolle bringen will, dann stehen wir dem natürlich auch aufgeschlossen gegenüber. Deswegen kann ich dem Antrag eigentlich jetzt schon zustimmen. Ich freue mich, wenn er auch noch schnell in den Ausschüssen debattiert und am besten noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird.
Vielen Dank, Herr Prieß! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht! Dann verfahren wir so.
Zum Jahrestag von Tschernobyl und Fukushima: Gefahren und Risiken der Atomkraft erfordern schnellen Ausstieg europa- und weltweit
In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat Frau Abgeordnete Gebel. – Bitte!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute vor 30 Jahren wusste die Welt noch nichts von Tschernobyl. Sie wusste nicht, dass es zwei Tage zuvor bei einer Sicherheitsprüfung in einem sowjetischen Atomkraftwerk zu einer Explosion und einer riesigen radioaktiven Wolke gekommen war. Heute vor 30 Jahren wurde im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark erhöhte Radioaktivität gemessen. Nachdem ein Eigenfehler ausgeschlossen worden war, lag die Vermutung nahe, dass es in der Sowjetunion zu einem folgenschweren Unfall gekommen sein musste.
Am 1. Mai vor 30 Jahren war in Berlin ein strahlend schöner Tag. Die Berlinerinnen und Berliner verbrachten den Tag der Arbeit draußen. Die Eltern spielten mit ihren Kindern auf den Spielplätzen. Aber einen Tag später war die Unsicherheit, war die Angst, war eine Ohnmacht für die Unbeschwertheit gekommen. In Westberlin wurde gemeldet, dass es zu einem GAU in Tschernobyl gekommen war. Die „taz“ veröffentlichte über Monate die täglichen Becquerelzahlen, aber in Ostberlin wusste man auch dann noch nichts. Westfernsehen und eine riesige Auswahl an Gemüse in der Kaufhalle zeugten aber davon, dass etwas passiert sein musste.
Ich war damals fast drei Jahre alt, so alt wie mein Sohn heute, und ich erinnere mich noch schemenhaft an das, was damals war: an regelmäßige Messungen von Strahlungen in grauen Verwaltungsgebäuden, an etliche Diskussionen über das Wetter und an das Gefühl der Unsicherheit, der Unwissenheit und der Ohnmacht.
Aus dieser Ohnmacht wuchs eine enorme Welle der Hilfsbereitschaft. Stellvertretend für diese Hilfe möchte ich hier Isolde Scheffel vom Verein „Berliner Hilfe für Tschernobyl“, dem Physiker und ehemaligen DDROppositionellen Sebastian Pflugbeil vom Verein „Kinder von Tschernobyl“, selbst auch ehemaliges Mitglied dieses Hauses, und Anneliese Bödecker von der Informationsstelle Tschernobyl e. V. danken.
70 000 Kinder aus Tschernobyl konnten sich durch dieses beispielhafte ehrenamtliche Engagement in Deutschland erholen.
Aber aus der Ohnmacht ist auch der Wille gewachsen, die Energieversorgung auf neue Füße zu stellen. Wer 1986 gesagt hätte, dass heute 26 Prozent erneuerbare Energien im deutschen Energiemix sein würden und 2022 der letzte Atommeiler in Deutschland abgeschaltet wird, der wäre ausgelacht worden. Die traurige Zäsur von Tscher
nobyl hat zum deutschen Atomausstieg geführt. Diese Entscheidung, von Rot-Grün begonnen und nach der Atomkatastrophe von Fukushima von Schwarz-Gelb wieder auf den Weg gebracht, war und ist richtig.
Dennoch ist Atomkraft weltweit kein Auslaufmodell. Im Radius von Tschernobyl stehen 150 Atommeiler um Berlin herum. Die beiden Schrottreaktoren in Doel und Tihange, die in Belgien immer wieder von sich reden machen, sind sogar nur 600 km von uns entfernt. Sie sind alt, anfällig und ein erhebliches Terrorrisiko. Das zeigt: Berlin muss auf einen radioaktiven Notfall vorbereitet sein.
Der Wille, die Energieversorgung auf neue Füße zu stellen, ist in diesem Haus interfraktioneller Konsens. Berlin hat dazu mit dem von allen Fraktionen getragenen Bericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ sowie mit dem jetzt beschlossenen Energiewendegesetz endlich auch einen Anfang gemacht. Hier ist aber noch viel Raum nach oben. Im bundesweiten Energiemix – das habe ich soeben gesagt – liegen wir bei 26 Prozent, was Windkraft angeht. In Berlin liegen wir bei 1 Prozent.
Berlin als Metropole muss den Weg der Zukunft einschlagen, hin zu mehr Energieeinsparungen, einer Stärkung der Energieeffizienz und volle Kraft voraus in Richtung der erneuerbaren Energien.
Die Fehler der Entscheidung für Atomkraft begleiten uns Tausende Jahre. Nach dem Atomausstieg beginnt der Rückbau der Meiler, und die schwierige Endlagerfrage stellt sich.
Gestern wurde von der Atomkommission ein wichtiger Schritt hin zu einem Kompromiss vorgestellt, der auch die Atomunternehmen in die Verantwortung beim Rückbau nimmt. Aufgrund dieser neuen Ereignisse haben wir heute diesen Änderungsantrag gestellt, der diese Forderungen noch mal herausnimmt. Klar ist weiterhin: Es ist wichtig, dass die anfallenden Kosten der Atomkraft in Milliardenhöhe nicht von der Allgemeinheit getragen werden dürfen.
Die Menschen in Tschernobyl und Fukushima kennen die Gefahren und Kosten der Atomkraft. Ihre Heimat wird erst in 100 000 Jahren wieder bewohnbar sein. Mehrere Millionen Menschen leben dort noch auf verstrahltem Gebiet. Das zeigt: Sicher ist nur das Risiko. Die Zukunft liegt in den erneuerbaren Energien.
Vielen Dank, Frau Gebel! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Buchholz. – Bitte!
Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegin Gebel! Ich kann mich Ihren Ausführungen komplett anschließen. Ich war 18 Jahre alt, als die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl passierte. Es war für mich ein einschneidendes persönliches Erlebnis, das mich politisch sehr geprägt hat und das – jetzt verrate ich mal ein Geheimnis – mich dazu gebracht hat zu überlegen, ob ich in eine politische Partei gehe und ob ich in die grüne Partei oder in die SPD eintrete. Es wurde dann die SPD. Ich habe das bis heute nicht bereut, um es ganz klar zu sagen.
Nicht nur wegen Spandau, Kollege Esser! – Aber zurück zu dem eigentlichen Inhalt, er ist ja ein sehr ernster!
In Deutschland laufen noch diverse Atomkraftwerke, von denen wir alle nicht wissen, was für eine strahlende Last sie uns über Jahrhunderte und Jahrtausende aufbürden. Wir haben vor über 50 Jahren auch in Deutschland eine Energieform gestartet, von der wir bis heute nicht wissen, was wir mit dem hochstrahlenden radioaktiven Abfall machen sollen. Wir haben dafür keinen Plan. Wir haben kein Endlager, wohin man mit dem hoch radioaktiven Abfall soll. Allein schon das wäre eigentlich der Genickschuss für jede normale wirtschaftliche, ökologische oder einfach nur vernünftige Betrachtung einer Energieform.
Aber es kommt noch viel mehr dazu. Wir sehen heute stärker als früher die Gefahren durch Terroranschläge. Stellen wir uns einmal nur ganz kurz vor: Ein Flugzeug wird von Terroristen senkrecht auf einen Atommeiler zum Absturz gebracht. Was hätte das für eine verheerende Wirkung nicht nur für die Menschen der Umgebung, Umwelt, Natur, sondern für ganz Europa wahrscheinlich! Was kann man anrichten mit Terroranschlägen, wenn man einfach auf einen Atomreaktor vor Ort einwirkt, mit einer Bombe oder anderem! Das sind Dinge, die keiner von uns vorhersehen kann, die keiner verantworten kann. Darum ist es seit vielen Jahrzehnten – auch bei der SPD, ich bin da sehr stolz darauf – konstituierend, dass wir sagen, es kann nicht sein, dass wir diese Energieform weiter betreiben, sondern wir müssen den schnellstmög
Wir sind tatsächlich auch direkt betroffen, nicht nur durch die Atomkraftwerke, die in anderen Ländern, in Europa oder darüber hinaus stehen. Wir sind direkt betroffen. Es gibt in Berlin einen Forschungsreaktor Wannsee, der eigentlich nur ein Hundertstel des radioaktiven Potenzials eines großen Atomkraftwerks hat. Dennoch sind wir gezwungen, umfangreiche Katastrophenpläne aufzustellen, und haben Anwohnerinnen und Anwohner berechtigte und besorgte Anmeldungen und sagen, das kann doch nicht sein, dass wir das mitten in einer dicht besiedelten Stadt haben.
Was ist eigentlich, wenn jemand auf dumme terroristische Ideen kommt? Wer möchte diesen Satz zu Ende führen? Ich möchte es nicht.
Wir haben auch in Deutschland Betreiber – die EnBW, die RWE –, die gerade eingestehen mussten, in den vermeintlich hochsicheren deutschen Atomkraftwerken werden Sicherheitsprotokolle gefälscht. Ich rede nicht von entfernten Galaxien, auch nicht von Ländern am anderen Ende der Welt, nein, in der gut organisierten und gut durchgeplanten Bundesrepublik Deutschland werden solche Sicherheitsprotokolle gefälscht. Ein Unding, das keine Fortsetzung finden darf! Dafür, da sind wir bei Ihnen, liebe Grüne, müssen wir auch schauen, wie wir das von der Berliner Seite unterstützen können, dass die Bundesrepublik Deutschland alles tut, was in ihrer Macht steht, das nicht nur bei uns zu beenden, sondern auch in anderen Ländern der Welt diesen Unsinn zu stoppen.
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Stimmen Sie zu!]
Das heißt auch, Sie haben schon darauf hingewiesen, Kollegin Gebel, dass es nicht sein kann, dass wir nur tatenlos zuschauen, wenn direkt in unserer Nachbarschaft unser befreundetes Nachbarland Polen darüber aktiv nachdenkt – und leider die neue Regierung verstärkt –, an der polnischen Ostseeküste erstmals in der Geschichte des Landes Atomkraftwerke zu errichten. Wir leben im Jahr 2016, wir haben allen Grund – und es ist richtig, dass wir das tun –, bis zum Jahr 2022 als Bundesrepublik Deutschland auszusteigen, aber unser direktes Nachbarland ist aktiv dabei, den Neubau von Atomkraftwerken voranzutreiben. Ich finde das, mit Verlaub, bei aller Freundschaft unverantwortlich. Wir müssen Polen jede Hilfe anbieten, dass sie mit innovativen Energien, vor allem mit sauberer Energie aus Wind, aus Sonne, aus Biomasse Alternativen bekommen. Wir müssen das aktiv unterstützen mit allem, was uns möglich ist.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir den Antrag tatsächlich in die Ausschussberatung geben, denn Sie haben zwei konkrete Punkte aufgenommen, Kollegin Gebel, wie wir zukünftig den Katastrophenschutz in Berlin eventuell anders organisieren, nach welchen Vorgaben Berlin Strom einkaufen soll. Da sage ich auch ganz klar, ich bin sehr stolz darauf, dass Berlin als erstes Bundesland, glaube ich, das haben wir damals unter Rot-Rot vorangebracht, seit dem Jahr 2002 keinerlei Atomstrom für öffentliche Liegenschaften kauft. In keinem Rathaus, in keiner Schule, in keinem Bezirksamt brennt ein atomstrombetriebenes Lichtlein. Und das ist sehr gut so. Da waren wir vorbildlich. Das muss man wirklich sagen. Wir sind es auch mit den Stromausschreibungen, die wir heute für das Land Berlin machen. Wir müssen das fortsetzen, müssen schauen, dass wir mit aller Kraft, die wir als kleines Bundesland haben, –