Wir hätten gern einen realistischeren Plan gehabt und wären gern auf das Jahr 2022 gegangen. Als Kompromiss haben wir das Jahr 2020 angeboten, aber auch das haben Sie abgelehnt, wie Sie stets die Realität verweigern, wie wir heute schon an anderen Punkten hörten. Das wird jedoch in der Praxis zu reparieren sein.
Ich komme nun zu unserem Änderungsantrag. Sie haben elf Änderungen übernommen – vielen Dank dafür! –, aber wir haben etwa 15 weitere Änderungen. Der Schwerpunkt liegt bei der Transparenz. Wir hatten – wie im Transparenzgesetz, das wir auch schon vorgelegt haben – eine verpflichtende Veröffentlichung von Daten gefordert, die von der öffentlichen Hand erstellt werden. Wir hätten gern einen Chief Information Security Officer, weil die IT-Sicherheit in Berlin ganz besonders im Argen liegt. Wir hätten gern ein Referat für Barrierefreiheit gehabt, und wir hätten gern auf die Streichung des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes verzichtet, denn
das ist der Hammer: Nur, weil Sie ein Satz in diesem Gesetz stört, nämlich die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung, streichen Sie gleich das gesamte Leitbild für die Berliner Verwaltung. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein Gesetz, das 1999 von allen Fraktionen und mit den reformwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf den Weg gebracht worden ist, wird heute mit einem Federstrich gestrichen. Die Folgen sind verheerend – leider kann ich es nicht weiter ausführen.
Alles in allem möchte ich sagen: Das ist trotzdem ein guter Tag, denn er bietet die Agenda für die nächste Legislaturperiode.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die E-Akte keine Datei ist, sondern eine vollelektronische Aktenführung, die vollständige Digitalisierung des Verwaltungshandelns. Dazu müssen alle Prozesse analysiert, standardisiert, optimiert und dann schließlich digitalisiert werden. Dazu werden Sie sehr viel Koordinierung brauchen. – Dazu hatten wir auch einen Satz im Gesetz, den Sie leider nicht übernommen haben. – Wir brauchen Prozessmanagerinnen und -manager in allen Behörden, und die Zusammenarbeit mit der Servicestelle Prozessmanagement in Pankow muss eingegangen werden. Das wird viele Jahre brauchen. Wir haben schon 2009 beschlossen, die 100 wichtigsten Prozesse zu standardisieren, und haben gerade einmal acht geschafft. Wenn wir so weitermachen, dann dauert das bis 2050, aber diese Zeit haben wir nicht. Deshalb müssen wir da einen stärkeren Turbo einlegen.
Mit diesem Bewusstsein verabschiede ich mich nach elf Jahren aus freien Stücken. Ein Lichtblick ist, dass wir als Opposition am Ende noch mal einbezogen wurden, aber ich möchte auch noch einen anderen Lichtblick kurz benennen – eigentlich hatte ich mehr vorbereitet. Ich möchte mich bedanken, dass ein anderes Herzstück meiner und unserer Arbeit – Anja Kofbinger war auch beteiligt –, nämlich die Initiative Sexuelle Vielfalt, die einmal als Aktionsplan gegen Homophobie und Transphobie gestartet ist, Wirklichkeit wurde. – Jetzt redet Herr Lederer gerade, aber ich wollte ihm einfach noch mal sagen: Der schönste Moment in diesem Parlament war für mich, als ich den langen Änderungsantrag der rot-roten Koalition zu unserem damaligen Antrag gelesen habe, was dann auch umgesetzt wurde. Das freut mich bis heute. Vielen Dank für die Zusammenarbeit! Alles Gute!
Vielen Dank Herr Birk! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Dregger das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Birk! Ich schließe mich selbstverständlich den guten Wünschen für Ihre Zukunft an und möchte Ihnen meine Wertschätzung für die gute gemeinsame Zusammenarbeit zum Ausdruck bringen, auch wenn ich etwas bedauere, dass Sie versucht haben, im Hinblick auf das E-Governmentgesetz das nicht vorhandene Haar in der Suppe zu finden.
Wir verabschieden heute nach intensiven Beratungen das Berliner E-Governmentgesetz. Dieses Gesetz ist das stringenteste und innovativste E-Governmentgesetz Deutschlands. Es wird zum Maßstab für alle anderen Bundesländer in Deutschland. Das sagen nicht wir, sondern das bescheinigen uns alle Experten einhellig.
Ich möchte gleich zu Beginn meinem Kollegen Sven Kohlmeier von der SPD-Fraktion herzlich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit danken. Unsere enge und effiziente Zusammenarbeit ist ein guter Beweis für die erfolgreiche Zusammenarbeit dieser Koalition aus CDU und SPD in dieser Legislaturperiode. – Vielen Dank!
Worum geht es? – Es geht darum, die Voraussetzungen für eine Verwaltungsmodernisierung zu schaffen, die den Anforderungen des modernen Bürgers und des modernen Unternehmens an effizientes Regieren und Verwalten im digitalen Zeitalter gerecht werden. In einer Stadt, die den selbstgestellten Anspruch hat, die Hauptstadt der Digitalisierung zu sein, muss das selbstverständlich werden. Es wird dann nicht mehr darum gehen, ob und wann Bürgeramtstermine zur Verfügung stehen, sondern es wird zunehmend darum gehen, ob Bürgeramtstermine überhaupt notwendig sind.
Wie ist die bisherige Lage? – Jede Senatsverwaltung, jede nachgeordnete Behörde und jede Bezirksverwaltung sucht sich ihre eigene IT-Lösung. Eine Standardisierung im Hinblick auf Ausstattung, Kompatibilität, Medienbruchfreiheit, Benutzerfreundlichkeit, Barrierefreiheit und Sicherheit ist weitgehend nicht gegeben. Soweit sie zustande gekommen ist, ist dies das Verdienst des ITStaatssekretärs Andreas Statzkowski,
der mit Geduld und Beharrlichkeit darauf hingearbeitet und Überzeugungsarbeit geleistet hat. Wir wollen als Gesetzgeber diese Bemühungen unterstützen. Daher hat die CDU-Fraktion bereits vor zwei Jahren umfangreiche Vorarbeiten geleistet, Expertengespräche geführt und eine digitale Agenda für Berlin beschlossen. Heute freue ich mich, dass unser E-Government-Gesetz sämtliche Kernpunkte unserer digitalen Agenda für Berlin enthält. Danach werden dem IKT-Staatssekretär zukünftig wirksame Mittel an die Hand gegeben, um die Transformation
von der analogen Papierverwaltung zur serviceorientierten elektronischen Verwaltung flächendeckend zu ermöglichen.
Welches sind die wichtigsten Mittel für diese zentrale digitale Führung? – Wir wollen die zentrale Standardisierung der IT im Land durchsetzen und das federführend durch den zukünftigen IKT-Staatssekretär. Wir geben ihm dafür die zentralen IKT-Haushaltsmittel an die Hand für die verfahrensunabhängige IT, damit er bei der Beschaffung darauf achten kann, dass die Standardisierung durchgesetzt wird. Wir werden das ITDZ, also den ITDienstleister des Landes Berlin, dafür einsetzen, die Standardisierung durchzusetzen. Wir werden dafür sorgen, dass die elektronische Aktenführung bis zum 31. Dezember 2022 flächendeckend eingeführt worden ist.
Wir werden Verwaltungsabläufe auf elektronische Verfahren umstellen. Wir werden den elektronischen Identitätsnachweis flächendeckend einführen. Wir werden interaktive elektronische Formulare über ein einheitliches Portal einführen. Wir verpflichten zur Bereitstellung der frei verfügbaren öffentlichen Daten in maschinenlesbarer Form. Und – besonders wichtig für uns – wir stärken die IT-Sicherheit, denn es geht darum, dass ein Land und eine Landesverwaltung weniger angreifbar ist als bisher durch Schadsoftware ebenso wie durch gezielte Cyberattacken. Dazu werden wir den BSI-Grundschutz zum Mindeststandard erheben, und wir werden dafür sorgen, dass alle Behörden an das Berlin-CERT, das Reaktionssystem gegen Angriffe, angeschlossen werden. Wir haben an die Mitarbeiterinteressen gedacht und werden dafür sorgen, dass flächendeckend Schulungen vorgenommen werden, damit wir die Mitarbeiter auf den Weg in diese digitale Verwaltung mitnehmen können.
Abschließend: Die Umsetzung dieses Gesetzes wird eine enorme Herausforderung sein, aber die Anstrengung wird sich lohnen. Berlin kann zum Vorbild effizienten bürger- und unternehmensfreundlichen und sicheren Regierens werden. Dafür stehen wir! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dregger! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Doering. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im April haben die Koalitionsfraktionen einen umfangreichen Änderungsantrag eingebracht, der aus den unverbindlichen Regelungen der Senatsvorlage an vielen Stellen klare, verbindliche und verpflichtende Regelungen macht und auf eine zentrale Steuerung, Planung und Entschei
dung setzt. Heute reden wir schließlich über die Gesetzesfassung der Koalition, die, wie schon vom Kollegen Birk erwähnt, Vorschläge und Anregungen der Opposition mit aufgegriffen hat, aber eben längst nicht alle.
Wir unterstützen die strategischen Ziele des Gesetzes. Dies betrifft insbesondere die verbindliche Einführung der elektronischen Akte in allen Verwaltungen, die künftige medienbruchfreie Kommunikation in und zwischen den Verwaltungen, die gemeinsame Nutzung von zentralen Informations- und Kommunikationsstrukturen, und dies betrifft die zukünftige zentrale Planung, Steuerung, Entscheidung und Beschaffung durch die neu geschaffene zentralisierte Struktur: IKT-Staatssekretär oder –Staatssekretärin, IKT-Steuerungsrat und ITDZ als zentralen Dienstleister.
Ehrgeizige ambitionierte Vorhaben und Ziele verfehlen aber ihre Wirkung, wenn die reale Situation in der Berliner Verwaltung aus den Augen verloren wird.
Überhaupt nicht akzeptabel ist, wenn für die Umsetzung des Gesetzes keine finanzielle und personelle Vorsorge getroffen wird und dies den nächsten Wahlperioden vorbehalten bleibt. – Der Lichtenberger Bezirksstadtrat Herr Prüfer führte in der Anhörung zum E-Government-Gesetz aus:
Noch immer erfordern bei uns Fachverfahren Windows XP und Server 2003. Solange diese Verfahren nicht modernisiert sind, sind wir weit von E-Government entfernt. Die Modernisierung aller Fachverfahren wird hohe Investitionen erfordern
Es geht um Prozessoptimierung, es geht um ITAusbildung bei unserer Altersstruktur in Berlin, und es geht um Personalmangel an vielen Ecken und Enden.
Nun stellt Herr Staatssekretär Statzkowski laut rbb24 eine fehlende Akzeptanz bei den Beschäftigten fest, wenn es um die Umstellung der Verwaltung auf E-Akte geht. Entscheidend für den Erfolg sei aber, so der Staatssekretär, die Mitarbeiter der Verwaltung bei dem Wandel mitzunehmen. – Richtig! Aber wo bleiben die Konsequenzen? Die Mitarbeiter haben schlechte Erfahrungen gemacht und müssen wieder befürchten, dass die schwierigen Umstellungsprozesse auf ihren Rücken ausgetragen werden.
Deshalb ist vollkommen unverständlich, weshalb unsere Forderung, in das Gesetz den Abschluss einer Dienstvereinbarung zum E-Government aufzunehmen, von der
Stattdessen werden alle Paragrafen des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes zur Personalführung, zur personellen Entwicklung, zum Personalmanagement bis hin zur Qualifizierung mit dem E-Government ersatzlos gestrichen. Statt die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu motivieren und im schwierigen Umsetzungsprozess hin zur digitalen Verwaltung mitzunehmen, werden hier von der Koalition falsche Signale gesetzt.
Der schwerwiegendste Kritikpunkt unserer Fraktion an diesem Gesetz ist, das zwar strategisch richtige Ziele formuliert werden, der Umsetzungsprozess aber mit so vielen Fallstricken und unrealistischen Vorgaben versehen ist, dass ein Scheitern vorprogrammiert ist. Wir können einen solchen Politikstil nicht mittragen!
Der zukünftige Finanzierungsaufwand zur Umsetzung des E-Government-Gesetzes bleibt unklar, und es gibt keine Klarheit über die Höhe der einzusetzenden finanziellen Mittel. In der Vorlage zur Beschlussfassung zum E-Government-Gesetz teilt der Senat zum Thema Gesamtkosten mit, dass eine Prognose zu den tatsächlichen Umsetzungskosten nicht seriös getroffen werden kann und Aufwände zur Anpassung vorhandener IT-Lösungen derzeit noch nicht konkret beziffert werden können. Im gestrigen Hauptausschuss wurde uns die finanzielle Konzeptlosigkeit wieder glasklar vor Augen geführt. Ein solches Gesetz zu verabschieden bedeutet, dass sich alle politischen Entscheidungsträger im Klaren sein müssten, was das in den nächsten Jahren kosten wird.
Der zweite grundlegende Kritikpunkt, weshalb wir dem Gesetz nicht zustimmen können, sind die schnellen voraussetzungslosen Veränderungen. Der IKT-Staatssekretär oder die IKT-Staatssekretärin wird zunächst mit einem Doppelhaushalt arbeiten, der den im Gesetz festgelegten neuen Strukturen nicht entspricht. Das ITDZ als zentralen Dienstleister für die Berliner Verwaltung zu definieren ist richtig, allerdings muss das ITDZ erst ertüchtigt werden, dieser Funktion zu entsprechen.
Unsere Vorschläge, die Umstellung auf die verpflichtende Abnahme der Leistungen des ITDZ schrittweise bis 2020 umzustellen, um auch die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, wurden von der Koalition nicht übernommen. Im Gegenteil – mit dem Änderungsantrag der Koalition wurde die Terminsetzung für die Übernahme der Leistungen des ITDZ durch alle Verwaltungen auf
das Jahr 2018 vorverlegt. Aber wir wissen alle, dass das ITDZ nicht in der Lage sein wird, ab 2018 störungsfrei diese Aufgaben als zentraler Dienstleister zu leisten. Allein die laufende Anpassung der IT-Verfahren an die standardisierte IT-Technik und die Basisdienste werden eine personelle und finanzielle Bugwelle erzeugen. Dazu sind keine Vorbereitungen im Haushalt getroffen worden.
Wir stimmen heute nicht über gute und richtige Absichten ab, sondern über ein Gesetz, das umzusetzen ist, über konkrete Konzepte und Umsetzungsschritte. Hier, liebe Koalition, versagen Sie komplett. Sie übernehmen null Verantwortung für die Umsetzung, kein Schritt ist untersetzt, deshalb lehnen wir das Gesetz ab.