Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

[Unruhe]

Darf ich mal einen Moment um Ruhe bitten! Es gilt auch für den Kollegen Lux, dass er sich auf den Vorredner beziehen muss! Also, gehen Sie ein auf das, was Herr Kowalewski gesagt hat, Kollege Lux! – Bitte!

Herr Kowalewski hat vorgetragen, dass Frau Vogel mit Neonazis gemeinsam gegen Flüchtlinge demonstriert hat

[Weiter Zurufe]

und dass sie sich damit in der Wirkung auch rechtsradikal betätigt. Und dem stimmt, das muss ich sagen, meine Fraktion zu. Und ich sage Ihnen noch eines: Wenn diese Person hier nicht die Gelegenheit nutzt, sich davon zu distanzieren – und sie hätte dazu die Möglichkeit gehabt –,

[Christopher Lauer (PIRATEN): Hätte sie, ja!]

dann kann sie nicht den Schutz der Geschäftsordnung und den Schutz des Parlaments in Anspruch nehmen. Ich erinnere an den Fall Jermak, den Fall eines Anmelders einer linken Demonstration aus dem Bereich der Linksfraktion, wo es zu Gewalt kam, und natürlich hat sich die Linksfraktion hier im Jahr 2009 von diesem Kollegen, der auch zu Blockaden aufgerufen hat, distanziert. Genauso hat Frau Vogel mittelbar zu Blockaden aufgerufen, und zwar gegen die Flüchtlingsunterkünfte.

Das möchte ich in diesem Zusammenhang auch sagen: Sie haben nicht nur mit Neonazis gemeinsam demonstriert, sondern Sie haben, wie Frau Haußdörfer vorhin in der mündlichen Anfrage auch schon richtig bemerkt hat, –

Kollege Lux! Jetzt wenden Sie sich aber an die Kollegin Vogel!

sondern Sie haben mittelbar zu Blockaden gegen Flüchtlingsunterkünfte aufgerufen, und dies ist sowohl –

Ich würde Sie jetzt herzlich bitten, auf Herrn Kowalewski einzugehen!

aus sicherheitspolitischer Sicht als auch aus demokratiepolitischer Sicht fatal.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das hat Herr Kowalewski alles nicht gesagt!]

Herr Kowalewski hatte mit seinem Redebeitrag völlig recht, und deswegen war es überhaupt nicht nötig, wie Kollege Dietmann hier auf ihn reagiert hat. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Herr Kollege Kowalewski! Wollen Sie erwidern?

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Auf beide?]

Bitte schön!

Vielen Dank! – Geschätzter Herr Dietmann! Ich muss natürlich Ihren Vorwurf absolut von mir weisen. Das können Sie sich sicher vorstellen. Was gerade Zwischenrufe und das Niederbrüllen von Rednerinnen und Rednern angeht, da sind Sie ja auch kein Neuling.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN) und Udo Wolf (LINKE)]

Das kennen Sie ja sehr gut auch aus Ihrer eigenen Art, hier mit Kolleginnen und Kollegen umzugehen. Natürlich hätte Frau Vogel sich beispielsweise auch selbst verteidigen können – aber gut, das sei unbenommen.

Der Punkt ist: Ich rechne es mir zu, Menschen, die sich mit Rechtsradikalen, mit Anhängern der NPD, gemeinsam in eine Reihe stellen,

[Zuruf von Katrin Vogel (CDU)]

gemeinsam mit ihnen demonstrieren und sich ihre Positionen zu eigen machen, als rechtsradikal zu bezeichnen. Und ich nehme es mir auch heraus, mit diesen Leuten dann nicht mehr inhaltlich diskutieren zu wollen.

[Matthias Brauner (CDU): Was haben Sie denn für ein Demokratieverständnis?]

Das gibt Konsens, dass wir das nicht machen, und dabei bleiben wir meiner Meinung nach auch. Deswegen sehe ich dafür keinen wirklichen Grund. – Geschätzter Herr Kollege Lux! Ich schließe mich Ihren Ausführungen dahin gehend komplett an!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/2703 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung auch mit geändertem Berichtsdatum 30. Juni 2016. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion, die Grünen und die Piraten. Wer ist dagegen? – Die Fraktionen der SPD und der CDU. Wer enthält sich? – Keine Enthaltungen. Das Letztere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 13 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 14 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nummer 3.5.

Ich rufe also auf

(Benedikt Lux)

lfd. Nr. 15:

Wirkung von Videoüberwachung im Land Berlin endlich evaluieren – Moratorium für eine Ausweitung, bis die Ergebnisse vorliegen!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 25. April 2016 Drucksache 17/2874

zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/2781

In der Beratung beginnt die Piratenfraktion, und es spricht der Kollege Lauer, und er erhält das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wollte die Piratenfraktion bewirken, dass das Land Berlin endlich eine Evaluierung der bisher bestehenden Videoüberwachungsmaßnahmen im Land Berlin durchführt, denn das haben wir nämlich nicht. Das ist sicherheitspolitisch sehr interessant, da die Politik behauptet, mit der Videoüberwachung gäbe es mehr Sicherheit im Land Berlin, wären die Leute sicherer, aber wir können es gar nicht qualifiziert sagen, da wir überhaupt keine Untersuchungen dazu gemacht haben.

Da haben wir uns gedacht: Na ja, jetzt wäre es mal an der Zeit, jetzt könnte man es ja mal tun. Aber Sie, insbesondere die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, können sich fast vorstellen, wie das dann gelaufen ist. Man hat das abgelehnt.

[Andreas Baum (PIRATEN): Was?]

Ja, lieber Andreas! Ich habe auch nicht glauben können, was ich da im Ausschuss erlebt habe. Du merkst, ich stehe noch immer unter Schock!

[Zuruf von der CDU]

Jeden Zwischenruf aus der CDU-Fraktion nehme ich nach der Debatte vorhin nicht mehr ganz so ernst. Haben Sie Verständnis dafür! Also: „Ich war hier schon sehr lange im Haus, und was ich hier gerade erlebt habe“ – –

[Heiterkeit von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Noch mal zurück zum Thema: Das ist nichts Besonderes, dass die Koalition einen Antrag der Opposition ablehnt. Was besonders ist, was wirklich besonders peinlich ist, ist die Argumentation des Senators für Inneres und Sport – eigens angereist für diese Rederunde –, warum man das jetzt ablehnt. Und zwar ging das so: Ja, man könne mit einer Studie zur Videoüberwachung überhaupt nicht herausfinden, ob die Videoüberwachung etwas bringt oder nicht, aber – Obacht! – der Innensenator wäre dafür zu haben, dass man mal ein Modellprojekt am Alexanderplatz macht, und das könnte man ja dann von einer wissenschaftlichen Studie begleiten lassen. – Ohne Spaß,

das ist so passiert! Herr Henkel sagt: Nein, wir können keine Videoüberwachungsstudie machen, die brauchen wir nicht, – und sagt dann zwei Minuten später: Aber wir können die Videoüberwachung doch ausweiten, und am Alexanderplatz, da können wir eine Studie machen.

Das unterbietet sogar das übliche Argumentationsniveau, das man sonst im Abgeordnetenhaus gewohnt ist, und ist extrem peinlich. Ich habe das im Ausschuss gesagt und werde es auch hier noch einmal wiederholen: Durch das Ablehnen dieses Antrags, in Verbindung mit der kruden Argumentation, eine Studie würde nichts bringen, aber man könnte ein Modellprojekt machen, das man von einer wissenschaftlichen Studie begleiten lässt, verabschieden sich zumindest Teile dieses Hauses, nämlich der Innenausschuss, vom Politikmachen. Es stand im Wahlprogramm dieser Kleinstpartei, mit der wir hier angetreten sind: Meine Fraktion stand der Videoüberwachung – wie allen anderen Überwachungsmaßnahmen auch – immer extrem kritisch gegenüber, und wir lehnen sie im Kern ab. Es ist natürlich eine legitime politische Forderung zu sagen, wir lehnen die Videoüberwachung ab, und sie soll abgeschafft werden. Uns ist aber klar, dass die Koalition im Laufe einer solchen politischen Diskussion zum Beispiel sagen würde: Das ist doch blanker Populismus! Die Videoüberwachung bringt doch etwas! – Und dann sagen wir in der Diskussion: Ja, das ist doch super! Wenn sie etwas bringt, dann legt uns doch Zahlen vor, was sie bringt. – Und dann sagt die Koalition: Nein, das ist nicht nötig – obwohl sie überhaupt keine Zahlen hat.

Der Senator nannte in der Ausschussdebatte 700 Leute, die irgendwie identifiziert werden konnten. Was der Senator nicht gesagt hat – darüber gibt es im Land Berlin und in auch in keinem anderen Bundesland eine Statistik –, das ist, wie viele dieser Leute dann tatsächlich verurteilt worden sind. Die sogenannte Aufklärungsquote in der polizeilichen Kriminalstatistik betrifft nur die hinreichend tatverdächtigen Leute, die man präsentiert hat. Es gibt überhaupt keine Statistik darüber, wie viele von diesen Leuten wieder freigelassen werden. Das ist aber egal, denn die 700 Leute, die der Senator dort nannte, haben keine Aussagekraft. Meine Fraktion wollte eine wissenschaftliche Studie, um endlich einmal den Nutzen oder Nichtnutzen von Videoüberwachung evaluieren und eine andere Sicherheitspolitik machen zu können. Aber die Koalition hat sich hier ganz klar vom Politikmachen verabschiedet, weil Sie ein vollkommen bizarres, sich widersprechendes Gerüst aufgebaut haben, das Ihnen erlaubt, sich nicht mit solchen sicherheitspolitischen Fragen auseinandersetzen zu müssen. Das ist in meinen Augen der Politik und des Parlamentarismus nicht würdig. – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN]

(Vizepräsident Andreas Gram)

Die SPD hat den Kollegen Zimmermann als Redner benannt, und ich erteile ihm das Wort. – Bitte sehr!

[Martin Delius (PIRATEN): Tut mir leid!]