Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

Zweitens: Zum Semesterticket habe ich deutlich ausgeführt,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie haben es nicht eingeführt!]

dass es in einigen Bundesländern manchmal Probleme gibt, dieses umzusetzen, weil diejenigen, die dieses Ticket vielleicht nicht nutzen möchten, die Einführung nicht wollen.

[Zuruf von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

In den Neunzigerjahren hatten wir – es tut mir leid, da war ich auch schon im Abgeordnetenhaus vertreten –

[Benedikt Lux (GRÜNE): Deswegen!]

bereits die Diskussion, dass durchaus nicht alle Studierendenverbände und auch nicht alle Parlamente der Hochschulen in Berlin der einheitlichen Meinung waren, das Semesterticket einzuführen.

[Zurufe von den PIRATEN]

Genau deswegen haben wir das Semesterticket nicht eingeführt. In den 2000er-Jahren hat sich das geändert – dazu haben Sie jetzt auch nicht die Wahrheit vorgebracht. Ich will das nur erwähnen, weil Sie hier immer einiges in den Raum stellen, was so nicht stimmt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Und das alles nur, weil sich der RCDS nie mit etwas hat durchsetzen können!]

Vielen Dank, Herr Friederici! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selten habe ich in einer Debatte aus sozialdemokratischem Mund, bezogen auf staatliche Steuern, Beiträge und Umlagen, so oft die Worte Zwang und Zwangsabgabe gehört.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das bin ich ansonsten nur von Freien Demokraten gewohnt, bzw. das kenne ich aus der Kampagne der Republikaner gegen die Krankenversicherung in den USA. Ich

finde, das ist unterhalb des normalen sozialdemokratischen Niveaus.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Ole Kreins (SPD): Ui! – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Weit!]

Wir teilen bekanntlich das Ziel, perspektivisch zu einer solidarischen Finanzierung über ein Beitragsmodell für den öffentlichen Personennahverkehr zu kommen.

[Zuruf von den PIRATEN: Kommunist!]

Wir wollen darüber ein Umsteigen vom Autoverkehr auf den öffentlichen Personennahverkehr begünstigen. Wir wollen die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs steigern, und wir wollen über eine solidarische Umlagefinanzierung den Beitrag, den jeder für den öffentlichen Personennahverkehr leisten muss, senken, damit der ÖPNV für alle zugänglich ist und keine Eintrittsbarriere mehr über den Fahrpreis existiert.

[Beifall bei der LINKEN]

Wenn die Piraten sich auf den Antrag beschränkt hätten, mit dem sie den Senat auffordern, eine wissenschaftliche Untersuchung einzuleiten, in der die Modelle mit ihren Auswirkungen etc. geprüft werden, könnten wir die Debatte beenden. Wir würden sagen: Gut so! Das sollte in der nächsten Legislaturperiode unbedingt gemacht werden. – Ihr habt mit euren Anträgen aber quasi dem Ergebnis zumindest teilweise schon vorgegriffen, und deshalb will ich auf einige Vorschläge, die in den Anträgen enthalten sind, eingehen, bei denen ich Probleme sehe.

Ein Vorschlag lautet, eine Nahverkehrsabgabe zu erheben, ausgestaltet als Beitrag. Die Begründung dafür ist, dass alle Nutznießer des öffentlichen Personennahverkehrs zu dieser Finanzierung herangezogen werden sollen. Nun weist die Studie der Piraten darauf hin, dass man bei der Erhebung eines solchen Beitrags sehr streng auf den Gleichbehandlungsgrundsatz achten muss – das heißt also: Wer ist Nutznießer des öffentlichen Personennahverkehrs? – Auch die Studie der Piraten nennt dazu als Erstes die große Gruppe der Bürgerinnen und Bürger. Die nehmt ihr nun aus eurem Modell – aus für mich nachvollziehbaren Gründen – heraus, weil es in der ersten Phase keine finanzielle Belastung für diese Gruppe geben soll. Ich frage mich aber, ob das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist, denn: Genau in der Studie, die ihr in Auftrag gegeben habt, wird gesagt, und zwar an erster Stelle, dass das die Gruppe ist, die vom öffentlichen Personennahverkehr profitiert.

Die zweite Gruppe, die ihr ausnehmt, sind die Immobilien- und Grundstücksbesitzer, auch mit dem nachvollziehbaren Argument, dass das auf die Miete umgelegt würde. Damit würden also die Mieterinnen und Mieter belastet. Ihr versucht, das zu kompensieren, indem ihr sagt: Dafür erhöhen wir den Hebesatz der Grunderwerbsteuer. – Das löst aber das Problem nicht, denn rechts

(Oliver Friederici)

systematisch muss die Gleichbehandlung bei der Beitragserhebung erfolgen. Das kann nicht dadurch kompensiert werden, dass man parallel dazu eine Steuererhöhung vornimmt, die mit dem Beitrag als solchen nichts zu tun hat, abgesehen davon, dass ich die Grunderwerbssteuer dafür für nicht tauglich halte, denn: Sie fällt nur beim Kauf und Verkauf einer Immobilie an, zudem zahlt der Großteil der Spekulanten keine Grunderwerbsteuer, da sie Gesellschaftshüllen, Anteile kaufen und mit diesem Modell des Share Deals außerhalb der Steuerpflicht bleiben. Deshalb rege ich an, über diesen Punkt noch einmal nachzudenken.

Letzter Punkt – da teile ich, was Kollege Gelbhaar angesprochen hat: Das freiwillige Solidarmodell habe ich nicht verstanden. Während man beim Semesterticket die Möglichkeit hat, durch die verfasste Studentenschaft über ein Organ zu verfügen, das Verträge für die gesamte Studentenschaft verbindlich abschließen kann, hat man das in der Schule nicht, hat man das in Betrieben nicht, und damit ist man letztendlich bei dem Modell eines erweiterten Jobtickets.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Wie wenig attraktiv dieses Ticket ist, hat man gesehen. Hier sollte noch einmal nachgebessert werden. Wie gesagt: Dem ersten Antrag, eine Studie zu erstellen, die nach meiner Kenntnis übrigens auch der Beschlusslage eines SPD-Landesparteitages entspricht, können wir zustimmen. Das andere halten wir für noch nicht ausgereift. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der vier Anträge an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nrn. 3.3 und 3.4:

Priorität der Fraktion der SPD und Priorität der Fraktion der CDU

Berliner E-Government-Gesetz

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 9. Mai 2016 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 11. Mai 2016 Drucksache 17/2902

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2513

Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/2513-1

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der zehn Artikel miteinander zu verbinden, und höre auch hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift, die Einleitung und die Artikel 1 bis 10. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kohlmeier. – Bitte!

[Uwe Doering (LINKE): Was? Das willst du jetzt alles vortragen?]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Doering hat es ja gerade gefragt und auch erkannt: Das hier

[Redner hält einen Aktenordner hoch.]

ist eine Akte, wie Sie sie heutzutage tausendfach in der Berliner Verwaltung in vielen Räumen finden. Und das hier

[Redner hält einen USB-Stick hoch.]

ist eine Akte, die Sie ab dem 1. Januar 2023 in den Berliner Verwaltungen finden, und zwar möglicherweise auf einem USB-Stick.

[Uwe Doering (LINKE): Auf einem grünen!]

Auch auf einem grünen oder einem roten – wie Sie wollen, Herr Doering! So steht es im E-GovernementGesetz, welches das Parlament heute beschließen wird. Mit diesem Gesetz leiten wir den digitalen Fortschritt in der Berliner Verwaltung ein.

In der Expertenanhörung wurde der Vorschlag der Koalitionsfraktionen von den Anzuhörenden gelobt. Ich zitiere den Bezirksstadtrat Dr. Prüfer aus Lichtenberg, dem man nicht vorwerfen kann, dieser Koalition besonders nahe zu stehen: Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen

ist auch mit Überraschung verbunden gewesen und soll an dieser Stelle mit einem Lob für diesen Änderungsantrag verbunden sein, weil er vieles, was ich aufgeschrieben hatte,... dann doch ins Visier nimmt.

Dem kann ich mich nur anschließen!