Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

An der Stelle möchte ich für die vielen guten Gespräche und Zusprüche Danke sagen, aber auch für die konstruktive Kritik der Seniorenvertretungen, ihre große Geduld und konstruktive Begleitung dieses Novellierungsprozesses. Der Einigungsprozess in der Koalition hat Zeit gebraucht, aber wir haben nun einen sehr guten Kompromiss vorgelegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Ich werbe bei Ihnen um Zustimmung. Auch wenn unser Vorschlag zeitlich recht knapp kam,

[Zurufe von der LINKEN]

glaube ich, dass er inhaltlich sehr gut ist und dass Sie sich in vielen Punkten wiederfinden können,

[Zurufe von der LINKEN]

denn in vielen Gesprächen habe ich sehr viel Zustimmung für diesen Änderungsantrag bekommen. Lassen Sie uns also am Montag in der letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode im Gesundheits- und Sozialausschuss konstruktiv die möglichen Änderungen gemeinsam besprechen und die Novellierung dieses Gesetzes in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause gemeinsam verabschieden, im Interesse der Berliner Seniorinnen und Senioren! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Radziwill! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Villbrandt. – Bitte!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Seniorenmitwirkungsgesetz ist eine entscheidende Grundlage für die Arbeit von Seniorenvertretungen. Obwohl eine Novellierung dieses Gesetzes seit Jahren thematisiert wird, Vorschläge gemacht wurden und dies in der Koalitionsvereinbarung explizit verabredet wurde, hat Rot-Schwarz es nicht geschafft, diese Aufgabe anständig zu erledigen. Statt diese vergleichbar einfache Aufgabe anzupacken, hat die große Koalition das Ganze verschleppt, um dann im letzten Moment eine unausgegorene Überarbeitung des Gesetzes durch das Parlament zu peitschen. Mit diesem Vorgehen stoßen Sie nicht nur Seniorenvertretungen vor den Kopf, sondern brüskieren uns Kolleginnen und Kollegen, die das Thema seit Jahren begleiten, und die Bezirke, die für die Umsetzung ihren Kopf hinhalten und im Zweifel auch ihr Portemonnaie öffnen müssen. Darauf kann man wirklich nicht stolz sein.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Beide Koalitionspartner beschuldigen sich abwechselnd, für die Verschleppung verantwortlich zu sein. Meine Damen und Herren von SPD und CDU! Uns ist so wurscht, warum und ob Sie es schwer miteinander haben.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf eine funktionierende Regierung, und wir Abgeordnete haben ein Recht auf richtige Vorbereitungszeiten. Das Tempo und die Unausgereiftheit des vorliegenden Gesetzentwurfs sind einfach nicht akzeptabel.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Heute ist das Gesetz schon im Plenum, ohne dass wir überhaupt die spontane und von Ihnen durchgesetzte Anhörung ausgewertet haben.

[Ülker Radziwill (SPD): Das Protokoll liegt aber schon vor!]

Wenigstens konnten Sie sich auf eine Briefwahl einigen. Dass dies in Zeiten nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention überhaupt noch ein Konfliktpunkt war, das ist wirklich unglaublich.

Das Ergebnis der Einigung ist nicht überzeugend. Mit einem bürokratischen Monster wird man nicht wesentlich mehr Seniorinnen und Senioren gewinnen. Den Bezirken werden zusätzliche Aufgaben, Arbeiten und Kosten zugemutet, die so auch nicht hinnehmbar sind. Damit die Funktionärinnen und Funktionäre der Seniorinnen und Senioren angesichts dieser Verfehlungen still bleiben,

werden Geschenke für die nächste Wahlperiode in Aussicht gestellt. Das ist eine unfeine Art, Politik zu machen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Wir gönnen es aber den Seniorinnen und Senioren, dass sie wenigstens diese wenigen Punkte durchbekommen haben. Deshalb werden wir uns, falls nicht noch eine große Veränderung kommt, im Ausschuss bei diesem Gesetzesantrag enthalten. Im Moment ist bei uns nicht mehr drin.

[Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Das ist wahrscheinlich meine letzte Rede in diesem Parlament, wenn die Piraten nicht noch weitere wichtige Anträge im letzten Moment stellen. Ich habe im Parlament sehr gute und sehr interessante Zeiten gehabt, aber ich habe auch Zeiten gehabt, die mich frustriert haben. Mir wird sicherlich einiges von hier fehlen, vor allem gute menschliche und inhaltliche Beziehungen zur Fachwelt außerhalb und zu Kolleginnen und Kollegen parteiübergreifend innerhalb des Parlaments, zu Menschen, die etwas bewegen, die etwas verändern wollen, die Persönlichkeiten mit Charakter sind. Was mir nicht fehlen wird, sind Vorgangsweisen, wie wir sie gerade zu diesem Seniorenmitwirkungsgesetz erleben.

Aber auch in meinen anderen Politikbereichen – das muss ich hier ehrlich zugeben – gehe ich etwas enttäuscht weg. Als Stichworte stehen hier die Barrierefreiheit in der neuen Bauordnung, die wir heute behandelt haben, genauso wie die nicht vollzogene, aber dringend notwendige Novellierung des Wohnteilhabegesetzes. In meinen Schwerpunktbereichen bleiben für die nächste Wahlperiode große Baustellen. Die Berlinerinnen und Berliner werden das ausbaden.

Ich danke hier allen, die sich um eine für alle Menschen lebenswerte Metropole Berlin bemüht haben. Gute Wünsche an die, die in diesem Sinne weitermachen! Kurz gesagt: Viel Erfolg in weiteren Politikjahren mit hoffentlich etwas konstruktiverem und von wenig Parteiinteressen geleitetem Umgang miteinander! – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Villbrandt! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Krüger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Villbrandt! Das klang ja fast wie ein Abgesang von Ihnen,

[Antje Kapek (GRÜNE): Abschied!]

aber ich gestehe gerne, dass ich in den Jahren immer sehr gerne mit Ihnen zusammengearbeitet habe und dass es – selbst wenn man manchmal unterschiedlicher Meinung war – eigentlich immer sehr positiv war. Ich hoffe, dass sich solche Art des Miteinanderumgehens im Parlament immer mehr durchsetzen wird.

[Allgemeiner Beifall]

Was das Seniorenmitwirkungsgesetz angeht, so können wir auf dieses Gesetz alle ein Stück weit stolz sein. Sicher, es ist immer wieder auch ein Stückchen mit Baustellencharakter belegt, aber dass wir dieses Gesetz als Land Berlin zu einem relativ frühen Zeitpunkt auf den Weg gebracht haben – ich glaube, damals mit großer Übereinstimmung – und dass in den letzten Jahren so viel Aktivität von älteren Menschen in den einzelnen Bezirken dieser Stadt gewachsen ist, das ist zuerst mal eine sehr positive Feststellung. Deswegen lohnt es sich, dieses Gesetz weiterzuentwickeln und an den Stellen, wo es darum geht, noch mehr Menschen einzubinden, auch weiter zu gestalten.

Ja, wir kommen mit diesem Novellierungsbegehren sehr spät und erst am Ende dieser Legislaturperiode ins Parlamentsplenum, aber wir wollen auch nicht vergessen, dass die Seniorenvertretungen und der Beirat in den letzten Jahren immer wieder über ihre Wünsche beraten haben, uns ihre Ergebnisse rechtzeitig vermittelt und uns damit gute Vorlagen – um mal in der Fußballsprache zu reden – gegeben haben. Dafür möchte ich all diesen Mitgliedern, den gewählten wie den berufenen, sehr herzlich danken!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Rainer-Michael Lehmann (SPD)]

In der Koalition – und das wissen Sie alle und seit Langem – war ein gemeinsamer Standpunkt im Besonderen für die Durchführung der Wahlen zu den Seniorenvertretungen in den Bezirken schwierig zu erzielen. An diesem Punkt, einen gemeinsamen Wahltermin von Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahlen einerseits und den Wahlen zu den bezirklichen Seniorenvertretungen andererseits zu finden, war – das muss ja der Ehrlichkeit halber gesagt werden – auch schon 2011 die damalige rot-rote Koalition gescheitert. Ich darf an den damaligen Antrag seitens der CDU-Fraktion erinnern,

[Elke Breitenbach (LINKE): Nein, nicht schon wieder!]

der sehr deutlich gesagt hat, wohin wir wollen, ich glaube, sogar mit Unterstützung der Grünen-Fraktion, wenn ich mich noch recht erinnere. Aber da war ich noch nicht Mitglied dieses Parlaments.

Nun aber bieten wir, die Koalition, SPD und CDU gemeinsam, einen Kompromiss an, der vielleicht nicht der beste und der billigste ist, aber insgesamt – davon bin ich überzeugt – eine gute Lösung darstellt. Wir verschieben den Wahltermin auf das nächste Frühjahr,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

sodass die Seniorenvertretungen bis Ende März 2017 gewählt, ernannt und arbeitsfähig sein werden. Wichtig war und ist uns dabei, dass alle abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürger über 60 angeschrieben und dabei auch auf die Möglichkeit der Briefwahl hingewiesen werden.

[Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Denn die Briefwahlmöglichkeit ist Ausdruck größtmöglicher und zugleich notwendiger Inklusion. Unser Ziel ist es, auf diesem Wege möglichst viele ältere Menschen für die Teilnahme an den Wahlen zu den bezirklichen Seniorenvertretungen zu mobilisieren bzw. vorab bereits als Kandidatinnen und Kandidaten für ihren Wohnbezirk zu gewinnen.

Und natürlich steigt das politische und gesellschaftliche Gewicht einer Seniorenvertretung durch die Zahl der Wählerinnen und Wähler, die sie legitimiert hat. Wenn bisher die Werte um ein halbes Prozent schwankten, dann war das völlig unbefriedigend. Eine aktive, breit getragene Seniorenvertretung in jedem einzelnen Stadtbezirk stellt jedoch eine hervorragende Möglichkeit für die älter werdende Bevölkerung dar, ihre Anforderungen und Interessen als zahlenmäßig große Bürgergemeinschaft – man könnte fast Bürgerinitiative sagen – zu formulieren und zu vertreten. Deshalb war es uns auch wichtige, umfassende Informationsrechte und auch das Rederecht in den Ausschüssen der BVV abzusichern, denn nur wer rechtzeitig und umfassend informiert ist, kann verantwortlich mitdiskutieren.

Zugleich wurde ein Weg gefunden, Anträge der Seniorenvertretungen über die Vorsteherin oder den Vorsteher der BVV in die dortige Diskussion zu bringen. Damit ist kein beschränkender Eingriff in die Entscheidungsrechte der Bezirksverordneten und damit in die Grundlagen unserer repräsentativen Demokratie verbunden, ganz im Gegenteil. Ich bin sicher, dass sich auch die bezirkliche Finanzierung der Arbeit einer Seniorenvertretung, und zwar in allen Bezirken, dann verstetigen wird, wenn eine deutlich höhere Legitimation hinter den Gewählten steht.

Damit komme ich schon langsam zum Schluss. Bei der Bestimmung des Verhältnisses von Seniorenvertretungen und Seniorenbeirat auf Landesebene haben wir uns weitgehend an den vorgetragenen Wünschen der dort Handelnden und den von ihnen gemachten Erfahrungen orientiert.

Schließlich noch ein Hinweis zur Durchführung des so veränderten Gesetzes, im Besonderen bei der Organisation der Umsetzung der Wahl. Hier sollte meines Erachtens in größtmöglichem Umfang auf die Arbeit von ehrenamtlich Tätigen in den Bezirken zurückgegriffen werden, denn es muss das Anliegen der Seniorinnen und Senioren, unser Anliegen, sein, den Meinungsbildungs- und

Abstimmungsprozess weitestgehend selbst in die Hand zu nehmen. Zugleich erwarten wir von den zuständigen Verwaltungen die nötige fachliche Unterstützung. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Krüger! – Für Die Linke hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Breitenbach. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht gucken wir jetzt, in welchem zeitlichen Rahmen wir uns bewegen, Herr Krüger!

[Andreas Gram (CDU): Dreiviertel 7!]

Seit zehn Jahren hat Berlin ein Seniorenmitwirkungsgesetz, und zwar als erstes Bundesland.