Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Berlin wächst. Wir haben heute schon darüber gesprochen, wie wichtig Wohnungsbau in Berlin ist, um die zuziehenden Menschen mit Wohnungsflächen zu versorgen. Berlin braucht Infrastruktur, was Schulen oder Kitas anbelangt. Berlin braucht auch Verkehrsinfrastruktur in einer wachsenden Stadt. Dazu gehören ein guter Verkehrsmix und eben auch eine U-Bahn. Wer würde den Erfolg einer U-Bahn unterdessen bestreiten? Wenn wir nach London, Paris oder in unsere eigene Stadt schauen, dann ist die U-Bahn als Verkehrsmittel nicht mehr wegzudenken und wichtiger Bestandteil eines guten öffentlichen Nahverkehrs.
Nach langen Jahren des Stillstands und des Fokus auf andere Verkehrsträger wie die Straßenbahn oder das Rad, wenn ich so in Richtung der Grünen schaue, finde ich es wichtig und freue mich, dass wir heute einen Antrag auf der Tagesordnung haben, der insbesondere Erweiterungsmöglichkeiten im U-Bahnnetz prüfen und die Grundlage dafür legen soll, dass wir mit diesen Überlegungen wieder beginnen.
Stolz bin ich besonders darauf, dass diese Initiative aus meinem Wahlkreis hervorgegangen ist, wo ich zusammen mit dem Bezirksbürgermeister Frank Balzer und vielen Freunden im März eine Unterschriftenaktion zum Weiterbau der U-Bahnlinie 8 gestartet habe
und die große Resonanz mit über 3 300 Unterstützern bis heute gezeigt hat, dass das ein Anliegen ist, das es wert ist, hier auch weiter zu diskutieren.
Aber was mich viel mehr gefreut hat, ist, dass ganz offensichtlich auch die ganze Stadt ein Bedürfnis danach hatte, über diese Themen zu diskutieren, denn nachdem eine große öffentliche Resonanz stattgefunden hatte, hat es natürlich mehr Menschen gegeben, die sich positiv geäußert haben. Von der Baukammer über die BVG, die ein Interesse daran hat, U-Bahnverkehr weiterhin stattfinden
zu lassen und zu bauen, bis zur IHK haben sich viele dafür ausgesprochen, U-Bahnplanung weiter zu diskutieren. Ich freue mich sehr darüber, dass auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller seine Unterstützung bei einem Besuch in Reinickendorf zumindest insofern zugesagt hat, dass er die Idee des Weiterbaus der U 8 gut fände und verstehen würde, dass es ein entsprechendes Anliegen der Menschen im Märkischen Viertel gibt.
Jetzt ist es wichtig, nicht nur diese Idee gut zu finden, sondern es ist wichtig, tätig zu werden und daraus Schlüsse zu ziehen, was leider – das muss man so ehrlich sagen – die Verkehrsverwaltung seit Jahren nicht getan hat, denn im Zentrenkonzept, das existiert, steht ja, dass für kleine und mittlere Zentren – das Märkische Viertel gehört mit Sicherheit als großes Zentrum dazu – ein S- oder U-Bahnanschluss richtig und wichtig wäre, wenn er nicht vorhanden ist. Auch im StEP Verkehr steht schon der Auftrag, hier entsprechende Prüfungen stattfinden zu lassen.
Deswegen wollen wir heute den ersten Schritt sozusagen gehen. Den Antrag, der damals angekündigt wurde, zu prüfen, ob es weitere U-Bahnbauten geben kann, wollen wir heute auf den Weg bringen, zum einen, um Sünden aus der Vergangenheit in die richtige Richtung zu bringen, wenn ich z. B. an das Märkische Viertel, aber auch an Staaken denke, wo einfach viele Menschen durch den Nichtweiterbau vom U-Bahnnetz abgetrennt wurden, aber vor allem auch daraus für die Zukunft zu lernen, wenn wir daran denken, dass große Wohnbauprojekte stattfinden, z. B. wenn der Flughafen Tegel mal geschlossen ist, die U 6 dorthin oder in einem weiteren Schritt vielleicht später mal Richtung Weißensee die U 10 zu bringen.
Ich freue mich jedenfalls, dass die Initiative, die mit der U 8 im Märkischen Viertel gestartet ist, jetzt so grundsätzliche Anstöße für die Diskussion über einen Weiterbau an verschiedenen Stellen der U-Bahn in der wachsenden Stadt gegeben hat. Das ist auch deswegen wichtig, weil es ja um die Finanzierung geht. Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz läuft zwar 2019 ab, aber Bund und Länder sind sich darüber einig, dass man diese Förderung entsprechend weiter fortsetzen möchte. Die Vorhaben, die gefördert werden, werden von den Ländern vorgeschlagen.
Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt in die Vorprüfung gehen und die Hausarbeiten machen, die notwendig sind. Die Vorhaben müssen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant sein und die Gesamtwirtschaftlichkeit nachweisen, um entsprechende Fördermittel zu bekommen. Das wollen wir haben, und deswegen müssen wir heute damit beginnen, entsprechende Pflöcke einzurammen. Ich freue mich, dass es gelungen ist, zusammen mit unserem Koalitionspartner diesen Antrag auf den Weg zu bringen. Ich glaube, das ist eine gute Sache, jetzt damit zu beginnen. Als
Abgeordneter des Wahlkreises im Märkischen Viertel freue ich mich natürlich ganz besonders darauf, dass jetzt die Weiche gestellt wurde, um die U 8 ins Märkische Viertel zu realisieren. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich 1970 als junger Student aus meiner Geburtsstadt Köln nach Berlin kam, tobte hier die Debatte um den seit Jahren versprochenen U-Bahnanschluss für das Märkische Viertel.
Von daher ist es nicht ohne Komik, wenn uns heute – 46 Jahre später – ein Antrag vorliegt, die U-Bahnanbindung des Märkischen Viertels samt Kosten und Wirkung zu prüfen.
Aber gut! Es sind ja noch fünf andere Vorschläge drin, damit jede Himmelsrichtung in der Stadt etwas zu diskutieren hat. Was Sie da entwerfen, ist ein Jahrhundertplan, der die Phantasie anregt, auch meine als regelmäßiger UBahnfahrer, und von dem das eine oder andere mittelfristig interessant werden könnte. Da diskutieren wir gerne mit. Aber es macht wenig Sinn, Herr Dietmann, da war ja so ein Zungenschlag drin, die Dinge gegeneinander in Stellung zu bringen, U-Bahn, Straßenbahn, Radverkehr, wir brauchen wahrscheinlich bei allen diesen Verkehrsträgern Verbesserungen.
Eines möchten wir ganz sicher nicht – dass über die Zukunftsmusik dieses Antrags die praktische Anforderung vergessen wird, die neu entstehenden zwölf Großsiedlungen verlässlich an das Verkehrsnetz anzuschließen. Die schnelle und kostengünstige Lösung dafür ist dann wohl doch die Straßenbahn. Die ist vielleicht nicht so sexy wie die U-Bahn, aber dafür enorm praktisch. Das ist eine Eigenschaft, die im wirklichen Leben nicht zu verachten ist. Das ist für mich die Lehre aus 50 Jahren Diskussion über U-Bahn ins Märkische Viertel. Ich nehme den letzten Satz des Antrags, Herr Kreins, mal als Hinweis, dass das zumindest ein Teil der Antragsteller ähnlich sieht.
Insofern bin ich mir sicher, dass wir am Ende auf einen Nenner kommen, denn ich habe in 17 Jahren Abgeordnetenhaus zwei Dinge gelernt – erstens: Die Vorstellung, hier säßen lauter Leute, die sich die Taschen vollstopfen und lügen, wenn sie den Mund aufmachen, ist leider verbreitet, aber grundfalsch.
Ich habe Sie als Menschen mit überdurchschnittlich viel Gemeinsinn kennengelernt, die sich alle auf ihre individuelle Weise, manchmal auch kontrovers, darum bemühen, an der zentralen Stelle des Parlaments das Zusammenleben von 3,4 Millionen Berlinern zu ermöglichen.
Das Zweite, das mir deutlich wurde: Jede und jeder von Ihnen steht hier nicht nur für sich selbst, sondern repräsentiert mehrere Tausend Menschen, die – das darf man mit Grund vermuten – zumindest so ähnlich denken und fühlen wie Sie. Ich habe also gelernt: Wenn ich eine Kontroverse mit Ihnen habe, habe ich zugleich eine Kontroverse mit Tausenden meiner Mitmenschen. Ich habe daraus den Schluss gezogen, dass jede politische Entscheidung die Tatsache berücksichtigen muss: Die anderen sind auch noch da, sie müssen sich darin zumindest insoweit wiederfinden, dass sie damit leben können. Ansonsten hat eine solche politische Entscheidung auch keinen Bestand.
Wir sind eben alle Berliner, Berliner in aller Buntheit und Vielfalt, aber eben auch mit allen Gegensätzen. Ohne die Gegensätze und Konflikte wäre es mit der Vielfalt nicht weit her, das ist logisch. Wenn es vielfältig ist, ist es auch unterschiedlich und oft auch gegensätzlich.
Ich wünsche mir deshalb bei der Abgeordnetenhauswahl im September vor allem eine hohe Wahlbeteiligung, damit jenen, die dem anmaßenden Missverständnis unterliegen, sie seien das Volk, von der Vielfalt der Berliner unübersehbar gezeigt wird: Nein, ihr seid nicht das Volk! Das Volk, das sind wir alle.
Ich sehe, es sind noch 60 Sekunden Redezeit, und es wollen auch noch andere etwas sagen. Deswegen lassen Sie mich zumindest eines zum Schluss noch sagen: Der Namenspatron unserer Grünen-Stiftung, Heinrich Böll – wir hatten es gestern auch im Hauptausschuss – hat einmal gesagt: Wir Kölner sind die Neapolitaner Deutschlands. – Das haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in meinem Fall oft, selbst für meinen Geschmack zu oft, zu spüren bekommen.
Ich möchte mich bei allen entschuldigen, denen die Brocken um die Ohren geflogen sind, wenn der Vesuv mal wieder explodierte. Ich hoffe inständig, dass Sie in der Rückschau vielleicht sagen: Der ging uns oft auf die Nerven und hatte zu viel Narrenfreiheit, – aber dass niemand unter Ihnen ist, dem ich bleibende Verletzungen zugefügt habe – das kommt in der Politik ja auch mal vor. Ich hoffe, dies ist nicht der Fall gewesen. Im dem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen möchte ich mich bei Ihnen für die Jahre der Zusammenarbeit und den Streit bedanken und wünsche Ihnen allen – unseren natürlich am allermeisten – viel Erfolg bei der nächsten Wahl, an der ich nicht mehr teilnehmen werde.
Bevor ich das vergesse: Ganz zum Schluss gilt mein Dank vor allen Dingen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses, die uns immer gut unterstützt und immer wunderbar auf uns aufgepasst haben und zu denen zum Teil deswegen durchaus auch innige Verhältnisse entstanden sind. Ich konnte mich über die Bediensteten hier wirklich überhaupt nicht beklagen. – Das sehen andere vielleicht manchmal anders. Aber das ist mir nach all den Jahren vielleicht fast das wichtigste Anliegen. – Damit gehe ich jetzt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist der Tag, an dem die Geschäftsordnung in großem Einvernehmen ausgelegt wird. Deshalb jetzt die scharfe Antwort der SPD-Fraktion auf unsere kontroverse Position in der Sache.
Wir haben unsere Erfahrungen mit der Fraktion der Grünen, jetzt hier verkörpert durch den Kollegen Esser, und wir waren in der Tat in den letzten Jahren gemeinsam bemüht, auf einen Konsens zuzusteuern, aber eben auch unterschiedlicher Meinung. Bei mir ist hängen geblieben die für mich erstaunliche Nichtzustimmung zur Rekom