Wir haben unsere Erfahrungen mit der Fraktion der Grünen, jetzt hier verkörpert durch den Kollegen Esser, und wir waren in der Tat in den letzten Jahren gemeinsam bemüht, auf einen Konsens zuzusteuern, aber eben auch unterschiedlicher Meinung. Bei mir ist hängen geblieben die für mich erstaunliche Nichtzustimmung zur Rekom
Sehr geehrter Herr Kollege Jochen Esser! Als haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion nach zehn gemeinsamen Jahren Hauptausschuss und mehreren Jahren gemeinsamem Untersuchungsausschuss sage ich Ihnen: Sie sind ein hoch geschätzter Kollege – und eine ganz und gar furchtbare Nervensäge.
Als parlamentarischer Geschäftsführer der größten Fraktion und in deren Namen – ich weiß: auch mit Billigung aller anderen – sage ich Ihnen: Sie haben sich um unser Land und unser Gemeinwesen hoch verdient gemacht. Das ruft uns drei Dinge in Erinnerung. Erstens: Wir dienen diesem Gemeinwesen. Zweitens: Niemand von uns ist unersetzlich, aber eben drittens: Manche hinterlassen tiefe Fußspuren. Von Mensch zu Mensch, lieber Jochen: Du bist ein ehrbarer Mann und hast meine Hochachtung! – Vielen Dank!
Herr Kollege Esser! Kollege Schneider hat schon das Emotionale gesagt. Ich sage es ganz praktisch: Wenn die Haushälter und die Verkehrspolitiker sich verbinden, dann kommt eigentlich immer etwas Gutes für die Stadt dabei heraus. An der Stelle reden wir über mehr U-Bahnen und mehr Straßenbahnen. Damit jetzt wieder zurück zum Thema!
Berlin ist eine wachsende Stadt, das ist schon erkannt worden. Wir haben neue Quartiere, Verdichtung allerorten. Wir brauchen also nicht nur eine Ausweitung des Streckennetzes, sondern eben auch dichtere Taktzeiten, längere Taktangebote in den Randzeiten, und wenn wir auf den Punkt kommen, der heute bereits angesprochen worden ist: Der U-Bahnausbau soll ergänzend zum Straßenbahnausbau erfolgen, er soll ihn nicht ersetzen. Das, um die politische Prioritätensetzung klarzustellen. Für uns hat es Priorität, die Projekte, die wir begonnen haben, durchzuführen, das ist die Verlängerung der Straßenbahn Richtung Turmstraße und darüber hinaus, der zweite Bauabschnitt in Adlershof und die Anbindung der Bahnhöfe Mahlsdorf und Ostkreuz an das Straßenbahnnetz. Ich glaube, das ist unstrittig in dieser Rederunde.
Wir Sozialdemokraten setzen uns damit auch weiterhin für die Stärkung des Umweltverbundes ein, das heißt: Fußverkehr, Radverkehr und den ÖPNV. Es ist wichtig, das auch noch einmal zu sagen, weil es in unserem Haus durchaus kontroverse Diskussionen darüber gegeben hat.
Unabhängig davon gibt es auch die Debatte über die Verlängerung von S-Bahnlinien. Wenn man das eine an der einen Stelle will, muss man an der anderen sagen, dass die Verlängerung der S-Bahn über Spandau hinaus auch ein gutes Entwicklungsvorhaben gewesen wäre, das jetzt lange Zeit auf Eis gelegen hat. Insofern ist es noch einmal wichtig, hier die Gelegenheit zu nutzen und den Kämpferinnen und Kämpfern aus meiner Fraktion – Kollege Buchholz und Frau Grosse – dafür zu danken, dass Sie uns so lange unterstützt haben.
Ich will Ihnen gleich sagen: Wir wollen keine Prestigeprojekte, sondern sinnvolle, das heißt für den Fahrgast wirksame Ergänzungen. Das sollen Fahrzeitgewinne sein, Mobilitätsvorteile, Erschließung von neuen Gebieten, die gegenüber dem motorisierten Individualverkehr im Vordergrund stehen. Wir wollen mit diesem Auftrag, einem Bericht, Entscheidungsgrundlagen für uns erarbeiten, Stichwort Kosten- und Zeitpläne. Wir haben heute bei zwei Untersuchungsausschüssen das Stichwort gehabt, aber wir haben es auch als praktisches Beispiel bei der Verlängerung der U 55. Wir möchten auf der Grundlage von Fakten entscheiden. Deswegen ist das so notwendig. Bei der Frage zukünftiger Bauprojekte müssen natürlich auch die Baukapazitäten in der Stadt für die U-Bahn eine Rolle spielen. Nicht alle Projekte sind gleichzeitig umzusetzen. Manche sind natürlich möglichst kostenintensiv und manch andere leider, oder glücklicherweise, kostenarm umzusetzen, aber das muss man auch miteinander in Abwägung bringen.
Siebtens: Die Mittelbeschaffung soll nicht auf Kosten anderer sinnvoller ÖPNV-Projekte gehen. Das ist, glaube ich, auch beschlossen und auch Konsens in dieser Stadt. Und wir müssen natürlich auch – achtens – an die zusätzlichen indirekten Kosten denken, die wir bei diesen Projekten mitbedenken sollten. Längere U-Bahnlinien bedeuten längere Umlaufzeiten, bedeuten mehr Fahrpersonal und mehr Wagen. Und auch das sollte in unsere Entscheidungsgrundlage zu einem späteren Zeitpunkt einfließen.
Ich gebe Ihnen recht, ich freue mich, dass die Debatte in dieser Stadt eröffnet worden ist. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen zu dieser Initiative, auch wenn sie nur einen kleinen Schritt darstellt, und insofern freue ich mich einerseits auf die weitere Diskussion in diesem Jahr, andererseits natürlich auch auf die Umsetzung und Realisierung, den Bericht und den Diskussionsstand danach. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Rede von Herrn Esser ist es tatsächlich schwierig, über U-Bahn-Prüfvorschläge zu reden.
Im Übrigen ist es auch deshalb schwierig, weil es ein relativ schludriger Prüfauftrag aus relativ klar erkennbaren wahlkampftaktischen Erwägungen ist. Das wissen Sie im Übrigen so gut wie ich! Und das ist eigentlich Veruntreuung von Steuergeldern und gehört schnellstens wieder kassiert.
Verwaltungskapazitäten sind gerade im Planungs- und Baubereich rar – das hat uns der Rechnungshof sehr deutlich mitgeteilt – und sollten im Übrigen nicht dafür verschwendet werden, erneut zu untersuchen, was bereits mehrfach untersucht und längst geklärt ist. Ihre Vorschläge sind alles olle Kamellen, aber verkehrlich durchaus sinnvolle Verbindungen wie zum Beispiel die zwischen Osloer Straße und U- und S-Bahnhof Pankow fehlen. Ein Grund mehr für die Ablehnung!
Es wird Sie nicht überraschen, Vorrang hat für uns die Erweiterung des Straßenbahnnetzes – ohne Wenn und Aber. Die Straßenbahn ist das einzige Schienenverkehrsmittel, das die verkehrlichen Herausforderungen der Zukunft in angemessener Zeit zu tragbaren Kosten meistern kann und auch langfristig im Unterhalt wesentlich preiswerter ist. Das pfeifen selbst tiefbegabte Spatzen längst von den Dächern.
Und wir haben deshalb in unseren verkehrspolitischen Vorstellungen zur U-Bahn kurz und knapp Folgendes mitgeteilt: Vorbereitung von zwei kurzen U-Bahnverlängerungen, um die U-Bahnstrecken untereinander und mit der S-Bahn zu einem lückenlosen Netz zusammenzuschließen. Das sind konkret erstens Krumme Lanke zum Mexikoplatz, das ist drin in Ihrer Liste, und zweitens Warschauer Straße zum Frankfurter Tor und, wie schon angedeutet, der Lückenschluss bei der U 9 Osloer Straße und U 2 Pankow, wobei dieser mit hohen Kosten und Schwierigkeiten verbunden ist und deshalb bei uns nicht Beschlusslage ist.
Zu Ihrem Vorschlag, die U 8 mit Wittenau ins Märkische Viertel zu verlängern – und ich glaube, das war der wesentliche Sinn dieses Antrags –, schrieb kürzlich eine Berliner Wochenzeitung, ich zitiere:
Die Großsiedlung mit ihren fast 40 000 Bewohnern ist eine der letzten Berlins ohne direkten Schnellbahnanschluss.
1970, als hier alles begann und als Herr Esser nach Berlin kam, wie ich heute gelernt habe, wurde noch vollmundig versprochen, dass da eine U-Bahn kommt, und es wurde um die Jahre immer ruhiger. Und seit 1994, als der Endpunkt Wittenau in Betrieb ging, schloss der Senat eine Verlängerung ins Märkische Viertel ganz aus. “Nicht sinnvoll, zu teuer!“ – hieß es damals, und man setzte auf Busse. Die Euphorie der örtlichen SPD und CDU ist angesichts dieser Wahlkampfversprechen in diesem Antrag überschäumend. Weiter aus dem oben genannten Artikel – Zitat:
Jetzt müssen wir schnellstens mit einer verbindlichen Zeit- und Terminplanung beginnen, 2017 das Planungsrecht schaffen, 2018/2019 die Mittel für den Bau binden, und Mitte 2020er-Jahre könnte die Bahn dann fahren.
Vielleicht helfen Sie den Kollegen aus Reinickendorf mal auf die Sprünge, was realistische Zeitabläufe selbst ohne den typischen Berlinzuschlag sind.
Zu Ihren anderen Vorschlägen in aller Kürze: U 1 Vorratsbau zum Ostkreuz, Stützpfeilerfundamente ist das Stichwort – kann man machen, ist aber kein vordringlicher Bedarf.
Die U 3 Mexikoplatz habe ich schon erwähnt. Wenn man es finanzieren kann, kann man es machen, aber es hat keine Priorität.
Die U 2 nach Pankow bzw. Falkenhagener Feld bringt viel zu wenig für den Aufwand, den es machen würde.
Und zuletzt zur U 7: Die U 7 von Spandau bis zur Heerstraße Nord – das sind zwei Kilometer –, diese Verlängerung, ob über Wilhelmstraße oder Pichelsdorfer Straße würde hauptsächlich für innerbezirklichen Verkehr genutzt werden. Da ist eine Straßenbahn viel sinnvoller und preiswerter, zumal die zu einem Netz ausgebaut werden könnte und nicht nur so ein Stummel ganz hintendran wäre.
Und zu allerletzt die U 7 von Rudow bis zum BER– tut mir leid, ich habe den Antrag nicht gestellt, aber ich muss ja etwas dazu sagen –
das sind übrigens zehn Kilometer und mindestens 700 Millionen Euro an Kosten. Und es ist nur deshalb so billig, weil über die Hälfte der Strecke über das Feld führt, sonst wäre es deutlich teurer. Ich kann nur raten:
Finger davon lassen! Es gibt deutlich bessere Alternativen zur optimalen Anbindung des Flughafens, und im Übrigen wurden auf dem Flughafengelände gar keine Vorsorgemaßnahmen getroffen, insofern wundert es mich, dass Herr Mühlenfeld findet, die U-Bahn wäre eine tolle Sache.
Von Schöneweide nach Steglitz, das wäre mal eine Idee, ist eh eine tangentiale Straßenbahnführung sinnvoll und erforderlich, von der Ecke Neuköllner Straße/Zwickauer Damm könnte eine Abzweigung zum U-Bahnhof Rudow und weiter entlang der Rüdersdorfer Chaussee zum Flughafen führen. All das wäre viel sinnvoller.
Fazit: Die von Ihnen vorgeschlagenen U-Bahnverlängerungen lenken von der umwelt- und verkehrspolitisch vorrangigen Aufgabe des Straßenbahnbaus ab und binden unnötig Personal- und Planungskosten, deshalb werden wir sie ablehnen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Es gibt kaum ein Thema, das für eine zukunftsfähige, ökologische und sozialgerechte Stadtentwicklung so wichtig ist wie ein gut ausgebauter und für alle zugänglicher öffentlicher Nahverkehr. Ich denke, gerade mit diesem Thema werden auch wir Piraten Ihnen allen weiterhin in Erinnerung bleiben. So langsam scheint sich das aber auch diesem Senat zu verdeutlichen, nachdem sich die rot-schwarze Koalition fünf Jahre lang nicht um das Thema ÖPNV-Ausbau geschert hat – jedenfalls nicht in Form eines solchen oder auch eines umfassenderen Antrags.
Beim Thema Radverkehr musste der Senat zu jedem noch so kleinen Schritt regelrecht gezwungen werden. Das wollen sich SPD und CDU im aufziehenden Wahlkampf beim Thema „öffentlicher Nahverkehr“ anscheinend nicht vorwerfen lassen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sich die Koalition kurz vor knapp noch auf dem Feld U-Bahnausbau vorwarnt.
Im Angesicht der Bedeutung des Themas ist dieser Antrag allerdings eine Frechheit. Vollkommen willkürlich, ohne Konzept und inhaltliche Abwägung und ohne Sinn und Verstand werden hier mögliche Erweiterungsprojekte aufgezählt. Noch nicht einmal für eine Begründung hat es bei diesem Antrag gereicht. Ich habe mich wirklich bemüht, aber andere als parteitaktische Erwägungen kann