Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt der Abgeordnete Herr Bertram. – Bitte, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der CDU behandelt die Sicherheit in den Berliner Sommerbädern, und zwar ausschließlich dort. Um Missverständnissen im Folgenden vorzubeugen, möchte ich aber zunächst festhalten, dass uns das Thema Sicherheit in allen Berliner Bädern wichtig ist und wir dieses als generelles Anliegen verstehen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Der Antrag der CDU suggeriert hier aber, dass es massive Probleme, Auseinandersetzungen und gewalttätige Ausschreitungen gegeben habe und wir nun darauf reagieren müssten. Die dabei ausschließlich vorgenommene ordnungsrechtliche Argumentation im Antrag überdeckt eigentlich vollkommen die Sachlage. Ja, es gab verein

zelt Vorkommnisse. Daraus aber eine Generaldebatte zu generieren, ist vollkommen überzogen. Wir sind der Ansicht, die Bäder-Betriebe stellen sich dem Thema in angemessener Art und Weise – und zwar diskriminierungsfrei und sachbezogen. Mir stellt sich bei Ihrem Antrag die Frage, was sich aus Ihrer Sicht geändert hat. Unser Eindruck der ordentlichen Aufgabenwahrnehmung der Bäder-Betriebe im Bereich der Sicherheit rührt auch aus der Zeit, in der Sie mit Herrn Henkel als Innen- und Sportsenator in den letzten Jahren zuständig waren und auch den Chef des Aufsichtsrates gestellt haben. Deshalb noch einmal: Was hat sich seit Dezember 2016 verändert? Die Sommerbäder waren seitdem noch nicht einmal geöffnet. Ich möchte nicht negieren, dass es in den Sommerbädern Vorfälle gab. Wir werden diese aber niemals ausschließen können. Die Bäder sind voll, und die Hitze wirkt auch manchmal stark auf die einzelnen Gemüter. Dies aber zu einem Dauerzustand zu stilisieren, ist nicht zielführend.

[Kurt Wansner (CDU): Gehen Sie mal ins Prinzenbad! Da sehen Sie etwas anderes!]

Die Bäder-Betriebe haben Vorkehrungen getroffen. Es gibt standortbasierte Sicherheitskonzepte, die Hausordnung und die Zusammenarbeit mit Polizei und Sicherheitsdiensten. Es ist also alles da. Es ist auch ganz nett, dass die FDP mit Ihrem Änderungsantrag das Thema Hausordnung unterstreicht. Jedoch könnten wir uns eigentlich auch diesen Antrag ersparen. Wir brauchen das Rad hier nicht neu zu erfinden, denn bestehende Konzepte funktionieren bereits. Einzelne Vorkommnisse begründen definitiv keine Notwendigkeit, diesen überzogenen, überflüssigen Antrag hier zu besprechen. Er würde nur die Freiheit der Besucher und Besucherinnen einschränken.

Aber vielleicht geht es Ihnen doch um etwas anderes. Wie wir wissen, unterscheidet sich Ihr Verständnis von Sicherheit grundlegend von unserem.

[Lachen bei der AfD – Harald Laatsch (AfD): Wohl wahr!]

Vielleicht können Sie uns einmal genauer erklären, wer denn konkret in Ihren Augen den Badefrieden bedroht. Unterschwellig, aber doch offensichtlich, stigmatisieren Sie hier und begeben sich damit in gefährliches Fahrwasser.

[Beifall bei der LINKEN]

Ich halte die Debatte über den Antrag damit eigentlich für erschöpft. Die wirklichen Probleme der Bäder-Betriebe liegen ganz woanders und stehen auch im Zusammenhang mit Ihrer Verantwortung in den letzten fünf Jahren: Es sind die Öffnungszeitpolitik, das Personalkonzept, das fehlt, es geht um Schwimmbefähigung, und wenn wir von Sicherheit sprechen, geht es auch um die Sicherheit der Infrastruktur, die Sie verschleppt haben. Ich könnte hier noch fortfahren, möchte es aber dabei belassen. Sie werden auch so erkennen, dass die Probleme woanders liegen

(Frank Scheermesser)

und wir unsere Aufmerksamkeit an anderer Stelle benötigen. Die Schwimmbäder sind Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Im Vordergrund sollte dies stehen, und wir sollten lieber alles dafür tun, damit die Bäder-Betriebe diese Aufgabe auch ordentlich wahrnehmen können. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE), Stefan Förster (FDP) und Sibylle Meister (FDP)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Förster das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Sie waren offenbar sehr lange in keinem Bad. Das habe ich aber durchaus so kommen sehen. Dafür habe ich Verständnis, denn Sie sind ja bei den Wahlen am 18. September baden gegangen, danach stand Ihnen lange das Wasser bis zum Hals und da wollten Sie natürlich vom Thema Bäder erst einmal lassen. Das ist so weit auch verständlich.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der AfD]

Nun ist aber eine Schamfrist von vier Monaten verstrichen, in der ein Senator von der CDU nicht mehr für die Bäder zuständig ist, und jetzt kramt man Probleme hervor, die in kleinen Teilen tatsächlich bestehen, aber so aufgebauscht nicht vorhanden sind, und wenn sie vorhanden gewesen wären, hätte sie der damalige Innensenator Henkel längst lösen können.

[Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Der hat ja noch nicht einmal eine Badehose!]

Insofern sollte man auch noch einmal darauf hinweisen, dass wir bei rund 30 Sommerbädern eine kleine Anzahl von vier oder fünf Bädern in der Innenstadt haben, die an einigen wenigen Tagen im Sommer, wenn sie gut frequentiert – um nicht überfüllt zu sagen – sind, Probleme mit insbesondere männlichen testosterongesteuerten Jugendlichen haben, die sich dort aufführen, wie man sich nicht aufführen sollte. Das ist eine Tatsache. Diesbezüglich muss man auch an der einen oder anderen Stelle darüber nachdenken, was man dagegen machen kann.

[Beifall bei der FDP]

Allerdings, Vorschläge, wie Sie von der AfD kommen, Videokameras einzusetzen, womöglich noch in den Umkleidekabinen oder wo auch immer, lehne ich ab. Ich

möchte in keinem Sommerbad schwimmen gehen, in dem ich komplett videoüberwacht werde. Keinesfalls!

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der AfD]

Dann muss man auch sagen: Deswegen haben wir auch das Thema Hausordnung noch einmal als Lektüre im Änderungsantrag angehängt. In der Hausordnung der Berliner Bäder-Betriebe ist doch nun wirklich alles geregelt, was zu regeln ist. Es ist sogar geregelt,

[Stefan Franz Kerker (AfD): Klappt aber auch nicht!]

was man tun und lassen darf. Es steht sogar drin: Wenn die Badegäste in irgendeiner Form belästigt werden, kann der Schwimmmeister Hausverbote aussprechen. Selbstverständlich, wenn es zu Straftaten kommen sollte, muss ohnehin die Polizei gerufen werden. Wenn das Hausrecht durchgesetzt werden muss, muss auch die Polizei gerufen werden. Aber das gilt doch auch für jedes Theater, für jede andere öffentliche Veranstaltung. Da richten Sie doch auch keine Arbeitsgruppen ein, um irgendwelche Sicherheitskonzepte zu erarbeiten, wo alles längst geklärt ist. Das ist doch das Problem.

Dann muss man an dieser Stelle auch noch einmal sagen – da hat Kollege Bertram recht –: Die Bäder-Betriebe haben an anderer Stelle Probleme, an viel gravierenderen Stellen: bei Öffnungszeiten, Personal und anderem, aber sicherlich nicht in erster Linie bei der Durchsetzung der Hausordnung in den Bädern.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Insofern bleibt zum Schluss nur die Erkenntnis, dass das Thema Sicherheit in Schwimmbädern eines ist, das man durchaus im Auge behalten sollte, wozu aber keinesfalls Arbeitsgruppen gehören, die Maßnahmen ergreifen, Schritte einleiten sollen, möglicherweise noch Videokameras installieren. Ich glaube, die allermeisten Berlinerinnen und Berliner gehen trotzdem gerne schwimmen, gehen auch gern im Sommer schwimmen und lassen sich auch von solchen Anträgen wie denen von der CDU davon nicht abhalten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Herr Abgeordnete Lux das Wort. – Bitte schön!

(Philipp Bertram)

Frau Präsidentin, vielen Dank! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was soll man dazu noch sagen? Sicherheit in den Berliner Sommerbädern ist ein wichtiges Gut. Von den Sommerbädern Pankow bis Wannsee ist sie im Jahr 2016 auch deutlich mehr gewährleistet worden als im Jahr 2015, in dem wir schlimme Bilder gesehen haben. Jeder, der sich an die eigene Jugend erinnert, weiß, dass damals auch schon gerne Sprungtürme besetzt worden sind oder auf Liegewiesen die eine oder andere Auseinandersetzung stattgefunden hat, die man nur mit der Polizei, mit härteren Maßnahmen bereinigen konnte. Deshalb kommt es darauf an, dass eine schnelle Kommunikation zwischen den Sommerbädern und der Berliner Polizei besteht. Natürlich ist im ersten Angriff durch genügend Sicherheitspersonal, Bademeister etc. in einem Schwimmbad für Sicherheit zu sorgen. Dann, wenn man sieht, dass sich etwas entwickeln könnte, ist sofort die Polizei zu rufen. Das klappte in den letzten Jahren auch deutlich besser. Man lernt leider immer erst aus diesen schlimmen Vorfällen. Aber man kann durchaus verhalten optimistisch für dieses Jahr sein, dass sich einiges getan hat, wie die Kollegen von der SPD und den Linken bereits berichtet haben. Die ersten Sicherheits- und Sensibilisierungsgespräche mit dem Personal der 30 Berliner Sommerbäder sind gelaufen. Jetzt warten wir es doch erst einmal ab, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Bei Temperaturen gerade über dem Gefrierpunkt und einem nassen und kalten Maibeginn freue ich mich, wenigstens darüber zu reden und mir vorzustellen, wie es ist, in weniger als sechs bis sieben Wochen in ein Sommerbad zu gehen. Das wäre schön. Ihr Antrag allerdings, wie Sie dort für mehr Sicherheit sorgen wollen, passt von Umfang und Substanz auf die Packung eines Wassereises, was Sie vermutlich im Sommer wieder vor den Freibädern in voller Anzugmontur verteilen wollen.

Ich möchte noch einen Punkt benennen, der aufgrund der Begebenheiten aus dem letzten Jahr sehr interessant ist. Da haben wir von Ihnen gehört, dass Ihnen die Sicherheit in Sommerbädern wichtig ist, aber die Sicherung von Sommerbädern, dass es genug Sommerbäder gibt, schien Ihnen nicht so wichtig zu sein. Zumindest ist mir aus dem letzten Jahr in Erinnerung geblieben – ich finde es schade, Herr Kollege Standfuß von der CDU, dass Sie darauf heute nicht eingegangen sind, denn ich würde gern wissen, ob Sie da Ihre Position geändert haben –, dass Sie den Vorschlag gemacht haben, dass bei mindestens vier Sommerbädern Liegewiesen veräußert werden sollten, um Studentenwohnungen zu bauen. Das bestätigte damals auch der Pressesprecher des zuständigen Sportsenators der Berliner Presse. Da hatten Sie überhaupt keine Hemmungen, die – wie Sie es im Antrag beschreiben – wichtige Funktion von Sommerbädern nicht zu sichern, sondern haben diese wichtige Erholungsfunktion – ich zitiere meine Fraktionsvorsitzende Antje Kapek –: Gerade diese wichtige Funktion für Kinder, die gerade in Berlin von Armut betroffen sind, statt eines Urlaubs in ein Sommer

bad gehen zu können – außer Acht gelassen. Sie wollten die Liegewiesen einiger Sommerbäder verscherbeln. Dazu haben Sie konkrete Verhandlungen aufgenommen. Da will ich von Ihnen doch mal wissen, was Sie insgesamt tun wollen, damit wir Sommerbäder in Berlin erhalten, möglicherweise ausbauen können. Oder haben Sie aus der Diskussion gelernt? Ich bin froh darüber, dass dieser Senat Veräußerungen für Liegewiesen in Berliner Sommerbädern gestoppt hat. Stehen Sie dazu, dann können Sie sich auch gerne noch einmal dazu äußern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags und des Änderungsantrags der Fraktion der FDP an den Ausschuss für Sport empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 25 steht auf der Konsensliste.

Ich komme zu

lfd. Nr. 26:

Kritische Infrastrukturen schützen. Jetzt!

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0295

In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP. Für die Fraktion der FDP spricht der Abgeordnete Herr Schlömer. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir den Angaben eines IT-SecurityBranchenreports aus den USA folgen, die dieser zu den Aufgaben der Cybersicherheit macht, dann sind die Zahlen zu Cyberattacken und Cyberangriffen erschreckend. Es dauert durchschnittlich mehr als sechs Monate, bis Expertinnen und Experten Schwächen und Sicherheitslücken in technischen Infrastrukturen entdecken. Die Reaktionszeit zum Schließen einer solchen Sicherheitslücke beträgt durchschnittlich einen Monat. 70 Prozent aller Unternehmen, Firmen und Organisationen waren und sind schon einmal Opfer von Attacken und Angriffen geworden. 100 Prozent der benannten Institutionen verfügen über aktuelle Firewall-Einstellungen und Virenschutzsignaturen. 3,5 Millionen Euro Schadensumme soll je Lücke zu verzeichnen sein.

Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber mit dem ITSicherheitsgesetz eine Verpflichtung für Betreiber besonders gefährdeter Infrastrukturen vorgesehen, ihre Netze besser vor Cyberangriffen und -attacken zu schützen.

Neben einer obligatorischen Meldung von ITSicherheitsvorfällen werden zudem Mindeststandards für die IT-Sicherheit bei den Betreibern solcher ITInfrastrukturen branchenweit festgelegt.

Als besonders kritische Infrastrukturen gelten auch und insbesondere Einrichtungen des Landes Berlin sowie Unternehmen bzw. Institutionen im Land Berlin. Es sind Institutionen, Einrichtungen und Organisationen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen im Land Berlin, bei deren Ausfall und Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten können. Es sind Institutionen, Einrichtungen oder Organisationen aus den Bereichen Energie, Gesundheit, Transport und Verkehr, Finanzwesen, Medien, Informations- und Kommunikationstechnologie, Wasserversorgung und Ernährung.

Die ersten Institutionen aus den genannten Sektoren werden spätestens ab dem nächsten Jahr verpflichtet sein, besondere Prüfungsnachweise beizubringen, in denen sie die Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit ihrer informationstechnischen Systeme – sprich: einen guten Standard im Bereich der IT-Sicherheit – zu dokumentieren haben. Dies geschieht zum Teil in Selbstorganisation.

Mit dem heutigen Antrag möchte die Fraktion der Freien Demokraten den Senat nicht nur ermutigen, sondern zugleich auffordern, auf Institutionen und Einrichtungen im Land Berlin in der Weise einzuwirken, sich diesen neuen IT-Standards und -Nachweisen auch anzunehmen und den Schutz kritischer Infrastrukturen ernst zu nehmen.