Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Wir müssen natürlich rausgehen, wir müssen mehr streiten, wir müssen auch den Diskurs suchen. Und deswegen wünsche ich mir für die Ausschussdebatten etwas mehr

(June Tomiak)

als diese platte Ablehnung auf so niedrigem Niveau in der Argumentation. Bitte lesen Sie sich die Anträge ordentlich durch, und lassen Sie uns dann auf einem ordentlichen Fundament miteinander diskutieren! Dieser Antrag hat nichts Schlechtes. Auch der Änderungsantrag der FDP ist diskussionswert. Und am Ende will ich hier eine Lösung sehen, die den Schülerinnen und Schülern Berlins zugutekommt und nicht nur Ihrer Klientel oder so, wie Sie es sich wünschen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP – Oliver Friederici (CDU): Gute Rede! Er hat recht!]

Vielen Dank! – Es erwidert die Kollegin Tomiak. – Bitte sehr!

Ich glaube, Sie haben mich ein bisschen missverstanden, und ich glaube, das ist mit Absicht. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist, aber ich bin mit 19 Jahren hier Abgeordnete geworden. Ich war vorher im Landesschülerausschuss und ich habe mich für Schulbildung eingesetzt und ich habe Politik in der Schule gemacht, weil mir das Thema Politik wichtig ist und weil da nichts geliefert wurde und weil mir das in den letzten Jahren zu wenig war.

[Georg Pazderski (AfD): Hättest arbeiten sollen!]

Ganz genau; ja. Wir haben ein strukturelles Problem mit politischer Bildung in der Gesellschaft, auch in der Schule. Und diese Anträge gehen mir nicht weit genug.

[Danny Freymark (CDU): Änderungsanträge stellen!]

Ich habe gesagt, wir sind dafür bereit und wir wollen das, wir haben in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass wir uns mit dem Thema auseinandersetzen wollen, zusammen mit den Schülern. Aber wir wollen das Thema gut lösen. Theoretischer Politikunterricht ist etwas anderes als eine demokratische Schulkultur.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Es ist etwas anderes, ob man lernt, wie politische Systeme in der Theorie funktionieren, oder ob Schüler lernen, dass Demokratie bedeutet, dass sie mitmachen und Entscheidungen treffen dürfen.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Ich fände es schön, wenn Sie mich ausreden lassen würden. Vielen Dank! Das hat etwas mit Respekt zu tun.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Und mir ist es wichtig, dass wir eine demokratische Kultur lernen. Deshalb habe ich das eben auch so krass betont. Eine demokratische Kultur hört nicht damit auf, dass man theoretisch weiß, wie das politische System funktioniert.

[Gunnar Lindemann (AfD): Machen wir Theorie?]

Der Punkt ist, wir brauchen eine demokratische Kultur, und dafür möchte ich mich einsetzen. Diese Anträge gehen mir nicht weit genug. Ich finde sie schlecht, um ehrlich zu sein. Ich finde, das ist dem ganzen Thema nicht angemessen, und deshalb finde ich das nicht in Ordnung. Ich war davon enttäuscht, um ehrlich zu sein. Ich meine, wir hatten ja auch miteinander zu tun, als ich damals im Landesschülerausschuss war. Wir hatten da mehrere Gespräche, Sie waren auch oft da, Frau Bentele. Dementsprechend: Das Thema ist mir zu wichtig, um es mit den Anträgen einfach abzuhaken. Wir möchten da mehr. Uns ist das zu wichtig. Deshalb werden wir da auch mehr tun. Ja, da wird was kommen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Anträge der Fraktion der CDU sowie des Änderungsantrags der Fraktion der FDP an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 4 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der Nummer 3.2. Der Tagesordnungspunkt 5 war Priorität der Fraktion der SPD unter der Nummer 3.5. Tagesordnungspunkt 6 war Priorität der Fraktion Die Linke unter der Nummer 3.1.

Ich komme zur

lfd. Nr. 7:

Zwanzigstes Gesetz zur Änderung der des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0345

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion, und hier Herr Vallendar. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir als AfD fordern schon seit Langem die Einführung von Bodycams und Tasern als modernes Einsatzmittel für die Polizei. In beiden Fällen hat der Senat nun bekundet, dass er mit einer Erprobungsphase beginnen möchte. Das ist grundsätzlich auch zu begrüßen. Schwierig wird es allerdings bei der erforderlichen Rechtsgrundlage. Sowohl der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages als auch die Polizeigewerkschaft von Berlin sehen beim Taser und den damit verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriffen eine Ermächtigungsgrundlage als zwingend erforderlich an. Eine

(Danny Freymark)

Erprobung ohne Rechtsgrundlage kann den verantwortlichen Polizeibeamten unmöglich zugemutet werden, da sie andernfalls riskieren, eine Amtspflichtverletzung zu begehen.

Unser Gesetzesänderungsantrag zu den Tasern stieß ja schon auf Skepsis und versauert jetzt erst einmal in den Ausschüssen. Ebenso gestaltet sich die Frage beim Einsatz der sogenannten Körperkameras. Rot-Rot-Grün zeigt nunmehr, seit über hundert Tagen im Amt, dass diese Parteien bei der Gestaltung der inneren Sicherheit von Berlin über keinerlei Kernkompetenz verfügen und dass dieses Thema anscheinend als absolut unwichtig eingestuft wird. Von Ihnen im Plenum bisher eingebrachte Gesetzesanträge und Initiativen in diesem Bereich bis jetzt: null. Hauptsache, erst einmal die Gelder für die Fraktionen und die Mitarbeiter erhöhen, aber eigene Leistungen erbringen – Fehlanzeige.

[Bravo! und Beifall bei der AfD]

Die Quittung für eine solche Politik haben Sie am Wochenende in NRW bereits einfahren dürfen. Berlin ist nicht nur Schlusslicht in der Bildung, sondern auch Schlusslicht in der inneren Sicherheit. An den Aussagen des Senators, die parlamentarische Anfrage des Kollegen Tom Schreiber – übrigens, der Kollege ist gerade nicht im Raum, aber das möchte ich ihm dann doch zugestehen: Er ist einer der wenigen bei der SPD, der gute und interessante Anfragen zum Thema innere Sicherheit stellt; ich lese die auch sehr gerne. Aber bei dieser Anfrage ist eben auch deutlich die Misere des Senats mal wieder abzulesen. Der Senat hat mitgeteilt, dass er über konkrete Regelungsinhalte sowie über ein konkretes Konzept für den Einsatz von Körperkameras noch nicht entschieden hat. Der vorherige Senat hatte entschieden, dass vor Ausstattung der Berliner Polizei mit Bodycams zunächst die Ergebnisse der ersten Länderpilotprojekte abzuwarten seien. Daran will die Regierungskoalition nach Auskunft des jetzigen Senats auch festhalten. Wieder einmal begibt man sich in Berlin in eine abwartende Stellung, und das als Hauptstadt.

Alle anderen Bundesländer sind da schon viel weiter. Das Land Hessen hat sein Pilotprojekt bereits in einen Dauerbetrieb überführt. Körperkameras dürfen aufgrund einer im September 2015 in das ASOG aufgenommenen Vorschrift im gesamten öffentlichen Raum des Landes eingesetzt werden. Auch die Freie Hansestadt Hamburg hat nach einem Testlauf eine Rechtsgrundlage geschaffen. Ebenfalls gesetzliche Rechtsgrundlagen wurden im Saarland, in Baden-Württemberg geschaffen. Die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern, RheinlandPfalz und Sachsen-Anhalt haben Pilotprojekte begonnen, wobei sie sich teilweise auf eigene bestehende Normen in ihren Landespolizeigesetzen stützen oder bereits eigene Gesetzesnovellierungen vorbereitet haben.

Berlin zählt wieder zu den Ländern, die bisher nichts unternommen haben. Die Ankündigung des neuen Senats,

einen Gesetzentwurf einzubringen, datiert vom 8. März 2017. Seitdem hat sich nichts getan. Daher ergreift die AfD-Fraktion nunmehr die Initiative vor der Sommerpause und legt einen eigenen Gesetzentwurf vor. Die Begründung dazu ist bereits im Entwurf enthalten. Wir sind offen für konstruktive Änderungsanträge im Ausschuss, auch vonseiten der Innenverwaltung. Wenn die da schon gearbeitet haben, müssten sie ja etwas vorlegen können. Wichtig ist jedoch, dass nun endlich etwas geschieht und der Einsatz von Bodycams nicht auf ewig hinausgezögert wird. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Zimmermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Vallendar! Sie können natürlich kritisieren, wie viele Anträge wir einbringen oder nicht einbringen, was wir hier für Initiativen starten oder nicht starten – unbenommen. Sie können auch inhaltlich kritisieren, was wir machen. Das ist Ihre Rolle. Was Sie nicht machen können, ist das, was Sie hier eben gesagt haben, dass wir Gelder für Mitarbeiter einfahren und keine Anträge einbringen. Das ist gemacht, um dieses Verfassungsorgan bewusst zu diskreditieren. Und das wird es mit uns nicht geben.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie geben hier eine Melange aus angeblich konstruktiven Vorschlägen und andererseits diesen Schlägen gegen dieses Verfassungsorgan, wenn Sie die Arbeit von Fraktionen und die Finanzierung von Mitarbeitern in dieser Form diskreditieren,

[Georg Pazderski (AfD): Kommen Sie doch zum Thema!]

Er macht das Thema auf, und ich reagiere darauf, Herr Vorsitzender. Und deswegen werden auch Sie sich das hier gefallen lassen müssen, Herr Pazderski.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das Thema ist übersichtlich, Herr Vallendar. Ich weiß gar nicht, was Sie da hier so ein Theater machen: Hessen 2013, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Bund, jetzt NRW in diesem Monat machen Testläufe oder schaffen Rechtsgrundlagen für die Bodycams. Und es ist tatsächlich messbar, dass in bestimmten Situationen diese Kameras eine deeskalierende Wirkung haben können, dass sie zur Eigensicherung der Polizistinnen und Polizisten tatsächlich beitragen können und dass sie auch vor Angriffen gegenüber Polizisten abschrecken können.

(Marc Vallendar)

Deswegen haben wir uns auch schon in den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, dass wir einen Testlauf der Bodycams in Berlin starten wollen. Wir sind allerdings der Meinung, dass man dabei auch andere Aspekte sorgfältig beachten muss – davon haben Sie nicht geredet, aber die muss man trotzdem beachten –, nämlich den Schutz der Persönlichkeitsrechte und andere Anforderungen, etwa Datenerhebung von unbeteiligten Dritten. Da braucht man klare Regelungen, auch Löschungsvorschriften und Ähnliches. Das wird alles vorbereitet. Es muss eine vernünftige Rechtsgrundlage da sein. Dann muss natürlich auch für diesen Probelauf eine angemessene Finanzierung vorgesehen werden. Das werden wir alles besprechen. Ich kann Ihnen sagen, wir werden da die entsprechenden Schritte gehen, und dann brauchen Sie hier nicht erneut so ein Gezeter aufzuführen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt Herr Vallendar das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Kollege Zimmermann! Ich möchte mir wieder mal verbitten, dass uns hier unterstellt wird, dass wir das demokratische Haus diskreditieren würden,

[Frank Zimmermann (SPD): Weil Sie solche Sprüche machen!]