Seit gestern haben sich wohl größere Teile des Antrags erledigt, zumindest haben SPD und CDU auf Bundese
bene verkündet, eine Privatisierungsschranke in das Gesetz einzubauen. Was genau dahinter steht – darauf ist schon verwiesen worden –, muss man sich noch einmal anschauen. Aber offensichtlich sind jetzt viele Punkte aus dem Antrag gegenstandslos geworden. Trotzdem ist es sinnvoll, noch einmal in Erinnerung zu rufen, warum es sinnvoll sein kann, eine solche Infrastrukturgesellschaft zu gründen, und nicht nur den Status quo hochzuloben, wie es eben der Kollege Buchholz getan hat.
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass die Angst von RotRot-Grün vor allem, das irgendwie das Wort „privat“ enthält, den Blick auf Grundsatzfragen etwas vernebelt.
Die Lage ist doch so: Die Bundesstraßen und die Autobahnen sind verlottert und verkommen – auch hier in Berlin –, und es wird viel zu wenig für Instandhaltung ausgegeben. Auch wesentliche Lückenschlüsse kommen seit Jahren nicht voran. Das ist umso ärgerlicher, weil die Autofahrer seit Jahren gleichzeitig kräftig zur Kasse gebeten werden. Mit Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und künftig der Maut nimmt der Staat sehr viel mehr Geld ein, als dem Straßenbau zugutekommt. Der Autofahrer wird also für den allgemeinen Haushalt ausgenommen. Das ist zutiefst ungerecht.
Es ist deshalb völlig richtig, eine eigene Gesellschaft zu gründen, die sich mit einem eigenen, gesicherten Budget und eben nicht wie heute nach Gefühl und Kassenlage im Bund um die Straßeninfrastruktur kümmern kann. Damit kommt man auch aus der kurzfristigen politischen Fehlsteuerung und so manchen Detaileingriffen interessierter Politiker heraus, die wir in den letzten Jahren zur Genüge erlebt haben. Nur so kommt man von einer ungesicherten und ständig infrage gestellten Finanzierung zu einer stabilen Situation.
Österreich und die Schweiz machen es vor. Die Straßenverwaltung dort wird jetzt schon länger nach verkehrsfachlichen Kriterien mit einer eigenen Gesellschaft betrieben. Seitdem sind die Straßen auch deutlich besser geworden. Ja, das funktioniert besser, wenn die Straßen als Eigentum dieser Gesellschaft, die nach Erklärung der Bundesregierung rein öffentlich bleiben soll, zugeordnet werden und wenn die Infrastrukturgesellschaft für den Bundesverkehrswegeplan so handeln kann, wie sie es will. In manchen Bundesländern, die verzögern, insbesondere auch bei Autobahnen, die im Zickzack durch verschiedene Bundesländer führen, muss die Gesellschaft eingreifen und die Autobahnen bauen können. Deshalb sind die Punkte c und g des Antrags nicht in Ordnung. Sie würden dieses grundsätzlich vernünftige Konzept infrage stellen.
Es ist auch nicht völlig falsch, dass eine solche Gesellschaft privates Kapital mobilisieren kann. Wir haben in Deutschland sehr viel Kapital in den Lebensversicherungen liegen.
Wir haben mehr Lebensversicherungen als Bürger. Wegen der Dumpingzinspolitik der EZB ist es sinnvoll, dafür Anlagemöglichkeiten zu finden. Das stärkt die private Altersvorsorge und führt gleichzeitig dazu, dass sich solche Gesellschaften wie die Infrastrukturgesellschaft gut finanzieren können.
Wir als Freie Demokraten stellen aber auch fest: Wir wollen mit Sicherheit keine privaten Mautgesellschaften wie in Frankreich.
Herr Kollege Schmidt! Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. – Die Rede ist hier kaum noch zu verstehen. Ich bitte, die Gespräche, wenn sie denn unabdingbar sind, außerhalb des Plenarsaals zu führen, sich ansonsten hinzusetzen und dem Redner zu folgen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Wichtig, damit man uns hier nichts unterstellt: Wir wollen keine privaten Mautgesellschaften wie in Frankreich, die gegen Mauteinnahmen die Autobahnen verpachtet bekommen. Aber so, wie der Antrag hier formuliert ist, würde es wirklich wichtige Ansätze blockieren und eine finanzielle Entlastung der Autofahrer verhindern. Und es hat sich offensichtlich auch die Beratungsgrundlage seit gestern verändert. Damit hat sich der Antrag wohl auch an vielen Stellen erledigt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag auf Drucksache 18/0331 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Oppositionsfraktionen. Ersteres war die Mehrheit, so beschlossen.
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0332
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist etwas spät, deshalb vielleicht etwas ungewöhnlich. Ich kann nicht so schön dichten wie Herr Förster, deswegen anders: Uns liegt ein dürrer, übersichtlicher Antrag zum Vergabegesetz der Regierungskoalition vor, dessen Bedeutung ich für Die Linke in knappen Worten würdigen will.
Vorab: Eine gute Opposition könnte den Antrag mühelos auseinandernehmen und in der Luft zerreißen. Warum? – Es wird die Erhöhung des Mindestentgelts im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz auf nunmehr nur 9,00 Euro pro Stunde beantragt. Das heißt, Firmen, die sich an Ausschreibungen des Landes Berlin – im Gesamtvolumen von nunmehr über 5 Milliarden Euro pro Jahr – beteiligen wollen, müssen sich verpflichten, dieses Mindestentgelt den Mitarbeiterinnen zu zahlen – Mitarbeiterinnen natürlich mit Sternchen. Ich würde mich freuen, wenn die Opposition anmahnen würde, dass das nicht ausreichend ist. Es reicht leider vielen Niedrigverdienern nicht für eine selbstständige Lebensführung, und sie gehen zum Jobcenter, um aufzustocken oder müssen andere Verdienstmöglichkeiten auftun. Ich wünschte mir eine Opposition, die mit uns dafür kämpft, dass von einer Vollzeitstelle jede und jeder ohne Hilfen leben kann.
Wissenschaftler, Gewerkschaften, Sozialverbände und die Die Linke rechnen vor, dass nur ein Mindestlohn von knapp 12 Euro vor Altersarmut schützt. Also muss endlich der Mindestlohn kräftig angehoben oder die Rentenformel wieder auf eine frühere Höhe angehoben werden. So hat sich auch unsere Sozialsenatorin Breitenbach dankenswerterweise in letzter Zeit mehrfach geäußert.
Eine solche Kritik der Opposition bleibt hier im Haus aber aus. Da müssen wir das auch noch selbst übernehmen. Scherz beiseite, man merkt, ich will nichts schönre
den. In einem Bundestagswahljahr sei es mir bei dem Thema aber gestattet anzumerken: Die Linke tritt für eine entsprechende bundeseinheitliche Anhebung des Mindestlohns ein. Die große Oppositionspartei hier im Haus, lange schon Regierungspartei im Bund, steht aber einer existenzsichernden bundesweiten Anhebung des Mindestlohns im Weg. In Berlin können wir vergaberechtlich nur leicht aufrunden mit 16 Cent über dem gesetzlichen Mindestlohn. Die FDP will das auch wieder streichen. Wie in der Koalitionsvereinbarung versprochen, packen wir das schnell an.
Neben der Anhebung sieht der Antrag auch vor, dass die Höhe jährlich überprüft wird und mindestens alle zwei Jahre angepasst wird. Berlin kann keinen Sonderweg gehen und die Höhe näher an das eigentlich Notwendige führen, so bleibt nur die Hoffnung, dass sich Mehrheitsverhältnisse im Bundestag hinsichtlich des Mindestlohns in diesem Sinne verändern.
Meine Randbemerkung: Auf die äußere Rechte im Haus sollte dabei niemanden hoffen. Marktradikal und unsozial sollen nach deren Vorstellungen auch die Existenzbedingungen von Arbeitnehmerinnen – mit Sternchen – ungeschützt bleiben. Das Wort „Mindestlohn“ vermeidend polemisieren sie in ihren politischen Leitlinien gegen Lohnfestsetzungen durch den Staat in der privaten Wirtschaft. Das ist ein Angriff auf den Mindestlohn. – Danke, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege! An einem Punkt sind wir auf jeden Fall einer Auffassung, dass wir noch mehr gute Jobs in der Stadt brauchen, die gut bezahlt werden, und gute Arbeit. An dem Punkt sind wir in der Tat einer Auffassung. Sorgen wir gemeinsam dafür in allen Bezirken!
Wir hatten das Thema heute schon einmal an anderer Stelle. Man hat in einigen wenigen Bezirken oft den Eindruck, dass man da gar keine Jobs mehr haben möchte, sondern nur wohnen und überhaupt keine Unternehmen mehr haben möchte. Vielleicht können wir einmal darüber nachdenken. Ich weiß, das ist ein ganz anderes Thema, aber ein altes Thema, beispielsweise die Bezirke am Gewerbesteueraufkommen zu beteiligen, dann hätten sie auch eine wirkliche Motivation dazu, das zu unterstützen und nicht wie in Friedrichshain-Kreuzberg jeden
Wir finden den Änderungsantrag der FDP-Fraktion absolut unterstützenswürdig, weil wir glauben, dass damit das, was heute im Parlament passieren und auf den Weg gebracht werden soll – eine Dynamik, die ein Stück weit unabhängig davon, wie man zu dem einzelnen Betrag steht, willkürlich gewählt werden soll –, der richtige Weg ist, nämlich eine Dynamik einzuführen, die für alle überprüfbar ist, die sich mit dem Thema beschäftigen, selbstverständlich auch für die Unternehmen. Wir glauben, dass das der richtige Weg ist.
Was wir uns aber gewünscht hätten, ist vor allen Dingen, dass Sie sich mit dem Vergabegesetz insgesamt beschäftigen. Die Koalition hat sich auf die Fahne geschrieben, mehr zu bauen, mehr zu investieren in der Stadt. Schauen Sie sich doch einmal die Ausschreibungsergebnisse in vielen Senatsverwaltungen und den Bezirken an! Sie finden nämlich überhaupt keine Unternehmen mehr, die sich an Ausschreibungen beteiligen, geschweige denn, sie möglicherweise gewinnen. Die CDU-Fraktion hat in der letzten Legislaturperiode eine Handvoll sehr kluger Anträge – insbesondere unter der Federführung des Kollegen Schultze-Berndt – eingebracht zum Thema Vereinfachung des Berliner Vergabegesetzes.