Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Die Koalitionsfraktionen und der Senat machen sich also bei diesen Punkten Klimaschutz und dezentrale Energieversorgung bei ihren eigenen Kernpunkten ihrer Energiestrategie hier unglaubwürdig, indem sie den Anschluss- und Benutzungszwang jetzt in das Gesetz schreiben wollen.

Ich habe da auch einen ganz anderen Verdacht. Ich nehme an, dass sich der Senat und die Koalitionsfraktionen in ihrem allgemeinen Verstaatlichungswahn jetzt schon als Besitzer des Fernwärmenetzes sehen und überlegen, wie man dort möglichst gut jeden Wettbewerb ausschalten und die Bürgerinnen und Bürger möglichst gut melken kann, um den Profit zu erhöhen und die Kassen des Landes Berlin möglichst reichlich zu füllen.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): So ist es!]

Dann wird der Anschluss- und Benutzungszwang zur Grundlage eines hochprofitablen Geschäftsmodells für eine landeseigene Gesellschaft und macht die Bürgerinnen und Bürger zur Melkkuh für den Landeshaushalt. Das ist zwar nett für den Finanzsenator, hat aber mit Klimapolitik und sozialer Verantwortung absolut gar nichts mehr zu tun.

[Beifall bei der FDP]

Warum wurde eigentlich der Anschluss- und Benutzungszwang immer wieder diskutiert und abgelehnt? An vielen Stellen sind die Investitionen dafür zu groß. Dort, wo es sich nicht lohnt, ein Netz hinzulegen, würde der Netzbetreiber verpflichtet, das zu tun. Das ist nicht nur wirtschaftlich sinnlos, sondern ist auch ökologischer Unfug, denn wenn zu wenig Wärme abgenommen wird, ist das Netz auch nicht ausgelastet und verschwendet Energie.

(Dr. Michael Efler)

Für Neubaugebiete – das, was der Kollege Buchholz gesagt hat – braucht man das nicht, denn das können Sie über das Planungsrecht lösen. Es ist jetzt also ein vorgeschobenes Argument, dass deshalb der Anschluss- und Benutzungszwang nötig wäre.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Efler?

Ja, gern.

Bitte, Dr. Efler, Sie haben das Wort.

Also, Herr Schmidt, ich hoffe doch, Sie haben mir zugehört. Dann haben Sie auch mitbekommen, dass ich mich durchaus differenziert zu dem Punkt geäußert habe. Sie sagten jetzt, der Anschluss- und Benutzungszwang wird abgelehnt. Ist Ihnen bekannt, dass im Schlussbericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ genau dieses Instrument geprüft und durchaus differenziert, aber im Ergebnis positiv bewertet worden ist?

Es ist mir bekannt. Ich habe diesen nicht mit unterschrieben. Ich halte es für eine Fehlfeststellung, die dort in dem Bericht getroffen wurde. Es ist ordnungspolitischer Unsinn. Das haben wir schon bei den Wasserbetrieben gesehen. Das belastet die Bürger.

[Daniel Buchholz (SPD): Wo denn? Die Wasserpreise sinken!]

Es bringt wirklich aus meiner Sicht überhaupt nichts für die Energiepolitik. Wenn die CDU das früher mitgetragen hat, fein, wir tragen so etwas nicht mit.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Es war übrigens auch so, dass sich auch der rot-rote Senat, als er noch regierte, Herr Efler, in einer Debatte nachher durchgerungen hat, doch nicht einen Anschluss- und Benutzungszwang einzuführen, weil man eben eingesehen hat, dass es nicht unbedingt etwas bringt. Ich erinnere mich auch an grüne Stellungnahmen in diesem Haus, die das nicht gesehen haben.

Das sind insgesamt jedenfalls viele gute Gründe, warum uns ein Anschluss- und Benutzungszwang nicht weiterhilft und weshalb man ihn auch nicht eingeführt hat. Er nutzt also nicht dem Klimaschutz, er könnte ihn sogar gefährden. Er führt zu schlechteren technischen Lösun

gen, und er wird auf jeden Fall für die Bürgerinnen und Bürger zu höheren Kosten führen. Deshalb ist das ein falscher Ansatz. Wir werden ihn ablehnen und bitten Sie von den Koalitionsfraktionen auch noch einmal, wirklich genau nachzudenken – es war gut, dass Sie es angedeutet haben, dass Sie das noch einmal tun werden –, wie Sie es ausformulieren, damit diese extrem negativen Effekte auch wirklich nicht eintreten können. Den Entwurf, wie er ist, kann man aus Sicht der Freien Demokraten nur ablehnen. Das werden wir auch so tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Es gibt eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Kössler. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Vielen Dank! – Neben den allgemeinen und trotzdem wichtigen Sachen zum Klimaschutz wollte ich doch noch einmal etwas zur Sache Anschluss- und Benutzungszwang sagen, weil Sie das so hinstellen, als plane eine rot-rot-grüne Regierung irgendwelche Zwangsmaßnahmen. Dabei geht es hier einfach um die Möglichkeit, dass so etwas einmal für gewisse Gebiete erlassen werden kann.

[Zuruf von der AfD: Das steht dort aber so!]

Wir haben da natürlich genau die neuen Stadtquartiere im Blick, wo so etwas durch sinnvoll sein kann. Sie wissen selbst, Herr Schmidt, dass Fernwärme besonders effizient ist. Wir werden gemeinsam überlegen, wie wir die Fernwärme auf grüne Energien umstellen. Das heißt also nicht, dass Fernwärme dann unbedingt schlechter ist als dezentrale Lösungen. Ich möchte es nicht im Raum stehen lassen, dass hier alle Berlinerinnen und Berliner irgendwie an die Fernwärme angeschlossen werden müssen. Es ist dezidiert dafür gedacht, dass man das in den neuen Gebieten machen kann. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Herr Schmidt, möchten Sie erwidern? – Dann haben Sie das Wort. – Bitte schön!

[Zuruf von Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Er hat von Fernwärme nicht ein Wort gesagt!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kössler! Es ist planungsrechtlich möglich, für die Neubaugebiete, für die neu entwickelten Gebiete, sehr wohl ener

getische Vorgaben zu machen. Das reicht aus meiner Sicht als Instrument auch vollkommen aus. Ich halte es für ein vorgeschobenes Argument, mit den Neubaugebieten zu argumentieren. Das, was Sie tun, ist, dass Sie jetzt eine allgemeine Verordnungsermächtigung in das Gesetz schreiben, die irgendein Senat irgendwann einmal zu all den bösen Dingen nutzen kann, die ich hier aufgezählt habe.

[Daniel Buchholz (SPD): 20 Jahre lang, Herr Kollege!]

Ich würde gern einmal wissen, wie Sie das verhindern wollen. Es ist tatsächlich möglich. Natürlich will man nicht alles an die Fernwärme anschließen. Es besteht aber natürlich die Gefahr, dass Häuser an die Fernwärme angeschlossen werden, die sich eben weder ökologisch noch ökonomisch rechnen und man den Netzbetreiber zwingt, das zu tun. Ich halte das für eine Fehlentwicklung. Ich sehe wirklich die Gefahr, dass in irgendwelchen Gebieten plötzlich jemand kommt und sagt: „Mensch, da legen wir jetzt einmal fest, dort muss Fernwärme gelten.“ Das hat Hamburg zum Beispiel in der Innenstadt für alle dicht bebauten Gebiete getan, nicht nur für neue. Genau das könnte in Berlin auch passieren. Das ist die Gefahr, die ich da sehe.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 35

Landeseigene Wohnungen an die Mieter privatisieren, historische Chance niedriger Zinsen nutzen, Wohneigentumsanteil in Berlin erhöhen

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0346

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Für die Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Laatsch das Wort. – Bitte schön!

Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen einmal zunächst, worum es hier nicht geht. Es geht nicht darum, was Sie uns hier ständig unterstellen, nämlich die Privatisierung an Investoren, also nicht

das, was Sie in der Vergangenheit 2004 mit der GSW gemacht haben, gleich en bloc an große Investoren riesige Wohnungsbestände zu verkaufen. Genau das wollen wir nicht.

[Beifall bei der AfD – Sven Heinemann (SPD): Sie wollen Privatisierung!]

Vielleicht, wenn ich noch Zeit habe, erkläre ich es Ihnen gern noch.

[Sven Heinemann (SPD): Ich erkläre es Ihnen auch!]

Worum es geht, ist die Ertüchtigung der landeseigenen Wohnungsgesellschaften, sie dazu zu ertüchtigen, endlich das zu tun, wozu sie eigentlich geeignet sind und wovon ich sicher bin, dass sie das auch können, nämlich die Schaffung von Wohnraum.

Ihre Umverteilungspolitik, die Sie hier seit Wochen zeigen, führt zu keinem einzigen Quadratmeter mehr Wohnraum. Deswegen kann es nur um eines gehen: mehr Wohnraum zu schaffen. Dazu sollten wir die Betriebe ertüchtigen.

[Beifall bei der AfD – Bravo! von der AfD]

Wie soll das geschehen? – Das ist relativ einfach. Die Wohnungen, die die landeseigenen Betriebe zur Verfügung haben, werden in einzelne Eigentumswohnungen umgewandelt. Sie werden den Mietern angeboten. Wenn die Mieter sie gekauft haben – das werden mit Sicherheit nicht hundert Prozent sein, ich gehe eher von einer Zahl um die 30 Prozent aus –, sind sie im Besitz dieses Wohnraums und können ihn genauso abzahlen, als wenn sie monatlich Miete zahlen. Das ist auch wirtschaftlich kein großer Unterschied. Damit wird die niedrige Wohneigentumsquote, die diese Stadt aufweist, die historisch niedrige Eigentumsquote von lächerlichen 15 Prozent – bundesweit liegen wir bei 45 Prozent, in Südeuropa bei bis zu 80 Prozent – endlich nennenswert und sinnvoll angehoben.

Es macht durchaus Sinn, in der Zukunft dafür zu sorgen, dass mehr Menschen in Eigentum leben, denn wenn die Renteneinkommen weiter zurückgehen, werden wir erleben, dass die Menschen dieser Stadt auf noch mehr Sozialhilfe angewiesen sein werden. Denn zurzeit ist es ja so, dass nur 16 Prozent in Eigentum wohnen, das heißt, 85 Prozent dieser Stadt sind unter Umständen bei fallenden Renten in Zukunft auf Wohnraumunterstützungsgeld angewiesen. Ihr euphemistisches Mantra, Berlin ist eine Mieterstadt, halte ich für sehr gefährlich. Sie haben damit den Mietern, den Einwohnern das Gefühl gegeben, es wäre überhaupt nicht dramatisch, Mieter zu sein, sein Leben lang Miete zu zahlen. In keinem Ort dieser Welt hat man eine solche Vorstellung, dass es sinnvoll ist, ein Leben lang mit einer monatlichen Miete belastet zu sein.