Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

[Beifall von Sebastian Czaja (FDP)]

Als Ihr Innensenator bei der rechtsextremen Gewalt, bei V-Männern im rechtsextremen Bereich nicht so genau hingeschaut hat, haben wir Ihnen nicht mit einem Satz Sympathie, Nähe zu rechtsextremer Gewalt unterstellt.

[Heiko Melzer (CDU): Reden Sie nicht einen solchen Quatsch! Schon die erste Unterstellung ist falsch!]

Das haben wir nie gemacht, und ich finde, Sie sollten mindestens ähnlich fair sein. Dass Sie aber diesen Anstand heute nicht haben, zeigt, wie verzweifelt Sie sein müssen, hier in Berlin solche Kampagnen mitmachen zu müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für eine Kurzintervention hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Luthe. – Bitte schön!

Herr Kollege Lux! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fing so gut an. Wir haben uns sehr deutlich positioniert. Wir als Freie Demokraten haben deutlich gemacht, dass wir jede Form von politisch motivierter Gewalt zutiefst ablehnen. Wir haben aufgezeigt, dass die Gemeinsamkeit dessen, was wir ablehnen, totalitäre Ideo

logien sind, und das sollte eigentlich auch das sein, was uns in der Ablehnung hier verbindet.

[Beifall bei der FDP]

Anscheinend ist das nicht so.

Vor gut einem Jahr haben wir über einen Konsens gegen Links in der Stadt diskutiert. Da ging es darum, dass wir allen – so war die Formulierung – gewaltsamen linksextremistisch motivierten Taten eine Absage erteilen wollten – so, wie es zuvor an anderen Stellen, und zwar im Übrigen, lieber Herr Kollege Lux, unter anderem auf Antrag der grünen Bundestagsfraktion – in der Bundestagsdrucksache 18/7553 – mit genau diesem Inhalt, den wir heute diskutiert haben – nur nicht mit dem Begriff der rechten Gewalt, sondern dem der linken Gewalt –, formuliert worden ist.

Herr Luthe! Beziehen Sie sich in Ihren Bemerkungen bitte auf Ihren Vorredner und nicht auf Bundestagspapiere!

Ja! Die grüne Bundestagsfraktion und der grüne Abgeordnete Herr Lux haben meines Erachtens sehr viel miteinander zu tun, wenn Herr Lux diese Einseitigkeit für falsch hält, andererseits aber seine Partei genau das macht.

[Beifall bei der FDP]

Insofern noch einmal die herzliche Bitte: Wir haben uns sehr oft, auch auf Antrag anderer Fraktionen, mit der Ablehnung von Rechts und rechtsextremistisch motivierter Gewalt befasst. Auch der Innenausschuss hat z. B. – ich habe es gerade noch mal gefunden – im Jahr 2013 auf Antrag der Linken über dieses Thema diskutiert – ebenfalls einseitig bezogen auf Rechts. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schaffen wir es doch jetzt, finden wir genauso den vielbeschworenen Konsens gegen Linksextremismus, lehnen wir damit gleichermaßen – denn in Ihrem Koalitionsvertrag taucht dieses Wort nicht auf – jede Form von politisch motivierter Gewalt ab, und erteilen wir damit jedem totalitären System in dieser Stadt eine Absage! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Herr Abgeordneter Lux! Möchten Sie erwidern? – Dann haben Sie das Wort. – Bitte schön!

(Benedikt Lux)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Lieber Herr Kollege Luthe! Ich antworte jetzt nur, weil Sie es sind, denn Ihre Worte habe ich nicht verstanden. Ich habe ihren Inhalt und den Zusammenhang, den Sie gerade vorgetragen haben, in Bezug auf meine Rede nicht verstanden. Ich möchte aber, weil ich Sie schätze und auch den größten Teil Ihrer Fraktion schätze – außer dann, wenn es um den Flughafen Tegel geht –, hier dafür werben, dass Sie es mir abnehmen und dass Sie es auch anderen Kolleginnen und Kollegen dieser Regierung abnehmen, dass sie linke Gewalt ablehnen. Ich möchte gern mit Ihnen in diesem Diskurs bleiben, dass wir linksextreme Gewalt in welcher Form auch immer als Mittel der politischen Auseinandersetzung – übrigens steht das auch so im Koalitionsvertrag – ablehnen. Ich habe bei Ihnen die Hoffnung noch nicht ganz verloren – bei anderen Herrschaften in diesem Haus schon –, und insofern kann ich es dabei sein lassen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Iris Spranger (SPD) – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 38

Berlin gegen Terror: Prävention verbessern – Gefahren bekämpfen – Opferschutz stärken

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0370

In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD, und der Abgeordnete Herr Zimmermann hat das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Terroranschläge in ganz Europa und leider auch in Berlin verlangen eine dauernde Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden. Obwohl wir nun einen Untersuchungsausschuss hier im Haus einsetzen: In zahlreichen Fällen haben unsere Polizei und die Dienste bewiesen, dass sie für die Abwehr von Terrorgefahren gut gerüstet sind. Trotzdem haben die letzten Monate im Bund wie in den Ländern

Handlungsbedarf aufgezeigt, wie etwa die Diskussion über den Umgang mit Gefährdern aufzeigt. Die Antworten im Bund und in den Ländern auf die Herausforderung des Terrors müssen vor allem anderen aufeinander abgestimmt sein. Im Idealfall gehen wir nämlich bundesweit wirklich einheitlich vor. Das ist schwer genug, aber das muss unser Ziel sein. Es muss einheitlich von Standards und von Anspruchsgrundlagen oder Rechtsgrundlagen her gehandelt werden können, denn es ist der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln, dass Rechtsgrundlagen und Standards bundesweit zwischen den Ländern unterschiedlichen Regeln folgen.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Deswegen legen wir heute unseren Antrag „Berlin gegen Terror“ vor, der einerseits kein Präjudiz enthält für das, was im Bund, zwischen den Bund und den Ländern und unter den Ländern verabredet werden muss, und der andererseits nicht vorwegnehmen kann und will, was der Untersuchungsausschuss hier für Ergebnisse bringt. Er enthält also genau das, was wir jetzt unter der Beachtung der genannten Bedingungen auf Landesebene machen können.

Diese Punkte sehen Sie im Antragstext: Wir wollen vor allen Dingen die Kommunikationsstrukturen im Land durch die Einrichtung der kooperativen Leitstelle, die wir ohnehin schon geplant haben und über deren Ausgestaltung wir uns noch Gedanken machen müssen, verbessern. Wir müssen vor allem die Betreiber von kritischen Infrastrukturen in ein Kommunikationssystem einbeziehen, das festen Regeln folgt, mit klaren Zuständigkeiten und Absprachen, damit die Unternehmen, die die Versorgung sicherstellen sollen, in diese ganze Beratung einbezogen sind.

Wir wollen, dass die Trainingsmöglichkeiten für die Polizei zur Terrorbekämpfung verbessert werden und streben an, gemeinsam mit dem Bund und Brandenburg zu gemeinsamen Einrichtungen zu kommen, die Synergien schaffen, aber auch die Möglichkeiten zum Training deutlich verbessern könnten.

Wir wollen daneben – das ist ein klarer Präventionsansatz – das, was an Deradikalisierungsprogrammen schon im Land aufgelegt ist, weiterqualifizieren. Wir wollen es verstetigen und vor allen Dingen ein Forschungsnetzwerk aufbauen, das die jeweiligen Erkenntnisse der Leute, die darüber Bescheid wissen, besser vernetzt und die Ergebnisse, soweit sie polizeirelevant oder für die Schulen oder Jugendämter relevant sind, zur Verfügung gestellt werden können. All das wollen wir qualifizieren und nehmen dafür auch Geld in die Hand.

Wenn – obwohl wir versuchen, es zu vermeiden – doch etwas passiert, muss die Betreuung der Opfer so gestaltet werden, dass das relativ zügig und unkompliziert

geschieht. Da gab es Engpässe, und die wollen wir aufheben.

All das sind Dinge, die wir jetzt auf Landesebene anschieben können, ohne irgendwelche Bemühungen zwischen den Ländern zu konterkarieren oder etwas vorwegzunehmen, das wir abwarten müssen.

Was wir aber daneben oder darüber hinaus noch tun, ist, im Haushalt dafür zu sorgen, dass perspektivisch bei der Polizei die Observationskräfte qualifiziert und gestärkt werden können, auch in ihrer Anzahl. Wir werden demnächst eine Entscheidung über den Stellenzuwachs bei der Polizei in den Haushaltsberatungen treffen. Da wird dies auch eine Rolle spielen.

Was man darüber hinaus alles machen kann und muss, ist in der Diskussion. Sie haben das verfolgt. Dann müssen wir uns auch entscheiden, ob wir etwa zu einer gemeinsamen Gefährdereinstufung zwischen dem Bund und den Ländern kommen. Das ist verabredet, und ich glaube, dass man das auch umsetzen muss. Ab 1. Juli soll das gelten, und wir sind gut beraten, gemeinsam mit allen anderen zu einer bundesweit einheitlichen Gefährdereinstufung zu kommen.

Wir brauchen weiter einen besser geregelten Datenaustausch und den Datenzugriff zwischen dem Bund und den Ländern auf der Basis gemeinsamer IT-Strukturen. Und – da haben andere Innenminister recht – wir brauchen für das gemeinsame Terrorabwehrzentrum eine größere Verbindlichkeit der dort getroffenen Verabredungen. Das, was dort gemeinsam besprochen wird, muss von allen Ländern und Behörden umgesetzt werden. Dann kann man weiter über technische Verbesserungen nachdenken, z. B. die technische Observation verbessern. Da wird man über Einzelheiten diskutieren müssen, aber das können wir im Land Berlin nicht allein regeln. Dazu braucht man Klärungen der Rechtsgrundlagen bundesweit. Daran wollen wir mitwirken. Hier haben wir erst einmal einen Antrag darüber, was wir hier unter uns beschließen und anschieben können. Das wollen wir realisieren. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Herr Dregger das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Zimmermann! Ich freue mich, dass sich die rotrot-grüne Koalition in die Tradition unserer Sicherheitspolitik stellt und die von uns begonnenen Vorhaben weiterführt. Das ist eine wichtige Kontinuität in der Sicher

heitspolitik, und es ist eine wichtige Botschaft in die Stadtgesellschaft.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Kontinuität und Wandel!]

Das Landesprogramm Deradikalisierung mit einem Haushaltsvolumen von 1,62 Millionen Euro für den laufenden Doppelhaushalt haben wir unter der Verantwortung unseres Innensenators, Frank Henkel, mit Ihnen zusammen von der SPD ins Leben gerufen. Das war eine richtige Entscheidung, denn sie dient erstmalig der Prävention im islamistischen Bereich. Die Bandbreite des Programms reicht von der Sensibilisierung und Präventionsarbeit in der Schule bis zur Betreuung und Beobachtung von Heimkehrern, die in Syrien im Kampfeinsatz waren und von denen möglicherweise eine besondere Gefahr ausgeht.

Aber auch die weiteren Punkte in Ihrem Antrag, wie die neue kooperative Leitstelle, unterstützen wir. Dieses Projekt haben wir in der mittelfristigen Finanzplanung bereits in der letzten Legislaturperiode verankert. Die Kommunikation zwischen den Sicherheitsbehörden und den Betreibern kritischer Infrastrukturen ist zu verbessern und zu überprüfen. Das ist nichts Neues. Das unterstützen wir. Auch die Schaffung eines gemeinsamen Einsatzzentrums mit dem Bund und dem Land Brandenburg, wenn das möglich ist, wäre sehr zu begrüßen, insbesondere damit die Zusammenarbeit bei Terrorlagen den Einsatz der Spezialeinsatzkommandos und der GSG 9 geübt und in der Praxis genutzt werden kann. Die Betreuung der Opfer – das ist der letzte Punkt in Ihrem Antrag – durch den Opferbeauftragten des Landes, den wir unter unserem Justizsenator Heilmann ins Leben gerufen haben, unterstützen wir auch. Wir wünschen uns, dass er gestärkt wird und haben einen entsprechenden Antrag eingebracht, damit seine Leistungsfähigkeit angesichts der wachsenden Aufgaben gestärkt wird. – Kurzum: Ich freue mich über die Fortführung unserer Projekte, und darin haben Sie unsere Unterstützung.

Interessant ist allerdings, was in Ihrem Antrag nicht steht. Wenn wir darüber reden, wie wir unsere Stadt und unser Land besser vor Terrorgefahren schützen können, dann gibt es noch ein paar Themen auf der Agenda, die in Ihrem Antrag fehlen. Ich möchte zunächst im Bereich der Prävention darauf hinweisen, dass wir es uns nach wie vor erlauben, die Einrichtungen unseres demokratischen Rechtsstaates salafistischen Verfassungsfeinden für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, damit sie dort gegen unseren demokratischen Rechtsstaat agitieren können. Das ist am 27. Januar 2017 in der Bibliothek am Luisenbad in Mitte geschehen. Ich habe das thematisiert und den Innensenator aufgefordert, entsprechende Regelungen herbeizuführen, die das zukünftig unterbinden. Es ist aber nichts geschehen.

Im Bereich der Gefahrenabwehr können wir auch den Verfassungsschutz nicht ausblenden. Der fehlt in Ihrem Antrag. Selbstverständlich müssen wir den Verfas