Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 27. April 2017 Drucksache 18/0313
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unseren beiden Anträgen zur Weiterentwicklung des Mittleren Schulanschlusses und zu hohen gemeinsamen Standards im Abitur haben wir Ihnen unsere sehr detaillierten und auch abgestimmten Vorstellungen vorgestellt, wie wir zu mehr Qualität bei diesen beiden wichtigen Bildungsabschlüssen an der Berliner Schule kommen können.
Die Koalition schreibt in ihrem Koalitionsvertrag, dass die Qualität der Abschlüsse durch eine Gesamtstrategie zur Qualitätsabsicherung gestärkt werden solle. Meine Damen Vertreterinnen der Koalition und Frau Senatorin! Da hätte ich erwartet, dass Sie in der Debatte zumindest ein Fünkchen an Ideen einbringen, wie diese beabsichtigte Qualitätssteigerung zu bewerkstelligen sein soll.
Aber hierzu herrschte sowohl in der Plenar- als auch in der Ausschussdebatte absolute Funkstille bzw. provinzielle Selbstzufriedenheit.
In diesem Jahr wurden in Berlin in drei Fächern erstmals Aufgaben einem Pool gemeinsamer Aufgaben entnommen. Warum sollte man diese mühsame und lobenswerte Arbeit des Instituts für Qualitätsentwicklung der HU, aus verschiedenen Rahmenlehrplänen das Gemeinsame herauszufiltern, dadurch entwerten, dass man doch wieder eigene Länderaufgaben neben die einheitlichen Aufgaben stellt, wie es aktuell geschieht? Auf meine Frage, ob die einheitlichen Aufgaben auch nach einheitlichen Maßstäben korrigiert und bewertet werden, haben mich Staatssekretär Rackles und Abteilungsleiter Duveneck nur mit großen Augen angeschaut und gerade noch ein Nein über die Lippen gebracht. Einheitliche Aufgaben? Einheitliche Korrekur- und Bewertungsmaßstäbe? Das scheint eine ganz irre, elitäre, miefige CDU-Vorstellung zu sein.
In zwei weiteren Punkten unseres Antrages haben wir mit den unterschiedlichen Gewichtungen von Prüfungsleistungen und den unterschiedlich langen Lern- und Vorbereitungszeiten in der Qualifikationsphase Themen aufgegriffen, die einem im Hinblick auf Chancengerechtigkeit
nicht egal sein können: Müssen vier oder fünf Leistungskurse belegt werden? Darf eine mündliche Prüfung wochenlang zu Hause mit den Eltern oder dem Nachhilfelehrer vorbereitet werden, oder wird man zu einem unbekannten Thema 30 Minuten lang ins kalte Wasser geworfen? Darf man 32 Minuten ins Abitur einbringen wie in Berlin oder 42 wie in Brandenburg? Nachträgliche mündliche Prüfungen zur Anhebung des Notendurchschnitts – ja oder nein?
Wir haben hier einen bundesweit unüberschaubaren Flickenteppich. Die Leidtragenden sind die Schüler, denn sie legen die vielleicht wichtigste Prüfung ihres Lebens nach den Bedingungen des Bundeslandes ab, in dem sie zufällig leben, und bringen dementsprechend mehr oder weniger Qualifikationen für die Universität mit. Im Hörsaal oder Seminarraum müssen aber alle die hohen Vorgaben der Hochschullehrer erfüllen. Da ist doch klar, dass der in der Oberstufe und im Abitur stärker geförderte Schüler besser durchkommen wird als derjenige, der in seiner Gymnasialzeit nur eng limitierte Stoffmengen und Selbstläuferfragen vermittelt bekam. Wenn Sie das schon nicht ungerecht finden, dann würde ich gerne wissen, wie Sie den Kampf um hochbegehrte Studienplätze beschreiben würden, bei denen in hohem Maße die Abiturnote der ausschlaggebende Faktor ist, eine Abiturnote, die leider weiterhin unter ganz unterschiedlichen Bedingungen zustande kommt; denn das, was die KMK mit einheitlichen Abituraufgaben in drei Fächern vorgelegt hat, ist leider nur ein Minischrittchen, und noch nicht einmal dieses Minischrittchen wird konsequent umgesetzt.
Die Qualität des Abiturs ist eine Frage der Studierfähigkeit und eine Frage der Chancengerechtigkeit. Um beides ist es unter den aktuellen Bedingungen schlecht bestellt. Ich bin wirklich entsetzt, dass Sie diese Dimensionen überhaupt nicht zu begreifen scheinen. Vielleicht geschieht heute in der zweiten Lesung unseres Antrags doch noch ein Wunder. Es gibt für Berlin als internationale Wissenschaftsmetropole überhaupt keinen Grund, sich selbstzufrieden zurückzulehnen. Wir wollen nicht nur für die besten Köpfe aus dem Ausland attraktiv sein, wir wollen, dass unsere Berliner Schüler mit dem Abiturzeugnis nicht nur eine formale Berechtigung zum Hochschulstudium, sondern eine Garantie erhalten, das Rüstzeug erhalten zu haben, um sich an der Universität zu behaupten, und ja, im besten Falle auch zur Weltelite aufzuschließen. Ein bisschen Ehrgeiz, Frau Senatorin, ein kleines bisschen – deshalb haben wir den Zweijahreszeitraum, in dem weitere Schritte gegangen werden sollten, vorgesehen – darf schon sein.
Ja. – Im Kreis Ihrer Jugendministerkollegen können Sie sich doch durchsetzen, haben Sie vor Kurzem stolz erzählt. Setzen Sie sich doch einmal auch so entschieden für unsere Abiturienten, für mehr Qualität im Abitur ein! Höchste Zeit dafür ist es. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befassen uns heute das zweite Mal mit dem Antrag der CDU zur potenziellen Weiterentwicklung des Abiturs. Es hat sich seit dem letzten Mal nichts geändert. Der Bildungsausschuss empfiehlt mehrheitlich die Ablehnung des Antrags. Von einer Qualitätsstrategie, wie sie die CDU im Titel nennt, ist nach wie vor keine Spur. Ich erkläre gern, warum wir als SPD-Fraktion mit dem Antrag nichts anfangen können.
Die Sammlung der Gründe ist vielseitig. Es fängt damit an, dass Teile des Antrags nicht umsetzbar sind, weil sie sich auf diesjährige Prüfungen beziehen. Andere Teile des Antrags sind schlicht und einfach schon auf dem Weg und bedürfen keiner Anträge. Beispiel eins: Ein einheitlicher Bewertungsschlüssel ist für den Jahrgang, der 2020 in die Qualifikationsphase eintritt, schon beschlossen. Die Jahrgänge davor genießen Bestandsschutz. Beispiel zwei: Für naturwissenschaftliche Fächer entwickelt die Kultusministerkonferenz bereits gemeinsame Standards. Weitere Fächer werden folgen. Beispiel drei: Zentrale Termine für Fächer mit Poolaufgaben sind bereits in der Planung.
Am wichtigsten aber ist die grundsätzliche Ausrichtung des Antrags. Frau Bentele! Sie sprechen davon, dass im Abitur ausschließlich Aufgaben aus dem gemeinsamen Pool benutzt werden sollen. Wie dies mit unterschiedlichen Rahmenlehrplänen der Länder kompatibel sein soll, erklären Sie aber nicht. Wir als SPD sind immer noch der Auffassung, stärkere Zusammenarbeit der Länder ist auch bei dieser Frage sehr sinnvoll. Die freiwillige Aufgabe der Länderhoheit bei der Bestimmung der Lerninhalte, die Sie hier implizit einfordern, ist nicht zielführend. Sie untergräbt den Bildungsföderalismus und ist mit uns nicht zu haben.
Weil wir schon beim Bildungsföderalismus sind: Einen sinnvollen Weg, wie der Bund stärker in die Pflicht genommen werden soll, gibt es schon. Sie ahnen es: Ich spreche von der Aufhebung des Kooperationsverbots. Wir haben Ihnen, liebe CDU, auf Bundesebene gerade mühselig einen Türöffner abgerungen, damit sich auch
der Bund an der Sanierung der Schulgebäude beteiligen kann. Berlin bringt aktuell einen Antrag über die komplette Aufhebung des Kooperationsverbots in den Bundesrat ein.
Der Zug rollt, und er wird nicht stoppen. Sprechen Sie doch einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene! Beenden Sie dort diesen Quatsch, der unsere Arbeit an Schulen tatsächlich behindert, und hören Sie auf, solche überholten Anträge zu stellen! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Wer die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sowie die darauf folgenden Parlamentswahlen beobachtet hat, kommt nicht umhin, das viele Lob unserer deutschen Presse für eine neue politische Bewegung namens La République En Marche! und speziell für ihren Spitzenmann, den frisch gewählten Präsidenten Emmanuel Macron, festzustellen, das ihm täglich auf das Brot geschmiert wird. Nun, wir Deutschen sind unseren französischen Nachbarn schon einige Schritte voraus, denn wir haben schon seit der Gründung der Alternative für Deutschland im Jahr 2013 verstanden, dass frisches Blut für eine Demokratie Gold wert ist
und die jeweiligen etablierten Parteien unter Druck setzt und sie zwingt, notwendige Reformen endlich einmal durchzusetzen.
Das wird ja auch bei dem CDU-Antrag deutlich. Es freut mich, dass die Herrschaften auf der linken Seite auch wieder wach sind.
Am 18. September wurde die Berliner CDU mit einem Rekordnegativergebnis von den Wählerinnen und Wählern in Berlin abgestraft. Der Schock sitzt offensichtlich immer noch sehr tief bei Ihnen, denn Ihre Reaktion sieht so aus, dass Sie jetzt alle aus den letzten fünf Jahren in der Schublade lagernden Anträge quasi ad hoc auf den Tisch legen.
Selbst der ehemalige CDU-Landesvorsitzende – er ist leider gerade nicht im Raum – wurde in den Medien zitiert mit: Pech im Job, Glück in der Liebe. – Ich gratuliere natürlich meinem lieben Bundesbruder Frank Henkel an der Stelle und wünsche ihm alles Gute!
Ja, werte Christdemokraten, Ihr Antrag „Qualitätsstrategie II“ ist durchaus zu begrüßen – das wollen wir gar nicht leugnen –, allerdings ist der seit mindestens 20 Jahren überfällig. Ganze Generationen von Abiturienten haben sich über die Ungerechtigkeit bei der Vergabe von Studienplätzen nach dem NC geärgert und mussten die jeweiligen Konsequenzen ertragen. Aber gut! Besser spät als nie, so könnte wahrscheinlich auch der nächste CDU-Wahlslogan lauten.
Natürlich ist es geradezu abstrus, dass wir bundesweit einheitliche NCs festlegen für die Vergabe von Studienplätzen bei völlig unterschiedlichen Leistungsniveaus der Bundesländer. Aber auch innerhalb eines Bundeslandes können die Anforderungen zum Teil sehr stark differieren. Dazu kann ich auch ein ganz persönliches Beispiel liefern, denn in meinem Leistungskurs Englisch saßen neben mir noch neun weitere Ex-Austauschschüler. Das Leistungsniveau konnte dementsprechend seinesgleichen in Berlin suchen.
Nach über 20 Jahren linker Bildungspolitik wird Berlin in Sachen Bildungspolitik nur noch verspottet. Es gibt ernsthaft Stimmen aus Süddeutschland, speziell aus Bayern,
die sagen, ein Berliner Abitur sollte nicht mehr ohne Weiteres und uneingeschränkt anerkannt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein Weckruf insbesondere für uns Bildungspolitiker! Berlin darf nicht länger das Schlusslicht der bundesdeutschen Bildungspolitik sein. Lassen Sie uns deshalb mit dem heutigen Tag ein neues Kapitel aufschlagen! Wir unterstützen den Antrag der CDU. Es ist eine Herausforderung des Bildungsföderalismus, die Leistungsunterschiede nicht zu sehr auseinanderdriften zu lassen, aber wir sollten das jetzt eben auch als Chance verstehen.
Schon im Kindesalter orientieren sich die Jüngsten an Sportidolen und versuchen, ihnen in der jeweiligen Sportart nachzueifern, und setzen ihre Leistung sich selber als Ziel. Als Vater von drei Söhnen kann ich Ihnen ein Lied davon singen.
Bei Rot-Rot-Grün wird diese Logik einfach einmal umgedreht. Sie betonen sich gezielt leistungsfeindlich und stören sich in keinster Weise an den Negativfolgen. Seit jeher gilt bei Ihnen das Motto: Will man Berlin oben
Berlin braucht eine Zukunftsagenda. Falls Sie hierfür Inspirationen brauchen, kann ich Ihnen unsere AfDAgenda empfehlen: Berlin 2050.