Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Liebe Gäste! Nichts ist von immerwährender Dauer, außer vielleicht die Liebe Gottes. Bei manchen Einrichtungen des menschlichen Lebens tun wir aber so, als seien sie unbegrenzt. Das gilt auch für Die Linke. Das gilt für die Ehe, für die Gesundheit, für Wohnmietverhältnisse. So verfahren wir in der Regel auch bei Arbeitsverhältnissen. Es gibt nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz schon etliche Gründe, weshalb der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis befristen kann. Das ist zum Beispiel gegeben, wenn der Bedarf nur für eine gewisse Zeit oder in einer Vertretung besteht. Sachgrundfrei heißt übrigens, sachgrundfrei und nicht grundlos. Das ist ein Unterschied, Frau König.
Üblicherweise geht es bei der sachgrundfreien Befristung darum, das Risiko des Arbeitgebers zu mindern. Das Risiko besteht darin, einen Mitarbeiter weiter beschäftigen zu müssen, obwohl man ihn künftig vielleicht nicht mehr braucht. Hier stehen bei der Beschäftigung im öffentlichen Dienst die Interessen des Beschäftigten den Interessen der Steuerzahler gegenüber. Natürlich ist auch der öffentliche Arbeitgeber angehalten, mit seinen Mitteln sparsam umzugehen. Gleichwohl kann man den Schutz der Arbeitnehmerinteressen auch über dieses Sparsamkeitsgebot stellen.
Im konkreten Fall erscheinen der AfD die Nachteile zu Lasten der Gesamtgesellschaft vertretbar zu sein, wenn
dadurch künftige Mitarbeiter des Landes Berlin in ihrem sozialen Sicherheitsempfinden gestärkt werden. Daher werden wir dem Antrag zustimmen. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schultze-Berndt! Es ist sicherlich ein Fehler gewesen, dass Rot-Grün im Bund die sachgrundlose Befristung nicht abgeschafft hat. Erfunden haben sie aber die CDU und die FDP. Diesem Umstand verdanken wir, dass wir bis heute die sachgrundlose Befristung auch nicht losgeworden sind. Bis heute preist die CDU die sachgrundlose Befristung als einziges unbürokratisches Instrument für Arbeitgeber, ein Arbeitsverhältnis gestalten zu können.
Es ist unglaublich, wenn man bedenkt, was das für eine negative Entwicklung in Richtung ungesicherter Beschäftigung in Gang gesetzt hat. Maximale Flexibilität für Arbeitgeber wird bis zum heutigen Tag teuer durch maximale Unflexibilität und maximale Unsicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erkauft. Betroffen sind, Katina Schubert hat es schon gesagt, vor allem Frauen und junge Menschen. Schlimmer noch, sie trifft diese Menschen in einer Lebensphase, in der wichtige Entscheidungen anstehen, unter anderem die Gründung einer Familie.
Liebe Kollegen! Es ist offensichtlich, dass Frauen, die befristet in das Arbeitsleben starten, die Entscheidung für ein Kind immer weiter hinausschieben. Es ist doch absurd, wenn wir auf der einen Seite Milliarden Euro ausgeben, um jungen Menschen die Entscheidung für ein Kind zu erleichtern, aber auf der anderen Seite an einem Instrument aus dem vergangenen Jahrhundert festhalten, das die Lebens- und Zukunftsplanung behindert.
Menschen, die sich von einem in den anderen befristeten Vertrag bewegen, haben keine Entwicklungsmöglichkeiten und nachweislich große Nachteile beim Verdienst. Das ist vor dem Hintergrund wachsender Armut – das wurde auch schon gesagt – vor allem in Berlin fatal.
Trotz dieser Sachgründe ist die CDU im Bund nicht bereit, diesen arbeitsmarktpolitischen Blindflug zu beenden.
Erst kürzlich hat die große Koalition die Bundestagsanträge der Grünen und der Linken zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen ab
gelehnt. Sachgrundlos! Es gibt für die Fortführung dieser Praxis angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt keine Argumente mehr. Es ist wirklich bedauerlich, dass die Kanzlerin dieses Thema, das inzwischen mehr als 40 Prozent der Neueinstellungen betrifft, nicht auch noch vor der Bundestagswahl abräumen wollte, wie die Ehe für alle eingeführt wurde.
Leider ist dieses Thema längst nicht so öffentlichkeitswirksam wie die Ehe für alle. Hinzu kommt, dass prekär beschäftigte Menschen der CDU ziemlich egal sind. Das wurde kürzlich bewiesen durch die Äußerung des CDUGeneralsekretärs Tauber zu Minijobberinnen und -jobbern. Es zeigt auch, wie wenig Ahnung Ihr Generalsekretär von der Lage am Arbeitsmarkt insgesamt hat.
Nein, danke! – Egal! Auch wenn die CDU im Bund die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung weiter blockiert, wird Rot-Rot-Grün jetzt in Berlin einen ersten Schritt machen. Wir werden sachgrundlose Befristungen im Einflussbereich des Landes beenden. Ich verspreche Ihnen, wir werden das Thema auch darüber hinaus weiter vorantreiben, unter anderem auch in Richtung der Jobcenter, denn dort gibt es noch viele Arbeitsverträge seitens der BA, die sachgrundlos befristet sind. Hier wird der ganze Schaden, den sachgrundlose Befristung anrichtet, deutlich. Ständig müssen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingearbeitet werden, ständig geht wertvolles Wissen und Kontinuität verloren. Das ist fatal, denn wir brauchen in den Jobcentern qualifizierte und gut eingearbeitete Arbeitskräfte, insbesondere auch in der aktuellen Situation, in der es um die so wichtige Arbeitsmarktintegration langzeiterwerbsloser und geflüchteter Menschen geht. Diese Menschen sind auf die Institution Jobcenter und die Qualität der Arbeit angewiesen. Sachgrundlose Befristungen zerstören diese Qualität.
Unser arbeitsmarktpolitisches Ziel muss es sein, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Bedürfnissen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach hinreichender Flexibilität auf der einen Seite und den Bedürfnissen der Beschäftigten nach Sicherheit auf der anderen Seite herzustellen. Sicherlich gibt es gute Gründe, ein Arbeitsverhältnis zu befristen. Es gibt aber keinen einzigen guten Grund, ein Arbeitsverhältnis sachgrundlos zu befristen. Die sachgrundlose Befristung muss deshalb ersatzlos gestrichen werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert, dass die Berliner Verwaltung, die in vielem nicht funktioniert, jetzt als Vorbild für die Privatwirtschaft umfunktioniert werden soll, um diese endlich einmal zu erziehen, sachgrundlose Befristungen nicht mehr anzuwenden und abzuschaffen. Die Berliner Verwaltung hat andere Aufgaben, als Ihre arbeitsmarktpolitische Agenda in diesem Haus umzusetzen.
In einer Weise wird allerdings einer Tatsache mit Ihrem Antrag Rechnung getragen, nämlich der Tatsache, dass im öffentlichen Dienst insgesamt und auch hier in Berlin nach wie vor die Quote der befristeten Beschäftigungsverhältnisse höher ist als in der Privatwirtschaft. Es ist also eigentlich umgekehrt. Die Privatwirtschaft ist nicht das Problem und nicht das wesentliche Problem, was befristete Arbeitsverhältnisse betrifft, wenn wir überhaupt von einem Problem sprechen wollen.
Natürlich sind auch sachgrundlose befristete Beschäftigungsverhältnisse ein Eingangshemmnis, notwendig, um Beschäftigung überhaupt zu ermöglichen. Es geht um Unternehmen, die gegründet werden. Es geht um Unternehmen, die mit großer Konjunkturanfälligkeit zu tun haben. Diese würden von Beschäftigung ganz absehen, es sei denn – das ist dann auch für sie die Möglichkeit, flexibel zu reagieren –, sie können zumindest befristete Beschäftigungsverhältnisse anbieten. Das ist auch der wesentliche Grund, warum es damals auch die christlichliberale Regierung eingeführt hat und warum es unter Rot-Grün nicht abgeschafft wurde. Das war arbeitsmarktpolitisch auch richtig.
Lassen Sie mich jetzt noch auf einen Aspekt hier im öffentlichen Dienst eingehen. Ich habe einmal eine Anfrage gestellt, wie viele befristete Arbeitsverhältnisse es überhaupt im öffentlichen Dienst gibt. Es waren 4 488, davon 1 012 sachgrundlos.
Der Rest hat Sachgründe. Es gibt aber einen Unterschied bei dem Vergleich zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft. Es gibt einen Sondersachgrund. Der nennt sich Haushaltsbefristung. Das ist der Sonder
sachgrund, eine Spielregel des öffentlichen Dienstes. Das ist in der Tat sogar noch eine verschleierte Darstellung, wenn wir tatsächlich wissen wollen, wie viele befristete Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst begründet sind, oder nicht.
Eines wollen wir nicht, dass das Ganze – deswegen geht der Antrag viel zu weit – die Spielräume der landeseigenen Betriebe, die ebenfalls unternehmerische Spielräume brauchen, das sagt auch der kommunale Arbeitgeberverband Berlin, unnötig einschränkt, wenn Sie die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung abschaffen.
Das soll nicht kommen, und das soll deshalb nicht kommen, weil wir Interesse daran haben müssen, dass nicht nur die Berliner Verwaltung endlich besser funktioniert, sondern dass auch die kommunalen Betriebe, die landeseigenen Betriebe entweder weiterhin gut funktionieren oder jedenfalls nicht daran gehindert werden, gut zu funktionieren. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Danke!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Der Dringlichkeit hatten Sie eingangs bereits zugestimmt. – In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Dregger. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns, dass die Entstehung des Instituts für Islamische Theologie unter dem Dach der HumboldtUniversität Formen annimmt. Dieses Projekt ist von der CDU Berlin angestoßen und im Jahre 2011 in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden.
Uns kam es von Anfang an darauf an, dass angesichts der fehlenden repräsentativen Strukturen des Islam in Berlin und in Deutschland die Vielfalt islamischer Glaubensrichtungen und Traditionslinien und insbesondere auch die liberalen Strömungen in das entstehende Institut eingebunden werden.
Warum ist das wichtig? – Das ist wichtig, weil das Institut auf eine möglichst große Akzeptanz bei den Gläubigen stoßen soll. Es kommt deswegen darauf an, damit keine Strömung, keine Ausrichtung privilegiert und auch keine benachteiligt wird. Die Strukturen müssen so geschaffen werden, dass ein wissenschaftlicher Diskurs zwischen den verschiedenen muslimischen Strömungen ermöglicht wird. Ja, wir müssen sie ihnen sogar abverlangen, damit Entwicklung generiert wird.